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- Dag 165
- onsdag 31 juli 2024
- ☀️ 5 °C
- Höjd över havet: 6 055 m
PeruYerupaja10°15’49” S 76°54’17” W
Huayhuash

Jetzt haben wir etwas gemacht, das wir uns gar nicht zugetraut haben. Bisschen aus Übermut. Vielleicht auch aus dem Drang heraus, die Komfortzone zu verlassen und unsere Grenzen zu testen.
Eigentlich haben wir den 4-tägigen “Santa Cruz”-Trek durch den Huascarán-Nationalpark geplant. Schwierigkeitslevel: mittelmässig. Gekommen ist es anders…
Tag 0:
Langsam bekommen wir ein ungutes Gefühl. Die Agentur, bei der wir die 4-tägige “Santa Cruz”- Wanderung gebucht haben, “ghosted” uns. Als wir dann am Nachmittag vor einem dunklen, verlassenen Büro stehen, ist klar: Morgen wandern wir mit denen nirgendwohin.
Es ist 15 Uhr und wir haben keine Lust, unsere Pläne zu begraben. Also klappern wir die unzähligen Agenturen in Huaraz ab, in der Hoffnung, uns noch spontan einer Gruppe anschliessen zu können. Das Ergebnis: Den Santa Cruz-Trek müssen wir begraben. Doch plötzlich eröffnet sich eine andere Möglichkeit… Der legendäre 8-tägige Huayhuash-Trek. Schwierigkeitslevel: dificil. Eine Wanderung durch den spektakulärsten Teil der peruanischen Anden. Eine Tour, die zu den Top-Treks der Welt zählt – und die wir uns eigentlich für die Zukunft aufsparen wollten. Egal, die Zukunft ist jetzt. Wir fühlen uns fit und sind gut akklimatisiert. Voller Euphorie und Selbstüberschätzung sagen wir zu und machen uns auf, letzte Dinge zu besorgen bzw. zu mieten. Wanderstöcke, Handschuhe, einen Schlafsack, der zweistellige Minusgrade aushält und eine extra-dicke Daunenjacke.
Leicht nervös und unsicher, ob wir diese Herausforderung meistern können, fallen wir schliesslich um 23 Uhr ins Bett. Es wird eine kurze Nacht...
Tag 1:
Um 2 Uhr klingelt bereits der Wecker. Im Halbschlaf steigen wir in einen Van ein. Acht Stunden lang fahren wir von Huaraz über Stock und Stein ins Camp 2 des Huayhuash-Treks. Hier können wir uns einer Gruppe anschliessen, die bereits am Vortag mit der Wanderung gestartet ist.
Unser erster Zeltplatz liegt auf 4150 Metern, völlig abgelegen, weit entfernt von jeglicher Zivilisation. Die Dimension der beeindruckenden Bergkette haut uns schon am ersten Tag um. Mehrere 5000er- und 6000er-Gipfel reihen sich hier dicht aneinander. Massive Bergflanken, spitzige Felsnadeln, hängende Eisfelder. In den nächsten sechs Tagen werden wir diese Bergkette umrunden. Jeden Tag einen Pass, fast jeden Tag über 4000 Meter schlafen.
Der erste Tag verläuft jedoch gemütlich. Beim Znacht lernen wir unsere Mitwanderer kennen: eine Amerikanerin, zwei Australier, drei Engländer und eine Waliserin. Die Jungs drehen sich zunächst mal in aller Ruhe einen Joint. Wir sind beruhigt, dass auch die anderen keine Spitzensportler sind - und zuversichtlich, dass wir mithalten können😅.
Tag 2:
Um 6 Uhr kriechen wir in unseren dicken Daunenjacken aus dem Zelt. Auf der Aussenseite hat sich eine Eisschicht gebildet. Trotz Minustemperaturen und Höhenluft haben wir erstaunlich gut geschlafen.
Damit wir uns aufs Wandern und Überleben konzentrieren können, begleitet uns eine kleine Crew. Carlos, der in seinem spartanischen Kochzelt einfache, aber nahrhafte Menüs zubereitet. Luis und Capi, die stets gut gelaunten Esel- und Pferdetreiber. Jeden Tag bauen sie unser Camp ab und wieder auf - und beladen ihre Tiere mit den Zelten und Lebensmitteln. Und schliesslich Rojas, unser knorliger Guide, der uns über die Pässe führt. Keiner von ihnen spricht Englisch, und da unsere englischsprachigen Freunde nur begrenzt Spanisch sprechen, werden wir schon bald zu den Dolmetschern der Gruppe.
Die erste Wanderung führt an türkisblauen Lagunen vorbei, dahinter einige der mächtigsten Berge der Huayhuash-Bergkette. Wir staunen, keuchen und kämpfen, als der steinige Pfad auf 4800 Meter hinauf zum Paso Siula führt. Geschafft, aber glücklich geniessen wir die erste Passüberquerung und wandern anschliessend bergab ins nächste Camp. Bisschen mehr als 7 Stunden dauert die erste Etappe.
Abgelegen heisst nicht einsam. Auf dem neuen Zeltplatz tummeln sich bereits fünf andere Wandergruppen. Es gibt sogar einfache Toiletten, fliessendes Wasser und in einer kleinen Scheune wird Bier verkauft. Das hätten wir auf 4350 Metern definitiv nicht erwartet. Im Wissen, dass Alkohol in dieser Höhe doppelt und dreifach reinhaut, verzichten wir (vorerst) aufs wohlverdiente Bierchen…
Tag 3:
Coca-Blätter sind seit Jahrhunderten ein traditionelles Mittel in den Anden, um in der Höhe leistungsfähiger zu sein. Sie fördern die Durchblutung und erhöhen die Ausdauer. Also rein damit in die Backe und kauen, denn heute steht der erste 5000er an.
Wir wandern über eine Mondlandschaft, der Nebel hängt tief. Plötzlich schrecken wir auf, als sich durch die Wolken ein Monster von einem Berg schiebt – der Trapesio. Zu ihm wollen wir. Wir kämpfen uns weitere 700 Höhenmeter hoch, und dann ist es endlich so weit: Zum ersten Mal über 5000 Meter über Meer. Was für eine Kulisse! Endorphine und Adrenalin sorgen dafür, dass wir die Erschöpfung vergessen. Die ganze Gruppe jubelt, es fliessen sogar vereinzelt Freudentränen.
Nach dem Hoch folgt das Tief. Nach 7,5 Stunden erreichen wir das nächste Camp. Der Grossteil der Gruppe ist komplett zerstört, die Beine schlapp, der Kopf schmerzt, Katerstimmung. Einzelne klagen über Durchfall. Wir beide haben jedoch Glück und bleiben verschont…
Tag 4:
Am nächsten Morgen sitzen alle wieder um 6 Uhr am Zmorgen-Tisch. Das Rührei runterwürgen, das abgekochte Flusswasser in die Flaschen abfüllen, Blasenpflaster aufkleben – und weiter geht’s. Der längste Hike der Woche steht an: über 20 Kilometer, rund 8 Stunden.
Wir sind im Roboter-Modus, die Beine tragen uns einfach weiter. Und wir pulverisieren unseren Höhenrekord vom Vortag gleich nochmals. Der Santa Rosa-Pass liegt auf 5150 Metern. Das ist 300 Meter höher als der höchste Berg Europas, der Mont Blanc. Wir geniessen das Hiker’s High und wissen: Den Rest schaffen wir jetzt mit links.
Dieser Ort ist übrigens auch Schauplatz des auf wahren Fakten basierenden Dokudramas „Touching the Void“, das den Überlebenskampf zweier abgestürzter Bergsteiger zeigt. (Youtube Link: https://youtu.be/lHYwxoYsK0A?si=XO6t1DdoBPpLBOuj)
Die Wanderung führt hinab in die Nähe eines verschlafenen Dorfes – das einzige Mal, dass wir unterhalb der 4000-Meter-Grenze schlafen. Keine 24 Stunden nach dem ersten Tiefpunkt ist die Stimmung in der Gruppe wieder ausgelassen. Passend dazu findet im Dorf ein kleines Fest mit Stierkampf statt. Wir mischen uns unter die Menge und gönnen uns ein erstes, wohlverdientes Bier.
Tag 5:
Immer wenn wir denken, jetzt wird es bestimmt leichter, wird es mit Sicherheit anstrengender. Wir müssen 1300 Höhenmeter hochwandern, fünf Stunden lang einfach nur steil bergauf. Doch nichts hält uns mehr auf. Wir beide laufen vorneweg – zusammen mit unserem Guide Rojas erreichen wir als Erste den Pass auf 4800 Metern. Noch nie fühlten wir uns so fit.
Unser Camp liegt auf 4500 Metern. Hier ist es spürbar windiger und kälter als in den vorherigen Camps. Und tatsächlich: Die Nacht wird zur Horrornacht. Wir machen kaum ein Auge zu. Der Schlafsack kann die Minustemperaturen nicht mehr ausgleichen. Die Hüfte schmerzt, weil die Isomatte heute besonders dünn scheint. Wir sehnen dem Ende der Wanderung entgegen…
Tag 6:
Der Morgen danach ist nicht besser. Das lebensrettende Kaffeepulver ist aufgebraucht, alle husten und sind erschöpft, die Beine schwer wie Blei. Die Konzentration lässt nach, wir stolpern dem letzten Pass auf 4800 Metern entgegen.
Dieses Wechselbad der Gefühle ist schon krass. Kaum oben auf dem Aussichtspunkt angekommen, verwandelt sich unsere Stimmung wieder schlagartig. Es ist, als würde plötzlich eine Droge durch die Adern fliessen. Wir schweben entlang eines surrealen Grats – mit dem mächtigen Yerupajá vor Augen, ein absolutes Highlight. Mit 6635 Metern ist er der zweithöchste Berg Perus. Dann hinab zur malerischen Lagune Jahuacocha – unser letztes Camp. Einer der schönsten Zeltplätze dieser Woche.
Hier feiern wir unsere Leistung – und Pirmins Geburtstag. Ein Pferdebauer verkauft uns kühles Bier. Carlos hat sogar einen Kuchen in der Bratpfanne gebacken. Luis holt sein Lieblingspferd hervor und lässt uns eine Runde entlang der Lagune galoppieren. Und zum Abendessen gibt’s frisch gefangene Forellen. Was für ein grossartiger Abschluss einer unvergesslichen Woche.
Tag 7:
Es ist okay, dass der Kopf heute ein wenig schmerzt. Wir müssen nur noch vier Stunden durch ein Tal wandern, bis wir das nächste Städtchen erreichen. Dort wartet bereits der Van, der uns zurück nach Huaraz fährt.
90 Kilometer durch eine abgelegene, absolut faszinierende Landschaft zu wandern, ist nicht alltäglich. Staubig, stinkig, aber mächtig stolz beenden wir diese Woche.Läs mer
ResenärHerzliche Gratulation zu dieser super Leistung!
ResenärDanke Peter. war anstrengend, aber hat sich gelohnt😊
ResenärWow, diese Superleistung, gratuliere euch beiden
ResenärMerci 😘✌🏼