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  • Day 51

    Siem Reap

    April 29, 2017 in Cambodia ⋅ ⛅ 28 °C

    Die Grenzüberquerung nach Kambodscha war ähnlich einfach, wie zuvor nach Laos. Verhältnismäßig freundliche Beamte und keine größeren Schickanen. Das Gesundheitszeugnis, das einem manchmal für einen Dollar aufgedrängt wird, erhielten wir kostenlos. Im Grunde war das auch nicht mehr als eine oberflächliche Überprüfung unserer Impfpässe.
    Wir hatten eine Vereinbarung mit einem Transportunternehmen getroffen, das uns direkt hinter der Grenze erwarten wollte. Den Weg von den 4000 Islands legten wir als Anhängsel einer größeren Gruppe zurück, die auch nach Siem Reap unterwegs war. Hier wurden die Pässe eingesammelt und gebündelt gestempelt. In „Travelerkreisen“ geht das Gerücht um, dass das Unternehmen einen großen Aufschlag dafür nimmt. Wir hörten sogar etwas von 10-15 Dollar pro Pass. Da wir zu Fuß über die Grenze gingen, betraf uns das nicht. Eine merkwürdige Italienerin stieg auch aus, in der Hoffnung Geld sparen zu können. Effektiv waren es dann 3 Dollar. Das Unternehmen wollte 40, die Ausreise aus Laos kostete 2 Dollar „Stempelgebühr“ und das Visum für Kambodscha 35 Dollar. Dafür lief sie wie von der Tarantel gestochen hektisch herum und versuchte sich am Schalter ganz nach vorne durchzubetteln, damit der Bus nicht ohne sie abfährt. Zwei Franzosen, die mit dem selben Unternehmen weiterfuhren wie wir, diskutierten 10 Minuten mit den laotischen Grenzern, um die 4 Dollar Bearbeitungsgebühr zu sparen.
    Ich verstehe ja wirklich, dass manche Reisende kein Geld haben. Sowas ist mir allerdings eindeutig zu blöd. Reisen zehntausende Kilometer weit, kommen aus einem Land mit funktionierendem Sozialsystem und diskutieren dann über 4 Dollar in einem Land mit einer Lebenserwartung von rund 60 Jahren. Man kann jetzt natürlich argumentieren, dass die arme Landbevölkerung nicht davon profitieren dürfte, wenn ein paar Grenzbeamte etwas dazuverdienen. Aber ich bezweifle wirklich stark, dass sie dann eben im Café mehr Trinkgeld geben oder etwas Blödsinn am Straßenrand kaufen, um etwas Geld da zu lassen. Insbesondere in Kambodscha komme ich mir übrigens so vor, als würde hier niemand Trinkgeld geben. Ich werde immer angeguckt, als sei ich dämlich, wenn ich etwas auf die Rechnung aufschlage. Das führt manchmal sogar so weit, dass ich das Geld zurücknehme, weil mein Gegenüber denkt, dass ich mich verrechnet habe.

    Nach einer etwas holprigen und überdurchschnittlich schnellen Fahrt, kamen wir in Siem Reap (sprich: Siem Riep) an und verbrachten die ersten anderthalb Tage hauptsächlich im Zimmer, weil Silke etwas kränkelte. Siem Reap bietet als Stadt ohnehin nicht soviel, wie wir zunächst angenommen hatten. Es ist die touristische Hochburg Kambodschas, was wohl an der legendären Tempelanlage Angkor Wat und seiner Umgebung liegt und natürlich an den günstigen Preisen, die es vielen Ausländern ermöglichen hier mit ihren Ersparnissen oder einem kleinen Einkommen ein gutes Leben zu führen. Einige versuchen sich sogar an wirklich großen Projekten. So etwa Dillan, der Inhaber unseres Hotels. Ein dreiundzwanzigjähriger Amerikaner, der gemeinsam mit einer Japanerin seine Ersparnisse investiert hat. Das klingt jetzt erstmal ein wenig merkwürdig, man muss ihm allerdings zu Gute halten, dass wir ihn auf Mitte 30 geschätzt hatten.
    Das Modell ist eigentlich ganz interessant, obwohl ich nicht so recht weiß, was ich von ihm halten soll. Man kauft ein Hotel oder eine Bar, leitet sie als „Businesserfahrung“ für ein, zwei Jahre und versucht in der Zeit ihren Wert zu steigern und verkauft das Geschäft danach.
    Die Vorteile liegen natürlich auf der Hand. Ich denke allerdings, dass es vielleicht schöner wäre, wenn die Geschäfte in einheimischer Hand lägen und nicht in der Verantwortung von aufstrebenden Ausländern. Dillan war allerdings ein wirklich feiner Kerl, von dem man den Eindruck hatte, dass er einen guten Job machen möchte bzw. es unserem Eindruck nach auch macht.
    Weil dieses Modell offenbar so gut funktioniert, ist Siem Reap voll mit Bars und Lokalen, in denen touristen sich betrinken und feiern können. Neben dem bekannten Nachtmarkt und ein paar Theatern und den beliebten Circusshows, gibt es nicht sonderlich viel zu sehen. Für fast alles braucht man einen Tuktuk-Fahrer, der als Chauffeur fungiert.
    Wir hatten uns gleich am ersten Tag mit einem bekannt gemacht. Ran, ein netter kambodschaner mittleren Alters, der sich freute, gleich für mehrere Termine von uns gebucht zu werden.

    Wir fuhren gleich am ersten Tag zum Sonnenaufgang nach Angkor Wat, dem größten Tempel in der Umgebung. Ursprünglich war er Vishnu geweiht und wurde von den früher hinduistischen Khmer erbaut. Nach und nach wurde dann ein buddhistischer Tempel daraus. Angkor gilt als das weltweit größe erhalten gebliebene religiöse Bauwerk. Er zieht auf Grund dieser Umstände auch ein paar merkwürdige Menschen an. So unterhielt ich mich im Tempel eine gute Viertelstunde mit Sophie, einer englischen Hippiefrau, die von sich selbst als buddhistische Piratin beschreibt und schon fünfmal in Angkor war. Alles in Allem also etwas schräg..
    Der schönste Tempel der Umgebung war wohl Ta Prohm, der zum Teil vom Urwald überwuchert und so manchmal zu einem Teil von ihm wurde. Er wurde von daher auch schon als Filmkulisse verwendet, u.a. für Tomb Raider. Den Großteil unserer Zeit in Siem Reap verbrachten wir also in den Tempelanlagen. Zugegebenermaßen sind wir jetzt etwas müde vom Besichtigen.

    Den Rest der Zeit haben wir unter anderem für den Besuch das War Museums und des Landminenmuseums. Kambodscha hat eine unheimliche bewegte Geschichte. Es wurde im kalten Krieg zum Spielball von West und Ost. Das Ergebnis war das Erstarken der Roten Khmer, einer politischen Organisation, für die das Wort Terrororganisation wohl tatsächlich passender wäre. Normalerweise, wie etwa in Vietnam und Südamerika, versuche ich ja sozialistische Bewegungen genau zu betrachten und mir eine differenzierte Meinung zu Begleitumständen und Opfern zu bilden. Das fällt mir im Falle der Khmer Rouge nicht so leicht.
    Während nämlich die meisten Diktaturen „lediglich“ gegen Minderheiten oder Abweichler vorgehen, gingen die Roten Khmer vollständig gegen die eigene Bevölkerung vor. Sie planten einen Bauernstaat zu errichten und schafften es Pnomh Penh, eine Millionenstadt, innerhalb eines Tages fast vollständig zu entvölkern und die Menschen auf‘s Land zu bringen, damit sie dort unter sklavenbedingungen als Bauern arbeiten konnten. Das führte soweit, dass etwa ein Drittel der Bevölkerung in den 70er-Jahren ihr Leben ließ.
    Am Anfang wurden die Roten Khmer von den sozialistischen Staaten unterstützt, als diese sich aber gegen sie wendeten, begannen auf einmal die Amerikaner damit, ihnen im folgenden Bürgerkrieg beizustehen.
    Bei diesem Krieg wurde ein großer Teil des Landes vermient, was noch heute zahlreiche Tode und Behinderungen zur Folge hat, denn natürlich wurden die Minen nicht wieder geräumt.
    Dieser Aufgabe kommen seither zahlreiche nationale und internatiale Organisationen nach. Die berühmteste ist wohl die Organisation von Akira, einem früheren Kindersoldaten der Roten Khmer, der sich später gegen sie stellte und der inzwischen etwa 100.000 Minen von Hand entschärft hat. Insgesamt gab es in Kambodscha zu Höchstzeiten doppelt soviele Minen wie Einwohner.

    Am letzten Tag unseres Aufenthaltes schauten wir uns noch ein Schattentheaterstück an, das zwar etwas unorganisiert war, aber von einer wirklich liebenswerten Puppenspielergruppe gespielt wurde.
    Leider habe ich hiervon kein Video im Internet gefunden. Dafür aber ein exemplarisches:
    https://www.youtube.com/watch?v=lkufDz_xyxo
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