• Ab in den Tsavo zum Lake Jipe

    15–16 nov., Kenya ⋅ ⛅ 28 °C

    Nach unserem gemütlichen Birdl-Morgen und einer bedingt leckeren aber durchaus bekömmlichen Ziegenmagen-Eingeweidesuppe als Mittagssnack – das hat man davon, wenn man auf alles zeigt, was die anderen immer essen – rollen wir am Frühnachmittag über das selten frequentierte Kasigau-Gate völlig unkompliziert ohne Permit in den Tsavo-West-Nationalpark ein. "You can pay at the other gate when you leave, or online." Seit ich "Man-Eaters of Tsavo" von Colonel Patterson gelesen/gehört habe, zieht es mich hier her. Ein mystischer Ort der ostafrikanischen Kolonial- und Eisenbahngeschichte! Tiger kommen nicht vor.

    Vom Tsavo West erhoffte ich mir tiertechnisch eigentlich gar nicht so viel, weil man nach all den Jahren hiesiger Nationalparks dann doch ganz gut "gesättigt" ist. Aber – Hell yeah! – die fast endlose Geradeauspiste fesselt uns direkt von Anbeginn mit einer bisher noch nie erlebten "biodiversity". Üblicherweise findet man in Nationalparks regional- und vegetationsbedingt nur eine Handvoll unterschiedlicher Antilopen vor, die zudem gerade zur Mittagszeit immer versteckt-unsichtbar getarnt sind, vor allem in solch dichtem Gestrüpp wie hier. Wir kommen aus dem Verblüfftsein aber gar nicht heraus denn gefühlt "jedes nächste" Gazello ist von wieder einer anderen Art. Schnell sind alle Seiten des Mammals-of-East-Africa-Büchleins abgescrollt und wir kommen mit dem Identifizieren nicht hinterher. Alle etwas scheu, aber hochgradig hübsch. Ganz besonders prächtig sind die Lesser Kudus 🥰. Fast übersehen wir einen solitären, gigantischen Elefanten, denn er hat sich einfach rostbraun wie ein Termitenhügel getarnt! Es wird die einzige Elefantensichtung dieses Tages bleiben.

    Nach und nach werden immer mehr Vögel sichtbar. Vor allem die Roller-Dichte ist erstaunlich: Den quietschig in der Sonne schillernden Lilac-Breasted Roller findet man des öfteren, aber hier ist tatsächlich der Abyssinian Roller prädominierend. Auf jedem dritten Baum sitzt ein African Black-shouldered Kite. Majestätische Secretarybirds stapfen herum, dickhälsige Kori Bustards verstecken sich hinter Büschen vor uns und schnuckelige Buff-crested Bustards zeigen uns ihre Eiergelege direkt am Wegesrand 😊. Auf dieser Route scheint wenig Verkehr zu sein, denn auch wir begegnen an diesem Tag niemandem außer uns. Gegen Abend erscheinen riesige Herden hübscher Vulturine Guineafowls, deren kobalt-blaues Gefieder in der schrägen Sonne strahlt. Das sind wahrhafte Mini-Dinosaurier! Aber am liebsten sind mir die Yellow-necked Spurfowls als kontinuierliche Wegbegleiter vor unserem Auto her 🙃.

    Während wir uns langsam dem Lake Jipe nähern, wird es etwas hügeliger und wir streifen eine dicke Regenwolke, die uns glücklicherweise verschont. Sie hinterlässt kräftige Farben auf Boden und Blättern. Fliegende Termiten schwärmen nach dem Schauer aus allen Löchern und innerhalb weniger Augenblicke füllt sich sie Luft mit unzähligen Vögeln, die sich diesen Proteinsnack nicht entgehen lassen. Schwalben ohne Ende; alles und jeder schnappt in diesem fly-through nach den Leckerbissen. Was ein Schauspiel! Und wir allein mitten drin ...

    Mit Einbruch der Nacht huschen zwei scheue Schakale vor uns her. Die Ufer des Lake Jipe selbst sind hingegen von Tieren leer. Am Gate "checken wir aus", indem für uns eine Holzbarriere zur Seite geschoben wird. Wir zahlen nach und sind herzlich amused von einem französischen Pärchen, das seinen inneren Frieden anscheinend noch nicht gefunden hat.
    Läs mer