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  • Herbststurm

    October 17, 2019 in Canada ⋅ ⛅ 6 °C

    Orte wie Stephenville sind an der Südwestküste derart weit abgelegen dass sie als touristisch uninteressant gelten. Die meisten fahren einfach durch. Und dann? Wiederholt sich das Landschaftsbild ein um das andere Mal. Es heißt immer die Insel hat so viel zu bieten. Zuerst steht da aber immer die Arbeit. 30km bergauf. Man muss runter und auch wieder zurück zum Trans Canada Highway (TCH) . Die Karibik hat mir wieder einen Herbststurm geschickt und ich frage mich womit ich das verdient habe. Zwar zieht der Regen mit mir nach Norden, die Straße quert aber immer wieder tiefe Täler und der Wind weht mir ins Gesicht dass ich bald vom Fahrrad falle. Da hilft mir auch mein extra großes Übergewicht nicht mehr. So erreiche ich erst am Abend Corner Brook. Die größte Stadt im Westen. Wie viele von den ohnehin bloß 20000 Einwohnern sind wohl Studenten? Denn es gibt sogar eine eigene Universität. Für mich hat dieser Ort allerdings wenig zu bieten. Viel zu viele steile Berge für einen Blick über nen Fjord. Ich will mich beim frühen Abendbrot aufwärmen und weiter. Ich habe mir vorgenommen in zwei Tagen am nächsten Ziel zu sein.
    Ein besorgter Autofahrer fragt ob es mir gut geht. Ja, soweit. Wahrscheinlich sehe ich mit meiner Campingausrüstung mittlerweile nicht mehr der Saison angepasst aus. Anscheinend wollte er mir das Ja auch nicht abkaufen. Bei heißer Schokolade im Mc Donalds treffe ich ihn wieder und er will mir perdu einen Schlafplatz anbieten. Ich glaube das ist das erste Mal das ich tatsächlich dankend ablehnen musste. Lieber draußen im Regen als in einer warmen Stube - manchmal lässt einen der Ehrgeiz verrückt erscheinen. Und noch viel verrückter da der Wind weiter auffrischt. An diesem Abend schaffe ich anstatt der angepeilten 30km nur noch 10. Hmm - dann also Zelt aufbauen, seit Monaten auch mal wieder extra gegen staken Wind Seile ziehen und ausschlafen. Es regnet früh eh noch ein wenig.
    Das kleine Örtchen Pasadena am Deer Lake muss so etwas wie eine Partnerstadt sein. Von jeder Provinz hängen hier die Wappen und über jeden Teil Kanadas gibt es etwas zu Geografie, Kultur und Klima zu erfahren.
    Letzter Einkauf vor dem Nationalpark. Deer Lake. Während ich beginne genüsslich mein Hühnchen zu essen kommt ein alter Herr mit Vollbart vom Einkauf. „Woblwoglwada?“ - Hä? Sorry again please. „Woblwoglwada?“ Ich frage ob er mir das bitte nochmal langsam wiederholen kann. Und er nuschelt noch einmal „I said, WhobllWoshlwode“ - Ich gebe es auf. Ich erzähle ihm die übliche Geschichte woher und wohin des Weges. Er gibt sich zufrieden. Und ich mich auch. :) Je älter die Generation desto unverständlicher deren Neufundland Englisch. Genuscheltes Englisch in Irischer Geschwindigkeit. Je weiter ich mich Labrador nähere desto verbreiteter ist das ganze unter Männern. Wahrscheinlich deshalb findet man hier auch nur Frauen beim kassieren oder an der Tanke. Die versteht man wenigstens.
    Und dann biege ich wieder links ab. 70km und gut 1200Höhenmeter später soll ich in Rocky Harbour sein. Ich freue mich drauf aber auf die Berge dahin könnte ich gut verzichten. Ok, einen Versuch ist es wert. Fahrrad an die Leitplanke, Robert daneben und beim trampen immer schön grüßen. Ich hatte mir bewusst eine Stelle nach einer Kreuzung ausgesucht um sicher zu gehen dass jeder der hier abbiegt mich nicht nur 5 km mitnimmt. Ich hatte aber wohl nicht bedacht,dass jeder der hier gerade aus in meine Richtung will jetzt extra Gas gibt um auch irgendwann an zu kommen. Frierend gebe ich den Versuch auf, steige aufs Rad und bin binnen Minuten gegen den Wind wieder durchgeschwitzt.
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