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  • Day 18

    Peramiho - "You smell like Tansania"

    May 15, 2023 in Tanzania ⋅ ☁️ 21 °C

    5:45 Aufstehen angesagt! "Schon wieder so früh am Morgen" denken wir uns und kriechen widerwillig unter der warmen Decke hervor. Wir machen uns noch kurz fertig, schließen die Rucksäcke und schauen ein letztes Mal unters Bett, dass wir auch ja nichts vergessen.

    6:30 Wir stehen im Halbschlaf vor dem Hotel und warten mit unseren 60 Kilo Gepäck auf Frank, der die Tage vorher immer zuverlässig und pünktlich war.

    6:35 Wir ahnen schon dass irgendwas nicht stimmt und entscheiden und die 150m zur Dentalstation zu laufen, mit je einem Rucksack auf dem Rücken, einem kleinen vorne und einen Henkel der gelben Tasche in der Hand.

    6:40 Mit Sr. Calmelitha gibt's noch einen schnellen Tee und als sie Frank endlich erreicht ist dieser gerade aus dem Schlaf gerissen worden und noch Zuhause.

    6:50 In 10 Minuten fährt der Bus offiziell ab und wir werden nervös, während Sr. Calmelitha noch sichtlich entspannt erscheint. Die Taschen packen wir trotzdem schon vor die Tür und langsam wird auch sie ein bisschen ungeduldig, vor allem,weil sie gerade Frank am Ohr hat, der sie ganze Zeit nur sagt "ich komme, ich komme".

    7:03 Frank fährt vor, springt aus dem Auto, schmeißt die Taschen in den Kofferraum und springt wieder rein. Wir tun ihm gleich und los geht's 10 min zum Bus Terminal ( zu unseren Bus der um 7:00 abfahren soll)

    7:20 Der Bus kommt (zum Glück verspätet) in Njombe an und wir laden unsere Taschen und das ganze Essen, was Sr. Calmelitha uns noch eingepackt hat, ein. Wir glauben, dass sie denkt wir würden sonst heute Abend verhungern. Nicht weniger als 25 Eier, drei Kilo Reis, einen Karton voll Kartoffeln, eine Tüte Popcorn, zwei Tüten mit riesen Plätzchen, die nach Löffelbiskuits schmecken und einem kleinen Kuchen, eingepackt in Alufolie, haben wir noch an zusätzlichem Gepäck unterzubringen.

    7:28 Der Bus fährt los, und wir sind froh, gestern noch Sitzplätze reserviert zu haben, denn neben uns stehen die Menschen im Gang oder sitzen vorne neben dem Fahrer auf einer Art mega Sitzkissen. Der ein oder andere Ellenbogen oder auch Po landet, in dem ganzen Gewusel, in unseren Gesichtern und die Knie unserer Hintermänner in unseren Rücken. Unser Glück, dass es Schiebefenster gibt, durch welche etwas frische Luft reinströmt. Denn schon nach wenigen Minuten ist von der Kälte Njombes nichts mehr zu spüren. Die Luft ist super stickig und die Gerüche vermischen sich zu einem üblen Mix aus Schweiß, Hähnchen und Käsefüßen.

    Von Minute eins an laufen wieder Musikvideos mit viel nackter Haut und twerking. Irgendwie ist es unangenehm zu sehen, wie Sr. Calmelitha diese Videos vom Sitz vor uns kritisch beäugt.

    Es wird nur eine einzige Pipipause mit Plumpsklo und Eimer zum Nachspülen eingelegt. Später steigen wir noch einmal zum Tanken des Busses aus (anscheinend ist das zu gefährlich, wenn die Passagiere sitzen bleiben würden - warum auch immer)
    Irgendwann zieht ein Geruch von draußen in den Bus hinein, der uns in der Nase beißt. Ein paar Meter weiter kommen wir an einem verunglückten LKW vorbei, der seien komplette Ladung verloren hat (evtl. Kohle?).

    Wir merken, wie das Klima langsam milder wird und der Fahrtwind im T-Shirt gut aushaltbar ist. Neben uns ziehen Sonnenblumen- und Maisfelder vorbei und es sind etliche Bananenstauden zu sehen.
    Heute begleiten uns, neben der anfänglichen Musik, auch tansanische Filme mit dem immer gleichen Soundeffekt auf Lautstärke 100%. Es geht, soweit wir es verstehen, vor allem um Liebesbeziehungen, Eifersucht und der Abhängigkeit einer Frau von ihrem Mann. Auch Gewalt gegen Frauen wird mehrfach gezeigt und unserer Meinung nach nicht auf eine aufklärende Art uns Weise. Fazit: komische, unlustige Filme, während die Männer hinter uns sich vor Lachen kringeln.

    An einem der Stopps, wo Menschen ein und aussteigen, kauft uns Sr. Calmelitha geröstete Chashewkerne, die wir gemeinsam mit unseren Mandazi verputzen.
    Wir kommen in Songea an, der letzten Stadt vor Peramiho (ca. 20 Minuten entfernt) und sagen Sr. Immaculata Bescheid, die sich auf den Weg macht, um uns von der Hauptstraße abzuholen und die letzten Kilometer nach Peramiho zu fahren. Doch wir fahren einfach nicht los. Mittlerweile haben wir unsere Fenster geschlossen, sodass uns nicht alle 10 Sekunden Nüsse Popcorn oder Fleischspieße reingehalten werden. Ab und zu wird gegen die Scheibe geklatscht, damit wir diese öffnen, aber wir sind ja nicht von gestern. Nur den paar Verkäufer, welche den Bus betreten, müssen wir mit einem "Asante sana" verstehen gehen, dass wir weder Fleischspieße noch Ladekabel kaufen möchten.

    Nach einer 3/4 Stunde stehen, fahren wir dann endlich weiter. Während das Warten Tahnees Geduldsfaden strapaziert hat, ist Isi genervt von der Frau, die sich nun hinter uns ans Fenster gesetzt hat.(Hier die Erklärung warum: Die Fenster sind gegeneinander verschieblich, d.h., wenn eine das Fenster komplett öffnet, ist es bei der anderen geschlossen. Das war nach dem langen Zwischenstopp auch bei uns der Fall. Nach dem erneuten Anfahrten, probiert Isi dann unser Fenster zu öffnen und schiebt das Fenster der Hinterfrau dementsprechend ca. 30 cm nach hinten (ihrs war immernoch doppelt so weit geöffneten). Da besitzt diese doch tatsächlich die Dreistigkeit nach ein paar Minuten unser Fenster von hinten wieder zuzuschieben, während Tahnee ihren Arm draußen hängen hat. So nicht! Wir schieben unser Fenster wieder auf uns Isi wirft einen vielsagenden Blick nach hinten.)

    Über eine Stunde, nachdem wir Sr. Immaculata Bescheid gegeben hatten, kommen wir endlich an. Sie begrüßt uns, mit einem gut duftenden Blumenstrauß (herrliche Abwechslung nach der muffigen Fahrt), "Karibuni sana".
    Wie wir auf der kurzen Autofahrt erfahren, hatte der Bus in Songea wohl technische Probleme, also wurden vor Ort noch Ersatzteile besorgt und das Problem behoben.

    Im Hostel angekommen, schmeißen wir nur die Taschen und all den Proviant ins Zimmer und wir setzen uns zum Tee mit "Sr. Imma" zusammen . Die Kommunikation ist etwas stockend und sie ist definitiv nicht so eine Quatschtante wie Sr. Calmelitha. Vielleicht liegt das auch an ihrem jungen Alter.

    Nach unserem Tee wollen wir noch das St. Joseph Mission Hospital, mit der dazugehörigen Zahnklinik, besuchen. Zunächst geht es am Eingang und der Administration/ Rezeption vorbei und danach rechts runter zum Gebäude der Dentalstation. Hier stellen sich erst einmal die ganzen Mitarbeiter*innen vor. Es sind zu viele Namen, dass wir alle behalten können. Wir merken uns:
    - Dr. Joseph (klein und Diastema mediale)
    - Dr. David (groß und perfekte Zahnreihe)
    - Sr. Lydia (mit Kittel von Dr. Cold -Markenname)
    Insgesamt gibt es hier fünf Behandlungsstühle. Zwei davon stehen sind alt und nicht mehr ganz funktionsfähig. Diese stehen in einem Raum, sind nur durch Vorhänge getrennt und werden vor allem für Extraktionen benutzt. Die restlichen drei sind alle elektronisch verstellbar und sind in einzelnen Räumen mit mehr Platz untergebracht. Des Weiteren gibt es einen Röntgenraum mit OPG (das Gerät, was einmal um den Kopf rumfährt - kennen die meisten vom Kieferorthopäden) und Röntgenröhre für Zahnfilme. Röntgenschutz aus Blei gibt es hier nicht, also war unsere Investition in einen Schilddrüsenschutz genau die richtig.
    Hinten durch befindet sich das gut ausgestattete Zahntechniklabor in dem Prothesen, Brücken und Kronen angefertigt werden. Sr. Immaculata zeigt uns stolz die neueren Geräte, die erst vor ein paar Jahren von Jino e.V. gesponsert wurden. Nach der Besichtigung des Labors, folgt ein Rundgang durch das Krankenhaus. Es ist etwas ganz Neues für uns zu sehen, dass der Großteil des Krankenhausbetriebes draußen unter Überdachungen stattfindet und nur die Stationen, das Labor und Untersuchungs- & Röntgenräume innerhalb der Gebäude liegen. Wir laufen noch zur School of Nursing (Schule für Krankenpfleger*innen). Dort treffen wir Sr. Evodia und eine Lehrerin namens Theodorina. Sr. Evodia labert uns ein Kotelett an die Backe und läd uns doch tatsächlich, ohne Theodorinas Einwilligung, zu dem Send-off von Theodorinas Tochter am Samstag ein ... Wir werden sehen, ob das nur leere Worte waren oder wir tatsächlich dort mit hingeschleppt werden. (Send-off: große Feier vor der Hochzeit, bei der die Tochter von ihrer Familie an den Bräutigam übergeben wird).
    Zuletzt besuchen wir noch Dr. Mushi, den Leiter des Krankenhauses, in seinem Büro. Er begrüßt uns herzlich, fragt und nach unseren bisherigen Reisezielen und entgegnet daraufhin: "Oh so you smell like Tansania" ( Ihr riecht nach Tansania). Wir glauben was er eigentlich sagen wollte war, dass wir in den letzten zwei Wochen schon tansanische Luft schnuppern konnten. 😂

    Wir gehen zurück zum Guesthouse, welches zum Glück nur gute 500 Meter vom Krankenhaus entfernt liegt. Kurze Zeit später sind wir auch schon wieder mit Sr. Imma verabredet, denn sie will uns "Wasungu" das erste Mal zum Markt begleiten. Wir kaufen Tomaten, Zwiebeln, Gurke, Avocado, Wassermelone, Bananen und Kochbananen, Mehl und Öl. Unsere Vorfreude auf das viele frische Gemüse und Obst wird dort überschattet von dem sehr prominenten Fischgestank. Die kleinen Fische, welche vom nahegelegenen Lake Nyassa stammen, liegen an jedem Stand der Markthalle, direkt neben dem Gemüse.

    Zurück im Hostel fressen sich unsere Mägen schon fast selbst auf und es wird, anstelle eines Festmahls, heute doch wieder nur die alt bekannten Pasta Pesto. Wir lachen darüber, wie wir mit unseren Freunden immer 500g Pasta kochen und diese auch komplett verputzt werden, während wir zusammen gerade einmal die Hälfte schaffen.

    Wir legen uns in die viel zu weichen Betten mit den harten Kopfkissen und beten, dass wir morgen keine Rückenschmerzen haben werden. Amen 🙏
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