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  • Day 4

    Reiten durch den "Dschungel" bei Cabouço

    June 7, 2017 in Portugal ⋅ ☁️ 14 °C

    "Zu Pferd über die grüne Insel São Miguel. Sie erleben die geheimnisvolle Schönheit der Insel mit ihrer nahezu tropischen Pflanzenfülle. Wir reiten in der Region von Santa Barbara und Cabouco durch imposante Wälder und zu Miradouros (Aussichtspunkten) mit grandiosen Ausblicken. Picknick incl."

    Um 9 geht der Bus nach Livramento, um 9:20 betrete ich den Hof der Quinta da Terça, wo die Pferde schon die Köpfe aus den Ställen recken. Einige stehen bereits gesattelt bereit. Es geht formlos und locker zu. Eine deutsche Assistentin sagt mir, welches Pferd ich reiten werde: es ist ein großer Fuchs mit Namen "Espanhol". Er sei brav, werfe nur immer den Kopf, sagt sie. Ich freunde mich mit ihm an und teste ein bisschen seine Schreckhaftigkeit, indem ich meine Regenjacke hochhalte. Ja, er ist ein bisschen schreckhaft, aber okay, wir werden zurechtkommen, denke ich.
    In der Sattelkammer suche ich mir einen Helm aus, verstaue meinen Rucksack irgendwo in einer Ecke, suche nochmal das WC auf und unterhalte mich noch ein bisschen mit Espanhol. Da kommt schon ein Helfer mit dem Sattel herbei, kurz darauf wird aufgetrenst und ich kann aufsteigen. Oh, ein großes Pferd. Reagiert gut auf meine Schenkel. Eine weitere Mitreitende versichert, er sei brav, allerdings manchmal schreckhaft. Okay, finde ich in Ordnung. Toll: Ich habe kein bisschen Angst! Ich freu mich so sehr auf diesen Ritt!!!
    Es geht los, die Gruppe umfasst ca. 10 Personen, aus der Schweiz und England, incl. der deutschen Assistentin und dem portugiesischen Guide Bruno.
    Bruno gibt die Reit Ordnung bekannt, ich bilde das Schlusslicht, vor mir eine Engländerin auf einem großen gescheckten Pony.
    Im Schritt geht es auf den Straßen entlang, alle Pferde sind völlig ruhig, egal wie groß das Auto ist, das uns begegnet – einmal ein Riesenlaster! Ich reite völlig entspannt. Espanhol schnickt öfter mal den Kopf, das ist harmlos. Nach recht langem Reiten auf und Überqueren von Straßen der erste Feldweg: Canter! Espanhol ist easy zu handeln, er stürmt nicht, das Pony vor uns bremst uns aus, und überholen will ich nicht.
    Nach ca. einer Stunde sind wir endlich aus den Ortschaften heraus und reiten auf Feldwegen, teils eingefasst durch hohe Mauern aus Vulkangestein, bergauf. Vor uns spitzkegelige vulkanische Berge, denen wir uns nähern. Die azorianische Landschaft ist so unglaublich grün! Wir dringen in einen dschungelähnlichen Wald ein, der Pfad wird unglaublich schmal und von beiden Seiten drängt das Grün heran. Rechts geht es steil bergab, und wir schlängeln uns durch wucherndes schlingendes Grün. Äste hängen herab, ich beuge mich tief über Espanhols Hals, der sicher seinen Weg geht. Das Gewucher ist teilweise so dicht, dass ich die Pferde vor mir nicht mehr sehe. Es ist zauberhaft. Wir erreichen die Höhe und wenden uns wieder bergab, es gibt wieder eine Galoppstrecke, und dann geht es wieder bergauf, wieder durch dichtes Grün.
    Gegen 13 Uhr erreichen wir auf einem breiten Weg den Picknickplatz. Alles ist schon vorbereitet. Am Weg sind Ketten mit Halftern für die Pferde bereit, sie werden abgesattelt, abgetrenst, bekommen Futter. Und auch für uns ist der Tisch gedeckt: warmes Essen, Salat, Früchte, Getränke, Wein … alles bereit.
    Während der ca. 1-stündigen Mittagspause ist Zeit, einander ein wenig kennenzulernen. Die Gruppe wohnt auf der Quinta, sie reiten jeden Tag – die Glücklichen! Die Assistentin ist eigentlich eine Anästhesistin aus Lübeck, die eine 6-monatige Auszeit genommen hat. Stolz: die Engländer halten mich zunächst für eine Amerikanerin!
    Wie fühle ich mich nach drei Stunden Reiten: ganz okay eigentlich. Die Beine tun ein bisschen weh, ansonsten erstaunlich gut.
    Für den Nachmittag schnalle ich die Bügel zwei Loch länger, das tut den Knien gut, dem Po dafür weniger.
    Nach der Mittagspause war Espanhol ein bisschen "spooky" – er sah oder hörte plötzlich Dinge, die ihn erschreckten, und ein oder zweimal machte er einen Satz – aber ich konnte es gut handeln.
    Nach einer weiteren Galoppstrecke, wo das Pony uns ausbremst, tauschen wir die Plätze. Es geht wieder durch die Landschaft, später durch Orte. Auf einer letzten schnellen Galoppstrecke, wo ich Espanhol auch anfeuere: Lauf, Junge, lauf! höre ich hinter mir einen Schrei. Als wir anhalten, ist die Engländerin auf dem Pony in Tränen aufgelöst: sie hatte ihre Bügel verloren und musste diesen wirklich schnellen Galopp ohne Bügel meistern. Nachdem sie ihren Schock überwunden hatte, war sie auch mit Recht stolz auf diese Leistung. Im Ort wartete der große Transporter der Quinta auf uns. Die Pferde wurden abgetrenst und verladen – alle marschierten ohne Probleme auf den Transporter. Zurück in der Quinta rannten alle Pferde frei zurück auf den Hof, wo das Futter schon auf sie wartete.
    Wir Menschen quetschten uns in das altersschwache Auto, mit dem Bruno uns zurück zur Quinta kutschierte. Auf dem ganzen Ritt versicherte er sich immer wieder, ob alles okay sei. Vor Galoppstrecken fragte er, ob wir bereit seien … ich fand die Betreuung prima und war traurig, mich von allen und von Espanhol verabschieden zu müssen.
    Da Humberto angeboten hatte, seine Schwester könne mich fahren, rief ich sie an, und sie kam und fuhr mich zu meiner Unterkunft. So ganz recht war es ihr wohl doch nicht.
    Ich war todmüde. Heiße Dusche, Brötchen essen, Bier trinken in einem Kiosk am Hafen – heim – Bett um 22 Uhr.
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