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  • Day 158

    Isla del Sol

    July 15, 2023 in Bolivia ⋅ ☀️ 9 °C

    Es ist ein mieses Gefühl zu wissen dass man nicht mehr zur rechten Zeit zum rechten Ort kommt. Meine Kaffeeverkostung hatte sich über zwei Stunden hingezogen. Nun fehlten am Abend Zwanzig Minuten um den letzten Anschluss nach Cocacabana zu bekommen. Also in La Paz übernachten und am nächsten Morgen weiter. Vom Busbahnhof in der Stadt fahren genauso Busse wie von El Alto. Sie kosten nur das doppelte und brauchen doppelt so lang für die Strecke. Also, wer kann fahre mit der Seilbahn eine Stunde nach El Alto und von da mit dem Collectivo. Das ist immer noch schneller.

    Vom Festland geht es auf die Isla del Sol. Dort wo die Sonne geboren wurde und heute immer noch brennt. Es ist ein komisches Gefühl. Am Strand von Cocacabana liegen dreißig und mehr Fährbote vor Anker. Alle warten nur darauf die Touristen für Tagesausflüge oder zum Übernachten auf die Isla del Sol zu fahren. Das geht durchaus mit Chaos einher wer denn nun auf welches Boot gehört. Wenn unten alle wie die Heringe einsortiert sind frage ich beiläufig ob ich mich nicht oben aufs Dach setzen kann. Ich weiß von der Isla Suriqui dass es geht und der Kapitän hat auch kein Problem damit. Doch hier oben beginnt wenig später eine ganz andere Welt und der Zauber von der Isla del Sol beginnt zu wirken.

    Die Sonne glitzert im Wasser so hell wie tausend Diamanten. Umso stärker je näher ich der Insel komme. Fast schon beiläufig liegt der Sonnentempel der Inka heute Nachmittag im Schatten. Mit der Ankunft geht das Gewimmel wieder los. Alles will entladen werden. Nicht nur die Touristen. Auch die Cola und das frische Bier. Einzig haben die Getränke den Vorteil dass sie von Eseln den Berg hinauf getragen werden. Die gesamte Insel ist autofrei. Mein Rucksack trägt sich nicht von allein 200m die Treppe hinauf. Erst laufe ich gemütlich ein paar Tagestouris hinterher dann wird es mir aber zu bunt und ich setze zum Überholen an. Dabei komme aber auch ich dann aus der Puste. Mit zwei mal verschnaufen erlange ich den Bergkamm auf dem der Ort Yumani erbaut wurde. Für heute will och hier nicht mehr runter! Der Ausblick ist grandios und reicht von der Cordillera blanco bis nach Peru hinüber. Für meine Gefühle beziehe ich das beste Haus am Platz mit Sonnenterrasse und Blick auf den See in drei Richtungen.

    Dann hält mich jedoch auch die Erschöpfung vom Anstieg nicht zurück. Dieses Kleinod will entdeckt werden. Die Insel hat gerade einmal 4x9km. Die Frage stellt sich mir wie die Inka es schafften diese Fläche, besser dieses Gebirge! Ausnahmslos zu terrassieren. Überall stehen seit hunderten von Jahren zum Teil Mannshohe Mauern aus Naturstein. Selbst ohne Mörtel und nach so langer Zeit - da wackelt nichts! Außerdem wurden die Terassen nie wie Reisterrassen gerade sondern nach links bzw. rechts leicht abfließend gebaut was das ausgeklügelte System der Selbstbewässerung besser löste und mir im Zickzack viele tausend Treppenstufen erspart.

    Da wo die Sonne geboren wurde geht sie nun Tag für Tag im Wechsel im Westen schlafen und steht am nächsten Morgen im Osten wieder auf. Trotz dass das schon eine gefühlte Ewigkeit so ist zieht es mich immer wieder in seinen Bann. Unterdessen feiern die Einwohner im Dorf ein Fest zum Wochenende. Das Tamborin höre ich über die ganze Insel und weit bis nach Mitternacht. Die Insel hatte erst kürzlich schwere Zeiten durchlebt. Nachdem Touristen ermordet wurden weil das Eine Dorf zwar vom Tourismus lebt, die anderen jedoch nichts mit den ganzen Ausländern zu tun haben wollten wurde kurzerhand die halbe Insel gesperrt. Die sperre wurde wieder aufgehoben nichts desto trotz kann ich den Wunsch respektieren und schaue nicht erst nach wer da was feiert.
    Binnen Minuten ist die Sonne vom Himmel gefallen und gleich darauf ist es stock dunkel. Zum Abendessen kann ich mich zwischen mehr Pizzerien entscheiden als wahrscheinlich Fische im See schwimmen. Zum Schluss fällt die Wahl dennoch auf eine leckere Forelle mit Reis und mit Kartoffeln als Beilage. Auch wenn sich mein Magen nicht an den vielen Reis gewöhnen will, da muss er jetzt durch! Für meine erste Reise durch Bolivien ist das ein gelungener Abschluss.
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