Famulatur in Tansania

April - June 2023
Langersehnte zahnmedizinische Famulatur zweier best friends! Lasst das Abenteuer beginnen 🌍🦷🇹🇿 Read more
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  • Day 1

    Abflug - das Abenteuer geht los!

    April 28, 2023 in Germany ⋅ ☁️ 17 °C

    Seit Wochen freuen wir uns auf diesen Moment - der Abflug vom Düsseldorfer Flughafen in Richtung Tansania - der Start unseres gemeinsamen Abenteuers, welches schon seit Sommer 2020 in Planung war (thank you Covid) und auf das wir so lange hin gefiebert haben!

    12:15 3 Std. vor Abflug: Treffpunkt am Flughafen mit einer riesigen Umarmung!Schließlich hatten wir uns seit unserem Examensball Anfang Dezember nicht mehr gesehen. Endlich konnte man die beste Freundin aus der Uni, mit der man in den letzten Jahren so viele Höhen und Tiefen durchlebt hatte, nach fünf Monaten wieder in die Arme schließen.
    Das Wiedersehen am Flughafen und die damit verbundene Freude war das erste Highlight unserer bevorstehenden Reise.
    Jetzt wird es alles so richtig real. Es geht loooos!
    We are keen for tanzanian adventures! (Wir sind voller Vorfreude!)
    Aber sowas von!

    Perfect start? So we thought.
    (Perfekter Start? Haben wir gedacht)
    Nachdem die insgesamt knapp 90kg Aufgabegepäck (man will es nicht glauben, aber ja, so viele waren es wirklich!) am Check-in Schalter abgegeben waren, setzten wir uns gaaanz entspannt auf eine Bank, um noch vor dem Security Check unsere Getränkeflaschen leeren zu können. Und dann Isi’s geschockter Blick als sie Tahnee in die Augen schaute.
    Eine von Tahnee’s Pupillen erschien maximal geweitet im Gegensatz zu der anderen, die ganz normal auf Lichtreize reagierte. Aufgrund dessen war die Aufregung erstmal groß, da dieses Symptom doch etwas beunruhigend war.
    Der erste Gedanke war natürlich zum Flughafenarzt zu gehen… turns out (es stellte sich heraus): den gibt es nicht in Düsseldorf. Also began ein Marathon von Anrufen (Eltern, Hausarzt, Ärzt*innenhotline, Notdienste), um herauszufinden, ob Tahnee mit einem solchen Symptom (bedenkenlos) ins Flugzeug steigen könne. Zum Glück fanden wir irgendwann, mit der lieben Unterstützung einer guten Freundin und ihrem Vater (an dieser Stelle nochmal ein riesiges Dankeschön!!) heraus, dass dieses doch recht beunruhigende Symptom eine Nebenwirkung des verwendeten Reiseübelkeits-Pflaster sein kann (den Beipackzettel zu lesen wäre an dieser Stelle wohl doch eine gute Idee gewesen).
    Puh, da ist uns beiden doch erstmal ein großer Stein vom Herzen gefallen.

    Trotz aller Aufregung konnten wir dann mit einem Lächeln der Erleichterung im Gesicht den Weg zum Security Check auf uns nehmen und unsere anfänglichen Gelassenheit zurückgewinnen.
    Pünktlich am Gate angekommen, stieg so langsam auch die Aufregung vor dem was uns erwarten wird: ein uns noch unbekanntes Land, neue Menschen, eine neue Kultur, eine fremde Sprache, zahnmedizinische Arbeit und hoffentlich ganz viele tolle Erfahrungen - das Land und die Leute durch diese außergewöhnliche Reise hautnah erleben zu dürfen wissen wir schon jetzt sehr zu schätzen - auf dass es eine unvergessliche Zeit wird!

    15:25 Uhr am Nachmittag heißt es jetzt gleich also: ab geht’s, hoch hinaus in die Luft. Tansania, wir kommen!
    Wir melden uns aus unserem Zwischenstopp in Doha, Qatar wieder und freuen uns darauf, die kommenden Wochen mit Euch auf diese Weise teilen zu dürfen!
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  • Day 1

    Über den Wolken - auf dem Weg nach Qatar

    April 28, 2023 in Qatar ⋅ 🌙 26 °C

    Sechs Stunden Flug liegen vor uns, um von Düsseldorf nach Doha, Qatar zu gelangen.
    Als wir unsere Plätze in dem ausgebuchten Flieger eingenommen hatten, die Tempoanzeige auf den kleinen Bildschirmen im Vordersitz immer höhere Zahlenwerte annimmt und die Häuser unter uns zunehmend immer mehr Zwergenhäuschen gleichen, werden wir Zeugen von wirklich spektakulären Wolkenformationen, die direkt an unserem Fenster vorbei ziehen - am liebsten würden wir gleich aussteigen, um im endlosen Sonnenschein von einer puderweißen Wolke zur anderen zu hüpfen, so wie es Heidi während unserer Kindheit in dem Intro der gleichnamigen Serie auch immer tat!

    Bis zum Abendessen verbringen wir die Zeit mit zig Geschichten über das, was wir die letzten Monate erleben durften und über unsere Gedanken und Vorstellungen, was uns die kommenden Wochen wohl erwarten würde. Anfangs stoßen wir aber natürlich erstmal mit dem klassischen Tomaten- und Orangensaftduo im Flugzeug an - auf das gemeinsame Abenteuer, welches vor uns liegt!
    Bevor das langersehnte Abendessen (es gibt asiatische, gebratene Nudeln mit viel Gemüse und Tofu - yummy!) serviert wurde, genießen wir den Sonnuntergang und die goldene Stunde mit dem Blick aus dem kleinen Fesnterchen. Wie wunderschön die Welt mit all ihren Facetten doch sein kann!

    Mit nur ein paar Minütchen Schlaf auf Tahnee’s Schlafkonto und einem leeren Schlafkonto auf Isabels Seite, landen wir noch vor der geplanten Uhrzeit kurz vor 23 Uhr in Doha, Qatar.
    Entgegen unseren Erwartungen ist es beim erneuten Security Check erstaunlich leer, sodass wir direkt an die Reihe kommen.
    Der Security Mann versucht uns verwundernswerter Weise zu erklären, dass wir das Wasser in unseren Trinkfalschen nicht ausschütten brauchen, was ziemlich schnell aber von dem nächsten Security Guard auf der anderen Seite der Kontrolle widerrufen wird. Wir trinken also anderthalb Liter auf Ex so schnell es geht und unter strengster Beobachtung aus, um unsere Flaschen behalten zu dürfen. Hallo Wasserbauch sagen wir da nur.

    Hunger ist aufgrund des leckeren Abendessens und des vielen Wassers erstmal kein Thema, weshalb wir uns in Nähe der zentralen Geschäftsbereiche des Flughafens auf eine Bank setzen und uns erstmal mit den Benachrichtigungen an unsere Liebsten beschäftigten.
    So vertrödeln wir mit Geschichten erzählen, Fotos angucken und dem Schreiben des ersten Blogposts schneller die Zeit, als es uns lieb war.
    Dank noch auf die deutsche Zeit eingestellte Uhren, realisieren wir irgendwann, dass unser Gate mittlerweile schon längst bekannt gegeben worden war und das Boarding auch schon begonnen hat. Aufgrund der doch enormen Größe des Flughafens, machen wir uns also schnellen Schrittes auf den Weg zum Gate C30A, legen noch einen kurzen Stopp für die Zahnpflege ein und werden anschließend doch tatsächlich voller Erwartung seitens der Boden-Crew an dem mittlerweile leeren Gate empfangen (es war immer noch 45min vor geplantem Abflug). Der Bus, der uns zum Flugzeug bringen sollte und der eher einem Eisfach gleicht, wartet nach unserem Einstieg noch gut weitere 10 Minuten, bis die restlichen, an zwei Händen abzählbaren, Passagiere den Last Call wahrnehmen und die Passagierlisten vervollständigt ist. Abfahrt in Richtung Flugzeug.

    Die doch recht lange Busfahrt (gefühlt fahren wir nur im Kreis, ständig biegen wir immer wieder rechts ab) stellt sich schon als Kampf gegen die Müdigkeit heraus!
    Mittlerweile ist es 01:30 Uhr morgens und wir sind wirklich totmüde, als wir endlich unsere Sitze im zweiten Flieger einnehmen.
    In ca. 8 Stunden sollten wir in Dar es Salaam, der Hauptstadt Tansanias, landen. 8 Stunden, um sich auszuruhen. 8 Stunden, um zu schlafen. 8 Stunden, um neue Energie zu tanken für all das, was uns ins Tansania erwarten wird.

    Hoch gehts also in die Luft, gute Nacht!
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  • Day 2

    Touchdown in Dar Es Salaam

    April 29, 2023 in Tanzania ⋅ 🌧 27 °C

    02:00 in der Nacht: Den Start in den Nachthimmel von Doha bekommt Tahnee schon nicht mehr mit. 💤
    Diese unglaubliche Menge an Lichtern, blinkenden Hochhäusern und beleuchteten Autobahnkreuzen halten Isi wiederum noch ein Weilchen wach, bis schließlich auch hier der Sandmann vorbei kommt und seinen Schlafsand verstreut. Da der Flug ziemlich leer ist, verzieht sich Tahnee irgendwann auf eine der Reihen weiter hinten, sodass wir uns, auf je zwei Sitzen, wunderbar einkringeln können und ein paar Stunden Schlaf ohne anschließende Nackenstarre mitnehmen.
    Zum Frühstück sitzen wir dann wieder zusammen. Es gib French-Toast in Vanille-Sauce und Omelette mit Kartoffeln und Würstchen. Lecker!

    7:30 Zwischenlandung am Kilimandscharo leider ohne Blick auf den Berg, welcher in einigen Wochen das abenteuerliche Ende unserer Reise markieren wird.

    10:00 Touchdown in Dar Es Salaam
    Das erste Mal betreten wir tansanischen Boden und eine Welle des schwülen Küstenklimas rollt auf uns zu, die Sonne brennt auf unseren Köpfen, also geht's schnell weiter in den klimatisierten Flughafen zur Passkontrolle. Unsere Visa hatten wir bereits im Vorfeld beantragt und genehmigt bekommen und so geht alles zügig und problemlos vonstatten.
    Auch auf unsere vier Monsterchen (Koffer) müssen wir nur wenige Minuten warten. Währenddessen ist Isi schon mit Sr. Hifadhi in Kontakt, die (wie für uns von innen gut ersichtlich) jeden Passagier der aus der Glastür austritt genau beäugt und nach uns sucht. Dann endlich kommen wir mit den Gepäckwagen um die Ecke gerollt und ein großes Lächeln erstrahlt in unserer dreier Gesichter. Nach rund 20 Stunden Reise sind wir angekommen!

    Draußen warten wir auf unseren Taxifahrer und schmelzen in unseren schwarzen Leggings dahin. Der pinke Koffer passt nicht mehr in den Kofferraum und nimmt ca. die Hälfte der Rückbank ein, so dass wir hinten auf Kuschelkurs gehen müssen. Die 7 Kilometer nach Kitunda geht es im Linksverkehr erstmal über die asphaltierte Hauptstraße. Irgendwann biegt unser Taxifahrer links in eine Straße ein, vor der Sr. Hifadhi uns schon gewarnt hatte. Es ist wie eine Achterbahnfahrt über Hügel und durch schlammige Pfützen. Wir hoppeln auf der Rückbank mit dem Koffer auf und ab. Links und rechts fahren wir an allerlei Geschäften vorbei. Besonders auffallend sind die zum Verkauf stehenden Sofas und Bettengestelle, die aufgrund des Regens und der Pfützen etwa 30 cm über dem Boden auf kleinen gestapelten Steinen oder auf alten Konservendosen stehen. Noch eine Rechtskurve, wo schon das Schild vom St. Benedict Health Center steht, dann geht ein Tor auf und wir fahren auf das Grundstück. Direkt fällt uns der schöne Garten ins Auge mit dem Gemüsegarten und den vielen bunten Blumen und Pflanzen. Auf den zweiten Blick sehen wir auch schon das kleine Jino Haus, dass für die nächsten Tage unsere Bleibe sein wird. Drinnen sind ein kleiner Flur und zwei Zimmer zu finden. In dem einem Zimmer wohnt Sister Hifadhi, in dem anderen wohnen wir. Es ist ziemlich klein, aber zwei Einzelbetten mit Hello Kitty Bettwäsche passen rein und auch all unsere Taschen bekommen wir unter. Die Betten sind wirklich gemütlich und es gibt für uns beide Mosquitonetze.
    Kurz nach der Ankunft übergibt uns Sr. Hifadhi noch einen Korb, den Laura und Kati (die vorherigen Famulantinnen) für uns dagelassen haben. Darin sind Essentials wie Buchstabensuppe, Autan und Händedesinfektionsmittel zu finden, mitsamt eines super lieben Willkommensbriefes von Laura und Kati, in dem sie von den Erfahrungen ihrer Zeit in Tansania berichten und diese Revue passieren lassen. Zu unserer Überraschung hatte sich noch eine Kakalake in den Korb verirrt (siehe Foto links)

    Wir packen gerade noch aus, da stellt sich Sr. Bibi bei uns vor: "Karibu" (Willkommen). Ihr riesiges Lächeln ist einfach nur bezaubernd. Beim Auspacken will Isi den Vorhang zur Seite ziehen, zieht aber stattdessen die Stange runter und verfehlt Tahnee um wenige Zentimeter. Glück gehabt.(Tollpatsch Isi)

    Als Vormittagssnack gibt es Spiegeleier und Toast mit selbstgemachter Orangenmarmelade. Danach brauchen wir beide erst einmal einen kleinen Powernap. Wach werden wir zu strömendem Regen der auf den Boden prasselt.
    Zur richtigen Mittagspause (Lunch) wird Reis, Bohnen, eine leckere rote Sauce und Porridge aus Mais (was aussieht wie weißer Pudding) aufgetischt. Wir bringen den Sisters eine Brotbackmischung, ein Glas Sauerkraut und unsere Lieblingsharibos (Pasta Fruta) mit. Diese schmecken nicht nur den Sisters, sondern vor allem auch der 2-jährigen Success. Der erste Blick ist sehr skeptisch, da die Weingummis am Anfang sehr sauer sind, aber dann kommt sie immer wieder und will mehr. Während des Essens steht auch eine große Schüssel auf dem Tisch, da es bei Regen von der Decke tropft. Wir treffen noch Sister Doris, die wegen eines Unfalls seit längerem im Bett liegt.
    Nachmittags quatschen wir noch ein bisschen mit Sr. Hifadhi, die uns anhand der Bilder im Jino Haus ein wenig über vergangene Famulant*innen und zwei der verstorbenen Schwestern (eine davon Sr. Goretti aus Deutschland) berichtet. Sie erzählt, dass sie mit Sr. Goretti gewohnt hat seit sie 14 Jahre alt war und alles was sie heute kann von ihr gelernt hat.

    Abends gibt es für jede ein riesiges Omelette mit Kartoffel, Zwiebeln und Karotten, welches liebevoll auch "Zege" genannt wird, was soviel heißt wie "Zement". Die Bedeutung verstehen wir, als wir, brav wie wir sind, das ganze "Zege" im Magen haben und uns nun zurück ins Jino Haus rollen. Das von unseren Vorgängerinnen angepriesene gemeinsame Schauen der Nachrichten am Abend fällt leider aus, da der Fernseher kaputt ist.

    Wir setzen uns zum Sonnenuntergang mit viel Mückenschutzspray noch ein bisschen raus und spielen ein Spiel (Superhirn). Was ein schöner aber auch anstrengender erster Tag.
    Wir genießen noch eine kalte Dusche und fallen ins Bett wie ein Stein. Gute Nacht! Usiku mwema, lala salama!
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  • Day 3

    Kirchlicher Sonntag mit Überraschung

    April 30, 2023 in Tanzania ⋅ ☁️ 25 °C

    Heute mal geschrieben aus der Sicht von Tahnee:

    05:30 Uhr morgens. Der Wecker klingelt. Ich werde aus dem Tiefschlaf gerissen. Beim Blick nach draußen erglimmse ich schon das sanft stärker werdende Tageslicht. Die Grillen Geräusche, die am Abend noch so stark waren, sind schon nicht mehr zu hören.
    Meine Gedanken schweifen dennoch ab, und ich denke mir innerlich, dass die 7 Stunden Schlaf gerne auch noch länger hätten sein können.
    Isabel überhört den Wecker komplett und zeigt keinerlei Reaktion. Der Wecker wird also von mir auf Schlummern gedrückt, in der Hoffnung, dass sie dadurch dann 10min später sanft aus dem Schlaf erweckt wird. Auch das war allerdings eher eine Wunschvorstellung von mir.

    Ich wecke Isabel also persönlich auf und wir beide machen uns fertig für den Tag. Die morgendliche Sonntags-Messe der auf der anderen Straßenseite gelegenen (in unseren Augen sehr großen) katholischen Kirche beginnt pünktlich um 06:30 Uhr, sodass wir uns in unseren Sonntags-Outfits mit Sister Hifadhi auf den Weg dorthin machen.
    Unsere Plätze nehmen wir neben anderen Schwestern in der ersten Reihe ein.

    Die Messe beginnt mit dem Einmarsch des Priesters. Highlight für uns ist dabei der ca. 20 köpfige Gospel-Chor: alle in einem schicken, bunten, für uns typisch afrikanischen Kleid bzw. Hemd gekleidet. Begleitet von einer Orgel, zahlreichen Trommeln und anderen Instrumenten (ähnlich einem Reis-Rohr wie man es früher oft gebastelt hat) brachte der Chor eine ganz magische Stimmung in diese heilige Stätte so früh am Sonntag Morgen.
    Generell ist es wirklich eine tolle Erfahrung mitzuerleben, wie die knapp 600 Leute zusammenkommen, gemeinsam singen, beten und dem Priester aufmerksam zuhören, während dieser etwas uns leider Unverständliches erzählt, dabei wild umher gestikuliert und das ein oder andere Lachen aus der Menge hervor kitzelt.

    Nach knapp anderthalb Stunden merke ich dann doch, wie mir das viele Stehen und die Hitze in der Kirche durch die aufgehende Sonne zu schaffen macht. Mir wird schlecht und ich habe das Gefühl gleich umzukippen (wer mich kennt, weiß, dass das nicht die größte Seltenheit bei mir ist). Der Temperaturwechsel von dem doch recht kalten Deutschland in das warme, und vor allem aktuell noch recht schwüle Tansania, sowie der leere Magen schienen die Situation nicht verbessert zu haben.

    So unangenehm mir es auch ist, und so gerne ich die Situation vermieden hätte, stehe ich also käseweiß und kalt nass geschwitzt auf, und verlasse so unauffällig wie möglich die Kirche (ihr könnt euch vorstellen, dass das aus der ersten Reihe heraus eher genau gegenteilig verlief).
    Isabel - mittlerweile merkt sie, nach 6 Jahren gemeinsamer Uni, tatsächlich wortlos an meinem Blick und meinem käseweißen Gesicht schon, was los ist und was sie zu tun hat - folgt mir, umsorgt mich, und bringt mich zusammen mit Sister Hifadhi zurück in das Jino Haus.

    Nach einem Nuss-Riegel und einigen Schlücken Cola schlafe ich direkt ein und wache erst zweieinhalb Stunden später wieder auf.
    Was ein Morgen - genau so habe ich ihn mir definitiv nicht vorgestellt. Mittlerweile wissen wir aber alle, dass auf unserer Reise wahrscheinlich kein Tag vergeht ohne eine Geschichte, über die wir auch in vielen Jahren noch lachen werden. Auch an dieser Stelle kann man das gestern benutzte TT wieder anbringen, diesmal aber mit der Bedeutung, die es sonst eigentlich hat: typisch Tahnee!

    Gegen 11 Uhr frühstücken wir verspätet eine Kleinigkeit im Jino Haus. Sister Hifadhi leistet uns Gesellschaft. Auch heute gibt es Toastbrot, selbstgemachte Orangenmarmelade, Ei und frische Bananen. Wir unterhalten uns lange über die aktuelle Präsidentin von Tansania und den ehemaligen Präsidenten des Landes und sie erzählt uns einige lustige Geschichten dazu. Ihr Kichern ist wirklich einmalig, sehr ansteckend und wird uns mit Sicherheit noch sehr lange in Erinnerung bleiben!

    Bei einem leckeren Mittagessen, bei dem ich unter anderem zum ersten Mal die sogenannte “mmea” (Kochbanane) probieren durfte, sitzen wir zusammen mit Schwester Bibi und Schwester Goretti und unterhalten uns amüsant über den Platzregen, der uns aus dem Nichts überrascht hat. Die Schwestern haben es schon erahnt und netterweise alle Fenster des Jino Hauses rechtzeitig geschlossen.
    Selten habe ich solche Wassermassen vom Himmel herunter kommen sehen. Nach einigen Minuten war das Schauspiel aber dann auch schon vorbei, und die Wassermengen nahmen eher die uns bekannten deutschen Regenmengen an.

    Zusammen mit Sister Hifadhi fahren wir am Nachmittag erst mit einem Bajaji (Dreirad, ähnlich einem TukTuk wie man es aus den asiatischen Ländern kennt) und anschließend mit einem Bus in Richtung Flughafen.
    Sister Hifadhi hat zum Glück noch einen Sitzplatz bekommen, wir stehen bei der doch recht holprigen Fahrt (asphaltierte Straßen gibt es hier nicht überall und der vorherige Platzregen erschwert die Situation für die Fahrer zugleich) im Gang und krallen uns an den Sitzlehnen fest. Schnell stellen wir fest, dass ein Bus, der für 22 Sitzplätze ausgelegt ist, hier gerne auch mal 41 Menschen gleichzeitig transportiert. Eng aneinander gekuschelt ging es dann also durch viel Matsch, riesige Pfützen, die teilweise schon einem kleinen Teich gleichen, und kreuz und quer über die Straße. Auf Straßenspuren wird hier unter solchen Bedingungen seltenst geachtet - Hauptsache man fährt den für das Fahrzeug besten Weg, auch wenn der zeitweise vielleicht auf der Gegenfahrbahn liegt und somit diesen zum Stehen bringt.

    Am Flughafen angekommen heben wir erstmal tansanische Schilling ab, bevor wir uns eine Stunde lang durch ein Vodafone SIM Karten Chaos kämpfen. Letzten Endes schaffen wir es aber, eine neue SIM Karte zu bekommen und eine alte mit neuem Guthaben aufzuladen. Den täglichen Updates hier auf dem Blog steht also nichts mehr im Wege!

    Da wir auf dem Weg zurück nach Kitunda einige Besorgungen machen wollen, entscheiden wir uns dazu, lieber ein Taxi zu rufen. Sister Hifadhi hat da zum Glück sehr gute Kontakte, sodass wir kurze Zeit später in einem klimatisierten Auto sitzen und Wasser, Obst und Snacks kaufen können. Schnell stellt sich aber tatsächlich heraus, dass es besser ist, wenn wir im Taxi sitzen bleiben, während Sr Hifadhi an der Straßenseite das Obst und Gemüse kauft, da unsere Anwesenheit wohl den Preis beeinflusse.

    Zurück im Jino Haus angekommen helfen wir das Abendessen zuzubereiten. Es gibt eine Art Kohlsalat, mit Gulasch und Reis. Wir sitzen lange mit den Schwester zusammen, zeigen Ihnen ein mitgebrachtes Fotoalbum aus der Heimat von unseren Liebsten und unseren Hobbies und lachen sehr viel.
    Die kleine “Success” hat riesen Spaß daran, sich jedes Bild anzugucken und jedes einzelne dieser Bilder mit “wazungu” zu kommentieren - übersetzt heißt dies “weiße Menschen”.

    Gegen 21:00 Uhr verschlägt es uns in unser Zimmerchen, wir schreiben noch ein bisschen an den Blogposts, lassen den Tag Revue passieren und bereiten uns mental schonmal auf den morgigen Tag vor: ab morgen geht es für uns für sechs Tage tagsüber in das Kitunda Health Centre, wo wir bei zahnmedizinischen Behandlungen unterstützen werden. Die Aufregung steigt definitiv, aber wir freuen uns auch ungemein.

    Usiku mwema (gute Nacht)!
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  • Day 4

    Reaktion statt Prävention

    May 1, 2023 in Tanzania ⋅ ☁️ 29 °C

    Um 7:00 Uhr klingelt der Wecker. Der erste Arbeitstag steht an! Wir schmeißen uns in die OP-Kleidung des UKM (haben wir definitiv nicht vermisst), die Kathi und Laura netterweise für uns dagelassen haben. Dann gibt es bei legeren 25 Grad am Morgen zusammen mit Sister Hifadhi einen heißen Tee und eine Süßkartoffel für jede von uns. Sr. Hifadhi erklärt uns, dass der heutige Tag (1.Mai) etwas anders ablaufen wird als ein normaler Arbeitstag. Am heutigen Feiertag startet die Messe um 9:00 und es werden sehr viele Kinder da sein. Wie viele es tatsächlich sind, werden wir später noch am eigenen Leib erfahren.

    Aber zunächst heißt es "Auf auf" und los geht's zur Zahnstation, die groß mit "Meno" = Zähne gekennzeichnet ist. Hier werden vor allem Extraktionen durchgeführt. Draußen treffen wir eine Patientin mit einer riesig geschwollenen Wange an (Verdacht auf einen Abszess). Sr. Hifadhi guckt sich die junge Frau noch kurz an, bevor sie uns ins hintere Behandlungszimmer führt, um Dr. Josef vorzustellen. Dr.Josef ist 23, kommt aus Mbeya und ist seit kurzem mit dem Studium fertig. Seit Anfang des Jahres arbeitet er in Kitunda als Zahnarzt und unterstützt hier tatkräftig Sr. Hifadhi, die vorher allein tätig war und allerhand zu tun hatte. Während wir Dr. Josef noch kurz bei der laufenden Behandlung zugucken, verlässt Sr. Hifadhi die Zahnstation um zur heutigen Messe zu gehen. (Dauer: ca. 3 Stunden). Die nächste Patientin kommt und Dr. Josef übergibt uns das Zepter. Uns ist hingegen die Überforderung ins Gesicht geschrieben. Nicht nur die sprachliche Barriere macht uns zu schaffen, auch der Tatsache, dass wir in der Uni bisher nur 3-4 maximal parodontal vorgeschädigte Zähne extrahiert hatten, macht die Situation nicht einfacher. Nun gut, erstmal den Befund erheben. Es gibt viele Baustellen, aber ein Zahn ist tief zerstört und bei einem 5er im Unterkiefer ist distal eine große Karies zu erkennen. Schnell ist klar: Der schmerzende Zahn muss extrahiert werden. Nach Rücksprache mit dem Mann der Patientin können wir sie von einer Füllung am 5er überzeugen. Los geht es mit der Anästhesie. Bis diese wirkt präpariert Tahnee die Kavität. Mit einigen geschickten helfenden Handgriffen von Dr. Josef ist die Füllung in 15 Minuten fertig. Danach geht's für Isi unter Anleitung an die Extraktion. Aufgrund der fortgeschrittenen Entzündung wirkt die Anästhesie leider nicht optimal, sodass die Patientin gleich zu Beginn anfängt zu weinen und zu schreien. Wir beide sind mit solchen Situationen nicht vertraut und so übergibt Isabel die Zange an Dr. Joseph. Dieser zieht den Zahn mit viel Greifkraft und Geschick in wenigen Sekunden, jedoch weiterhin unter dem Schreien der Patientin. Die Patientin verlässt das Behandlungszimmer bekommt noch Instruktionen und ein Antibiotikum von Rosie. Wir stehen neben dem tiefenentspannten, lächelnden Dr. Joseph und sind allein vom Zuschauen schweißgebadet. Er erklärt uns, dies sei die "nature of our patients"= "Natur unserer Patient*innen". Damit meint er, dass der Zahnarzt in den meisten Fällen nur bei Schmerzen aufgesucht wird und nicht für Vorsorgeuntersuchungen. Die Gründe dafür sind einerseits die Angst vor dem Zahnarzt und den Schmerzen, aber auch die fehlenden finanziellen Mittel. Dies ist auch der Grund dafür, dass wir bei allen folgenden 10 Patient*innen nur Extraktionen, an den Zähnen die aktuell Probleme machen, durchführen.
    Es beschäftigt uns, dass wir offensichtlich behandlungsbedürftige Zähne nicht versorgen können. Jedoch nehmen wir die Situation natürlich so hin wie sie ist und probieren die Extraktionen so schmerzlos und zügig wie möglich zu gestalten, um so die Patient*innen von ihren Schmerzen zu befreien.
    Ein zwei Behandlungen später klappen dann auch ersten eigenen Extraktionen. Nach der langen Messe kommt Sister Hifadhi noch dazu und arbeitet an ihren Prothesen weiter.

    Nachmittags genießen wir im Jino Haus zu lautem Kinderstimmen von draußen unser "Chapati" (leckeres Brot).
    Dann kommt Agrepina (8 Jahre) mit der kleinen Mafanikio (Success) zum Jino Haus. Sie wollen mit uns zur Kirche gehen, wo die ganzen Kinderstimmen herkommen. Wir fragen Sr. Hifadhi, die immernoch an den Prothesen arbeitet. Sie lässt uns gehen und trägt Agrepina auf uns zu leiten und aufzupassen. Isi nimmt ihre Kamera mit und hängt sie Agrepina um den Hals, die direkt großen Spaß daran hat Fotos zu schießen. Noch sind wir in einer Nebenstraße, doch als wir in der Nähe der Kirche kommen, rennen uns immer mehr Kinder entgegen, die alle sehr interessiert an uns sind, aber vor allem wollen sie von Agrepina fotografiert werden. Die meisten Kinder sprechen zu unserer Überraschung ziemlich gut Englisch. Jedes Foto was wir machen wird voller und voller, sodass wir irgendwann in der Menge der ganzen watoto (Kinder) auf dem Foto untergehen. Agrepina ist zwar noch klein, aber kann sich zum Glück gut durchsetzen gegen die ganzen Kinder, die auch Fotos schießen wollen. Wir machen einen kurzen Abstecher bis vor die Kirche aber merken schnell, dass es langsam zu viel wird, besonders für die kleine Success, die sich auf Tahnees Arm festkrallt. Also treten wir den Rückweg an und Agrepina läuft vorraus. Ca. 30 Kinder kommen noch mit bis zum Eingang des Health Centers. Dann müssen wir ihnen sagen, dass sie nicht reinkommen können. Byebye watoto wazuri!

    Zurück am Jino Haus setzen wir uns mit den beiden Kindern und Sister Hifadhi zusammen und schauen alte Bilderbücher von Johannes, Magdalena und ihrer Familie zu ihrer Zeit in Tansania. Success ist so müde, dass sie noch auf Tahnees Schoß tief und fest einschläft.

    Es gibt noch ein leckeres Abendessen und wir fangen an bunte Schlüsselanhänger für alle Sisters zu knüpfen. Danach geht's ab ins Bett denn morgen ist ein neuer Tag mit neuen Patient*innen, Herausforderungen und Erfahrungen, für die wir alle Energie gebrauchen können.
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  • Day 5

    Extraktionen über Extraktionen!

    May 2, 2023 in Tanzania ⋅ ⛅ 30 °C

    Auch unser heutige Morgen beginnt wieder um Punkt 07:00 Uhr mit dem Klingeln des Weckers. Schwester Hifadhi klopft zwei Minuten später schon an unsere Tür, um uns Bescheid zu geben, dass heute früh um 07:45 Uhr im Health-Center ein Meeting der Mitarbeiter stattfindet und sie uns da gerne vorstellen möchte.
    Also machen wir uns fertig für den Tag, trinken mit Sister Hifadhi wie gestern auch einen Tee (auch wenn uns dieser mal wieder bei den schon 25 Grad die ein oder andere Schweißperle auf die Stirn wirft ) und schlingen noch kurz eine Banane runter, um den ersten Hunger zu stillen - wer weiß wie viele Patienten heute kommen und wann wir das nächste Mal Pause machen!

    Bis sich alle Mitarbeiter auf einer kleinen Außenfläche vor dem Health-Center versammeln, ist 8 Uhr schon verstrichen. Die deutsche Pünktlichkeit wird auch hier, wie in den meisten anderen Ländern der Welt, nicht gelebt. Wir haben dadurch aber Gelegenheit mit den anderen Ärzten und Mitarbeiten ins Gespräche zu kommen und versuchen uns, die knapp 12 Namen der anderen Mitarbeiter zu merken. Erstaunlich viele der Frauen heißen Mary - wie die Mutter Gottes (auf englisch) wie uns erklärt wird.

    Danach geht es in die für uns vom Vortag schon bekannten zwei Räume, die mit “Meno” (Zähne) ausgeschildert werden. Hier warten schon die ersten Patienten auf uns. Dr. Joseph und die Helferin Rosi sind wieder vor Ort und stehen uns mit Rat und Tat zur Seite. Schwester Hifadhi kommt im Laufe des Tages auch dazu. So werden auch heute bei den insgesamt 14 Patient*innen 10 Extraktionen durchgeführt (hauptsächlich praktisch von uns ganz alleine durchgeführt, Dr. Joseph war aber immer vor Ort um bei Bedarf zu unterstützen), ein Trauma behandelt, eine Zahn- und Taschenreinigung durchgeführt (da die Patientin mit Schmerzen aufgrund von stark geschwollenem Zahnfleisch kommt) und von Schwester Hifadhi eine Prothese eingegliedert.
    Außergewöhnlich ist heute, dass wir sehr viele Kinder behandeln. Einige von Ihnen sind super hart im Nehmen und lassen sich ohne ein Zucken die doch recht unangenehme lokale Betäubung geben und anschließend auch den Zahn ziehen. Andere wiederum schreien, weinen und strampeln vor sich hin während der Behandlung, sodass teilweise auch Schwester Hifadhi und Rosi dazu kommen, um die Kleinen zu beruhigen - für uns wirklich herzzerreißend mitanzusehen.
    Vor allem Dr. Joseph ist uns bei den Behandlungen der Kinder eine große Hilfe, da er während der Eingriffe die Kinder versucht mit Geschichten abzulenken und auf andere Gedanken zu bringen. Auch wenn wir mittlerweile die nötigsten Sätze für eine Behandlung auf Swahili weitestgehend drauf haben, können wir auf eine solch “beruhigende” Weise natürlich leider noch nicht mit den Patient*innen kommunizieren.

    So sehr den Patient*innen hier vor Ort auch geholfen wird und Ihnen durch die Extraktion des verursachenden Zahnes der Schmerz genommen wird, fällt es uns in einigen Fällen dennoch schwer diese “that’s the nature of our patients” Philosophie zu verinnerlichen.

    Ein Beispiel: eine unserer Patientinnen, im Alter von 7 Jahren, kam heute zu uns mit sehr starken Schmerzen am rechten unteren Backenzahn (der erste bleibende Backenzahn, der im Alter von ca. 6 Jahren durchbricht). Sie habe die ganze Nacht deswegen nicht schlafen können.
    Bei der Inspektion der Mundhöhle fällt direkt auf, dass sich das Zahnfleisch über das Ende des Zahnes gestülpt hatte. Dadurch hat sich seit Durchbruch des Zahnes eine Nische gebildet, die prädestiniert für Essensreste ist, aber mit der Zahnbürste nicht zu erreichen ist. Unter dieser “Zahnfleischkapuze”, wie wir es nennen, hat sich also in den ca. anderthalb Jahren eine riesige Karies gebildet, die mittlerweile schon bis zum Nerven durchgedrungen ist. Die Therapie besteht hier vor Ort also in der Extraktion des Zahnes.
    Als Zahnärzt*innen blutet einem bei sowas aber innerlich das Herz, da dies sehr einfach durch das Entfernen der Zahnfleischkapuze hätte verhindert werden können, wenn die Patienten regelmäßig zur Vorsorge zum Zahnarzt/zur Zahnärztin gehen würden.
    So wurde der Kleinen ein Zahn gezogen, der erst knapp seit anderthalb Jahren da war und eigentlich für noch viele Jahrzehnte ihres Lebens vorgesehen war.
    Aber wie wir die letzten beiden Tagen schon gelernt haben, ist das die “nature of the patients” und das System hier funktioniert einfach anders: Zahnärzt*innen werden aufgesucht, wenn akute Schmerzen bestehen!

    An die Umstände also, dass über 90% der Patient*innen mit wirklich starken Schmerzen kommen und dementsprechend die Behandlung auch unangenehmer verläuft (z.B. durch schlechtere Wirkung der Anästhesie), müssen wir uns wirklich noch gewöhnen! Dennoch merken auch wir, dass es mit den Behandlungen immer besser klappt, wir immer eigenständiger werden und auch die nötigen Swahili Sätze für eine Behandlung uns nach und nach besser im Kopf bleiben.

    In der Zwischenzeit, wenn mal keine neuen Patient*innen gerade vor Ort sind, haben wir die Zeit genutzt um eine paar Eindrücke mit der Kamera festzuhalten: von dem manuellen Behandlungsstuhl in einem der Räume (nur einer verfügt über einen elektrischen Behandlungsstuhl, wie man ihn aus Deutschland kennt), den verwendeten Materialien vor Ort, sowie auch Fotos von Dr. Joseph und uns.

    Gegen 14:30 Uhr verlässt die letzte Patientin die Zahnstation, sodass auch wir Feierabend machen können. Wir essen gemeinsam lecker zu Mittag (es gibt wieder Kochbananen mit einer Art Grünkohl - so schmeckt es zumindest) und machen anschließend einen Power Nap (Mittagsschlaf). Die ganzen neuen Eindrücke der letzten Tage sind viel zu verarbeiten!

    Am Nachmittag besuchen wir Schwester Hifadhi nochmal in der Zahnstation, während sie Prothesen herstellt für Patienten, die die kommenden Tage zum Einsetzen und Anprobieren vorbei kommen. Wirklich faszinierend zu sehen, mit welcher Routine und Geschicklichkeit sie dort arbeitet.

    Die restliche Zeit bis zum Abendessen verbringen wir mit Entspannen und dem weiteren Knüpfen der persönlichen Schlüsselanhänger für die Schwestern.
    Zum Abend hin essen wir gemeinsam mit Schwester Hifadhi, Schwester Goretti und der kleinen Success im Gemeinschaftsraum zu Abend. Es gibt Reis mit Bohnen, einen selbst gemachten Krautsalat, Maiskolben und zum Nachtisch Wassermelone und Tahnee’s absolut favorisierten Passionsfrüchte - vom hauseigenen Maracujabaum direkt vor dem Jino-Häuschen versteht sich. Noch nie haben wir so leckere Passionsfrüchte gegessen, mit einem solch intensiven Geschmack! Tahnee schwebt hier definitiv im Maracuja-Himmel!

    Auch heute fallen wir wieder recht kaputt ins Bett. Morgen steht ein neuer Arbeitstag an. Wir sind gespannt, was uns erwarten wird. Bis dahin, schlaft gut! Lala salama 💤
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  • Day 6

    Big City Life

    May 3, 2023 in Tanzania ⋅ ⛅ 30 °C

    Nachts schafft es eine clevere Mücke unter Isabels Mückennetz zu schlüpfen und piekst und surrt vor sich hin. Natürlich bleibt das nicht ohne Folgen und aus geplanten sieben Stunden Schlaf werden auf einmal nur noch sechs. Schade Banane, denn die heutige Siesta wird für eine Fahrt zum Dentalverkauf geopfert werden. Aber los geht's mit süßen Bananen zum Vorfrühstück. Wir sind heute mal die Ersten in der Dental Station und putzen mit Sister Hifadhi die Behandlungszimmer. Heute kommen insgesamt nur sechs Patient*innen. Darunter sind ein kleiner Junge, der zwar bei der Anästhesie schrecklich weint, aber dann die Extraktion sehr tapfer wegsteckt und ein Mann der mindestens 5 Extraktionen aufgrund von tief zerstörten Zähnen bräuchte, aber heute nur der schmerzende 48 gezogen wird. Da beim ersten Extraktionsversuch direkt die instabile Krone abbricht muss Dr. Joseph am Ende mit ein zwei Handgriffen nachhelfen, um wirklich alle Wurzelreste zu entfernen. Direkt fällt uns auch eine doch recht große Beule an der rechten Stirn des Patienten auf. Auf Nachfrage von Dr. Joseph antwortet der Patient, dass diese schon seit 2019 dort sei und dass sie von einem Zusammenstoß beim Fußballspielen käme. Wir drei rätseln darüber was es sein könnte und vermutlich ein abgekapseltes Hämatom (?).

    Wir merken immer wieder: Meist ist die Angst vor der Zahnärztin/ dem Zahnarzt größer, als der Schmerz, was auch erwachsene Personen nur beim Anblick der Zange oder Spritze zum Weinen und Hyperventilieren bringen kann

    Nach unserem Frühstück um 11:00 kommen nur noch zwei Patient*innen und so sitzen wir mal wieder mit Dr. Joseph zusammen. Wir tauschen einige witzige Geschichten aus dem Studium aus und unterhalten uns darüber, was uns motiviert hat, diesen Berufsweg zu wählen.

    Er erzählt, dass er der jüngste aus fünf Geschwistern ist und fast alle im medizinischen Bereich tätig sind. Aber wer ihn tatsächlich motiviert hat, waren nicht seine Geschwister, sondern ein cooler, ein paar Jahre älterer Junge aus seinem Dorf. Er war schon immer Josephs Vorbild und als dieser anfing Zahnmedizin zu studieren entdeckte auch Dr. Joseph seine Leidenschaft für unseren Fachbereich.

    Nach dem Mittagessen zählen wir unser Geld. Wir haben gerade noch genug für die Taxifahrt und die Einkäufe, die wir im Dentalverkauf erledigen wollen. Sr. Hifadhi hatte im Vorhinein von Johannes (dem Gründer des Vereins Jino) schon eine bestimmte Summe überwiesen bekommen. Einen Teil hatte sie schon vorher für dringend benötigtes Komposit (Kunststoff) gebraucht, sodass wir unserer Rechnung nach noch Materialien im Warenwert von 50€ Euro für den Standort Kitunda ausgeben können.
    Um 14:00 geht's also mit dem immer gleichen Taxifahrer erst über die holprige Straße und dann über die Hauptstraße ca. 40 Minuten in die Innenstadt von Dar Es Salaam. Wir fahren an dem großen Bahnhof vorbei, von dem ein Zug bis nach Sambia abfährt, passieren Hochhäuser und volle Gassen. Nachdem wir vor einem riesigen Wolkenkratzer geparkt haben, laufen wir um die Ecke auf ein unscheinbares Gebäude zu. Auf der Fußmatte erwartet uns eine Überraschung (sieht Fotos) und wir wollen am liebsten alle in unsere Tasche stecken und mitnehmen. In der 2. Etage finden wir dann den Dentalverkauf "SMILES". Alles ist organisiert und fein säuberlich geordnet. Der Verkäufer spricht super Englisch und wir reden über all die verschiedenen Materialien und Instrumente, während Sister Hifadhi die richtigen Prothesenzähne für ihre "Dentures" raussucht.
    Wir kaufen noch vier Zangen zum Extrahieren der unteren Molaren (Backenzähne), ein Füllungsset (mit Komposit A1-A3,5 & B1, Ätzgel, Primer, Bonding und Bürstchen) und einen kleinen Bleischutz für das Röntgen am Standort Peramiho. Außerdem lassen wir uns noch den Apex Lokator zeigen. Sr. Hifadhi und Dr. Joseph sind beide sehr interessiert daran, eventuell bald auch Wurzelkanalbehandlung durchzuführen.

    Dann geht's zurück mit einem großen Schritt über die Kätzchen ins Taxi. Wir halten noch beim Geldautomaten an und fahren ein kurzes Stück weiter zu vielen Textilverkaufsständen an der Straßenseite. Direkt reden ca. fünf Personen auf Sr. Hifadhi ein, die mit uns im Schlepptau natürlich auffällt. Unbeeindruckt geht sie weiter zum angestrebten Laden und fragt uns welche Tücher wir schön finden. Es gibt eine riesen Auswahl und wir entscheiden uns für ein blaues und ein rotes Tuch. Dann nimmt Sr Hifadhi die Tücher und sagt:"Das ist mein Geschenk an euch!" So sweet. In unseren Gesichtern erstrahlt ein Grinsen "Asante sana Sister!"

    Auf dem Heimweg sehen wir überall Obst und Gemüse Verkäufer*innen und wir fragen Sister Hifadhi, ob wir noch Bananen und eine Ananas (Grüße an Laura und Kathi an dieser Stelle) kaufen können. Anstatt Ananas im englischen "Pineapple" versteht Sr. Hifadhi Apfel und bringt uns in einen kleinen Supermarkt. Nach aufgeklärtem Missverständnis kaufen wir trotzdem eine Schoki, Kekse und Nudeln ein, die wir in den kommenden Tagen für alle zubereiten wollen. Für die Bananen, Tomaten und Ananas müssen wir noch einmal eine Straße und Bahngleise überqueren, um zum Markt zu gelangen. Wie immer stapft Sr Hifadhi vorraus und wir wackeln hinterher.

    Nach fast vier Stunden in der City sind wir wieder in unserem safe harbour angekommen.

    Zum Abendessen gibt es überraschenderweise Nudeln 😂 welch Ironie
    Beim Essen hat die kleine Success Hummeln im Hintern und tanzt kreischend und singend um den Tisch herum, bis uns allen die Ohren wehtun. Isabel und Success machen noch ihre abendlichen Turnübungen und die kleine hat großen Spaß daran von uns im Salto durch die Luft getragen zu werden.
    Um 22:30 sind wir sehr froh uns bettfertig machen zu können und Isabel schläft noch beim Schreiben dieses Blogeintrags mit dem Handy in der Hand ein. 😂 Bis morgen!
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  • Day 7

    Extraktionen & italienische Cuisine

    May 4, 2023 in Tanzania ⋅ 🌙 25 °C

    Dieser herrlich sonnige Donnerstag Morgen beginnt auch heute mit dem Weckerklingeln um 07:00 Uhr. Auch wenn der morgendliche Tagesablauf schon fast einer Routine gleicht, kommen wir nur sehr mühsam aus dem Bett. Anscheinend hat der fehlende Mittagsschlaf gestern doch die ein oder andere Auswirkung auf unsere Müdigkeit.

    In dem St. Benedict Health Center angekommen sind wir doch glatt die ersten und stehen noch vor verschlossenen Türen. Schwester Hifadhi bereitet noch das Zimmer vor für einen besonderen Gast, der heute Mittag am Flughafen ankommen soll - Father Richard aus England.
    Als Dr. Joseph gegen 08:15 Uhr dann auftaucht, schließt er uns die Räume auf, wir helfen alles vorzubereiten und schon kann es losgehen: der erste Patient kommt herein und klagt über Schmerzen im rechten Oberkiefer. Schnell ist klar, dass die Schmerzen von den Wurzelresten kommen, die von einer abgebrochenen Zahnkrone resultieren.
    Bis zur ersten Pause gegen 11 Uhr, in der wir unser Frühstück zu uns nehmen, haben wir 8 Patient*innen behandelt und bei allen Zähne extrahiert. Mal ging das Ziehen der Zähne sehr schnell, mal aber auch sehr mühsam, da die Wurzelreste im Knochen schwer zu greifen sind, sodass uns bei den doch hohen Temperaturen die ein oder andere Schweißperle den Rücken runter läuft - teilweise war das Ganze auch eine echt blutige Angelegenheit.

    Einer der 8 Patient*innen war ein 6-jähriger Junge, der mit einer geschwollenen linken Wange und starken Schmerzen kommt. Im Bereich des 4. Milchzahnes im linken Unterkiefer zeigt sich eine starke Schwellung, Rötung und eine deutlich sichtbare Fistel (röhrenförmige Verbindung zwischen der Wurzelspitze des Zahnes und des Zahnfleisches, damit der Eiter abfließen kann). Es ist also schnell klar, dass auch dieser Zahn extrahiert werden muss.
    Mithilfe Dr. Joseph’s gutem Zureden, lässt der Kleine die lokale Betäubung und auch das Zahnziehen mit nur ein paar Tränen sehr tapfer über sich ergehen. Wir stellen sicher, dass wir die Schwellung gut ausmassieren, damit so viel Eiter wie möglich entfernt wird. Eine Spülung wird hier nicht verwendet.

    Was wir heute, aber auch die letzten Tage immer wieder beobachten können, ist, dass fast alle Patient*innen nicht wissen, wie sie sich auf den Behandlungsstuhl zu setzen haben. Wir haben Varianten beobachten können, bei denen die Patient*innen versuchen von dem Fußende aus auf den Stuhl zu klettern oder aber ihren Popo auf die Fußablage setzten und sich förmlich hingelegt haben ohne überhaupt die Lehne zu nutzen - unter unserer Maske hat das um ehrlich zu sein doch das ein oder andere sehr breite Schmunzeln hervorgerufen.
    Anders als in Deutschland, ist es hier zum Beispiel auch üblich, dass die Patient*innen ihre Schuhe ausziehen.

    Tag täglich passiert es auch 1-2 mal während unserer Arbeitszeit, dass der Strom ausfällt. Abends kommt dies auch hier und da mal vor.
    Für die Behandlung aber bedeutet dies, dass das Licht nicht funktioniert, die Position des Behandlungsstuhles nicht geändert werden kann und auch die rotierenden Motoren zum Exkavieren (Entfernen) einer Karies oder für die Präparation einer Füllung nicht verwendet werden können. Zumindest was das Licht angeht wird man dann natürlich kreativ und nutzt stattdessen die Handytaschenlampe. Die unveränderbare Sitzposition des Stuhles wirkt sich dann nur auf die Ergonomie aus, aber auch das lässt sich gut hinnehmen.

    Heute haben wir bei einem der Stromausfälle Schwester Hifadhi dabei zugucken können, wie sie von einem elektrisch rotierenden Handstück für die Bearbeitung einer Prothese auf eine Handpfeile umsteigt, oder aber statt maschinell, elekrtizitätsbedingt manuell die Prothese auf Hochglanz poliert - stolze 30 Minuten lang.

    Bis zum Mittagessen gegen 15 Uhr (wenn man sozusagen Feierabend gemacht hat), kommen noch zwei weitere Patient*innen zu uns, die auch Zähne von uns extrahiert bekommen. Dr. Joseph witzelt schon rum, dass er morgen frei machen würde, weil wir beide mittlerweile ohne seine Hilfe arbeiten und auskommen - so ganz nach dem Motto wir würden ihn nicht mehr brauchen 😉

    Nach dem Mittagessen machen wir einen Ausflug zum Markt und Supermarkt in Kitunda. Bevor wir losziehen, erkundigt sich Schwester Hifadhi doppelt und dreifach bei uns, ob wir wirklich laufen möchten, den Weg denn wirklich kennen und ob wir ein Handy dabei hätten. Wir werden hier wirklich bestens umsorgt.
    Der ca. 25 Minuten lange Spaziergang durch die Straßen der Großstadt (hauptsächlich bestehend aus Sandstraßen) wird zu einem echten Abenteuer. Wir können schon garnicht mehr sagen, wie viele Menschen und vor allem auch Kinder uns zugewunken, wie viele uns “Jambo” (Hallo), “Karibu Tanzania” (Willkommen in Tanzania), “Hi, how are you” (Hi, wie geht es euch?) oder “love you” (lieben euch) zugerufen haben. Immer wieder halten neben uns Taxen, Bajajis oder Busse an, um zu fragen, ob wir nicht aufspringen wollen. Super lieb und freundlich alle Menschen, aber auch irgendwie echt ungewohnt, so sehr im Mittelpunkt zu stehen, wenn man eigentlich doch nur zum Einkaufen geht.
    Einkaufen wollen wir, da wir heute Abend gerne mit einem für uns Studenten sehr typischen Gericht zu dem Abendessen beisteuern wollen: Nudeln mit Pesto (das gute Barilla Pesto mitgebracht aus Deutschland). Mittlerweile sind wir ja auch eher schon Ex-Studenten, aber ich glaube das Essen wird uns auch weiterhin ein treuer Begleiter bleiben.
    Gegen 18 Uhr starten wir also mit Angel zusammen in der Küche zu kochen. Während wir Pesto-Nudeln mit frischen Tomaten zubereiten, bereitet Angel Reis mit einer Art Gulasch vor. Die kleine Success lenkt uns immer wieder mit ihrer lauten, unüberhörbaren Lache und dem akuten Willen, mit uns zu spielen, ab. Dabei werden wir in der Abenddämmerung trotz langer Hosen und NoBite Spray von Mücken attackiert, sodass es uns doch schneller wieder rein treibt als gedacht.

    Zu Abend essen wir zusammen mit Schwester Hifadhi und Father Richard. Da dieser aktuell in Lima ist, haben Isabel und er natürlich gleich gemeinsame Gesprächsthemen, bevor das Thema irgendwann auf die doch bei uns anderen sehr präsenten Zahnmedizin-Themen übergeht. Schmunzeln müssen wir vor allem, als Father Richard Schwester Hifadhi ganz nett darauf aufmerksam macht, dass das heiße Wasser, welches in sein Zimmer gebracht wurde, eine super nette Geste sei, er bei diesen Temperaturen aber eher keinen Tee trinken möchte. Schwester Hifadhi guckt uns an und lacht nur, bevor sie auch ihm entgegnet: man muss aber doch Hitze mit Hitze bekämpfen. So funktioniere das in Tansania.

    Das Essen hat glücklicherweise allen sehr gut geschmeckt, auch wenn man es natürlich nicht mit dem aufwendig zubereiteten Essen von Angel, der Köchin, vergleichen kann. Ein weiteres Highlight war das Kokosnusswasser, welches wir aus der heute erst geernteten Kokosnuss von der hauseigenen Palme genießen durften. Da kommt doch wirklich richtiges Urlaubsfeeling auf.

    Nachdem wir zusammen mit Schwester Hifadhi den Abwasch machen, gehen wir zurück auf unser Zimmerchen im Jino Haus und können dabei den fast erreichten Vollmond hell am Himmel leuchten sehen. Schnell aber rein, sonst kommen die Moskitos wieder. Den Abend verbringen wir mit Entspannen und dem weiteren Knüpfen der Bändchen - Tahnee findet so langsam richtig Spaß daran!

    Verrückt, dass morgen einfach schon Freitag ist. Unser vorletzter Arbeitstag in Kitunda. Wie schnell die Woche doch schon vergangen ist. Wir senden die liebsten Grüße! Lala Salama 💤
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  • Day 8

    After Work Action

    May 5, 2023 in Tanzania ⋅ ☀️ 30 °C

    Wir sind immer wieder erstaunt, wie Sister Hifadhi jeden Morgen um kurz nach 7:00 (wohlgemerkt nach der morgendlichem Messe um 6:00!) bei uns an die Tür klopft, um zu schauen, ob wir schon auf den Beinen sind, während wir noch schweigend nebeneinander im Bett sitzen und versuchen wach zu werden.
    Heute gibt's zum Vorfrühstück eine kleine Packung Schoko Flakes , die wir gestern im Supermarkt einfach mitnehmen mussten.

    Wir sind nach deutscher Pünktlichkeit mal wieder die Ersten in der Zahnstation, also putzen und bereiten wir schon alles vor für dir erste Patientin. Die Behandlung dieser übernimmt Tahnee. Währenddessen hat Isi die Ehre sich mit dem kleinen Wurm der Patientin (unter einem Jahr alt) zu beschäftigen. Irgendwann ist leider der Hunger größer, als die Freunde an Isi's Kaspereien und die Heulerei geht los. Zum Glück hat Tahnee alles im Griff und den Zahn im Nu extrahiert... Easy peasy.

    Die Canon-Kamera ist heute wieder am Start und Dr. Joseph, der es liebt Fotos zu machen, schießt drauf los. Er meinte gestern ja sowieso, dass wir seine Hilfe nicht mehr bräuchten und so ist er mehr mit der Kamera beschäftigt, als zu schauen was wir gerade fabrizieren. Tatsächlich fühlen wir uns mittlerweile ziemlich sicher beim Extrahieren und brauchen nur ab und an beim Ziehen von Wurzelresten seine Unterstützung. Bei eben so einem Wurzelrest, den Tahnee zunächst vergeblich mit einem Bein'schen Hebel versucht rauszulupfen, kommt Dr. Joseph irgendwann doch mit einer Zange zu Hilfe und platziert sie am Zahn. Mit einem gewollt kräftigem Handgriff auf Tahnees Seite, fliegt der Zahn vom Mund der Patientin auf den Kittel von Dr. Joseph, über Tahnees weiße Sneakers bis unter die Wartebank und hinterlässt eine Blutspur durch den halben Raum. Der Zahn hatte es wohl eilig. Pole pole!

    Nach der kleinen Frühstückspause um 11:00, sehen wir einen der Wassertanks überlaufen. Da holt sich Isi doch noch eine schnelle Kopfdusche ab. Mittags kommen keine Patienten mehr (insgesamt waren es heute nur sechs). Wir nutzen die Gelegenheit um mit Rosie, Sr. Hifadhi und Dr. Joseph ein Gruppenfoto zu machen. s.u.

    Bis 14:00 Uhr warten wir noch bei absolutem Leerlauf und quatschen mit Dr. Joseph. Überraschenderweise trommelt uns Sr. Hifadhi dann ein wenig hektisch zusammen. Are you coming for lunch? .. Father Richard is waiting for us? ( Kommt ihr zum Mittagessen? .. Father Richard wartet auf uns). Das allein mit Sr. Hifadhi eingenommene Mittagessen im Jino Haus war für uns schon Routine geworden und wir hatten heute kein gemeinsames Mittagessen erwartet. Also Zack Zack umziehen und raus aus der blutigen Arbeitskleidung.
    Beim Essen bekommt "natürlich" Father Richard immer zuerst aufgetischt und eingeschenkt. Zwischendrin wird sein dreckiger Teller durch einen sauberen ersetzt und es wird immer direkt aufgesprungen um ihm alles anzubieten, was auf dem Tisch steht. Nicht nur für uns fühlt sich das übermäßig Umsorgen komisch an. Wir glauben an den Blicken und Reaktionen von Father Richard sehen zu können, dass auch er sowas niemals erwarten würde.
    Nachmittags steht erst einmal ein kleiner Nap an (heute ist endlich mal Zeit dafür). Als Tahnee später draußen mit ihrer Mama Anja telefoniert, kommt Sr. Hifadhi vorsichtig auf Tahnee zu und gestikuliert in Zeichensprache, was sie denn da mache. Tahnee halt die Kamera des Videocalls auf Sr. Hifadhi und sie und Anja haben einen kurzen Talk darüber, wie sehr Anja und Tahnee sich doch ähnlich sähen.

    Die kleine Success springt währenddessen wieder draußen rum und ist ganz faszinierend von Tahnees Airpods. Brav wie sie ist, wartet sie geduldig bis Tahnee fertig telefoniert hat, um danach mit uns zu spielen. Vorher wird aber erst noch Isi aus dem Bett geklopft. Wir nehmen den gestern gekauften Ball (bedruckt mit einer Weltkarte), und die Stifte mit raus. Zusammen wird der Ball hoch in die Luft geworfen und auf den Boden getitscht. Nach einer Weile sind jedoch die Airpods und das Mückenspray wieder interessanter (alles was man eben nicht zum Spielen haben darf). Die 8-jährige Agrepina kommt wenig später auch noch dazu. Wir malen zusammen, spielen mit dem Ball, turnen, machen Liegestütze (Isi auch eine mit Success auf dem Rücken - ganz schön schwer die kleine Maus!) und albern rum. Success klaut sich Isi's Sandalen und watschelt singend und klatschend herum. Agrepina ist wieder super viel mit der Kamera unterwegs und macht wirklich schöne Fotos. Zum Sonnenuntergang kommt Sr.Goretti zu uns und drückt Agrepina Geld und eine Tüte in die Hand. Mit Zeichensprache symbolisiert sie uns, dass wir mit ihr mitkommen sollen. Wir schieben das schwere Tor auf und laufen ein paar Meter, bis wir irgendwann vor einer Art Kiosk stehen. Wir kaufen Mehl und stapfen zurück. Umgeben von großen Palmen und dem Himmel, der zum Sonnenuntergang alles in ein orange-pinkes Licht taucht, genießen wir den schönen Augenblick.
    Wir vier setzen uns noch ins Jino Haus, essen Schokolade und trinken leckeren Fruchtsaft.
    Agrepina entdeckt derweil Snapchat auf Tahnees Handy und probiert alle möglichen Filter aus.

    Um 19:00 werden wir zum Abendessenessen gerufen. Nach diesem Nachmittag voller Action, sind wir froh um unsere ruhigen Abendstunden, die Zeit den Tag bei einem Bierchen Revue passieren zu lassen und noch ein zwei Dinge für die kommenden Wochen zu regeln. In diesem Sinne: Usiku mwema (gute Nacht)
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  • Day 9

    Wochenende ruft - Zeit für einen Ausflug

    May 6, 2023 in Tanzania ⋅ ⛅ 30 °C

    Auch dieser Morgen vergeht analog zu den vorherigen fünf. Um 08:00 Uhr an der Zahnstation angekommen warten wir ganze 30 Minuten auf die Ankunft der Anderen. Hätten wir doch glatt mal eine halbe Stunde länger schlafen können.

    Der Morgen beginnt mit einem Patienten, bei dem Isabel vor einer Extraktion sogar einmal komplett Zahnstein entfernen darf und ihm eine kurze, aber gründliche professionelle Zahnreinigung verpasst. Wie groß die Freude doch auch ist, mal etwas anderes machen zu dürfen.
    Da dadurch der elektrische Behandlungsstuhl für etwas längere Zeit belegt ist, werden in dem anderen Behandlungszimmer (wohlgemerkt ohne Ventilator und damit viel stickiger und heißer als in dem von uns präferierten Raum - generell ist es heute extrem schwül) von Tahnee weitere Patient*innen behandelt - alles Extraktionen. Die Schweißperlen sind definitiv auf der Tagesordnung.

    Wie von Dr. Joseph zuvor schon angekündigt, stellt sich der restliche Samstag als “Kinder-Samstag” heraus.
    Da heute keine Schule ist, kommen viele Eltern mit ihren Kindern, um entweder schmerzende Zähne extrahieren zu lassen, oder aber schon sehr mobile Milchzähne ziehen zu lassen - ganz anders als wir es aus der Uni kennen.
    Die Behandlung eines kleinen Mädchens, die zuvor zuckersüße Fotos auf dem Behandlungsstuhl von sich machen lässt (als kleines Ablenkungsmanöver versteht sich) stellt sich als wirklich herausfordernd heraus. Die Kleine schreit und strampelt bei der Betäubung so vor sich hin, trotz der fünf Hände die sie versuchen zu bändigen, dass Isi die Spritze dann doch an Dr. Joseph abgibt - super herzzerreißend die Kleinen so zu sehen.
    Nicht ganz verständlich ist für uns, warum bei solch kleinen/jungen Patient*innen nicht vielleicht eine Oberflächenanästhesie verwendet wird, damit der Einstich nicht so extrem schmerzhaft ist.

    Während die Behandlungen im vollen Gange sind, versucht Isabel den Vormittag über ein Buch an einen bestimmten Tourist Experten (sein Name ist Sharpy) loszuwerden, welches der Chef ihres Freundes ihr mitgeben hat. Dieser hat vor mehreren Jahren mit Sharpy Touren durch Tansania gemacht und wollte die Situation nicht unversucht lassen, diesem über Isi das besagte Buch zukommen zu lassen. Da die verabredete Zeit (Isi stand, ganz nach den Erwartungen an Germans, pünktlich am vereinbarten Standort) wegen der doch recht beeinträchtigenden Straßen hier in Kitunda nicht eingehalten werden konnte, treffen sie sich kurze Zeit später vor der Zahnstation und Isi kann während eines netten Gespräches Sharpy das Buch überreichen. Auftrag erledigt ✅

    Erst gegen knapp 12 Uhr schaffen wir es dann, eine kurze Frühstückspause einzulegen. Die kleine Success leistet uns dabei Gesellschaft. Sehr eindeutig gibt sie uns zu verstehen, dass sie gerne das Frühstücksei hätte, welches Tahnee gerade (eigentlich für sich) am pellen war. Selbstverständlich darf sie als Erste reinbeißen.. dass sie anschließend aber das ganze Ei sich einverleibt und auf Tahnee’s Nachfrage, ob sie denn auch was abhaben dürfe, nur ein Krümelchen von Eigelb an Tahnee abgibt, spricht 1000 Worte für sich. Wie frech und doch zuckersüß zugleich Kinder doch sein können!

    Mit einem Schmunzeln im Gesicht machen wir uns auf den Weg zurück zur Zahnstation. Die kleine Success folgt uns auf Schritt und Tritt, sodass wir bei unserer Ankunft in der Zahnstation Schwester Hifadhi darum bitten müssen, ihr doch zu sagen, dass sie zurück zu ihrer Mama gehen solle.
    Nach der Frühstückspause kommt an diesem Samstag nur noch ein weiterer Patient für eine Abdrucknahme. Er soll anschließend eine Prothese von Schwester Hifadhi angefertigt bekommen.

    Wir übergeben Dr. Joseph und der Helferin Rosi als Dankeschön für die Woche unsere selbstgeknüpften Schlüsselanhänger und werden von Schwester Hifadhi anschließend auch schon zum Lunch gerufen. Father Richard würde schon auf uns warten. Für uns heißt es jetzt also: hoch die Hände, Wochenende!

    Schon verrückt wie schnell die 6 Arbeitstage jetzt vergangen sind und wie viel wir in dieser Zeit schon lernen durften. Keiner von uns hätte am Anfang dieser Woche erwartet, dass wir schon jetzt so selbstständig Zähne extrahieren würden.

    Nach dem Mittagessen (es gibt mal wieder Nudeln - die Schwestern haben wohl bemerkt wie gerne wir diese doch essen) kümmern wir uns um unsere Wäsche. Während der letzten Arbeitstage und bei dieser Hitze hat sich doch einiges angesammelt, sodass wir vor allem in Njombe wieder mit frischer Arbeitskleidung starten wollen 😉

    Gegen 15 Uhr brechen wir zusammen mit unserem “Dental Team”, wie wir es mittlerweile nennen, auf. Schwester Hifadhi möchte uns ein Projekt zeigen, an dem sie nebenbei arbeitet und viel Mühe und Gedanken reinsteckt.
    Wir laufen also quer Feld ein durch alle möglichen kleinen Gassen - der Sicherheit wegen, wie sie uns erklären - bis Sister Hifadhi sich von unserer Gruppe trennt und wir noch ein Stückchen weiter durch kleine Gassen spazieren. Irgendwann bleiben wir stehen und warten darauf, dass uns Schwester Hifadhi in einem Taxi abholen kommt. Auch hier wurde somit wieder vermieden, dass der Preis für die Taxi Fahrt exponentiell in die Höhe schießt, weil wir dafür sorgen, dass die “Wazungu”-Preise (“Europäer-Preise”) aufgefahren werden.
    Sister Hifadhi kommt kurze Zeit später in einem kleinen weißen Auto vorgefahren. Rosi steigt auf der Beifahrerseite ein und wir anderen drei questschen uns neben Schwester Hifadhi auf die Rückbank. Das wird eine kuschelige Fahrt bei 31 Grad Celsius.

    Wie erwartet berichtet Schwester Hifadhi uns davon, wie sie den Taxifahrer nach dem Preis gefragt hätte, bevor sie einstieg und dieser mit 5000 TZS (ca. 2€) antwortete. Als Sie dann wiederum fragte, wie hoch der Preis wäre, wenn gleich noch vier weitere dazu steigen würden, entgegnete der Taxifahrer ihr mit 7000 TZS (ca. 3€). Das lässt Sister Hifadhi sich natürlich nicht drei mal sagen und so sitzen wir zu fünft in dem Taxi und zahlen sage und schreibe 3€. Zusammen.

    Nach einer ca. 15 Minütigen Fahrt kommen wir an einem grün bewachsenen Grundstück an, an dem wir alle aussteigen. Dort treffen wir auf zwei Männer, die Schwester Hifadhi uns als “Care-Taker” (Hausverwalter) des Grundstückes vorstellt.

    Hier inmitten der vielen Pflanzen wachsen Mangos, Papayas, Bananen, Mais und Manock. Am Ende des Grundstückes stehen zwei Rohbauten. Sister Hifadhi erklärt uns, dass sie all das in ein Daycare Center für Kinder verwandeln möchte. Ein Gebäude hat schon ein Dach, eines ist noch ohne. Vorgesehen sind in dem einen Gebäude ein großer Aufenthaltsraum für die Kinder sowie eine Küche, damit für die Kinder essen zubereitet werden kann. Während wir durch die Räumlichkeiten gehen, können wir uns das ganze schon bildlich sehr gut vorstellen. Was für ein tolles Projekt, welches sie dort verwirklicht.

    Die vielen Pflanzen hat Schwester Hifadhi vorübergehend angebaut, da sie den Platz nicht ungenutzt lassen wollte. Wenn alles mehr gestallt annimmt, würden diese umgepflanzt werden, sodass ein großer Bereich als Spielplatz genutzt werden könne.

    Aktuell stünde das Projekt leider etwas still, da die finanziellen Mittel nicht vorhanden seien, um das Projekt weiter voran zu bringen, so berichtet uns Sister Hifadhi. Man merkt an ihrer Art und Ausstrahlung jedoch, dass sie große Hoffnung in dieses Projekt setzt und auch stolz auf ihr Vorhaben ist - deswegen hätte sie uns das auch gerne zeigen wollen.

    Als alles detailliert erkundet worden war, stoßen wir 5 mit einem Gläschen Wein an und genießen dabei Zuckerrohr. Cheers. Auf das dieses Projekt hoffentlich ganz bald noch mehr Gestalt annimmt und Schwester Hifadhi mehr und mehr ihre Vorstellungen und guten Absichten verwirklichen kann.

    Tahnee kommt währenddessen zum ersten Mal in den Genuss auf diesen zuckersüßen Fasern des Zuckerrohrs rumzukauen. Isi, die durch ihre Reise durch Ecuador mittlerweile Profi im Zubereiten von Zuckerrohr ist, bringt Tahnee auch dieses bei. Wir sitzen zu fünft zusammen und unterhalten uns nett. Zwischendurch gucken immer wieder ein paar Hühnchen mit ihren Babys vorbei, während selbst Schwester Hifadhi sich irgendwann über die immer mehr werdenden Mücken beschwert. Gegen 17:30 Uhr machen wir uns also wieder auf den Rückweg. Wir schauen noch kurz bei der lokalen Kirchengemeinde vorbei, um die sich einer der “Care-Taker” ebenfalls kümmert und nehmen anschließend zu fünft ein Bajaji (2 nehmen vorne rechts und links neben dem Fahrer platzt, 3 auf der Rückbank) in Richtung Kitunda zurück. Auch hier wurde von den drei “Nicht-Wazungus” unserer Gruppe vorab wieder vehement über den Preisvorschlag des Bajaji Fahrers diskutiert, sodass sie sich erst beim dritten Anlauf einigen konnten. Aus der Sicht der Einheimischen wohl echt ein Nachteil uns im Schlepptau zu haben 😬. Umso schöner und wertvoller, dass Schwester Hifadhi mit uns dennoch solche Ausflüge unternimmt.

    Die Fahrt ansich stellt sich als super lustig heraus. Mit den Armen an den Seiten des Fahrzeuges festgeklammert, um nicht doch bei einem der Tausenden Schlaglöcher aus Versehen rauszufallen, winken uns auch hier wieder hunderte von Menschen zu und das Wort “wazungu” ist alle paar Meter aus einem anderen Mund zu hören. Irgendwie bringt uns das aber doch auch immer noch sehr zum schmunzeln und wir winken ganz freundlich immer zurück und entgegnen darauf mit “jambo”(hallo).

    Am Jino Häuschen angekommen, hängen wir zusammen mit der kleinen Success und Agripina unsere frisch gewaschene Wäsche auf und werden anschließend schon zum Dinner mit Father Richard erwartet. Nach dem Tischgebet wird erst eine Suppe zur Vorspeise und anschließend Pommes (für Isis Geschmack viel zu wenig Salz) mit Tomatensalat und Fleisch serviert.
    Wir unterhalten uns lange mit Father Richard, Schwester Hifadhi und Schwester Goretti und gehen vor allem die Planung der nächsten Wochen durch, wann wir uns wo wiedersehen werden und wann wir kurzzeitig zurück nach Kitunda kommen werden. Wir bestehen wieder darauf, den Schwestern bei dem Abwasch helfen zu dürfen und verbringen den Abend anschließend gemütlich in unserem Zimmerchen.

    Das weitere Knüpfen der Bänder füllt die meiste Zeit unseres restlichen Abends aus und wir kommen sogar mal dazu, ein Buch in die Hand zu nehmen. Die Müdigkeit überkommt uns dann aber doch schneller als gedacht. In diesem Sinne also: lala salama 💤 wir hören uns morgen wieder!
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