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  • Day 68

    Alappuzha (28.04. - 01.05.)

    May 1, 2016 in India ⋅ ☀️ 16 °C

    In Alappuzha selbst gibt es nicht wirklich viel zu sehen, obwohl die Stadt wegen ihrer zwei Kanäle "Venedig des Ostens" genannt wird. Wer auch immer auf diese Idee gekommen ist... Der Strand ist eher mittelmäßig und wird von zahlreichen indischen Touristen belagert und Sehenswürdigkeiten im Ort gibt's auch nicht.
    Der Reiz von Alappuzha liegt in den sogenannten Backwaters. So heißt das Geflecht aus Kanälen und Wasserstraßen, das sich im Landesinneren über mehrere Dutzend Kilometer zieht und für die Menschen in den anliegenden Ortschaften den Haupt- und manchmal einzigen Transportweg darstellt. Unter anderem von Alappuzha aus werden Touren mit allerlei Booten, vom kleinen Paddelboot über Motorboote mit Platz für bis zu zwanzig Leuten bis zu großen Fähren und dekadent eingerichteten Hausbooten, organisiert. Eine Nacht in solch einem Luxusschiff kostet je nach Saison und Verhandlungsgeschick zwischen 40 und 130€.
    Wir wollten die Gegend aber lieber günstiger und vor allem mehr wie die Einheimischen erkunden. Am ersten Tag sind wir deshalb zum Fähranleger und haben eine Fahrt hin und zurück zu einem Ziel gebucht, das ich schon wieder vergessen habe. Der Ort war schließlich egal, denn es ging darum, zu sehen, wie die Leute hier von A nach B kommen, und daran teilzuhaben. Insgesamt dauerte die Fahrt vier Stunden und kostete uns zu dritt stolze 78 Rupien, nach aktuellem Wechselkurs ziemlich genau ein Euro.
    Unter einer Fähre darf man sich jetzt keinen Riesendampfer vorstellen, der voll beladen wird und dann vom Start- zum Zielort fährt. Stattdessen wird sie eher wie ein Bus benutzt. Statt Haltestellen gibt es hier und da kleine Stege, wo ein- und ausgestiegen wird, zwei jüngere Kerle halten das Boot dann mit Tauen an Ort und Stelle, bis auch die Oma mit ihrem Einkauf ausgestiegen ist.
    Ereignisreich war die Fahrt nicht. Aber einerseits war die Natur mit ihrem saftigen Grün wunderschön - da der Monsun schon lange her ist, sind die meisten Gegenden längst nicht so grün, wie sie sein könnten - und andererseits war es sehr interessant zu sehen, wie die Anwohner darauf eingestellt sind, die Dinge des alltäglichen Lebens nur auf dem Wasserweg zu erledigen.

    Am nächsten Tag wollten wir dann auch in die kleineren Kanäle, die Fähre passt schließlich nicht in nur zwei Meter breite Einfahrten. Eigentlich wollten wir uns Kajaks mieten und dann selbst paddeln. Aber angesichts  von 40° bereits am frühen Morgen, überließen wir das lieber unserem indischen Begleiter im Boot. Er sah sowieso so aus, als wenn man ihn als Laie mit Versuchen mitzupaddeln eher stören würde. In einem kleinen Kahn, der zum Glück über ein kurzes Sonnendach verfügte, schipperten wir ganz gemächlich an Leuten vorbei, die Wäsche wuschen, Muscheln reinigten, Kokosnüsse von Palmen schlugen, Müllfeuer anzündeten und vielem mehr. Wenn man zwischendurch mal auf einen der Hauptkanäle kam fuhr ab und zu so ein dickes Hausboot mit lauter Partymusik an uns vorbei... irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, diese Idylle auf so einem Ding aufnehmen zu können... Die Begegnung mit einem von diesen Schiffen war besonders unangenehm, denn seine Bugwelle war so hoch, dass sie bei uns rein schwappte. Das war zunächst nicht sonderlich dramatisch, die Kamera bekam zwar trotz schneller Reaktion ein paar Spritzer ab, aber die ist dagegen geschützt. Schlimmer war die rund zwölf Zentimeter große Spinne, die vom Wasser geweckt und nach oben getrieben wurde. Ein Vieh von dieser Größe hab ich außerhalb eines Terrariums noch nicht gesehen. Glücklicherweise blieb sie bei mir in der Nähe, sodass Lisa sie gar nicht zu Gesicht bekam und somit auch nicht dem Wunsch erlag, aus dem Boot zu springen.

    Unser Homestay wurde von zwei Leuten geführt. Der eine war älter und total planlos und verstand gar nicht unseren Unmut darüber, dass das Frühstück, das wir für sieben mit ihm abgesprochen hatten, um acht noch nicht in Sicht war. Der andere war um die 18 und versucht wohl, mit Lagerfeuermusik Touristinnen zu beeindrucken. Anfangs war das gar nicht schlecht, seine Version von "Imagine" konnte man sich gut anhören, nachdem er aber "500 Miles" vergewaltigt hatte, suchten wir jedes Mal das Weite, wenn er zur Klampfe griff. Trotzdem waren beide sehr nett und der Aufenthalt ziemlich cool.

    Achja, nach Alapuzzha sind wir zum ersten mal in der nicht klimatisierten Sleeper-Klasse gefahren. Zwar nur zwei Stunden und das über Mittag, aber man bekommt schon einen guten Eindruck für die Fahrten über Nacht. Die Türen sind offen, sodass man immer mal den Kopf oder auch mehr raushalten kann (Ja, Mamas, wir halten uns dann gut fest!) und durch die Fenster kommt auch gut Fahrtwind rein. Dank der Sitzplatzreservierung ist es auch nicht zu voll und die Pritschen sind nicht so ungemütlich, wie sie aussehen. Wir freuen uns auf unsere erste Nachtfahrt damit! Da zwischen Alapuzzha und Mysore aber kein direkter Zug fährt, geht's jetzt mit einem Nachtbus weiter.

    Bilder 1-3: Eindrücke von der Fahrt mit dem kleinen Boot (inklusive unschlagbarem Sonnenschirmhut!)
    Bilder 4-6: Eindrücke von der Fahrt mit der Fähre
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