Satellite
Show on map
  • Schleifen bis zum Horizont

    June 13, 2020 in Germany ⋅ ⛅ 15 °C

    Ich lasse den Gedanken die Mosel weiter zu radeln schnell hinter mir. Mehrfach wurde nun schon erwähnt dass die Mosel von sehr vielen stummen anstatt geselligen Radfahrern bevölkert wird. Bestes Zitat eines Anwohners: "Nebenan im Saarland, da sind die Menschen ganz anders. Aber hier würde ich nicht bleiben!"

    Ich schlendere noch zwei Minuten duch das abendliche Trier. Von der Stadt habe ich mir mehr erwartet. In meinem Kopf drehen sich derweil die Schleifen bis zum Horizont. Was macht man mit der wenigen Zeit die diese Radtour noch übrig hat? Was schaue ich mir an, wo will ich noch alles hin und schaffe ich das von meinen Kräften auch bis zum Ende der Tour? Immer dieses Hin und Her. Das nervt! Während der Reise habe ich für solche Gedanken meist wenig übrig doch zum Ende kommt immer ein bisschen Wehmut auf. Ich habe zunächst keine weiteren Treffen geplant nachdem ich erneut mehrere Absagen erhielt. Fahre ich nun links rum oder rechts rum aus Trier heraus?

    Und gerade da will es der Zufall dass ich meinen Augen kaum traue. Gleich drei voll bepackte Fahrräder wie ich sie in den letzten Wochen überhaupt noch nicht gesehen habe. Schnell wird klar wir haben die selbe Idee, wir schlagen die selbe Richtung ein.
    Zu viert ist man weniger allein. Die letzten paar Kilometer an der Mosel sind gerettet.

    Bis zum Abend fahren wir auf einen Campingplatz kurz hinter der Saarmündung. Viele Gespräche laufen über eigene Radtouren von Kanada bis Indonesien. Diese Reise bietet nun endgültig alles. Die Zeit vergeht wie im Flug. Über Nacht kommt starker Regen auf. Jetzt, wo ich sonst immer eine trockene Schutzhütte oder eine nette Gastfamilie gefunden habe fällt mir am vorletzten Tag doch tatsächlich ein, dass ich auch mal noch Zelten könnte. Dieser Urlaub deckt echt alles ab! Doch entsprechend unbeholfen geht mein Zelt mit dem Regen um. Bis die nähte sich vollgesogen haben tropft es fleißig rein. Am Morgen heißt es alles fast noch bis zum Mittag zu trocknen bevor es weiter geht. Wir wollen noch ein Stück gemeinsam fahren. Daher bringt es auch nichts einfach früher aufzubrechen. Vom Regen der Nacht liegt noch Nebeldunst im Tal und ich erkenne nicht einmal das Ende der Berghänge.

    Im Konvoi schlängeln wir uns an der Saar. Sogar die anderen Radfahrer zeigen anstatt Unverständnis plötzlich Interesse und Respekt. Mir scheint irgendetwas habe ich alleine dann doch falsch gemacht aber naja. Die Weinberge links und rechts ragen steil auf und lassen mich das schnell vergessen. Hoch oben thront die Saarburg. Daneben klebt die große Kirche und der Ort direkt am Hang. Mit über 20% erklimmen unsere Packesel den Anstieg. Belohnt werden wir mit einem sehr schönen Kleinod. Trotz Restaurierung scheint es der Ort kann sich nicht weiter am Hang ausweiten und behält damit ganz seine Ursprünglichkeit. Um den Mittag ist alles von Touristen überrannt doch sonst ist es wunderschön hier. Der Weg entlang der Saar ist also schon einmal die richtige Entscheidung gewesen.

    Um die Saar für die Binnenschifffahrt zu nutzen kommen alle 5-10km große Schleußen über wir unsere Packesel buxieren müssen. Doch sonst geht es bis zum gemeinsamen Mittagessen schön gemächlich bergauf. Und gleich im Anschluss folgt die ultimative Schleife. Von der Saarschleife habe ich zuvor schon so viele Bilder gesehen dass ich mir unbedingt vorgenommen habe diesen Ort selbst einmal zu besuchen. Neben dem vielen Radfahren geht es jetzt also auch wieder einmal mit Wandersocken auf Tour. Gesagt, getan. Wie im Flug gehe ich ruhigen Schrittes bergauf und lasse den ein oder anderen Tagesausflügler hinter mir stehen. Training ist die halbe Miete. Die andere Hälfte ist immer die Belohnung. Wenn man oben angekommen ist entschädigt das Panorama sogar das schlechte Wetter. Klar, ein feuerroter Sonnenaufgang über den Bergen, die spiegelglatte Saar 200m unter mir, das wäre glaube ich noch schöner. Aber ich kann nicht alles haben. Die Saarschleife lohnt sich immer!
    Beim Abstieg treffe ich eine ältere Dame. Sie meint sie wohne dort oben im Dorf. Doch die vielen Tagestouristen liesen sie oft nur verstummen. Sie freut sich, dass sie auf den ersten Blick auch jemand anderes getroffen hat. Die meisten Leute nehmen diesen steilen Auf- und Abstieg nicht in Kauf und fahren nur noch mit dem Auto vor. Sie selbst sei schon 86 Jahre und versucht mindestens noch einmal im Jahr durch das Steinbachtal und den steilen Aufstieg zum Aussichtspunkt zu gelangen. Sie möchte selbst wissen ob ihre Fitness und ihr Körper seit jeher noch in der Lage dazu sind. Mein Respekt! Das gefällt mir.
    Read more