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  • Russisches Glücksspiel nach Saarbrücken

    June 14, 2020 in Germany ⋅ ⛅ 15 °C

    Erst nach Mitternacht gelange ich nach Saarbrücken. Das letzte Stück weg führt quer durch den Wald zu einem See. Ich treffe noch auf eine russische Familienfeier die versuchen mit Wodka und Gitarre ihre Stimme zu ölen. Doch der Weg bis zur Unterkunft ist noch ein Stück quer durchs Land. Also bleibe ich nicht lang. In der Finsternis nehme ich den Waldweg zwischen den Fisnteren Bäumen nicht mehr wirklich wahr. Daher lasse ich mich auf ein Experiment ein. (Nicht nachmachen wer kein 100% gutes Bauchgefühl dabei hat!) Anders als auf der Straße leuchtet die Fahrradlampe nicht den halben Wald aus. Mein weg führt durch ein dichtes Netz von Wanderwegen irgendwo da drüben runter. Wegweiser gibt es nicht und ein breiter Waldweg ist ebenfalls Fehlanzeige. Ich weiß gar nicht wie ich mich da hinein manövriert habe doch ich will nicht ständig Bergauf Bergab. Nicht nach Mitternacht! Die letzten 1800 km hat mich mein Bauchgefühl immer auf gutem Weg begleitet.Daher wage ich es und nutze maps.me statt nur zum Route planen nun erstmalig zum blinden Navigieren auf engen, verwurzelten Wegen bergab. Irgendwo zwischen den Bäumen falsch abbiegen und ich lande in den Brombeeren wenn es gut für mich läuft. Immer wenn das Navi sagt "jetzt abbiegen" geht es 'jetzt' zwischen den Bäumen ins schwarze Ungewisse. Immer fleißig bergab. Als ich ankomme bin ich froh und überglücklich. Der Wald hat nachts mindestens genausoviel Geheimnisse zu bieten wenn ich durch Adrenalin geleitet mit allen Sinnen wahrnehme. Ich bin eben doch in der Natur gut aufgehoben. Nach der Ankunft fällt das Abendbrot ziemlich kurz aus. Das kann ich auf der Heimfahrt nachholen.

    Saarbrücken ist vorerst das Ende meiner Quer-durchs-Land tour. Nach drei Wochen ruft die Pflicht. An diesem Sonntag Morgen habe ich die Stadt scheinbar ganz für micht allein. Noch nicht einmal die Putzkollone ist früh um Acht schon auf den Beinen. Ein letzter Blick aufs Stadtschloss, rüber über die Saar und ab in den Zug. Wenn es wieder einmal über alle Berge geht muss ich das Flair von Saarbrücken wohl an einem anderen Wochentag genießen. Schade.
    Typisch Deutsche Bahn bringt der Bummelexpress mich auf Kurs Richtung Heimat. Ich komme gefühlt nur wenig schneller voran als mit dem Rad. Und 10 Stunden lang Mundschutz tragen ist auch nicht die helle Freude. Ich kann es daher nicht lassen und entschließe mich einen Bahnhof früher auszusteigen. Es ist Regen angekündigt doch das stört mich nicht. Ich möchte diese Tour so beenden wie ich sie angefangen habe. Über kurz oder lang ist 'zu Hause' nur ein weiterer Zwischenstop

    Nun ist wieder alles zusammen gepackt. Das Zelt, die Radtaschen, das Kochgeschirr. Es waren nur drei Wochen. Für Außenstehende ist es einmal mehr Kopfschütteln welche Arbeit und Zeit ich hineingesteckt habe Deutschland mit dem Rad zu bereisen. Erinnert sich der ein oder andere noch? Der Sinn des Lebens ist doch zu einer bestimmten Zeit immer das zu tun was einem am meisten Spaß macht. Egal ob Kurztrip oder Weltreise.

    Quer durchs Land gibt es noch so viel zu Entdecken! Mit meiner "Fernweh-wegtrink-Tasse" sitze ich und schaue einige Tage später auf den grandiosen Sonnenuntergang am Midsommer-Abend. Dem längsten Tag des Jahres. So sicher wie das Amen in der Kirche wird die Sonne auch wieder aufgehen. An einem neuen Ort. Mit einem neuen Ziel.
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