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  • Day 13

    Rio Tinto - grünes Gold ist nicht genug

    April 15, 2022 in Spain ⋅ ☀️ 23 °C

    Irgendwann kommt man früher oder später auf den Gedanken wie man es in Spanien schaffte über hunderte von Jahren in der Welt so eine große Beachtung zu erlangen. Allein der Seehandel mit Südamerika ist es nicht. Die strategische geografische Lage, diese wunderschöne, abwechslungsreiche Landschaft, ja - aber das allein macht in der westlichen Welt auch nicht reich. Es braucht Bodenschätze. Und wo die lagern, da fahren wir heute einmal hin.

    Die wenigsten verbinden den Namen Rio Tinto heute mit einem Fluss in Südspanien als vielmehr mit der größten Bergbau-Minengesellschaft der Welt. Kaum verwunderlich, wo die doch von Südamerika bis Australien viel mehr Bodenschätze finden als ursprünglich hier. Den Ursprung nahm es jedoch hier in der beschaulichen Gegend 80 km nördlich von Huelva. Bereits die Römer fanden für sich hier beste Bedingungen zum Bergbau denn die Erzschichten liegen durch die Erosion fast alle im Tagebau. Zink, Zinn, Schwefel, Silber, Kupfer, Gold und Eisen werden seither industriell hier abgebaut. Da kann sich schier jeder das passende heraussuchen.

    Das kleine Dorf Minas de Riotinto ist der Ausgangspunkt. Es ist sehr beschaulich und ähnelt eher einer Parkanlage auch wenn denn im Museum viele unterwegs sind. Hier gab es zunächst Einblicke wie weit der Bergbau in dieser Region sogar bis in die Steinzeit zurück reicht. Nachher haben sie ziemlich authentisch eine römische Mine nachgebaut. Wer denn will kann sich darin für später einmal wunderbar auf Geisterbahnen vorbereiten. Mit Hammer und Meißel auf Stein einzuschlagen klingt in dunklen Gängen wahrhaft nicht sehr anders.

    Natürlich dränge ich darauf bald das ganze Ausmaß zu erkunden anstatt mich durch enge Gänge zu schlängeln. Ein paar erste Halden habe ich draußen bereits entdeckt und mich gleich wieder in die bunte Farbenvielfalt der verschiedenen Erze verliebt. Nur angucken, nicht mitnehmen – lautet das Motto! Dass der Ort nur eine Oase inmitten einer kargen Wüstenlandschaft ist sieht man ihm gar nicht an. Nur wenige Kilometer weiter erstreckt sich eine schier endlose Wüstenlandschaft. Niemand hat je behauptet dass das Leben als Minero einfach war. Täglich zwölf-Stunden Schichten, harte Arbeit und bei dem Vortrieb früher unter Tage kaum Tageslicht. Das erinnert ziemlich viel an die mittelalterlichen Methoden aus dem Erzgebirge in die Neuzeit adaptiert. Doch die Minenbesitzer vor 150 Jahren wussten wohl wie man Bergleute durch viele Annehmlichkeiten engagiert. So lebte hier niemand in Höhlen ähnlich wie in Guadix. Es gab einen Saloon, einen Gemischtwarenladen und sogar einen Swimmingpool den zumindest die Kinder auch in der Lage waren und Erlaubnis hatten ihn zu nutzen.
    Vieles täuscht dennoch darüber hinweg, dass der Bergbau die Landschaft für immer verändert hat. Die Natur kämpft heute nach über 50 Jahren noch spärlich damit das Gebiet zurück zu erobern. Immer wieder kommt es aufgrund der Hitze am Stein zu Buschbränden. Das gibt nährreichen Dünger für die Zukunft. Doch so lange werden weiter stetig Mineralien aus dem Stein gewaschen, Die Erosion schreitet fort und die wenigen Sickerlöcher, Tagebauseen und Flüsse muten rostbraun bis tiefschwarz giftig an.

    Noch ein Umstand führte dazu. Wenn man Erz findet kann man sich nicht aussuchen wo man es findet und wie man es womöglich von dort weg bekommt. Bis zum Meer sind es 80 km Luftlinie. Die konnte man zu der Zeit ab 1870 bereits mit der Eisenbahn überbrücken. Damit das tote Gestein jedoch gleich an Ort und Stelle bleibt ging man dazu über direkt vor Ort zu verhütten und riesige Schlacke Haufen zu hinterlassen. Damit fehlte natürlich noch mehr Wald. Mit einer Museumsbahn kann man auch dieses Ausmaß wunderbar erkunden. Die Fahrt schlängelt sich entlang dem Fluss und ist eine willkommene Brise Abwechslung an einem heißen Nachmittag. Nur langsam aber beständig holt sich die Natur auch dieses Stück echte Industriegeschichte wieder zurück.

    Eigentlich ist es schon spät am Nachmittag und die Heimfahrt noch weit. Und wieder kommt alles anders als man denkt. Eigentlich will ich nur noch einen letzten Aussichtspunkt ansteuern und schauen ob die Tagebauhalden bereits im Licht der Abendsonne glänzen. Der 'Mirador de Colorado' hat aber seinen Namen nicht von ungefähr. Hier wurden ganze Berge versetzt. Eigentlich hätte ich diesen Canyon nicht weiter beachten müssen. Ich bin jetzt so schon den ganzen Tag umher gestreift. Der Zufall will es da entdecke ich auf dem Weg zum Aussichtspunkt die riesigen Sandkastenkipper wo ein Reifen schon größer ist als ein Mensch. Alle schön in Reihe denn es ist gerade Schichtwechsel. Wie ein Ameisenhaufen nach dem Winterschlaf setzt sich langsam alles wieder in Bewegung. Mancher wird zu seiner Maschine erstmal mit dem Pickup hingefahren. Andere warten auf ihr Kommando wohin sie ihren Kipper als nächstes steuern sollen. Langsam bahnen sich die Autos wie auf einer Ameisenstraße ihren Weg hinab auf den Grund des Canyon ca. 250m unter uns. vom Canyon trennen uns derweil gerade einmal eine Straße und ein Maschendrahtzaun. Alles in Allem stehe ich vielleicht gerade so zwanzig Meter vom größten Erwachsenenspielplatz der weiteren Umgebung entfernt. So leuchtende Kinderaugen hat man sonst nur an Weihnachten!
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