• Sajama Basecamp

    July 6, 2023 in Bolivia ⋅ ☀️ 0 °C

    Es verwundert mich nach wie vor wieso dieses kleine Dorf am Fuße des Sajama überhaupt entstanden ist. Die Lamazucht spielt eine große Rolle, der Tourismus eher weniger. Dann hätten sie das Dorf eigentlich wie sonst üblich auch an die chilenische Grenze bauen können. Doch die Bolivianer trotzen gerne dieser unwirklichen Umgebung, so scheint es. Und sie trotzen vor allem jenen die immer sagen „geht nicht“.
    Als die FIFA 2001 den Vorschlag brachte Fussballspiele nur noch unterhalb von 2600m zu erlauben war der Aufstand in La Paz und auf dem ganzen Altiplano groß. Zum Trotz zogen 14 Bergsteiger auf den Vulkan, plätteten den Schnee auf dem Gipfel zu einem 35m großem Fußballfeld und zeigten dass man sogar auf 6542m Fußball spielen könne. Warum also die Begrenzung?

    Ganz so hoch hinaus wollen wir heute nicht. Nach dem Frühstück gehen wir drei Zimmerbewohner gemeinsam in Richtung eines vorgelagerten Gipfels. Huisalla - den Aymara nach die Frau des Sajama. Einen vierten Wanderer mache ich noch in der Ferne aus. Er ist ein wenig schneller unterwegs. Aber ich finde es nur zu gut die Sache langsam anzugehen.
    Wenig später kommt der vierte uns schon wieder entgegen. Schweißgebadet fragt er wo wir denn unser Auto geparkt hätten? Nichts Auto, wir kommen zu Fuß aus dem Dorf. Ungläubig schaut er uns schief an, zuckt mit den Schultern und steigt wieder ab. Das ist ein klassisches Beispiel von Selbstüberschätzung.

    Meine zwei Mitbewohner schlagen mit der Zeit auch ein langsameres Tempo an und geben mir freien Lauf. Die so typischen Geröllfelder vom Vulkan machen mir in der Höhe genauso zu schaffen. Das ist nicht mehr wie in Chile wo mal locker mal 2.000Höhenmeter am Tag schafft. Nach einer weiteren Stunde bin ich auf dem Berg. Hier wurde ein Altar errichtet um die Geister zu besänftigen und Kraft für den Abstieg zu erbeten. Der Ausblick ist grandios das kann ich gar nicht anders beschreiben. Gemeinsam gelangt mit mir ein Franzose zur gleichen Zeit am Gipfel an. Er hat in etwa noch genau so viel Zeit wie ich um bis nach Peru zu gelangen. Doch er schlägt deutlich wehmütigere Töne an. „Das wird wohl der letzte Gipfel gewesen sein…Keine Lust mehr ständig die Nächte draußen im Zelt zu verbringen….“ Soll es dass denn wirklich schon gewesen sein?
    Ich habe für heute noch weitere Pläne. Der Gipfel des Huisalla war nur der Auftakt. In gut 20 Minuten bin ich die mühsam erkletterten letzten 300m Höhenmeter wieder unten. Über ein auf und ab geht es in Richtung Sajama. Laut Karte müsste ich mich eigentlich nur auf dieser Höhe halten um dem Weg zu folgen. Der ist jedoch nicht auszumachen. Ich stolpere den Hang entlang bis ich nach 2km weit unten im Tal noch zwei andere Bergsteiger ausmache. Mist, doch verlaufen. Das gehört zum täglichen Repertoire. Was soll‘s - also absteigen. Unten im Tal erkenne ich schon fein geschlichtete Steine. Je tiefer ich komme desto schlechter kann ich wieder die Dimensionen der Entfernung abschätzen und ein wenig sitzt mir die Zeit mit Tageslicht im Nacken. Doch das ist bekanntlich kein Grund die Route zu verkürzen. Nur muss ich mich nach der Pause etwas mehr beeilen.

    Wieder finde ich mich in einer Schutt- und Geröllhalde wieder. Jeder stein wackelt oder es rutscht gleich der halbe Berg sobald ich mir den Weg suche der auf der Karte eingezeichnet ist. “Weg”, also in diesem Fall einmal mehr nicht zum Nachmachen empfohlen. Es kostet mich unendlich viel Kraft und Zeit dem Weg ins Tal zu folgen. Ich beschließe den gefährlicheren jedoch kürzeren Weg zu gehen. Bergauf. Denn eigentlich will ich ins Tal und noch vor Sonnenuntergang in den heißen Quellen von Sajama baden. Dafür muss ich diesen Bergkamm jedoch erst noch überwinden. Vorsichtig taste ich mich langsam voran. Geschafft! Ab hier geht es nur noch bergab. Mittlerweile lege ich Laufschritt an den Tag was mir aber wiederum mein Rucksack übel nimmt. Morgen ist unbedingt Ruhetag damit ich einige Risse im Stoff wieder flicken kann. Für das Material ist diese Wanderung sicherlich eine Bewährungsprobe und die UV-Strahlung erst recht.
    Geschafft! Ich bin wieder im Tal. Nun muss ich nur noch den Weg über den Fluss finden und suche mir auf der anderen Seite eine tiefe Stelle im Zulauf. Badewanne mit Ausblick! Während nur 2m neben mir gefrorenes Eis in der Steppe herumliegt. Als die Sonne untergeht wird es mir jedoch selbst im Wasser zu frisch. Und der Heimweg ist auch noch lang. Zufrieden mit mir und mit dem Tag laufe ich dem Sonnenuntergang entgegen. Morgen verlasse ich den Nationalpark schon wieder. Oder ich muss wirklich noch auf einen schneebedeckten Vulkan klettern…
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