• Schloss Bran: der Mythos kostet extra

    June 18 in Romania ⋅ ☁️ 20 °C

    Heute waren wir da – im berühmten Dracula-Schloss! Schloss Bran, das auf unzähligen Postkarten und in fast jedem Rumänien-Reiseführer auftaucht, thront malerisch auf einem Felsen an der Grenze zwischen Transsilvanien und der Walachei. Schon von Weitem sieht es so aus, als könnte hier tatsächlich ein düsterer Fürst residiert haben – perfekt für die Fantasie, aber leider nur bedingt für die Wirklichkeit.

    Denn was viele nicht wissen: Das Schloss hat weder etwas mit dem historischen Vlad Țepeș noch mit Bram Stokers Dracula zu tun. Die Verbindung zur Legende ist eher ein kreatives Konstrukt, das sich erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts touristisch verfestigte. Das merkt man schnell – der Mythos wird groß beworben, doch echte Bezüge fehlen.

    Dabei ist das Schloss an sich durchaus interessant: Es wurde Ende des 14. Jahrhunderts von den Siebenbürger Sachsen als Grenzfestung erbaut und diente später auch als Zollstation. Strategisch lag es perfekt – genau an einem wichtigen Handelsweg zwischen Kronstadt und der Walachei. Die engen Gänge, die man heute durchquert, waren einst Teil einer echten Verteidigungsanlage.

    Besonders schön fanden wir die Räume, die der rumänischen Königin Marie gewidmet sind. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde das Schloss ihr als Geschenk übergeben – sie ließ es renovieren und wohnte regelmäßig dort. Einige ihrer Zimmer sind noch heute eingerichtet und zeigen viel Persönlichkeit und Geschmack. Das hatte für uns mehr Charakter als die Dracula-Inszenierung.

    Weniger gelungen fanden wir dagegen die touristische Aufbereitung insgesamt. Der im Netz oft empfohlene Audio-Guide ist offenbar längst Geschichte – es gibt nur spärliche Informationen auf ein paar Tafeln. Man drängt sich zudem mit vielen anderen Besuchern durch die engen Räume, was den Rundgang eher hektisch als stimmungsvoll macht. Einige Bereiche waren außerdem schon länger geschlossen – ohne Hinweis oder Erklärung. Ärgerlich ist auch, dass bestimmte Teile des Schlosses nur gegen Aufpreis zugänglich sind – etwa der „geheime Tunnel“, der sich als wenig spektakulär erwies und an dessen Ende man dann noch mit einem kostenpflichtigen digitalen Foto überrascht wird. Auch ein „Folterzimmer“ kostet extra, ebenso wie das Parken. Unterm Strich kommt einiges zusammen – für ein Erlebnis, das diesen Aufwand aus unserer Sicht nicht rechtfertigt.

    Unser Fazit?
    Schloss Bran ist ein Ort mit eindrucksvoller Lage und spannender Geschichte – aber der Besuch hinterlässt bei uns einen eher zwiespältigen Eindruck. Der Ort ist stark überlaufen, inhaltlich erfährt man nur wenig. Vieles wirkt, als gehe es heute vor allem darum, aus möglichst vielen Besuchern möglichst viel herauszuholen. Wer das Schloss dennoch besuchen möchte, sollte es möglichst außerhalb der Stoßzeiten tun – sonst bleibt von der Atmosphäre nicht viel übrig.
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