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  • An Tagen wie diesen...

    August 7, 2022 in Austria ⋅ ☁️ 8 °C

    ... haben wir ewig Zeit. Allein die Vorbereitungen sind in weniger als einer Stunde abgehandelt. Die Rucksäcke stehen gepackt. Eigentlich könnte es sofort losgehen. Allein dann kommt erst noch die Nacht in der man vor Vorfreude und Mücken im Zimmer nicht schlafen kann, dann kommt der Wetterbericht der nur Nebel und am Nachmittag noch Regenschauer prophezeit und der ein Kollege der mich vorwarnt die besten Sichtweiten in den Bergen waren in den letzten zwei Tagen irgendwo zwischen 10-40m...

    Und dann kommt der Sturkopf in mir, der eigentlich nichts zu verlieren hat. Dennoch starten wir also noch vor dem Aufstehen. Unser gemeinsames Ziel hat jeder für sich eigentlich schon seit Monaten mit sich herum getragen. Jetzt ist es daran den Plan in die Tat umzusetzen. Wir, das sind zwei liebenswerte Mitmenschen vom Alpenverein und ich, der sich trotz noch so vieler Solo-Touren noch nicht davon überzeugt hat dem Deutschen Alpenverein beizutreten. Wenn ich so weiter mache kommt das bestimmt bald noch.

    Im Allgäu wird gestartet. Es geht hoch hinaus und nicht minder weit weg auf eine kleine Weltreise. Die Wolken hängen am Morgen so oder so noch tief. Daraus darf man sich nichts machen. Bereits nach den ersten Schritten kommen jedoch auch die ersten Sonnenstrahlen und gleich fühle ich mich zurück versetzt in die Steppe nach Madagaskar, nur mit Bergen. Es ist unbeschreiblich warum das so ist, aber ich freue mich wie ein kleines Kind. Mit so guten Vorzeichen dauert es nicht lange und wir gelangen nach Frankreich, in das Land der Mode und der Laufstege. Neben allerlei bunten Treckingsachen, Stöcken und Trinkrucksäcken trägt man heute graubraun! Die Allgäuer Kuh von Welt zeigt so eine gewisse Einzigartigkeit. Die Augenbrauen gerne lang hochgezogen, die Augen tiefbraun verführerisch. Damit stehen die Kühe hier den echten auf dem Laufsteg in nichts nach. Auch sonst lassen sie sich von umhergehenden Wanderern kaum beeindrucken und stehen ihre Figur auf einem Felsvorsprung.

    Auf dem Prinz-Luitpold-Haus schweben wir bald über den Wolken. Die umliegenden Berge wie zum Beispiel das Nebelhorn machen ihrem Namen alle Ehre. Nur fliegen wäre schöner. Zumindest mit genau dieser Leichtigkeit sind wir bereits unterwegs nachdem wir schon jetzt ca. eine Stunde gegenüber unserem Zeitplan heraus gewandert haben. Ohne große Pause geht der Weg weiter bergan. Das Gras wird weniger, selbst die Murmeltiere sind verschwunden. Was bleibt sind nun noch die Vögel. Es liegt also nahe heute den gleichnamigen Berg, den 'Hochvogel' einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.

    Der Hochvogel ist in vieler Hinsicht ein besonderer Berg. Es geht hoch hinaus. Mit 2592m ist er einer der Allgäuer Könige und der höchste Gipfel der umliegenden Gebirgsketten. Seinen Namen hat er nicht von ungefähr - besteht der Aufstieg doch aus unzähligen Terrassen und Vorsprüngen auf denen ein Greifvogel bevorzugt sein Nest bauen würde. Damit wären wir beim nächsten Land. Über den Wolken sieht es hier sieht es aus wie über den Tafelbergen entlang der Route 66, USA. Der Berg hat zudem viele Facetten. Er ist nicht nur markant aus jeder Richtung leicht zu finden, schließlich verläuft die Deutsch-Österreichische Grenze heute genau über seinen Gipfel, er ist auch markant denn die Zeit arbeitet gegen ihn. Sein Gestein ist brüchig. In den letzten acht Jahren haben sich bis zu hundert Meter tiefe Risse aufgetan und die bewegen sich laut den Experten mit 0,4mm am Tag auseinander. In naher Zukunft stehen hier gleich mehrere Felsstürze mit bis zu 260.000m³ Gestein bevor. Man könnte auch sagen bei einer Bewegung von 15cm Drift im Jahr steht bald nur noch der halbe Berg. Und das ist wahrlich ein Grund diesen schönen Berg zuvor noch einmal im Ganzen zu besteigen.

    Im Anstieg erklimmen wir zuvor die Kreuzspitze. Vor uns erstreckt sich ein schier endloses Wolkenmeer. Sonne und Panorama sind bei ach so schlechter Wettervorhersage voll auf unserer Seite. Der Berg hält was er verspricht und jeder kommt auf seine Kosten. Die großen Jungs können Hautnah Messinstrumente für Geo- und Raumwissenschaften begutachten, die Mädels legen sich derweil zum Ausruhen in die Sonne - wohlgemerkt direkt vor den Gefahrenbereich. Hauptsache Sonne. Dass auch ich an diesem Tag zu viel davon abbekomme bemerke ich spätestens als die Sonnencreme noch zu Hause liegt. *auwei*

    Natürlich darf das Gipfelbuch nicht fehlen bevor wir über den Kalten Winkel wieder absteigen. ...steigen - ja sogar rennen! Denn unten in der Hütte warten lecker Kakao und Johannisbeertorte auf mich. Alsbald dass wir den ersten Bachlauf erreichen halte ich zur Abkühlung beide Arme hinein bis das Wasser verdampft. Für den Moment zwirbelt es schier überall und so bin ich dankbar dass nun der Abstieg auch für uns mehr in den Wolken als sonst wo stattfindet.

    Nach 12-13 Stunden und mehr als 1700 Höhenmetern sind wir zurück. Ob es die Anstrengung wert war brauche ich glaube ich nicht zu hinterfragen. Mit Leichtigkeit! ... (Frei nach den Toten Hosen: ) An Tagen wie diesen wünscht man sich ein Stück Zufriedenheit! ...wünsch ich mir Unendlichkeit.
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