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  • Day 4

    spanischer Barock trifft Steinzeit

    April 6, 2022 in Spain ⋅ ☁️ 12 °C

    Nach so viel Euphorie am Morgen ist es Zeit für eine Auszeit. Nicht weniger dramatisch geht es kurzerhand über den Berg nach Antequera. Es wird immer beschrieben dass der Reisende hier eigentlich nur auf der Durchfahrt an irgendein anderes großartiges Ziel vorbei kommt. Doch wer nie eine Pause einlegt verpasst einfach auch mal am meisten! Die Stadt wurde bereits in der Bronzezeit besiedelt. Davon zeugen heute zwei Großsteingräber bei deren Wiederentdeckung um 1900 die Knochen von mehreren hundert Menschen gefunden wurden.
    Ebenso Kult wie die Großsteingräber in der Vergangenheit ist heute vielmehr der spanische Kakao. Ich habe ja erst voriges Jahr in Kilchberg (Schweiz) gelernt welche Entwicklung der Kakao durch die Spanier tatsächlich von der Medizin hin zum Kultgetränk gemacht hat. Selbst als Tütenkakao schmeckt er zehnmal besser als alles was in Deutschland mit Zucker aufwendig löslicher Kinderkakao vermarktet wurde der in der Milka drin steckt. Nur wo bekomm ich in dieser Stadt nun Kakao her? Es ist zwischen drei und Vier am Nachmittag. Die meisten Cafés sind stark verwaist. Ich finde zum Teil nicht mal einen Kellner. Und wenn doch serviert dieser nur Kaffee. Kein Kakao? Geschweige denn Kuchen? Wo bin ich den hier gelandet? 'Ja wenn du Kuchen willst musst du in die Bäckerei gehen. Die haben bestimmt auch Kaffee oder Kakao.' Gesagt getan. Von nun an werden die Bäckereien dieses Landes mein uneingeschränktes Ziel um der Mittagssonne zu entkommen. Zumindest hier in Antequera wird am Tisch auch schon mal für ausreichend Erleuchtung gesorgt.
    So erkunde ich zuerst die Stadt. Es wurde sehr viel dafür getan zu restaurieren und zu erhalten. Über 30 Kirchen sind innen wie außen prächtig dekoriert. Im blauen Blütenmeer überstrahlt die Burg weithin die ganze Stadt. Es ist ein Vorgeschmack was in den nächsten Tagen folgen kann. Das Landesinnere hier in Andalusien war stets hart umkämpft von dem vorherrschenden Glauben an Gott, Ala und all die anderen Geistlichen in deren Namen man einen Krieg führen kann. Von besonderer Bedeutung sind dabei immer wieder schon die Römer und später die Mauren. Sie brachten herrliche Mosaiken in die Region. Auch heute werden immer wieder neue wiederentdeckt und ausgegraben.

    Schneller als mir lieb ist ereilt mich die Qual der Wahl. Das Wetter weiß noch nicht ob es heute mitspielt oder nicht. Also lieber noch die Steinzeit Dolmen besuchen die ja mittlerweile auch zur UNESCO gehören. Oder hoch hinauf in den Paraje Natural Torcal de Antequera, ebenfalls UNESCO und gleichwohl übernatürlich wie die Leistung zum Bau der Großsteingräber. Jedoch so bizarr, dass nur die Natur das hin bekommt. OK, ab auf den Berg, auch unter der Gefahr dass wir gar nichts sehen, denn der Berg ist wie ein Vulkan vollständig in eine Wolke verhüllt. Warum jedoch gerade hier über 12km ² Kalkstein scheibchenweise auf einem einzigen Punkt im ehemaligen Ur-Meer aufgeschichtet wurde bleibt schwer zu erklären. Die Welt ist so ganz anders hier. Es gibt kaum überhaupt schon Frühblüher. Durch den Nebel erscheint anfangs überhaupt fast alles im Winterschlaf. Doch wenn Engel reisen hat das Wetter ein Einsehen. Je tiefer wir in diese bizarre Welt eintreten desto neugieriger bin ich auf mehr. Vereinzelt kommen uns erschöpfte Besucher in schlammigen Turnschuhen entgegen. Ein jeder meint es ist weit, nass und dreckig. Ja deshalb kommt man in der Regel auch nicht mit weißen Turnschuhen auf den Berg. Steinbock müsste man sein. Die springen einfach von Stein zu Stein und kämen gar nicht auf die Idee sich die Füße schmutzig zu machen. Tatsächlich gibt es sie hier oben auch. Sie leben wild, sind jedoch unbeeindruckt von ein paar wenigen Wanderern. Und das ist unser Glück! Ein halbe Stunde kann ich einfach nur da sitzen und den Steinböcken beim Spielen zuschauen. Derweil kämpft sich die Abendsonne heraus. Und irgendwann wird es Zeit die Bande zu verlassen. Ich bin fasziniert doch im Dunkeln würde ich hier nie wieder herausfinden.
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