Otavalo
November 24, 2018 in Ecuador ⋅ 🌧 17 °C
Eineinhalb Stunden nördlich von Quito liegt Otavalo, eine Kleinstadt, die besonders Samstags richtig aufblüht. Hier ist der größte Markt Ecuadors, was heißt, dass die ganze Hauptstraße kilometerlang von Ständen gesäumt ist. Da müssen wir natürlich hin, also nehmen wir Freitagnachmittag den nächsten Bus aus Quito raus und schauen uns das an.
Die Busse in Ecuador sind leider nicht so komfortabel wie in Argentinien oder Chile: es ist heiß und holprig, und von Cama (den „Liegestühlen“ in manchen Bussen) kann man nur träumen. Aber es hat jeder seinen Platz (anders, als ich es oft in Afrika erfahren hab), und die Busse sind auf die Minute pünktlich. Die on-board-Versorgung ist extern geregelt („Mangos-Piña-Papas-Agua-Heladoooo!“) und lässt kaum Wünsche offen, dazu wird man nonstop mit ecuadorianischer Musik beschallt. Was will man mehr?
Unsere supergünstige Unterkunft (kaum raus aus den Großstädten merkt man schon einen deutlichen Unterschied) ist absolut seinen Preis wert (und lässt bis auf die nicht warm werdende Dusche keinen Grund für Beanstandung). Gemütlich ist auch, dass man hier zumindest im Stadtzentrum wieder unbesorgt durch die Straßen laufen kann, auch wenns schon dunkel ist. Taxis sind hilfreich, um die Gegend rundherum zu erkunden.
Den Freitagnachmittag gehn wir gemütlich an, in der riesigen Markthalle (anscheinend auch die größte Markthalle Ecuadors, ist allerdings hauptsächlich für Obst und Gemüse und ganz abseits vom Samstags-Kleidungsmarkt) setzen wir uns an einen Stand zum Mittagessen (2,50$ mit frischen Juice ) und genießen das Gespräch mit der Standhalterin und Köchin, mit ihrer mütterlich-bestimmenden Art.
Wir sehen viele Frauen in traditionellen Kleidern: hübsche weiße Blusen mit handbestickten Ärmeln, dazu blaue oder schwarze lange Röcke, eine bunte Schärpe um die Mitte und einfache „Schlapfen“. Das ist die Tracht, die nur Frauen indigener Abstammung tragen, erinnert mich ein bisschen an unsere Dirndl (wenns auch deutlich anders aussieht). Die indigenen Herren tragen, im Unterschied zu den anderen, die Haare lang und hinten zu einem Zopf geflochten. Ich werfe so manch neidischen Blick auf die dicken, glänzenden pechschwarzen Haare (die gelegentlich als Zahnseide missbraucht werden).
Als Nachspeise gibts Frozen Yoghurt von einem kleinen Geschäft, das wir gefunden haben: mit Maracuja, Mango und viiiel Schokolade! Dann früh ins Bett, denn morgen heißts früh aufstehen und zum Viehmarkt!
Pünktlich um 7 machen wir uns auf den Weg und schauen uns das bunte Treiben an, in dem die Leute versuchen, ihre überflüssigen Meerschweinchen, Hühner oder Ferkel an den Mann oder die Frau zu bringen. Es erinnert uns etwas an den Tiermarkt in Nizwa, den wir letztes Jahr im Oman gesehen haben, allerdings scheint alles viel ungeordneter als dort... aber dafür verkaufen hier die Frauen ihr Vieh selbst, die Kinder sitzen nebenbei und kuscheln mit einem Kaninchen oder versuchen auf ausgewachsenen Säuen zu reiten. Küken gibts für 1$, ausgewachsene Hühner für 9$ und richtig dicke, fette für 12$. Ein Ferkel kann man ab 35$ erstehen, eine größeres Schwein für 150$ und ausgewachsen sind sie noch einmal einiges mehr wert. Kaninchen und Meerschweinchen gibts für billiger - ist ja auch nicht so viel Fleisch dran. Hat man sich auf einen Preis geeinigt, wird das Tier in einen großen Sack gepackt, oben zugeknotet und ab gehts! (Ja, wirklich: Sack auf, Schwein rein, Sack zu und über die Schulter) Am angrenzenden Bereich für die Kulinarik gibts Spanferkel (schon ab 8 Uhr morgens), Brot und süße Kürbis-Maissuppe, frittierte Empanadas (die wie unsere Tiroler Kiachl schmecken) und zu trinken gibts Tee, süßes Brombeerkomptt oder einen Becher mit roter Gelatine (wie auch immer das schmeckt, wir habens nicht probiert).
Nach einer Runde herumspazieren und ein paar Geschäfte beobachten haben wir das Gefühl, wir haben genug gesehen. Für Tierfreunde ist es sicherlich nicht der beste Ort, die Tiere sind halt Handelgut und zum Essen gedacht, und der Umgang ist nicht gerade zimperlich - vor allem die Schreie der Schweine, die über das Gelände gezogen werden, gehen durch Mark und Bein.
Da ist der Kleidermarkt schon annehmlicher - ein Kleider-, Taschen- oder Schmuckstand reiht sich an den nächsten, dazwischen laufen Verkäufer mit Mangos, Kokosnüssen, Schnecken (zum Essen! Ist hier auch eine Delikatesse, werden mit Zitronensaft aus den Häusern geschlürft), Eis und vielem mehr herum. Im Prinzip verkaufen alle Arten von Stände mehr oder weniger die gleichen Sachen: es gibt die mit den typischen Alpacapullis, die mit T-Shirts, welche mit gefälschten Tom‘s-Schuhen, welche mit Schmuck. All diese Dinge werden irgendwo produziert und von diesen Leuten nur vertrieben, niemals selber gestrickt! Immer wieder verstecken sich dazwischen aber auch handwerklich geschickte Leute, die verkaufen, was sie selber machen: Bilder, Holzzeichnungen auf Zuckerrohr-Holz, selbst gemachte Ledertaschen...
Wir genießen vor allem den Flair (ich vor allem das Essen), und ob unserer voll gepackten Rucksäcke sind die Shoppingerfolge im kleineren Rahmen. Dafür habe ich mich bis Mittag durch die ganze Palette an Marktleckereien gekostet: das Spanferkel ist eindeutig der Hit des Tages!
Am Nachmittag fahren wir noch zur „Laguna Cuycocha“, ein Vulkansee mit zwei Inseln mittendrin, um den ein schöner Rundwanderweg entlang des Kratergrates führt und von fast jedem Ort spektakuläre Ausblicke auf die Lagune bietet. Hin bringt uns der Taxifahrer unseres Vertrauens mit seinem Hyundai, der schon 550000km auf dem Buckel hat. Darüber, dass wir das lustig finden, lacht er: seine Taxis bringen bis 800-900000km auf den Zähler, bevor sie berentet werden! Wir quatschen und schunkeln zu Salsa-Sounds im Taxi, die er extra für uns auflegt, so vergeht die Fahrt im Nu.
Der Lagunen-Rundweg ist gesäumt von hohem Gras, Bäumen und Blumen, die es bei uns nicht gibt, und während wir uns an der Landschaft satt sehen versuchen wir, auch unsere Fitness wieder auf Vordermann zu bringen (die Atemfrequenz zeigt, dass zwei Monate reisen nicht gerade das beste Fitnesstraining sind). Wir kämpfen uns über die schweißtreibenden steilen Anstiege und bauen immer wieder Laufpassagen ein... ein bisschen Last-Minute-Fitness für Cotopaxi :)
Am Abend gönnen wir uns noch ein hippes vegetarisches Essen in einem kleinen Teehaus - IncaZen, geführt von einer superfreundlichen, kalifornischen Auswanderin, die sich hier einen kleinen Lebenstraum erfüllt hat. Leider läuft es nur mäßig, Einheimische haben ihre Liebe für vegetarisch-vegane BuddhaBowls und Breakfast-Wraps noch nicht entdeckt, und als kleines verstecktes Touri-Lokal mit dem Standard hier entsprechend günstigen Preisen ist das Überleben nicht ganz einfach... Wir jedenfalls genießen mal ein nicht-frittiertes Essen mit viel Gemüse (ja, tatsächlich gesund!) und den leckeren Tee.
Später lassen wir uns mittels eines „Beer Flight“ (kleine Gläser mit 5 verschiedenen Bieren zum testen) in einer Brauerei davon überzeugen, dass das Bier hier nicht viel zu bieten hat und gehen besser schlafen.
Sonntag Früh stehen noch Wasserfälle und der Condor-Park, ein Park mit vielen Vogelgehegen als Auffangzentrum verletzter Raubvögel aller möglicher in Ecuador lebenden Arten, auf dem Programm.
Es beginnt damit, dass wir es versäumen, rechtzeitig aus dem Bus auszusteigen und irgendwohin fahren. Als wir es merken, finden wir uns in einem ausgestorbenen Örtchen mit vielen unfertigen Häusern und leeren Straßen wieder - typischer Sonntag Morgen, könnte Kundl sein.
Kein Problem, zu Fuß brauchts nicht lang zum Wasserfall - einmal den Berg rauf und wieder runter, schon da! Irgendwie haben wir das Gefühl, hier muss man aus jedem Wasserfall so ein Aufheben machen, zig „Viewpoints“ und groß als Touri-Attraktion aufgeführt... ist ja ganz schön und nett aber... halt ein Wasserfall! Schön ist allerdings der kleine (nicht ausgeschilderte) Weg, der uns von den Wasserfällen erst den Berg hinauf in den Wald, dann entlang des Baches durchs grüne Dickicht, und schließlich über Felder zum Condor-Park führt. Und sportlich kommen wir uns auch vor dabei! :)
Das Vogelreservat beherbergt alles mögliche an Raubvögeln, von kleinen Käuzchen zu dicken fetten Eulen, Bussards, Habichten, Adler bis hin zu dem Herzstück, zwei riesigen Geiern (Condoren) mit wohl knapp 3m Flügelspannweite. Ziemlich beeindruckende Tiere - wenngleich meine Favoriten die Eulen bleiben. Am Schluss gibts noch eine Greifvogelschau, bei der verschiedene Vögel vorgestellt werden, die auch gleich ihre Fotogenität und Flugkünste zeigen können. Der Rückweg ist etwas hektisch, zu spät haben wir uns aufgemacht, und da der Park etwas außerhalb liegt, kommen nicht so viele Taxis vorbei. Im Regen versuchen wir schnellen Schrittes vorwärts zu machen, aber unser Daumen ist rasch erfolgreich und anstatt eines Taxis rettet uns ein Pärchen aus Quito mit ihrem Auto aus dem Nass und nimmt uns mit in die Stadt.
Aufgepackt mit unseren Rucksäcken gehts dann gleich weiter zur Bushaltestelle, wo wir uns noch schnell was zu essen suchen wollen. Das ist leicht, denn direkt dort sind viele Stände mit den typischen Gerichten zum Spottpreis- wir steuern einen an und setzen uns. Franz bestellt irgendas vegetarisches, ich deute einfach auf irgendwas und schaue, was kommt. Ups. Ein Kutteleintopf!
Hoppla, das wollte ich eigentlich nicht.. naja, nützt nichts, da muss ich jetzt wohl durch...mühevoll suche ich die klein geschnittenen zotteligen Magenanteile aus der Soße, und ohne die schmeckt es eigentlich sogar ganz gut! Avocado und frischen Saft dazu - und für 5$ haben wir wieder gut gegessen!
Weiter gehts nach Latacunga....Read more










