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  • Day 479

    Food und Porn bis die Chinos reissen

    May 10, 2019 in Spain ⋅ ☁️ 19 °C

    Ich staune auch nach über fünfzig Grenzübertritten noch, welch bewundernde Blicke der rote Pass so auf sich ziehen kann. Erinnert mich immer wieder an unser Geburtsglück. Danke Mam und Dad! Oder wer auch immer dafür verantwortlich ist. Ich bins sicher nicht. Der komischen Schnepfe am Security-Check ist mein Pass allerdings ernüchternd egal. Nachdem ich mein Rucksack, mein Handy, mein Cap, mein Gürtel und auch sonst alles fein säuberlich auf das laufende Röntgenband gelegt habe, schreite ich mutig und zügig durch den Body-Scanner, die linke Hand lässig in der linken Hosentasche. Wie erwartet, bleibt das graue Blech-Gate stumm. Nicht so Sheriff Ramona vor mir. „Goo bäck!“ wettert es in diesem typisch russischen Akzent. Man darf an der Stelle nicht vergessen, es ist vier Uhr in der Früh und ich fühle mich ohne Cap, Gürtel und Handy irgendwie verletzlich. Das lasse ich mir aber natürlich nicht anmerken, bleibe bewegungslos stehen und starre die olle Ramona ungläubig an. Was soll der Scheiss? Ich bin sauber. Das hat der stille Body-Scanner doch eben bestätigt. „Gooo bääck!“ schallt es mir erneut entgegen. Aber ich will noch immer nicht. Wieso auch? Also schaue ich die Kuh einfach weiter fragend an. Für einen Moment will ich ihr sogar meinen roten Pass zeigen, finde es dann aber doch irgendwie unpassend und nicht im Sinne des Erfinders - oder Schöpfers. Ausserdem ist der ja auch schon auf dem Röntgenband davon gefahren. „Puut your händs up“ höre ich als nächstes. Oh boy, that escalated quickly! Verhaftet aufgrund übertrieben ungläubigem Starren?! In Erwartung eines SWAT-Tacklings schaue ich kurz zur Seite und nach hinten. Aber da kommt nichts. Ich hebe also langsam und fragend die Arme und harre der Dinge, die da kommen. „Nau gooo bääck“ nörgelt Tante Ramona weiter. Ich nehme den ganzen verbliebenen Mut zusammen und frage mit genervtem Unterton „why?!?!!“ ... „Händ not in pooket and goo bäck!“ schnaubt es ebenfalls genervt zurück. Ach so, meine linke Hand soll das Problem gewesen sein. Mal wieder was Neues. Hält man die mitgebrachte Granate also einfach in der Hand, so wird sie der einfältige Blech-Scanner nicht entdecken?! Lustig. Ramona. Sehr lustig. Um ein Haar hätte ich gelacht.

    Bei der Zwischenlandung in Athen will ich das Ramona-Dings genau wissen, denn man schickt uns erneut durch einen Security-Check. Beim Gang durch das Blech-Gate stecke ich demonstrativ beide Hände in die Taschen. Und wen interessierts? Genau, keine Sau. Ausser mich natürlich. Bei mir dreht sich gerade alles um die verdammte Ramona-Attacke. Knappe drei Sekunden später habe ich mich aber bereits wieder gefangen und beruhigt. Und so schaffen wir es trotz Händen in der Hose ins sonnenverwöhnte Barcelona. Genau, in Spanien. Wir schleichen uns also von Süden her gen Heimat. Wir lieben Barcelona. Auch wenn die Stadt nach den vielen Monaten auf Reisen ein vernichtender Preisschock ist. Wir wohnen die Tage bei Marcela, die ursprünglich aus Kolumbien stammt und dank ihrer drei Katzen gewisse Ähnlichkeiten mit der Crazy Cat Lady aufweist. Also weniger sie selbst und mehr ihr Zuhause. Aber etwas anderes als ihr Gästezimmer können beziehungsweise wollen wir uns hier nicht leisten. Natürlich braucht es keinen Tag und mindestens einer der drei Stubentiger outet sich als bipolarer Scheissbeisser. Und diese Haare!? Meine Fresse, diese Haare! Ich lass mehrheitlich die Finger von den Viechern. Sue nicht.

    Wir starten unsere Sonnenzeit in Barcelona mit einem Dinner im CDLC. Nach Monaten voller „einfachem“ Leben lassen wir mal wieder die Korken knallen. Alles hier ist perfekt abgestimmt und orchestriert. Kein warten, jeder ist zuvorkommend und das Essen ist ein Traum. Wie kann Sushi nur soo viel besser sein als sonst wo? Das Treatment ist natürlich nicht gratis, obwohl wir weder Kobe noch richtig teuren Wein bestellt und die Sushi-Platte als Vorspeise ungewöhnlich klein gehalten haben. Aber selbst die „günstige“ Rechnung ist nicht unser Problem. Mich kostet das bloss ein überhebliches ... äh, müdes Lächeln. Schliesslich habe ich die Wette gegen Tesla-Thomi gewonnen, bei der ich schon vor anderthalb Jahren prophezeit habe, dass sein reserviertes Modell 3 frühestens 2019 ausgeliefert wird. War ja klar. Danke fürs Dinner, Loser! Was hingegen mein Problem ist, sind die verdammten Schmerzen beim Anziehen der Chinos, die ich an der Hochzeit in Südafrika getragen habe. Irgendwie habe ich die Passform ganz anders in Erinnerung. Das wars also schon wieder mit skinny bitch und das Hemd kommt mir definitiv nicht in die Hose. Der Kaukasus war also ganz gut zu mir. Zu gut offensichtlich. Verdammtes Ajaruli Khachapuri.

    Ich würde ja wieder Sport machen, aber das hat der Onkel Doktor in Ankara verboten. Zumindest für ein paar Wochen noch. Ich fühle mich die Tage also ein wenig wie Thor in Avengers: Endgame. Armer Junge. Armer, pummeliger Junge. Barcelona ist allerdings ein ganz schlechter Ort für solch ein Problem, denn wir wollen hier in erster Linie futtern. Chino-Krise hin oder her. Und futtern tun wir die Tage auch, wie der kleine Clip zeigt. Also zeigen sollte. Die Teller sind aber des Öfteren bereits leer oder haben es gar nicht erst auf Band geschafft, denn die schöne Sue entpuppt sich als furchtbar schlechte Foodporn-Kamerafrau. Im entscheidenden Moment sind ihre Gedanken nicht bei der Kamera sondern ausschliesslich beim Food und Porn und so schiebt sie sich das Zeugs ohne Umschweife ins Gesicht. Sushi, Tapas, Empanadas, Patatas, Pasta, Paella, Panini, Pincho, Pimmel, Pizza ... Ganz egal, einfach immer schön rein damit. Nein, mache natürlich nur Spass. Paninis hatten wir die Tage keine.

    Da wir Barcelona schon ein wenig kennen, unternehmen wir diesmal auch ein paar Tagesausflüge rund um Barcelona: Wandern am wunderbaren Montserrat - wir erklimmen immerhin tausendundsiebenundachzig Höhenmeter -, Roadtrip entlang der wunderbaren Costa Brava - wir furzen immerhin dreihundertsiebenundfünfzig Kilometer durch die Gegend - und eine Velowein-Tour im wunderbaren Penedès - Sue degustiert sich auf immerhin 1,8 Promille. Aber ganz egal wo wir sind, Essen steht ganz oben auf der Liste der Dinge, die uns die Tage bewegen. Soll heissen, wir bewegen uns in erster Linie, um an Futter und Getränke zu gelangen. Doch irgendwann ist auch die bewegte Woche in Barcelona rum und wir bewegen uns weiter in Richtung Norden. Näher zu dem, was ich soo sehr vermisse. Genau, Cervelats.
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