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- 13.06.2024, 20:20
- ☁️ 10 °C
- Höhe über NN: 823 m
- SchwedenJämtlands länUndersåker socken63°8’28” N 12°13’9” E
13. Juni - Bergfest
13. Juni in Schweden ⋅ ☁️ 10 °C
In der Nacht gab es ein paar mal Regen, nicht sonderlich stark und außerdem lag ich auf der richtigen Seite der Zeltplane. Jegliche Feuchtigkeit haben Wind und Sonne am Morgen schon verdampft und sie bitten mich ab um sieben herauszutreten. Ich gehe gleich bei der Gelegenheit runter an den Fluss Handölan und nehme ein kaltes Vollbad. Nach dem Frühstück ist schnell alles verpackt, es ist deutlich das Schrumpfen in all den Fresstüten zu erkennen, morgen Abend will ich schließlich schon in Storlien sein, bis dahin wird es reichen. Bei herrlich bayrisch-kariert beleuchtetem Bergpanorama starte ich gegen neun, es zieht sich jetzt noch einige Kilometer an diesem schönen breiten Fluss entlang. Kaum bin ich eine Viertelstunde unterwegs, da gehen schon zum ersten Mal wieder die Schranken runter und ich lasse eine Herde Rentiere in Ruhe ein wenig ins Abseits ziehen. Obwohl der Wind einigermaßen frisch ist, lege ich nach kurzer Zeit das Hemd ab und bin wieder nur in meinem Terence-Hill-Shirt unterwegs, wie ich es nenne. Ich liebe dieses Teil, es wird mir mit jedem Tag, an dem ich es trage, etwas kürzer, hat inzwischen einige Löcher und mit der wilden Friese oben auf dem Schädel fühle ich mich tatsächlich wie in einem dieser brillanten Schinken aus den Siebzigern.
Nach einer halben Stunde erreiche ich eine kleine Schutzhütte, die ich auch gestern Abend durchaus noch hätte aufsuchen können, aber nein, nicht für Geld und gute Worte, ich wollte unbedingt draußen schlafen.
Während der ersten Frühstückspause ist es immer noch wunderbar sonnig, weiße Quellwolken türmen sich, aber der Wind hat deutlich aufgefrischt, so dass ich mir einen Platz hinter einem großen Stein suche, wo ich windgeschützt sitzen kann. Richtung Mittag zieht sich der Weg stetig einen Pass hinauf Richtung Sylarnas Fjällstation. Es sind noch einige Schneefelder zu überqueren, die allerdings dank der niedrigen Temperaturen soweit tragfähig sind, dass ich ohne einzusinken darüberlaufen kann.
Auf dem Weg rauf sehe ich in einiger Entfernung in einem Schneefeld etwas merkwürdig grünlich-bläuliches schimmern. Das schreit natürlich nach: Komm und guck mal genauer, was hier los ist. Ich gehe vom Weg ab, dieses Mysterium aufzusuchen, an eine riesengroße Stelle, in der der Schnee in einer leichten Senke kreisförmig in sich eingebrochen ist. Während ich anfangs noch befürchte, diese Farbe würde beim Näherkommen oder aus einem anderen Winkel verschwinden, wird es umso intensiver, je dichter ich herankomme. Also bleibt mir nichts übrig, als diese riesengroße Stelle aufzusuchen, natürlich mit größter Freude. Was für ein merkwürdig schöner Ort, einerseits circa 4m hohe Schneemassen, auf denen ich stehe und die hier in Form eines riesigen Ovals zusammengefallen sind und dann dieses Türkis-Blau, was an einer Stelle aus dem Spalt scheint. Es ist tatsächlich das Blau des Himmels, dass sich durch eine besondere Schräglage des abgebrochenen Schneestücks auf der anderen Seite so schön widerspiegelt.
Ich laufe weiter aufwärts über das gesamte Schneefeld und arbeite mich auf den Pfad zurück, habe dabei aber, das merke ich erst später, eine Weggabelung verpasst, an der ich rechts hätte gehen sollen, jetzt aber auf dem linken Teil bin. Der geht zwar grundsätzlich auch Richtung Fjällstation, aber mit einem kleinen Umweg. Und wie es mit Umwegen so ist, bringt der mich genau an die Stelle, wo ich einen direkten Blick ins Herz des Sylarnas-Massivs habe. Der andere Weg führt etwas kürzer um einen Riesenklumpen-Berg herum, der mir genau diese Ansicht zu 100% verwehrt hätte. Dann nenne ich mich doch selbst Glückspilz. Ab hier geht es jetzt noch gute zweieinhalb Kilometer abwärts Richtung Station. Es ist ziemlich steinig und viel Geröll, aber dafür habe ich es ja bisher ziemlich angenehm gehabt. Kurz nach eins erreiche ich diese Riesenanlage, die eher einem Hotel als einer Hütte im Fjäll gleicht. Sie haben wieviele Betten und ein Restaurant, extra Strom hier hoch gelegt, da man vor Jahren erkannt hat, dass damit Geld zu verdienen ist. Leute fühlen sich hier wie in echter Natur, haben aber ein gemachtes Bett und Essen, das serviert wird. Das bringt die Massen hier raus und genau die Probleme mit sich, gegen die man jetzt wiederum Stück für Stück anzukämpfen beginnt. Die nächste Station auf meinem Weg zum Beispiel, Blåhammarens Fjällstation, hat ihren Pachtvertrag nur deshalb wieder verlängert bekommen, weil das Restaurant geschlossen wird. Die Mengen von Menschen, die nicht viel mit Natur als solches am Hut haben, sondern mehr um der Erlebniswelt wegen hier sind und die Störungen für die Umwelt, die sie mit sich bringen, speziell für die Rentiere, sollen im Sinne der Natur und der Sami-People reduziert werden.
Während ich noch Pause mache, kommt eine Wanderin rein, es ist Eva aus Estland. Sie lebt hier in Schweden und ist häufiger mal in dieser Region im Fjäll unterwegs. Wir unterhalten uns noch mindestens eine ganze Stunde lang, so dass es doch 16 Uhr wird, bis ich von hier loskomme. Der Weg zieht sich jetzt allerdings längere Zeit leicht abwärts und lange Stücken auf Holzplanken, so dass es für mich wie auf der Autobahn vorangeht. Ich verabschiede mich von Sylarnas und habe jetzt wieder weite, grüne, sanfte Landschaft vor mir, die auch sehr gut zu laufen ist.
Gegen halb sechs mache ich Pause auf einem Bergrücken auf gut 1000m Höhe, den ich inzwischen erklommen habe, von hier ist es ein weiter Blick 30-40KM entfernt in die norwegischen Berge. Auf einmal habe ich eine ganze Meute der Falkenraubmöwen über mir. Ich beobachte seit Tagen mehr und mehr, dass es eher Neugier denn Angriff ist, sie kommen einige Male relativ dicht angeflogen und erkennen, dass es nur Hilde ist, um dann wieder zurück auf den Hochwiesen auf ihr Gelege zu fliegen.
Die letzten Kilometer ziehen sich einfach wunderbar über das grüne Hochland, ich kann mich rundherum an den weit entfernen Schneegipfeln und dieser kräftig grünen Fläche kaum satt sehen. Dann liegt ein Stein im Weg, ein recht großer Block, dessen Oberfläche glänzt wie ganz viele Salzkristallle. Irgendwie sind heute so magische Effekte auf dem Weg verteilt.
Und dann habe ich um kurz vor acht mein heutiges Tagesziel erreicht, auf das ich mich so gefreut habe und auch so gespannt war:
Es ist Kilometer 2150, also genau die Hälfte meines geplanten Weges zum Nordkap. Da es bis hier auch ungefähr mit dem Tagespensum übereinstimmt, hatte ich mir vorgenommen, genau an diesem Kilometer das Zelt aufzuschlagen, wo auch immer es sein mag. Und natürlich ist das auch mal wieder ein guter Grund für eine kleine Feierlichkeit. Es ist vom Plateau leicht ab in eine Senke gegangen, ganz in der Nähe ist ein Bach und ich bin genau an einem kleinen See, schöner kann es nicht sein. Ruckfix ist das Partyzelt aufgebaut und ich sehe aus der Richtung, aus der ich kam, ziehen dunkle Wolken heran. Die scheinen mit Hilfe von merkwürdiger Beleuchtung durch die Sonne die Polarlichter imitieren zu wollen. Und ab um acht höre ich es von Zeit zu Zeit auch schon donnern. Da es hier draußen nicht allzu oft Partys in der Art gibt, habe ich sofort Unmengen von ungebetenen Zaungästen, denen ich aber den Zutritt verwehren muss und mache deshalb eine geschlossene Veranstaltung daraus. Ich habe jetzt gute zwei Stunden Zeit zu essen und mich zurechtzumachen, die dunklen Wolken ziehen immer näher und das Donnern wird heftiger. Ab circa halb zehn entlädt sich ein kräftiges Gewitter mit Hagel und Regenschauer über mir. Ich beende dann auch irgendwann die Veranstaltung. Das ich mal wirklich so weit laufe, wer hätte das gedacht? Wie es mir dabei heute geht? Na, es geht so halbwegs. 😂Weiterlesen
Reisender Der war gut!
Reisender Glückwunsch zum Bergfest! 🥳
Reisender Hallo Wilde Hilde noch viel Spaß auf deinem Weg zum Nordcap. Paß auf Dich auf !
Reisender Super Leistung 💪🏽