• Road Tour in die Vergangenheit.

    June 25, 2024 in Spain ⋅ ☀️ 26 °C

    Die Anreise zur Stadt Artà gestaltete sich schon als kleines Abenteuer. Von der Landstraße aus schauten wir auf die Burg, die majestätisch auf ihrem 120 Meter hohen Berg thronte, als würde sie sagen: „Hier bin ich, der König der Hügel!“ Artà hat Wurzeln im Mittelalter, doch die Ursprünge reichen bis zur Talayot-Kultur zurück, die in der Bronze- und Eisenzeit das Sagen hatte. Man könnte sagen, hier hat die Geschichte ihre eigenen „Steinzeit-Partys“ gefeiert.

    Das traditionelle Städtchen Artà liegt malerisch inmitten eines weitläufigen Tals am Fuße eines kleinen Berges im Nordosten Mallorcas. Hier wird das Kulturerbe mit einer Hartnäckigkeit verteidigt, die selbst einen alten Stein zum Schmunzeln bringen würde. Für den Tourismus wird kaum nachgegeben, was uns persönlich sehr sympathisch ist – schließlich sind wir immer auf der Suche nach dem Ursprünglichen.

    Ein angenehmer Spaziergang entlang des von Bäumen gesäumten Pfades führte uns zur heiligen Stätte, aber die 180 Stufen nach oben waren eine kleine Herausforderung. Fast wie ein Fitnessprogramm mit eindrucksvollem Ausblick als Belohnung! Die Kirche, die im 14. Jahrhundert erbaut und im 19. Jahrhundert rekonstruiert wurde, bietet einige fantastische Kunstwerke, und der Hof des Heiligtums lädt zum Verweilen ein – für den Fall, dass man eine Verschnaufpause braucht.

    Anschließend ging es zur benachbarten Talayotsiedlung Ses Paisses. Hier fanden wir die Überreste einer längst vergessenen Zeit, die uns fast wie auf eine Zeitreise mitnahmen. Die talayotische Siedlung ist eines der bedeutendsten Relikte der vorchristlichen Zeit. Um die Siedlung herum stand einst eine zwei Meter hohe Zyklopenmauer, die zum Teil noch erhalten ist. Im Inneren des Schutzwalls entdeckten wir die Grundmauern einiger Häuser – typisch für die damalige Bauweise war ein zentraler Pfeiler, der die Decke stützte. Der Ort lag mitten im alten Steineichenwald, und wir waren von der Stille und der Faszination dieser Stätte beeindruckt. Es waren nur sehr wenige Besucher dort, und jeder Einzelne trug dazu bei, dass man sich wie in einem geheimen Geschichtsbuch fühlte.

    Der nächste Halt war der Torre de Canyamel, ein ehemaliger Flucht- und Wehrturm aus dem 13. Jahrhundert. Im Gemeindegebiet von Capdepera gelegen, trug der Turm bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts den klangvollen Namen Torre d’en Montsó, nach der Familie, die ihn errichten ließ. Heute beherbergt der von Wirtschaftsgebäuden umgebene Turm ein kleines Museum – ein bisschen wie ein Turm, der seine eigene kleine Ausstellung über seine Geschichte für „Burg-Touristen“ hat.

    Ein paar Kilometer später standen wir in Son Servera, bekannt für seine unvollendete Kirche. Hier hätte wirklich ein Prachtbau entstehen können, doch die „Neue Kirche“ blieb ein Traum – oder besser gesagt, es entstand eine Dachlose Kirche, die die Sonne anbetet. Man hatte schlichtweg die Kosten unterschätzt, und nun zeigt sich die Kirche ohne Dach stolz wie ein Sonnenanbeter am Strand, der einen Sonnenbrand riskiert.

    Die Kinder der Stadt haben sich die Kirche jedoch kreativ zu eigen gemacht: Nachmittags wird sie gerne als Bolzplatz genutzt, und die Schulen nutzen sie als Gymnastikplatz. Man könnte sagen, das Gebäude hat eine zweite Karriere als Sportstätte gestartet! Trotz ihrer Unvollständigkeit strahlt die Kirche jedoch eine Würde aus, die zum stillen Verweilen einlädt – als ob sie uns sanft an die Vergangenheit erinnert, während drumherum das fröhliche Treiben der Kinder zu hören ist.

    Genauso spannend war das Denkmal, das an der Kirche Sant Joan Bautista steht. Diese Skulptur erinnert an die schwärzeste Stunde in der Geschichte Son Serveras, als 1820 die Schwarze Pest fast 60 % der Bevölkerung auslöschte. Irgendwie merkwürdig, dachte ich mir – war die Pest nicht eine Seuche aus dem Mittelalter?

    Im Stadtzentrum fanden wir die 1622 erbaute einschiffige Kirche, die dem Schutzpatron der Stadt, Sant Joan (auch bekannt als Johannes der Täufer), gewidmet ist. Auf den ersten Blick schien die Kirche nicht besonders aufregend mit ihrem rechteckigen, einschiffigen Bau und den zwei seitlichen Anbauten. Spannend wurde es jedoch, als wir erfuhren, dass der Kirchturm zuvor als Wehrturm fungierte.

    Wir genossen im Schatten alter Bäume einen Kaffee auf dem Kirchplatz und ließen den Nachmittag ruhig und gedankenverloren ausklingen. Genug erlebt für heute – morgen ist schließlich auch noch ein Tag für neue Abenteuer!
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