• Patagonien – auf der Carretera Austral

    February 2 in Chile ⋅ ☁️ 13 °C

    Wir sitzen mit einer Tasse Instant-Kaffee vor unserem Camper und schauen aufs Meer. Plötzlich zieht eine Gruppe Delfine vorbei, im Seegras taucht ein Robbenschnauz auf und dahinter ragt ein schneebedeckter Vulkan in den hellblauen Himmel. Wir sind in Chaitén (Chile), im nördlichen Patagonien – angekommen in unserem temporären Camperleben.

    Vor drei Tagen sind wir mit unserem Pick-up, bestückt mit einer 3-m²-Wohnung, in Puerto Montt gestartet. Über die Insel Chiloé sind wir mit der Fähre nach Chaitén übergesetzt. Wir haben wohl den letzten verfügbaren Camper in ganz Chile ergattert. Und weil der für drei Personen Platz bietet, nehmen wir kurzerhand Gaelle mit, unsere Hermana Boliviana, die wir in Sucre kennen gelernt haben.

    Rund 3500 Kilometer liegen vor uns, in etwas mehr als 3 Wochen. Von Chile entlang der Carretera Austral, rüber nach Argentinien und wieder zurück ins chilenische Punta Arenas.

    Die Fahrt auf der legendären Carretera Austral ist ein wilder, abenteuerlicher Ritt vorbei an Vulkanen und tiefblauen Fjorden. Exakt so, wie man sich Patagonien vor dem inneren Auge ausmalt. Doch was uns überrascht, sind die dichten Regenwälder, die man hier zu Fuss durchqueren kann – etwa auf dem Weg zum berühmten Ventisquero Colgante, einem Hängegletscher, der auf einem Hochplateau liegt und spektakulär über einer steilen Felswand hängt. Wo es Regenwald hat, gibt es auch Regen. Und das nicht zu knapp. Beim Abstieg werden wir klitschnass. Auch in den folgenden Tagen erleben wir das typische patagonische Wetter: Innerhalb einer Stunde kann man hier Sonne, Wind und (Schnee)-Regen erleben. Oder alles gleichzeitig.

    Die Carretera Austral wurde erst in den 80er-Jahren unter Diktator Pinochet gebaut, um den Süden Chiles besser zugänglich zu machen. Einige Abschnitte sind bis heute nicht asphaltiert und werden vor allem bei Regen zur holprigen Herausforderung – so auch auf unserer Fahrt am siebten Tag Richtung Puerto Río Tranquilo. Unsere Nerven liegen blank, als wir bei Dauerregen an riesigen Schlaglöchern vorbeizirkeln müssen. Es ist einer dieser Tage, an denen wir uns am Abend einen Campingplatz mit heisser Dusche und einen extra grossen Burger mit Pommes gönnen.

    Ansonsten geniessen wir es, an abgelegenen Orten wild zu campen. Das wird in Chile und Argentinien (ausserhalb der Nationalparks) toleriert. Dank der App iOverlander und einer riesigen Community finden wir traumhafte Stellplätze an Flüssen, Seen und Stränden. Unser Camper hat eine kleine Küche inklusive Wassertank und Gas-Herd. Wir könnten sogar (kalt) Duschen. Nur die Heizung fehlt. Und da es hier selbst im Sommer arschkalt werden kann, mummeln wir uns nachts mit Daunenjacke und Mütze in unsere Schlafsäcke.

    Zum Abschluss der ersten Woche werden wir nochmals mit einem Highlight entschädigt. Mit Kajaks paddeln wir zu den Capillas de Mármol. Diese einzigartigen Marmorhöhlen sind über Jahrtausende durch Erosion entstanden. Das leuchtend blaue Wasser hat die Felsen ausgehöhlt und in spektakuläre Formen verwandelt.

    Nach einer intensiven ersten Woche überqueren wir die Grenze nach Argentinien. Warum Simi sich mit den argentinischen Zöllnern anlegt, lest ihr im nächsten Teil…
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