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  • Tag 2

    Artischockenherzen

    19. Februar 2023 in Italien ⋅ ☁️ 13 °C

    Um 10:30 stapfe ich die Treppen vom Kopfbahnhof in Frascati hoch. Geil ist es hier! Ein schnuckeliges Städtchen am Fuße der Hügel von Tuscolo. Herrlicher Blick nach Norden auf Rom! Alles noch still und schläfrig, es ist Sonntag. Aber, was ist das denn hier?? Ich schaue auf den Boden. Der Platz ist fingerdick mit Konfetti bedeckt. "Ach du Scheiße!" denke ich mir. "Was zur Hölle ist denn gestern hier passiert?" Ich schlendere nichtsahnend durch die engen Gässchen. An den Kirchenwänden hängen plakatierte Todesanzeigen. Dazwischen das Gesicht eines seltsam dürren Typen mit schwarzer Augenmaske und Todeszeitpunkt in der Zukunft. "Wäh?" 🤔.

    Gegen Mittag füllen sich die Gassen. Gefühlt besteht diese Stadt nur aus Cafés, Restaurants, Metzgereien und Käseläden. Jeder 08/15-Aldi-Deutscher würde hier die Krisen kriegen. Hier gibt es keinen 70-Cent-Billo-Mortadella, denn alles ist "artigianale" und demnach vernünftig bepreist. Man geht in so einen Laden, zeigt auf was auch immer einem lecker erscheint und lässt sich damit ein Panini belegen. Garniert wird auf Wunsch mit eingelegten Artischockenherzen, Öl-Auberginen oder getrockneten Tomaten.

    Wie bei uns die Dönerbuden füllen kleine Pizzabäckereien die Fassaden der Erdgeschosse. Die Locals bestellen sich hier etwas zum Mitnehmen und setzen sich damit in eine Cantina. In einigen der Cantinas hier gibt es nämlich nichts zu Essen. Man bringt Knabberkram mit und zahlt lediglich den selbstgemachten Wein. Geiles Konzept! Man darf auch einfach nur Wein trinken, ohne was Essbares mitzubringen. Wie gut für mich. Ich lasse mich volllaufen, denn an der Hotelklingel geht eh keiner ran. Es gibt genau einen Wein, Weißwein, Frascati-Wein. Yum!

    Typen in langen, weißen Gewändern, mit rot bebommelten Mützen und schwarzen Masken winken mich nachmittags wieder zurück ins Leben. Ich lande mitten im Karneval von Frascati. Heilige Scheiße, schon zu Beginn kam mir hier irgendetwas seltsam vor.
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