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  • Day 158

    Die Fassade bröckelt

    June 23, 2018 in Honduras ⋅ ⛅ 28 °C

    Die Einreise nach Honduras verläuft ohne Probleme, wir sind also nach wie vor nicht zur Fahndung ausgeschrieben. Nach einer Reihe eher simpler Unterkünfte, entscheiden wir uns für die ersten drei Nächte in Honduras zur Abwechslung für ein kleines Butique-Hotel in Santa Rosa de Copan. Die Fassade sowie das ganze Städtchen sind wirklich schön und auch die Zimmer lassen auf den ersten Blick keine Wünsche offen. Doch der Schein trügt und das sollte bezeichnend werden, für alles was wir die ersten Tage in Honduras so erleben. Eigentlich fängt alles ganz gut an. Wie sich herausstellt, gibt es auch hier Pupusas. Ich könnte weinen vor Glück! Beim Bezahlen realisiere ich ausserdem schnell, dass die hiesige Währung nur aus Scheinen besteht. Geil, das verdammte Münz im Sack geht mir nämlich total auf den Sack. So gibt es hier sogar 1-Lempira-Noten, was umgerechnet vier Rappen sind. Damit schaffen auch wir eine Money-Shower, wie man es sonst nur von Rapper Fat Joe kennt. Das machen wir dann aber doch nicht, da die lokale Bevölkerung den künstlerischen Teil einer solchen Performance wohl nicht verstehen würde. Wahrscheinlich auch sonst niemand. Ausser Dani und mir.

    Neben einem steilen und schönen Hike im Celaque National Park, unternehmen wir eine kleine Tagesreise zu den Maya Ruinen von Copan. Das Gelände voller roter Aras ist wirklich eindrücklich, die Hin- und Rückfahrt mit sogenannten Chicken-Buses irgendwie auch. Wobei man diese permanent und unendlich überfüllten Mini-Busse in unseren Breitengraden nicht „Chicken“-Buses nennen dürfte, denn diese Art der Tierhaltung ist in Europa seit den Siebzigern verboten. Die Leute hier sind sich das offensichtlich gewohnt und mir scheint es, denen gefällt dieses schwitzige Gruppenkuscheln sogar. Mir nicht. Fahrpläne gibt es generell nicht. Und wenn an einem Bus doch ein Fahrplan hängt, stimmt dieser auf Nachfrage ohne jegliche Begründung doch nicht und wir sitzen etwas verloren rum. Resultat: zwei Stunden Ruinen gucken, halbe Stunde Pupusas futtern, über acht Stunden Chicken-Bus leiden und irgendwie den Anschiss. Und Gummibärli haben wir auch keine dabei. Sue ist doof.

    Hinzu kommt die schockierende Erkenntnis, dass sich hier - und eigentlich in ganz Süd- und Zentralamerika - offensichtlich niemand um die Umwelt schert. Alle, Erwachsene, Alte, Kinder und auch der Busfahrer selber, schmeissen einfach alles aus dem Fenster. Alle. Und niemand würde je etwas sagen. Natürlich habe ich als Jugendlicher auch mal ein Fanta-Fläschli aus der BD/WM geworfen, aber man hat mich Besseres gelehrt und bei Bedarf zurechtgewiesen. Und ja, ich habe leider auch genügend Freunde, die ihre Zigaretten immer noch auf die Strasse schmeissen. Schämt Euch! Aber das hier hat ein ganz anderes Ausmass. Und wenn man mal das ganze Ausmass erkannt hat - Asien soll ja noch schlimmer sein -, erscheint die ganze Migros- und Coop-Säckli Diskussion wie ein Witz. Natürlich, man muss irgendwo anfangen und zuerst vor der eigenen Türe fegen, alles richtig. Aber in meinem nächsten Leben werde ich vor der UNO-Vollversammlung einen Umweltsünder-Index verlangen, dessen Ranking massiven Einfluss auf mögliche Privilegien und Wirtschaftsförderung hat. Wahrscheinlich gibt es das schon, aber es funktioniert offensichtlich nicht. Alles nur Fassade.

    Wie unser lustiges Hotel eben. Das schöne Zimmer entpuppt sich als stinkendes Loch, welches wir nach der ersten Nacht wechseln. Das Personal beim Frühstück braucht gerne dreissig Minuten für den Kaffee bei vier Gästen und wer gewisse Anmerkungen wie „kein Käse“ oder so hat, der wird sowieso ignoriert. Anstelle vom Käse fehlen dann Fleisch und Brot. Macht ihr ganz toll hier. Und wer schon einen O-Saft hatte, kriegt hier keine Tasse Kaffee. Es gibt nur entweder oder. Bei knapp fünfzig Stutz pro Nacht. Echt jetzt? Trotz Food-Waste Aversion lasse ich am letzten Morgen den ganzen Scheiss stehen und laufe davon. Den Quatsch mache ich nicht mit und schliesslich wollen wir noch die hiesige Zigarrenfabrik besuchen. Meine letzte kubanische Zigarre habe ich am Abend zuvor extra noch geraucht, damit mein Reisehumidor maximale Kapazität bietet. Die olle Schrulle von der Rezeption hatte ja am Freitag dort angerufen und bestätigt, dass es am Montag um zehn eine Führung gibt und keine Reservation nötig ist. Tja, das sieht Security-Ramon am Eingang der Fabrik anders. Führung? Gibt es nicht! Verpisst euch ... Jup, wirklich ganz toll gemacht. Scheiss Hotel. Zur Beruhigung und weil ich das Frühstück hab stehen lassen, ziehe ich mir ein paar Pupusas rein. Aber auch die haben in El Salvador irgendwie besser geschmeckt. Ich will nach Hause.

    Sue lässt mich nach kurzer Diskussion dann aber nicht gehen und obwohl aus meiner Sicht unverdient, bekommt Honduras natürlich (mindestens) noch eine Chance. Unser nächster Halt ist am Lake Yojoa, wo wir drei Nächte in der D&D Brewery Lodge reserviert haben. Wie der Name vermuten lässt, eine Brauerei. Ich freu mich!
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