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- Day 156
- Thursday, July 13, 2023
- ☁️ 20 °C
- Altitude: 1,843 m
BoliviaYalaca16°13’3” S 67°43’25” W
Erstmal ein Kaffee!
July 13, 2023 in Bolivia ⋅ ☁️ 20 °C
Wenn ich gefragt werde was ich auf dieser Reise bislang vermisse lautet die Antwort - ein richtig schönes Gewitter im Urwald. Wenn der Regen prasselt, die dunkle Nacht taghell wird und hinterher ein tiefer Bass durch meinen Magen zieht. Das elektrisiert wie Schmetterlinge im Bauch. Die Chancen standen in der Nacht nicht schlecht. Ich bin gerade noch trocken von der Senta Verse Wildtierstation zurückgekehrt als es zu tröpfeln beginnt. Ich setzte mich noch für ein Feierabendbier auf die Terasse. Der Wind frischt auf. Trotz dass ich überdacht sitze weht der Niesel bis hu mir auf den Tisch. Bald nieselt es nicht nur, es schüttet. Heißt ja zum Glück auch nicht umso st Regenwald. Bald darauf wird der Regen so stark dass ich allein auf den 10m Weg von der Terrasse bis zum Zimmer vollständig nass werde. Fehlt jetzt nur noch das Gewitter laut Wettervorhersage. Doch darauf warte ich vergebens.
Die ganze Nacht regnet es und ich bin heil Froh mich diesmal gegen das Zelten entschieden zu haben. Doch auf das fehlende Gewitter brauche ich heute früh erstmal einen Kaffee! Ich habe auch bereits eine Empfehlung für ein ganz besonderes Café in Munaypata erhalten. Also laufe ich mal eben die vier Kilometer dahin. Ei der Ankunft ist das Tor versperrt. Steht aber geschrieben wenn keiner da ist dann bitte anrufen. Kurze Zeit darauf bekomme ich die Frage gestellt ob ich nen Kaffee trinken möchte oder ob ich auch Zeit hätte mir die Geschichte zu dem gebrühten Kaffee anzuhören. Ich habe mich zwar nicht dazu angemeldet aber klar, warum nicht?
Soviel vorab, ich habe selten einen so lehrreichen Kaffee getrunken. Es gibt weltweit hunderte verschiedene Varietäten die genutzt werden. Grob lassen die sich drei Sorten unterteilen von denen ‚Arabica’ und ‚Robusta’ die bekanntesten sind. Während Robusta für eine großgezüchtete Kaffeebohne mit reicheren Erträgen jedoch weniger Geschmack steht ist eigentlich alles was früher an Kaffee aus dem Orient kam ‚arabisch‘. In der Geschichte leitet sich der Name wohl genau so ab wie der Panamahut eigentlich aus Ecuador stammt. Der letzte Auslaufhafen vor Europa und damit die Herkunft der Ware war jedoch Panama.
Geerntet wird auf den 12ha Plantage nur per Hand. Weder dürfen die Früchte noch grüne Stellen haben noch überreif sein. Das hängt später damit zusammen das in Bolivien wirklich die gesamte Ernte verwendet wird. Also auch das Fruchtfleisch, nicht nur die Bohne. Ebenso machen diverse Pilze den überreifen Früchten zu schaffen oder kleine Insektenlarven. Das verändert den Geschmack ungemein. Die gesamte Plantage ist zudem keine Monokultur. Hier wachsen Mangobäume, Zitronen, Orangen und vieles mehr weil die Blüte auf den gleichen Zeitpunkt fällt und die Insekten daher viel mehr bestäuben. Außerdem sorgen die Bäume für Halbschatten, Feuchtigkeit und die Kompostierung der abgestorbenen Blätter und Äste sorgt gleichzeitig für eine stete natürliche Düngung.
Nun wird zwar zweimal im Jahr eine richtige Erntekampagne durchgeführt. Es läuft aber auch so mindestens einmal täglich ein Arbeiter durch die Plantage und sammelt reife Früchte ab bevor die überreif werden. Außerdem wird hier unabhängig vom Verkauf ein ganz besonderer Kaffee gesammelt der es auch nie bis in den Handel schafft. Der sogenannte Penelope-Kaffee. Hier in Bolivien ist es keine Meerkatze sondern ein Vogel mit lateinischem Namen Penelope dessen Magen die Früchte fermentiert und die ausgeschiedenen Kaffeebohnen wieder eingesammelt werden.
Als nächstes geht es um die Aufzucht und wie Kaffee sich in ein intaktes Ökosystem integrieren lässt. Ein Kaffeebaum beginnt zu tragen wenn er etwa 4 Jahre alt ist. Nach 30 Jahren wird verjüngt. Dabei werden den großen Schattenbäumen ebenfalls Äste entfernt um mehr Licht an den Boden zu bringen. Es werden jedoch nie ganze Bäume gefällt. Der Kaffeebaum selbst wird aus dem Samen gezogen. Klassische Aufzuchterde besteht hier aus zweiDrittel Muttererde und einem Drittel Asche. Es braucht ca. einen Monat bis Keimlinge sprießen. Und einen weiteren Monat bis der Setzling in die Baumschule kommt. Dafür werden die Pfahlwurzeln gekappt um mehr Wurzelfläche zu generieren die den Baum besser mit Nährstoffen versorgt.
Wenn die Kaffeebeeren dann irgendwann geerntet werden kommt alles in ein Wasserbecken. Beim Waschen werden kranke Bohnen und genau so Holzrester aus der Ernte entfernt. Dann wird Bohne und Fruchtfleisch getrennt. Die Bohne kommt zum fermentieren in einen Bottich, das Fruchtfleisch zum Trocknen auf eine Luftige Matte. Daraus wird hier in Bolivien unter anderem köstlicher Frühstückstee hergestellt. Außer Keksen und dem Tee gibt es sonst nicht viel auf das man sich früh hier freuen kann. Die Bohnen indes sind noch von einer glitschigen Schicht umgeben. Die ist wichtig. Daraus lässt sich unter schwierigen Bedingungen Honigkaffee herstellen. Leider sind die Pilze oft schneller was die Ausbeute sehr schmälert. Beim üblichen Trocknungsprozess sorgt diese Gelschicht dafür dass die Bohne 11% Restfeuchte behält. Nur so überlebt sie den Röstprozess ohne zu verbrennen. Das dauert etwa 20 Tage bei angenehmen 23-33 Grad. Erst dann wird die Spelze entfernt und bei 180 Grad geröstet. Wenn das gut gemacht wird, bis etwa 90Sekunden nach dem sogenannten ersten Crack dann ist der Kaffeeduft unwiderstehlich. Und der Geschmack? Der Hochlandkaffe von hier enthält noch viele Säuren die man je nach Zubereitungsart auch herausschmeckt. Eine andere Sorte die ich als Espresso probiere schmeckt eher noch grün hinter den Ohren. Deshalb wird später vom Handel ja meist auch gemischt. Und nein, die Varietäten von hier kommen für meinen Geschmack nicht an Galapagos oder Kenia heran. Aber ich habe jede Menge dazu gelernt. Was will ich also mehr?
Es wurde sich aber auch hier schon damit beschäftigt warum manche Menschen den Kaffee vertragen und andere zum Beispiel Sodbrennen bekommen. Erklärung: wer Magenschmerzen oder Kopfschmerzen vom Kaffee bekommt hat einfach die falsche Sorte. Für Europa hergestellter Billigkaffee wird meist sowieso zu stark oder zu lange geröstet bis nach dem sogenannten zweiten Crack weil uns eingeredet wird dass das Spitzenqualität sei. Dabei verliert eine jede Varietät mit dem zweiten Crack ihren individuellen Geschmack. Oder aber es ist für sich die falsche Varietät. Bei Sorten wie Penelope oder Geisha sind wegen der Zwischenfermentierung durch Tiere spätere Magenprobleme ausgeschlossen. Dafür kann allein die Tasse hierbei schnell mal 20$ kosten. Na dann, wohl bekommens!Read more










