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  • Das Happy End muss warten

    November 6, 2019 in Canada ⋅ ☁️ 7 °C

    Am frühen Morgen war ich guter Dinge. Das Zelt hatte ich wegen aufkommendem Wind schnell zusammen gelegt. Es hat ohnehin ungewollt gleich hinter der Polizeiwache gestanden, Ich muss es ja nicht herausfordern. Das Dorf Holyrood ist unter uns weniger bekannt aber unter Arktisforschern. Es bietet eine ideal gelegene Bucht die mit dem Wasser des kalten Labradorstroms versorgt wird. Ein idealer Spielplatz um Expeditionsausrüstung auf Herz und Nieren zu testen. Außer ein paar schlammigen Wanderwegen konnte ich mir einen längeren Aufenthalt heute jedoch sparen.

    Hey es sind ja auch nur noch 65 km bis nach St John‘s. Hauptstadt von Neufundland & Labrador, östlichste Stadt Nordamerikas und Wendepunkt meiner Reise. Zudem mache ich heute die 6 Monate auf Tour voll.
    Wie dachte sich das der Zufall doch gleich? - Es ist schon lange nix mehr schief gegangen. Es wird nochmal Zeit bevor der Winter kommt. -
    Und so radelte ich gerade einmal 20km aus Holyrood heraus. Beim bergab fahren trete ich dann plötzlich ins leere. Das klingt gar nicht gut - denke ich mir. Und so ist es dann auch. Der Antrieb von meinem Fahrrad läuft frei in beide Richtungen, kein klacken vom Freilauf. Kein Rad dreht sich. Nunja - nehme ich das ganze mit Fassung und schiebe bis zur nächsten Werkstatt um zu fragen ob die Werkzeug haben denn für alle Eventualitäten habe ich auf dem Fahrrad gar nicht platz für die Ausrüstung.

    Wir versuchen eine Stunde lang das Hinterrad zu zerlegen. Ohne Erfolg. Der Großvater vom Werkstatt-Meister hat die glorreiche Idee - irgendwo in seinem Schuppen müsse noch ein altes Antriebsrad liegen. Wenn ich basteln will könne ich es haben und damit zumindest bis Übergangsweise weiter fahren bis das richtige Rad repariert ist. Keine schlechte Idee. Ich ziehe einfach meine Reifen drauf und der Laden rollt weiter. Äh - ja. Die Reifen passen, die Speichen sind aber so locker das das Rad mehr Unruhe hat als i h schief gucken kann. Da rollt nix!. Also wieder abziehen. Aufs alte Rad drauf und weiter. Schade dass die Werkstadt mir nicht helfen konnte aber einen Versuch war es wert.
    Mittlerweile ist die Zeit schon so weit fortgeschritten dass in einer Stunde Feierabend ist und der Werkstattmeister bietet mir an. Er müsse Abends eh nach St Johns dann könne er auch den Pick up nehmen und mich irgendwo absetzen von wo ich nur noch in die Stadt rollen brauche. Klingt gut! Das nehme ich dankend an.

    Nächster Tag - Farradladen. Alle sprechen sie immer gleich vom Totalschaden ohne überhaupt gesehen zu haben ob etwas gebrochen ist oder verdreckt... bloß weil ich erzähle wo ich hergekommen bin. Das finde ich unfair. Ich will selbst erstmal wissen was kaputt ist. So kurz vor dem Ziel lohnt ein kompletter Austausch selten noch. Meist sind es ja auch die Kleinigkeiten die große Fehler im System verursachen und mit dem richtigen Werkzeug schnell behoben. Das Werkzeug bekomme ich hier jedoch nicht gestellt. Versnobter Laden! Und dennoch leider der einzige. Eine Mitarbeiterin der es im Augenblick wichtiger war mit dem Hund Gassi zu gehen hilft mir dann dennoch weiter. Es gibt in der Stadt eine Werkzeugbibliothek. Dort kann man gegen Spende selbst schrauben und Ersatzteile haben sie auch. Die Hoffnung stirbt zu letzt!
    Ich muss zwar bis zum Abend warten denn das läuft alles auf freiwilliger Basis. Dann darf ich aber Hand anlegen. Das macht über drei Stunden sogar richtig Spaß. Einziges Problem wir versuchen vier Ersatzteile und keines passt. Da denkt man Shimano ist Shimano und sieht von außen auch immer gleich aus doch über die Jahre haben sie in den Verzahnungen so viel geändert dass ich Ergebnislos wieder gehe. Wenigstens bekomme ich hier ausnahmsweise das Werkzeug gestellt um selbst zu basteln wenn ich denn irgendwoher ein Ersatzteil bekomme das passt.

    Fazit nach zwei Tagen. Ich bin zwar in St Johns aber gibt immer noch kein Happy End.
    Jauchzen und Heulen können so nah beieinander liegen.
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