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  • Day 258

    In und um Zhangye

    May 11 in China ⋅ ☀️ 24 °C

    Nach einer sehr komfortablen Zugfahrt von Urumqi nach Zhangye, sammeln wir unsere bereits vorgeschickten Räder ein. Noch in den Kartons möchten wir sie zum Hostel transportieren lassen. Leider passen sie in kein Taxi und die super nette Mitarbeiterin von China Railway Express, mit der wir uns nur dank google Translator irgendwie verständigen können, gibt uns zu verstehen, dass sie uns jemanden organisiert. Nach 45 Minuten taucht ihr Sohn mit einem Freund auf und die beiden packen die Räder, unser Gepäck und uns in ihre Autos. Den großen Karton für den Weitertransport in ein paar Tagen, hebt sie für uns auf. Und das ist nur ein Beispiel dafür, wie hilfsbereit die Menschen uns gegenüber in China sind.

    Eigentlich hatten wir die Idee über eine Passtraße 300 km von Zhangye nach Xining zu radeln, um dann von dort aus die Räder mit China Railway Express 3000 km an die Ostküste zu schicken. Wie so oft auf dieser Reise müssen wir jedoch sehr spontan umplanen. Die Fahrräder brauchen länger als gedacht und uns bleibt weniger Zeit zum radeln, so dass wir den Pass, den uns auf Höhen von über 3000 Metern bringen würde, nicht in der Zeit schaffen. Rückblickend eine gute Fügung, denn wir treffen eine andere Radfahrerin, die später bei der Passüberquerung von der Polizei eingesammelt wurde und 200 Kilometer nach Xining gefahren wurde. Begründung: Ausländer seien in der Gegend mit vielen ethnischen Minderheiten nicht erlaubt.

    Wir verbringen mehrere Tage in Zhangye und seiner vielfältigen Umgebung. 
    Die Stadt liegt an der Seidenstraße und schon Marco Polo, dem hier ein Denkmal gewidmet ist, hat hier ein Jahr verbracht.
    Für uns fühlt sich die Stadt schon fast klein an, dabei hat sie 1,1 Millionen Einwohner.

    Auch wenn es stressig ist die Räder nur für ein paar Tage wieder zusammen zu schrauben, entscheiden wir uns dafür.

    Unser erstes Ziel sind die Rainbow Mountains, Sandsteinberge in unterschiedlichen Farben.
    Die Radtour dorthin ist wenig spektakulär. Es geht gefühlt immer geradeaus entlang einer großen Schnellstraße, aber mit viel Platz für uns. Selbst ein Stück der chinesischen Mauer gibt es noch zu bestaunen, die hier eher ein Lehmklotz, als ein prächtiges Bauwerk ist.

    Vor Ort bei den Rainbow Mountains trifft mich dann der Schlag... Menschen, Menschen, Menschen. Es wimmelt nur so vor chinesischen Touristen. Wir sind während chinesischer Feiertage unterwegs und haben das Gefühl, das ganze Land ist ebenfalls in Bewegung.
    In China sind die touristischen Highlights in unterschiedlichen "A" Kategorien eingeteilt und die Rainbow Mountains sind mit AAAAA ausgeschrieben - der höchsten Punktzahl, die es gibt.
    Auch dachte ich, dass wir ganz entspannt durch die hübsche Kulisse spazieren könnten. Fehlanzeige. Wir werden mit Bussen durch die Attraktion gekarrt und dürfen an bestimmten Stellen aussteigen, die künstlich angelegten Wege ablaufen, um dann wiederum bis zum nächsten Stop gebracht zu werden. Genau unser Ding 😜. Die Landschaft ist natürlich trotzdem mega schön und gut ist ja auch, dass die Massen nicht einfach überall rumlaufen dürfen.

    Wildcampen ist in China strengstens untersagt. Wir haben Stories von Radreisenden gehört, die mitten in der Nacht von der Polizei weggeschickt wurden. Wir versuchen es trotzdem, denn wir suchen immer Plätze, wo uns niemand finden kann. Hier in China checken wir noch schnell, ob eine Kamera in der Nähe ist und so finden wir zwei wunderbare Zeltplätze, herrlich ruhig und idyllisch gelegen, ohne nächtlichen Besuch. Es wird nicht alles so heiß gegessen, wie es gekocht wird! Und manchmal muss man einfach mal machen.

    Unser nächstes Ziel sind die Mati Tempel. Bei flirrender Hitze über 30 Grad Celsius müssen wir bis auf 2600 Meter hochstrampeln, was eine ziemliche Strapaze ist und es auch weiter oben nicht wirklich abkühlt.
    Dabei sind die Tempelanlagen "nur" mit AAAA ausgegeben. Ich frage mich an dieser Stelle, anhand welcher Kriterien das festgelegt wird. Denn vor Ort stelle ich fest, dass die in den Berg gehöhlten Tempel mindestens genauso beeindruckend sind wie die Rainbow Mountains. Vielleicht sind es die fehlenden künstlichen Wege, die für den Punktabzug verantwortlich sind.
    Wir dürfen selbstständig durch die Tempelkulisse radeln und staunen immer wieder über die Schönheit der Landschaft und buddhistischen Höhlentempel.
    Teile der Höhlentempel reichen bis in die Jahre 304 - 439 n.Chr. zurück.

    Unser Weg im langen Bergab zurück nach Zhangye führt uns durch eine ländliche Gegend. Bauern, die auf Feldern arbeiten und kleine Dörfer säumen den Wegesrand. Plötzlich höre ich Musik und sehe eine riesige, bunte Pagoden-Laterne. Fröhliche in weiß gekleidete Menschen, die immer wieder Essen in der Hand haben, kommen aus einem Innenhof. Ganz unerschrocken fährt Luzi zu den Menschen und fragt, welches Fest hier gefeiert wird. Die Frauen erklären uns, dass dies eine Beerdigung sei. An dieser Stelle bin ich erschrocken und fühle mich irgendwie fehl am Platz. Für die Familie, die an der weißen Kleidung zu erkennen sind, und Dorfbewohner kein Problem. Sie laden uns spontan ein, führen uns in den Innenhof, wo Musik gemacht wird und nehmen uns mit in ein Zimmer, wo der Tote aufgebahrt liegt. Um den Toten zu ehren muss Luzi Spielgeldscheine verbrennen und sich mehrmals verneigen, um dem Toten die letzte Ehre zu erweisen. Zum Abschied schenken uns die Menschen eine Tüte voller Obst und Momo, das tibetische gedämpfte Brot. Hätten wir daheim das auch so gemacht mit zwei fremden Frauen?

    Voller Dankbarkeit und unbeschreiblicher Eindrücke radeln wir zurück nach Zhangye, um dort ein paar Tage die Stadt, deren kulinarischen Highlights und den Pingshan Canyon zu entdecken. Niemand bleibt so lange im Hostel wie wir...wir genießen es diese Stadt näher kennenzulernen und es war eine mehr als gute Entscheidung hierher zu kommen - und auch nur paar Tage mit dem Fahrrad unterwegs zu sein, denn da erlebt man Sachen, die man sonst nicht erleben würde. Und das macht es aus!
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