• Cochabamba

    July 3, 2023 in Bolivia ⋅ ☀️ 26 °C

    Noch am Vorabend geht es mit dem Kleinbus zurück nach Cochabamba. Alles was rein passt kommt auch mit. Auf zwölf sitzen verteilen sich so elf Erwachsene, zwei Kinder, jede Menge Handgepäck und ein Ziegenbaby. Nur die Rucksäcke müssen aufs Dach. Da schon für die Beine so kaum Platz bleibt ist das auch besser so. Wir passieren noch einmal das gesamte zentrale Hochland mit seinen Kilometer tiefen Schluchten. Egal wo man hinschaut erscheint alles aus der Vogelperspektive und einmal mehr fühle ich mich so klein. Der Trufi, so heißen hier die Kleinbusse kommt ziemlich spät in Cochabamba an. Ich beziehe nur noch die Unterkunft in mitten der Stadt und mache einige Pläne für den Stadtbesuch am nächsten Tag bei Kaffee und Schwarzwälder Kirschtorte. Hmmm.

    Der nächste Tag wiederum steht ganz im Zeichen des christlichen Glauben. Wer nicht all zu tiefem Glauben ist sucht sich ja immer nur die Gebote heraus die gerade gut passen. Und was könnte heute passender sein als „Du sollst nicht fluchen weil alles geschlossen hat und an den Abenteuern wachsen dir sonst widerfahren“. Ich habe mir für die Stadt gar nicht so viel Zeit vorgenommen. Im großen und ganzen ist es eine Großstadt wie jede andere. Zuerst steuere ich das Anwesen des einstigen Zinnbaron von Cochabamba an. Am Tor kommt gerade eine ganze Gruppe an. Stattdessen wird mir gesagt. „Komm morgen wieder. Wir haben montags geschlossen. Heute sind nur Schulen erlaubt“ .*krrrr* Die Geldautomaten streiken ebenfalls während ich durch die Straßen schlendere. Entweder haben sie kein Geld oder werden gerade gewartet. Dann heute nicht ich komm auch ohne Geld bis ans Ende der Welt! *krrr^2*
    Auf meinem Rundkurs durch die Stadt folgt nun ein kleiner Anstieg auf den Cerro San Pedro. Anstatt der 2000 Stufen entschließe ich mich für einen Wanderweg. Der ist aber gespickt von etlichen stacheligen Büschen. Es dauert also nicht lang, dann habe ich mir einen Splitter im Arm eingefangen den ich mit nur einer Hand ziemlich schlecht heraus operiert bekomme. *krrr^3*. Davon lasse ich mir das Lachen aber nicht verkneifen. Die Aussicht in der gleißenden Mittagssonne bietet dennoch etwas mehr als nur Smog und darin verschwimmende Berge. Das dritte und letzte Highlight der Stadt ist der Konvento Santa Teresa. Ein altes Nonnenkloster wo man sich von außen fragen könnte wie bitte inmitten dieser lärmenden Stadt ein kleines Konvent seine Ruhe zum Glauben finden kann? Von Innen kann ich mich nicht überzeugen. Wie alles am Montag hat es geschlossen. *krrr^4* Dann sattle ich meinen Rucksack und mache mich jetzt auf zum nächsten Abenteuer. Großstädte müssen ja nicht jedem gefallen. Ich laufe über den Kirchplatz zum Busbahnhof, scheuche die Tauben auf die hier so friedvoll gefüttert werden und Überhand genommen haben. Damit habe ich den Zorn der Städter endgültig auf meiner Seite. Im Bus kommt es das erste Mal auf dieser Reise vor das mein Gepäck auf die Wage muss bevor es eingecheckt wird. Das hatte ich im Bus noch nie! Ich ahne Schlimmes. Dabei stellt sich später heraus dass das Gepäck gewogen wird weil der Schadenersatz bei Verlust pro Kilo bemessen würde. Mein Rucksack wäre dann also gerade einmal 23EUR wert. Dann lieber doch nichts abhanden kommen lassen. Da ich nicht bis La Paz mitfahren möchte sage ich dem Fahrer vor Abfahrt wo ich hin möchte. Es ist halb drei am Nachmittag. Dann kommt der spannendste wie auch waghalsigste Teil. Die nächsten vier Stunden kämpft sich der Bus hinauf aufs Altiplano. Inklusive Aussicht auf die langsam untergehende Sonne. Aber ebenso inklusive waghalsiger Überholmanöver von gleich mehreren LKW in Kurven die man nicht einsehen kann mit einem vollbesetzten Bus bergauf. Aber wenigstens der Fahrer hat heute Gott auf seiner Seite.
    Als nach der Abendbrot Pause meine Kreuzung näher rückt an der ich aussteigen möchte bereite ich mich auf alles vor und klopfe beim Fahrer an die Tür. Der schaut mich mit Unverständnis an. Als ob ich dass nicht vorhin beim Abendessen noch einmal hätte sagen können. Er sei jetzt hier auf der Umgehungsstraße und könne da wegen der Polizei nicht einfach anhalten. Und in das Dorf rein fährt er wegen mir nicht extra. ??? Ich glaub ich bin im falschen Film. Als er mich dann rauslassen will müsste ich bald 20km im Dunkeln zurücklaufen. *Krrr-Krrr-Krrr-Krrr-Krrr*! Dann fahre ich jetzt doch die restlichen 80km bis El Alto und morgen in der Früh wieder zurück. Aber in mitten des Nichts auf dem Altiplano mein Zelt aufzubauen empfinde ich keine gute Idee. Deswegen käme ich immer noch nicht zurück zu meiner Abzweigung. Dass El Alto bei Nacht um 11 genau so gefährlich sein kann wie Cochabamba in seinen No-Go-Areas ist mir jetzt auch gleichgültig. Immerhin habe ich heute doch ziemlich viel erlebt.
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