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  • Day 113

    Asunción - zwischen Verfall und Wirklich

    May 31, 2023 in Paraguay ⋅ ☁️ 24 °C

    Noch in der Nacht rollt der Bus in Richtung Hauptstadt. Kaum angekommen wird es schon wieder Tag. So schnell kann die endlos lange Nacht vorüber gehen. So müde wie ich noch bin will ich den Rucksack nicht durch die Stadt tragen. Für den Check-In im Hostel ist es aber auch noch etwas zeitig. Zum Frühstück geht es also erstmal an den Straßenstand zu Kaffee und Kuchen. Das können die Guaranies immer noch besser als Brot. Weil ich zufällig doch am Hostel vorbei laufe stelle ich mein Gepäck derweil unter und bin gleich wieder unterwegs in die Innenstadt nachdem ich den Nachtwächter unliebsam mürrisch gestimmt habe.

    Das Zentrum ist ein Schachbrett aus Kolonialbauten und Hochhäusern. An beidem nagt der Zahn der Zeit ziemlich erfolgreich. Dazu die hohe Luftfeuchtigkeit die Hauswände sofort schwarz werden lässt. Somit gibt es nur wenige Stationen an denen ich Halt mache. Der Präsidentenpalast und das Pantheon gehören dazu. Schwer bewaffnete Soldaten unter Palmen, aber sonst kein wirklicher Sicherheitszaun. Das ist ein ungewohntes Bild. Warum die Präsidenten genau so wie in Argentinien für ihren Amtssitz rosa wählten bleibt mir jedoch ein Rätsel. Die regelmäßigen Wachablösungen am Pantheon sind auch eine kleine Schau. Dort liegen heute die wichtigsten zehn Helden aus der Geschichte Paraguays von der Verfassung bis zu den hier so wichtigen, wenn auch verlustreichen Tripulationskriegen. Das Zentrum bildet daher auch kein Präsident sondern repräsentativ Einer von den tausenden gefallenen Soldaten.
    Ich schlendere am Parlament vorbei in ein Kunstmuseum, dem Casa Cabildo. Es war das frühere Entscheidungszentrum der Macht. An der Kathedrale weißt mich der Pfarrer zurück. Es ist um zwölf. Ich solle doch in einer Stunde wieder kommen. Ich habe nicht wirklich was verpasst als ich später wieder komme. Weil ich so schnurstracks und bestimmt laufe kommt aber auch gleich ein Parkplatzwächter auf nich zu und schüttelt mit dem Finger. „Geh da nicht weiter, das ist gefährlich“ Bis zur Kirche lässt er mich dann gewähren. All die bröckelnden Fassaden sind nur Vorboten. Gleich unterhalb des Parlamentes haben sich die Slums bis an den Fluss ausgebreitet.

    Asunción hat aber auch schöne Seiten! Am Nachmittag verschlägt es mich zu einem Kaffee in die Vororte der Stadt. Hier ist Leben im Wimmelbild! Die Straßen alle sauber, aufgeräumt, ordentlich und durchaus annehmbar. Hier kann man es aushalten. Natürlich ziehen auch die großen Shopping-Malls hunderte Leute an. Das der Großraum Asunción schon mehrere ganz andere Städte sind die allesamt zusammenwachsen sollte ich erst später erfahren.
    Was bleibt ist die Suche immer nach dem richtigen Bus in diesem Straßenlabyrinth. Google & Co haben es nämlich aufgegeben dieses Gewimmel zu entflechten. Gefühlt fährt überall irgendeiner hin. Es braucht nur oft ein Quäntchen Glück.

    Das gleiche Spiel wiederholt sich am Abend. Ich habe mich mit Couchsurfern auf einen Drink verabredet. Vorschlag in der Runde war eine Disco. Als wir ankommen kommt die Große Pleite. Der Laden macht heute nichts. Google lotst uns im weiteren Umkreis noch zu vier weiteren Bars die allesamt „geöffnet“ sind. Das einzige Licht was vor Ort brennt ist dann aber die Straßenlaterne. Als wir in Begriff sind aufzugeben sprechen wir jemanden an der gerade vorbei kommt. Er schaut uns an und findet das komisch, zuckt mit den Schultern und ruft dann seine Freundin an. Die kennt wiederum eine Bar in der Nähe die wirklich offen hat. Zeigt sich einmal mehr das Technik nicht alles ist während wir unser wohl verdientes Feierabendbier vom gusseisernen Balkon mit Blick auf die Straße genießen. Unter uns sitzen und tanzen einige Obdachlose. Sie lauschen ebenfalls der Musik. Ansonsten ist die Innenstadt an diesem Abend ungewöhnlich leer für eine Hauptstadt.
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