• 10 Auf der Suche nach den Salzmühlen

    April 9 in Italy ⋅ ☁️ 14 °C

    Was passiert, wenn wir eine Untertasse mit Salzwasser in der Sonne stehen lassen? Genau - es bleiben schöne Salzkristalle übrig. Trapani, Paceco und Marsala haben eine riesige Untertasse vor der Haustür. Das Mittelmeer ist im westlichen Raum Siziliens sehr flach und der sizilianische Sommer bietet wochenlang Sonne pur. Dazu kommt ein stetiger Wind, der für trockene Luft sorgt. Perfekte Voraussetzungen also für Meerwassersalinen.

    Die ersten historischen Aufzeichnungen über die Salinen von Trapani gehen auf den berühmten arabischen Historiker Edrisi zurück, der sie bereits zur Zeit der normannischen Herrschaft erwähnt. Im 16. Jahrhundert, unter Kaiser Karl dem Fünften, stieg die Salzproduktion* durch die Errichtung neuer Salinen so stark an, dass der Hafen von Trapani im Jahr 1572 zum wichtigsten Salzexporthafen Europas wurde. Kurz vor der Einigung Italiens gab es zwischen Trapani und Marsala 40 aktive Salinen mit einer Jahresproduktion von etwa 200 Tonnen Salz.

    Und zur Aufbereitung von Salz braucht man Windmühlen, auch Salzmühlen genannt. Da diese sehr fotogen sind - obwohl oft schon verfallen und ohne Funktion - gehen wir heute auf Mühlenjagd. Das ist garnicht so einfach, denn die riesigen mit Wasser gefüllten Salzsalinen sind schwer zugänglich geschweige denn begeh- oder befahrbar.

    Und die Salzmühlen, von denen es in diesem Gebiet entlang der „Salzstrasse“ noch mehr als 50 geben soll, wollen erst einmal gefunden werden. Ausserdem wird an einigen Stellen noch aktiv Salz abgebaut. Dort darf man dann überhaupt nicht hin! Andere liegen allein und verlassen auf Mininseln umgeben von salzigem Wasser.

    Aber wir finden einige ansehnliche Exemplare und bannen sie auf die Fotoplatte. Ziel erreicht!

    Das Salz, welches hier bergeweise gewonnen wird, wird später zu Speisesalz und landet nicht etwa auf deutschen vereisten Straßen. Man erntet übrigens Salz, das wussten wir bis noch nicht.

    Tja und dann besuchen wir das noch weiter südlich gelegene Marsala. Marsala? Nein - nicht Masala! Ach ja - der süße Wein! Nein, das tolle Rot! Oder Chicken Marsala? Also - besser wir fangen nochmal von vorne an: "Masala" ohne "r" ist ein indisches Gewürz und "Marsala" eine sizilianische Stadt.

    In Marsala und Umgebung versteht man sich seit Jahrhunderten auf süße Weine. Im 18. Jahrhundert wurden sie zufällig vom englischen Kaufmann John Woodhouse "entdeckt". Ein paar Proben davon lösten in seiner Heimat Begeisterung aus. Das war die Chance des Lebens für John Woodhouse. Er blieb in Marsala, gründete eine Firma und verkaufte den süßen Wein unter dem Markennamen "Marsala".

    In seiner alten Heimat wurde der Marsala aber nicht nur als Aperitif oder Desserwein getrunken, sondern auch zum Kochen benutzt. Eines der, auch in den USA bekanntesten Rezepte ist "Chicken Marsala" (Hähnchenschnitzel mit Pilzen in Marsala-Soße). Marsala gibt es übrigens als Weiss- und Rotwein.

    Wir trinken in den schmucken Gassen in einer kleinen Weinbar ein Glas dieses kupferglänzenden Gesöffs. „Secco“, nicht „Dolce“. Es schmeckt wie Madeira, Sherry oder Portwein. Lecker! Zumindest Matthias findet das so. Andrea ist weniger begeistert. Aber wenn man schon mal hier ist, muss man das Ding auch mal ausprobieren, oder?! Was die Stadt anbelangt, hat sie für uns nicht ganz die Erwartungen erfüllt. Eine kleine Altstadt mit Flair, aber das war’s auch schon.

    Früher einmal haben die vorgelagerten riesigen Salzsalinen auch Marsala reich gemacht. Heute haben wir Salz im Überfluss und bekommen es nahezu geschenkt - eine Folge der industriellen Massenproduktion.

    Vor diesen Zeiten bezeichneten die Menschen Salz allerdings nicht zufällig als "Weisses Gold". Orte, an denen Salz aus Meerwasser gewonnen werden konnte oder an denen Salzstöcke nahe unter der Erdoberfläche lagen, gab es nicht viele. Entsprechend hoch war der Preis für Salz.

    Wer in seinem Sizilien Urlaub in den Salinen von Marsala Arbeitern zuschaut, bekommt schnell einen Eindruck von dem Aufwand, der hinter der traditionellen Gewinnung von Meersalz steckt. Kein Wunder also, dass Marsala dieser ehemals so wichtige Industriezweig mehr und mehr wegbrach.

    Zu allem Überfluss gab es 1965 hier eine Flut, die die Salzwiesen schwer beschädigte. Mittlerweile gibt es allerdings eine Renaissance des traditionell gewonnen Meersalzes. Mit Unterstützung des WWF werden einige Salzwiesen wieder genutzt. Dabei legt man Wert darauf, drei Ziele zu harmonisieren: die Salzgewinnung, den Umweltschutz und den Tourismus.

    Schön war es trotzdem, dort gewesen zu sein.

    Auf der Rückfahrt nach Custonaci (dort liegt unser Ferienhaus) findet Andrea direkt an der felsigen Küste eine halb verfallene Thunfischfabrik aus dem 16. Jahrhundert. Toller Anblick. Morgen gibts hier ein Zeitraffervideo vom hoffentlich besten Sonnenuntergang unserer Tour.

    Und morgen geht es mal planlos in die Landschaft.
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