Satellite
Show on map
  • Heute mache ich drei Kreuze !!!

    January 23, 2022 in Germany ⋅ ⛅ -1 °C

    Es ist trüb und es hat Hochnebel. Mit Sonne ist nicht zu rechnen an diesem einzigen freien Tag in der Woche. Mit genau jener Grundeinstellung fehlt mir heute jeglicher Elan Berge zu versetzen. Also geht es auf eine kleine, belanglose Wandertour nicht allzu weit weg in der Nähe zu Immenstadt. Den Großteil des Weges kenne ich bereits aus dem Herbst. Ich nehme mir diesmal vor nicht schon auf der erstbesten Alpe einzukehren denn weder gibt es um diese Zeit des Jahres kräftige Blaßmusik noch deftiges Essen. Stattdessen locken ein paar Gipfel ganz in der Nähe und die wohlverdienten Kekse als Gipfelbelohnung. Nicht zu hoch, nicht zu schwer… kurzum, das Richtige um an diesem Sonntag die Seele ein bisschen baumeln zu lassen. Jetzt müsste nur noch der Nebel verschwinden.

    Der Schnee pappt in diesem Winter einfach nicht. Einen Schneemann zu bauen ist schier undenkbar. Nur zu Beginn der Tour ist er ein kleines bisschen besser. Es reicht gerade so für Schneemann und Schneefrau. Später laufe ich ganz und gar in der Wolke und habe keinen Sinn mehr dafür einen Schneemann zu bauen. Es ist gut dass ich hier schon einmal war, denn mit der Orientierung fehlt es bei Nebel sehr schnell. Frische Spuren im Schnee gibt es Sonntagmorgen meist auch nicht viele. Ein paar wenige Wanderer laufen den Berg mit mir hinauf. Die meisten sind jedoch an der Seilbahn geblieben und Rodeln den Berg hinab was im Sommer eine Fahrstraße ist. Jetzt im Winter vereist und gut präpariert für kilometerlangen Rodelspaß. Wer hat der kann.

    Wie ein Rumpelstilzchen kreischt es plötzlich aus dem Wald über mir. Wenig später stolpern zwei Skitourengeher abseits des Weges über Baumstümpfe und versuchen ihren Weg nach unten zu finden. Hier im Nebel meinen sie kannst du machen was du willst. Entweder Du verletzt andere während man auf den breiten Waldwegen fährt oder Du verletzt dich selbst im Dickicht. Wenig später dann stehe ich oben. Auf dem Gschwender Horn. Und ich sehe, nichts!
    Vor mir ein Kreuz wie so ziemlich auf jedem Berg hier im Allgäu. Dahinter hört der Berg auf und der Blick fällt ins bodenlose Grau gen Norden. Das Trübsal trage ich mit Fassung und atme tief durch. Auch mit Nichts kann man reich belohnt werden, glaubt mir! “Irgendwo da unten liegt Deutschland. Laut Wetterbericht haben die Österreicher keine zehn Kilometer weiter Sonne und wir kriegen wieder nix ab.“ Unterhalte ich mich mit ein paar anderen Gipfelstürmern die mir berichten sie seien von der Südseite heraufgekommen und da hat tatsächlich die Sonne ab und an durch den Nebel geblinzelt.“ Jeder macht vom anderen ein Gipfelfoto und dann weg!

    Die Sonne kann ja nicht weit sein. Nicht einmal zehn Minuten später ist für mich so ein magischer Moment! Eine Kuppe, drei Hunde tollen im Schnee und zwei Frauen versuchen sie mit Leckerli zum idealen Schnappschuss zu bewegen. Wie ich so zuschaue versprüht die Sonne ihre Magie immer kräftiger. In hellem weiß und feurigem gelb strahlt sie durch den Nebel und wirft ihren Heiligenschein direkt auf die Hunde. Sowas muss man erlebt haben, das kann man nicht beschreiben! Und eigenltich habe ich das Privileg und erlebe solche Momente immer wieder. Es ist zugleich Belohnung für die zähe Ausdauer die es bis hierher gebraucht hat. Gemeinsam gehen wir den Weg zum Naturfreundehaus weiter. Die beiden Mädels kennen sich von der Alpen-Community* und gehen immer wieder gemeinsame Touren. Miri hat Erfahrung wie manch einer haufenweise Schnee vor der Hütte und Steffi ist zum ersten Mal heute auf Schneeschuhen unterwegs. Die Sonne gibt immer fantastischere Augenblicke! Im Gasthaus belohnen wir uns für dieses Schauspiel selbst mit Knödel, Kuchen und Heuschnaps. Der Weg ist noch weit und das Ausnüchtern dürfte kein Problem sein :-) Während wir so sitzen geht doch einige Zeit vorbei. Es wird spät und ich will im Hellen wieder vom Berg herunter sein. Der vermeintliche Wanderweg erweist sich im Winter als Spaltbreit Tiefschnee im Wald ohne Bäume. Jetzt kommen auch bei mir die Schneeschuhe zum Einsatz und der Weg hat einen fiesen Gegenanstieg. Ich komme bald schon aus der Puste. Es nützt ja nix. Unten im Nebel umher irren bringt nichts, also hoch und drüben hoffentlich gleich auf richtigem Weg wieder runter. Kaum stehe ich nun oben kann ich den Augenblick kaum fassen. Wieder mal ein Kreuz. Nunmehr das Dritte…Und unter mir liegt Deutschland nun gar nicht mehr in Nebelfetzen! Von Trübsal ist bei dieser Tour schon lang nicht mehr die Rede und die Wow-Momente häufen sich gerade.
    Vor mir geht es nur noch Bergab. Mit den Schneeschuhen stiebe ich nun durch den Tiefschnee und habe meinen Spaß neben den Skitourengängern meine ganz eigenen Wege zu ziehen.

    So ein Tag – so eine Tour – so gesellige Menschen – und so unbeschreiblich viele Glücksmomente werden es immer wert sein drei Kreuze zu machen.
    Read more