• Vom Schaftreiber- zum Königsweg

    April 6, 2022 in Spain ⋅ ☁️ 6 °C

    Spanien ist ein weites Land. Es verwundert nicht dass im Zug der Industrialisierung überall Eisenbahnen gebaut wurden. Überall. Das heißt auch an den unzugänglichsten Orten sagte man sich mittendurch statt nur drum herum. Einer dieser Orte ist für Tagesausflügler ein beliebtes Ziel im Norden der Provinz Màlaga. Irgendwann in rauer Vorzeit drückte Afrika auf Europa und das Meer hob sich. Je nach dem wie sich der Untergrund nun faltete entsanden bizarre Felsengebirge oder der Stein machte kurzen prozess und stellte sich von waagerecht einmal vollständig senkrecht diesem Afrika in den Weg.
    Dabei ließ sich die Natur eine kleine Hintertür offen. Seit Millionen Jahren schneidet ein Fluss dieses Gebirge in zwei Teile. Damit entstand ein günstiger Weg für Jäger und Hirten. Später folgte die Eisenbahn und mit der Erschließung eines unweiten Stausees kam selbst der König über diesen Weg angereist.

    Der Königsweg erhält seinen Namen zu Recht wie ich finde. Es erfordert allein schon Disziplin bis an den Weg zu gelangen. Er protzt nur so mit Eindrücken wenn man im Fels hängt, die sonst wohl nur die Geier der Lüfte haben. Und selbst wenn es kein zurück mehr gibt, wird jederman reich beschenkt!

    Während ich mir dachte frühes Aufstehen sichere die besten Plätze geht es weit vor Sonnenaufgang los. Der stetige Wechsel von Fels und Olivenbäumen und sonst nichts ist beeindruckend noch ein wenig im Nebel verhangen. Diese mystische Morgenluft ist was feines. Das hat jäh ein Ende als die Parkplätze für den Wanderweg beginnen.
    Da sind wir scheinbar die Letzten. Die Leute werden mit unzähligen Bussen hergebracht. Das wirkt jedoch um so weniger real da uns auf den letzten 50 km kein einziges Auto begegnet ist geschweige denn ringsum keine einzige Straße überhaupt kaum groß genug für einen Bus ist. Wir finden noch einen letzten freien Paltz vor der Wendeschleife und dem dann folgendenen überaus großen "Nichts" ringsherum. Daneben steht ein Camper. Und nachdem wir dreimal umrangiert haben ist der Camper ebenfalls wach. Der Mann indes muss sich ganz tief erden. Sein Joint ist weitaus kräftiger als der Morgennebel. Somit ließen wir ihn mit seiner tristen Stimmung allein und waren bald auf dem Weg.

    Während man im Gebirge bekanntlich immer hoch will verläuft der Weg gemächlich bergab. Am Wegrand blüht bereits der Affodil und die Vögel geben ein herrliches Konzert. Der Fluss im Tal schien noch zu schlafen und schlängelt sich ohne jede Welle durch dichten Wald. Vor einer massiven Felswand wurde das jäh anders. Im nächsten Moment blicken wir hinab auf einen reißenden Fluss der tief unter uns in eine Schlucht eingeklemmt ist. Von hier verlief der Schmugglerpfad quer durch das Gebirge anstatt darüber. Wir sind angekommen. Über drei Kilometer zwängt sich der Weg an jeder kleinen Felsnadel vorbei während die Tauben im Fels nur einen Flügelschlag entfernt brüten. Sie fühlen sich hier sichtlich wohl und sicher. Angesichts dass am Himmel unzählige Geier kreisen gar nicht so leicht für Mutter Natur.

    Was sag ich, diese Tour ist einfach grandios. Ein alter Kanal dient hier und da als Weg um sicherer voran zu kommen. Wenig vorher und auch später hängt der Pfad wieder über hundert Meter über der Schlucht. Durch die Planken lässt sich noch ein älterer bröseliger Betonweg erahnen. Für zwölf Jahre war der Weg wegen Baufälligkeit gesperrt. Ja, da wäre selbst ich nicht lang gelaufen. Das ganze Ausmaß zeigt sich jedoch erst auf dem Rückweg. Wie die Ameisen hängen die Menschen senkrecht am Fels. Es ist unvorstellbar wie früher der Hirte und und später der König seine 'Schafe' über den alten Weg getrieben hat. Dessen Felsen stehen bis in ferne Ewigkeit als Wächter in eine völlig andere Welt.
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