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  • Day 3

    Die geteilte Wiege des Stierkampfs

    April 5, 2022 in Spain ⋅ 🌧 9 °C

    Geht man ein Stück von der Küste weg ist die Geschichte Andalusiens eine ganz andere. Die Provinz Andalusien zählt in Spanien zu einer der ärmsten Regionen. So verwundert es nicht dass nach nur sieben Kilometer ins Landesinnere hinein kein einziges Haus mehr steht. Plötzlich übernehmen die Berge und die Straße schlängelt sich gerade so am Berg entlang. Unter mir liegen die Hänge in dichtem Nebelwald und über mir geht karge Steppe steil bergauf bis auf 1900m.
    Nach über einer Stunde erreichen wir gefühlt das erste Haus wieder. Es ist ein Krankenhaus. Dann kann ja das nächste Dorf nicht fern sein. Halsbrecherische Gründe für ein Krankenhaus gibt es in Ronda zur Genüge.
    Stellt euch vor man steht am Rand der Berge und blickt über ein kilometerweites Tal, die Serranía de Ronda. Dazwischen erhebt sich ein Hügel auf 100-150m und darauf thront eine weiße Stadt. Was man nicht ahnt, dass die Alt und die Neustadt durch einen hundert Meter tiefen Canyon getrennt sind und die Welt hinter dem Zentrum abrupt über steile Klippen halsbrecherisch abfällt. Ein weiterer Grund für das Krankenhaus wäre vielleicht der moderne Stierkampf. Dessen Regeln entwickelten sich hier von Ronda im 18. und 19. Jahrhundert. Nach denen wird auch heute noch gekämpft. Vom Gebrauch des Tuches, dem Kampf des Toreros nicht mehr zu Pferd, sondern zu Fuß, bis hin zu Stil und Posen. Doch damit genug.
    Eine Stadt erkunde ich bekanntlich am besten zu Fuß. Kaum zu glauben dass durch die engen Gassen früher bereits Pferdewagen gepasst haben sollen und heute gar Autos. Die alte Brücke steht wie ein Fels am Eingang zur Schlucht. Dabei steht sie eigentlich nur noch weil die Spätere, die neue Brücke am Ende der Schlucht in der Vergangenheit bereits eingestürzt ist und man sicherheitshalber eines Besseren besonnen hat. Die schönen Ausblicke haben es in sich. Durch die Stadt gilt es hunderte von Stufen zu erklimmen um in die Geschichte einzutauchen. Da bedarf es nachher manchmal einiger Überredungskunst z.B. bei einer japanischen Familie, warum es lohnt eine Treppe die offensichtlich ins nichts führt dennoch herunter und nachher auch wieder rauf zu steigen nur um eine Brücke mit Wasserfall zu bestaunen. Nun ja, die neue Brücke ziert heute nicht umsonst jedes Cover dieser Stadt. Das muss man sich erarbeiten.
    Jene, die nicht so viel Zeit mitbringen sind jedoch ebenso wenig arm dran. Aussichtsterassen bieten fantastische Blicke. Die Sonne kämpft sich mit den Strahlen durch die Wolken. Ein Musikpavillion, ein Amphitheater und nicht zuletzt die Stierkampfarena laden zum Verweilen bis in den Sonnenuntergang ein.
    Ich habe mir hingegen etwas anderes überlegt. Auf der Aussichtsterasse habe ich in der Ferne gen Westen eine Kirche gesehen. Das muss ein wunderschöner Ort sein, von dort die Stadt in der Abendsonne zu sehen. Gesagt getan. 30 Minuten später unternehme ich nun doch noch glücklich und zufrieden die Erste Wanderung. Das erste Mal seit langem Olivenbäume, Sierra, versprengte Bauernhöfe, sonst nix! Wir müssen doch irgendwann ankommen? Überzeugt von mir selbst stelle ich erst viel zu spät fest, dass die Kirche auf einem anderen Hügel vorgelagert steht und ich einfach den falschen Weg genommen habe. Dennoch fühle ich mich endlich ein Stück angekommen im ländlichen Andalusien.
    Am Abend noch schnell das Essenlager auffüllen und nachher Heim fahren. Oder doch noch einen zweiten Versuch auf den Sonnenuntergang starten?
    Nochmal zurück auf Anfang, enge Gassen, Gegenverkehr, keiner traut sich zur Seite zu fahren. Mit Vollgas und Augen zu einfach mal drauf los. - Ich weiß noch nicht recht mit dem Mietauto umzugehen der Andere meint warum immer ich, soll doch der andere. - Ein paar Kratzer tragen der Schönheit der Autos hier sowieso bei. Der Sonnenuntergang wartet schließlich auch nicht… - Es ist alles gut gegangen. Vor mir liegen die Klippen im gelb-roten Sonnenuntergang. Die neue Brücke haben sie bereits mit Scheinwerfern beleuchtet.
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