• 14: NSS - Gemütlich durch die Hitze

    2. mai, Tyskland ⋅ ☀️ 24 °C

    Ich brauche eine Weile, bis ich eingeschlafen bin und werde in der Nacht ein paar Mal kurz wach, aber für die erste Nacht in der Natur will ich nicht meckern.
    Die Vögel und die Sonne wecken mich endgültig gegen halb 6. Meine Versuche, wieder einzuschlafen, scheitern, und so mache ich mich eben doch langsam startklar. Pünktlich um 6:30 Uhr wandere ich los.
    An der dritten Bank, 1,5km später, mache ich Frühstückspause. Eigentlich will ich nur meine Weste ausziehen, weil es im Gehen schon zu warm wird, aber wenn man schon mal den Rucksack abgesetzt hat...

    Vor der nächsten Straßenüberquerung sind sich die Beschilderung und meine Navigation uneinig, was die Richtung betrifft. Ich beschließe, meinem GPS zu folgen - es wird schon seinen Grund für diese Abweichung geben. Direkt auf der anderen Straßenseite steht ein Automat mit Bauernhofeis (KM 1.844,7 in der Wanderfreund-App). Was hätte ich gestern dafür gegeben! Und ich war mir sicher, heute im Laufe des Tages würde ich mir den Automaten auch wieder herwünschen. Aber morgens um kurz nach 7 war es mir dann doch noch etwas zu frisch für ein Eis...
    Ein paar Minuten später fragt mich ein Anwohner mit Hund, ob ich von der Streckensperrung ein Stück weiter wisse. Da gab es vor zwei Jahren einen Erdrutsch und der Weg wurde nicht wieder hergerichtet - man kann die Stelle aber umklettern. Ich beschließe, mir das Ganze mal anzusehen.
    Dass dieser Erdrutsch der Grund für die Abweichung von GPS und Beschilderung ist, dämmert mir erst später.

    Es geht noch ein ganzes Stück problemlos weiter; als ich den Erdrutsch erreiche, müsste ich bestimmt 1,5km wieder zurück. Es hat sogar jemand ein Seil angebracht, damit man besser oben drumherum kommt. Es ist nicht ganz einfach, aber es geht. Je größer der Rucksack, desto schwieriger. Auf der anderen Seite ohne Seil wieder runter ist schlimmer, aber auch das schaffe ich, nachdem ich mir die verschiedenen Optionen kurz angesehen habe.
    Als ich das andere Ende der Umleitung erreiche, finde ich einen NST-Sticker, der bereits den neuen Weg markiert (der GPS-Track zeigt wie gesagt noch die alte Variante). Blöd, wenn man NoBo unterwegs ist 😉 (SoBo verpasst man dafür den Eisautomaten!)

    Hinter Driesch geht es das Halberger Bachtal hinauf. Hier verpasse ich an einer Stelle den Abzweig - die Markierung ist aber auch gut versteckt! (Generell finde ich im Vergleich zum Rheinsteig die Beschilderung als schwerer auffindbar und schlechter gepflegt. Ich muss öfter das GPS zu Rate ziehen, weil ich an Kreuzungen entweder gar keine Markierungen entdecken kann oder die Pfeile so verwittert sind, dass man die Richtung raten muss...)

    Ich bin sehr froh, dass der Weg mich auch heute größtenteils durch Wald führt. So lassen sich die Temperaturen einigermaßen ertragen.
    Hinter Honscheid geht es steil bergab und ich merke, dass es Zeit für eine zweite Frühstückspause wird. Unten angekommen verspricht mir der Wegweiser einen schönen Ausichtsplatz auf dem Stachelberg in unter einem Kilometer, also nehme ich den Anstieg noch in Angriff und mache oben eine ausgedehnte Pause im Schatten.
    Der Abstieg danach hat es in sich, dafür kann ich unten ganz entspannt und steigungsfrei an der Sieg entlangschlendern. Bei der Überquerung derselben habe ich einen schönen Blick auf Burg Blankenberg, wo ich meine nächste Rast einlegen will. Burgen sind immer gut!

    Ich errreiche die Burg um 10:45 Uhr und freue mich über eine kostenlos zugängliche Toilette mit schönem, kalten Wasser. Dann sehe ich mir die Burg an und mache hier nochmal Pause.
    Ab 11:30 Uhr ist kann man im Ort etwas zu essen bekommen und wie es aussieht, ist das auch meine letzte Gelegenheit für eine warme Mahlzeit an diesem Tag. Man kann schlimmer warten als im Schatten einer Burgmauer.
    Punkt 12 habe ich dann beim Alten Turm leckere Käsespätzle vor mir stehen.

    Obwohl ich vor 5,5 Stunden aufgebrochen bin, bin ich nur 15km voran gekommen, aber das ist überhaupt nicht schlimm. Im Gegenteil - meine Tageswanderungen gehe ich oft mit einem gewissen sportlichen Ehrgeiz an und jetzt genieße ich die Pausen und die Langsamkeit umso mehr. Ich merke aber auch, dass mein Körper die Auszeiten braucht. Weil es warm ist und weil ich doch einiges mehr mitschleppe, als bei einer Tagestour.
    Lediglich von der Überlegung, die Hütte am Half-Way-Point für die Nacht zu erreichen, muss ich mich verabschieden. Bis dorthin wären noch 25km (oder knapp 40km ab Start), das erscheint mir langsam doch ein wenig viel.

    Nach dem Essen statte ich dem Friedhof einen Besuch ab und fülle meine Wasserflaschen, dann geht es weiter.
    Allerdings nicht lange, denn knapp eine Stunde später erreiche ich die Hofkiste in Süchterscheid. Hier stehen an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen - und vielleicht wenn man Glück hat auch heute - Snacks und Getränke für Wanderer bereit. Ich habe Glück und schnappe mir eine Apfelschorle. Noch mehr Glück habe ich, als mir eine Frau, die schon in der Wanderlaube sitzt, verkündet, dass in wenigen Minuten die Gärtnerei öffnet und es dort auch Kuchen gibt. Und so sitze ich wenig später mit einem Stück Rhabarberkuchen wieder in der Laube.

    Ich habe mir fest vorgenommen, von der Hofkiste bis Merten in einem Rutsch durchzulaufen. Doch eine Bank im Schatten etwa auf halber Strecke ist zu verlockend. Ich werde von einem Vierer-Grüppchen überholt. Als wenig später ein Zweier-Team an mir vorbeiziehen will, räume ich die Bank und die beiden besetzen sie direkt mit Freude neu. Die anderen vier finde ich wenig später auf ein paar Baumstämmen sitzend.
    In Merten ist der einzige schattige Fleck den ich finden kann die Ecke ganz links an der Dorfpumpe. Dort kauere ich mich in den Schatten und denke über meine Optionen nach, als die beiden Männer mich wieder einholen. Sie schnappen sich zwei Leih-E-Bikes und machen sich auf den Rückweg nach Blankenberg. Kaum sind sie verschwunden, trudelt die Vierer-Truppe ein und tut es ihnen gleich. Sie geben mir aber noch den Tipp, dass ich im Klostergarten mehr Schatten finden kann, nur das Café dort gibt es leider nicht mehr.
    Erleichtert ziehe ich also in den Klostergarten um und setze mich neben dem Brunnen in den Schatten.

    Als Tagesziel entscheide ich mich für die Storker Hütte. Es ist kurz nach 17 Uhr und die 8km bis dorthin scheinen mir machbar. Ein bisschen Sorge macht mir nur die Wasserversorgung - zwischen Merten und meinem morgigen Ziel in Herchen ist keine weitere Wasserstelle eingezeichnet und eine wirkliche Ortsdurchquerung, bei der ich Anwohner um Wasser bitten könnte, liegt so früh, dass außer mir am Samstag wahrscheinlich noch niemand wach ist. Aber mit Filter sollte ja auch Bachwasser mich nicht gleich umbringen...
    Ich fülle am Friedhof also meine Flaschen nochmal auf, trinke schon mal reichlich auf Vorrat, breche dann wieder auf und überschreite kurz nach Merten meine 300km-Marke.

    Hinter Merten folge ich längere Zeit einem schönen Pfad bergauf, dann einem weiteren Pfad bergab. Unterwegs begegnen mir diverse Wichtelhäuschen und sie alle zaubern mir ein Lächeln ins Gesicht.
    Dann geht es auf Schotter am Mengbach entlang und hier ist dann die Luft raus für heute. Besonders, wenn ich eh schon erschöpft bin, ist Schotter für mich ein echter Motivationskiller...
    Und so mache ich 3km vor meinem Tagesziel doch nochmal eine halbe Stunde Pause und esse schon mal zu Abend. Trockene Wraps mit einer traurigen Karotte. Mehr ist nicht mehr da (außer das Müsli für morgen früh und etwas Knäckebrot). Ich hätte an der Hofkiste ein Stück Käse mitnehmen sollen, aber bekanntlich ist man ja später immer schlauer.
    Die Aussicht auf den bevorstehenden Anstieg beflügelt mich auch nicht gerade, aber es hilft ja nichts.

    Dass es dann einen netten Pfad nach oben geht, erst mit Ginster und später mit Kastanien, in denen die Bienen summen, überrascht mich positiv und lässt mich die Anstrengung kurz vergessen. Der letzte Kilometer oben auf Schotter zieht sich doch nochmal, aber schließlich erreiche ich müde und zufrieden die Storker Hütte.
    Nach einer kurzen Verschnaufpause auf der Liegebank baue ich mein Zelt am Rand der Wiese auf, erledige die Abendroutine und freue mich auf einen schönen (vorerst) letzten Tag morgen!

    Ca. 34 km
    Ca. 975 Höhenmeter Aufstieg und 950 Höhenmeter Abstieg
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