• Chinesische Minderheiten

    August 27 in China ⋅ ☁️ 31 °C

    Ich schaffe es mit dem letzten Sonnenstrahl nach Kaili doch als der Rucksack endlich in der Unterkunft ist wurden die letzten Bordsteine bereits hochgeklappt. Verdächtig viele verwaiste Straßenstände deuten jedoch auf ein gehobeneres Touristenviertel hin. Wie kann ich auch wieder einmal nur auf die Idee kommen nicht schon um 18 Uhr Abend zu essen und danach wäre Feierabend?

    Aus einem entfernten Winkel höre ich Musik und einen Moderator. Frei nach Rumpelstilzchen tanzen Frauen im Kostüm und wahrscheinlich die Kinder des Viertels um ein Lagerfeuer. Ein kleiner Einstand auf das was kommt. Mein Zimmernachbar ist indes sehr gesprächig. Er hat vor drei Jahren seine Schule beendet und möchte gerne sein Englisch üben damit er nicht alles vergisst. Da sage ich nicht nein.
    Soviel ich verstehe ist das was wir unter „China“ kennen flächenmäßig der kleinere Teil des Landes. Dort lebt die Volksgruppe der Han. Der weitaus größere Teil wird durch ca. 45 weitere Volksgruppen besiedelt. Doch in den Augen der Han sind diese 90 Millionen Menschen in der Minderheit und werden auch so geführt. Sie unterscheiden sich durch ihre Kleidung, Feste, Gebräuche ebenso wie im Dialekt oder im Kunsthandwerk.

    Bei einem Bummel durch die Gassen möchte ich von den ethnischen Minderheiten gerne mehr erfahren. Doch der Besuch des Museums fällt von offizieller Seite bis auf unbestimmte Zeit wegen Renovierung aus. Was bleibt mir als ein quälend langer weg ins Gebirge um selbst mehr heraus zu finden.

    Meine Unbeholfenheit soll an diesem Nachmittag noch Blüten tragen. Artig kaufe ich mir ein Touristenticket für das Dorf Langde, gehe dann jedoch erstmal noch entlang der Agenturen und Unterhändler an der Kreuzung entlang an der ich rausgeworfen wurde bevor ich die zwei Kilometer zum Dorf laufen will. Ein Plakat mit einem Chinesischen Theaterstück lacht mich an und der Preis ist moderat. Fragen kostet zumindest überhaupt nix. Außer Zeit und Geduld bei der Übersetzung. Denn jetzt wird alles noch einmal aufgerollt. Mit dem Ticket für die Vorführung komme ich quasi kostenlos in das Dorf und darf im Tal den öffentlichen Nahverkehr nutzen. Und zur Theateraufführung komme ich damit auch noch…für umgerechnet nicht einmal zehn Euro mehr.

    Damit bleibt nun leider echt wenig Zeit Langde selbst zu erkunden. Ein fremdes Dorf und jede Menge Trachten. Das führe ich wohl morgen fort. Denn dann geht es schon ins Theater. Wer ein wenig Vorliebe für Musicals hat und seine Ohrstöpsel nicht vergisst ist im chinesischen Theater sehr gut aufgehoben! Die Shows sind in der Regel pompös angelegt und häufig mit Synchrontänzen bestückt. Man versteht die Handlung eigentlich immer auch ohne Chinesisch-Kenntnisse.
    So etwas habe ich noch nicht gesehen, geschweige denn hier erwartet.
    Die Aufführung findet in 4D statt. Im Zentrum die Bühne hebt und senkt sich und während die Aufführung läuft dreht sich die Leinwand und die Besuchertribühne um den Schauspielort herum so dass die umliegenden Berge und Kulissen hinter der Besuchertribüne mot einbezogen werden können.

    An diesem Abend kann ich es nicht oft genug erwähnen wie hilfsbereit die Menschen sind. Drei Mädels auf dem Moped halten an weil ein Ausländer im Dunkeln nach der Aufführung schnellen Schrittes irgendwo hinläuft und hofft dass er ein Taxi findet. Nachdem das eigene Telefon nichts anzeigt daddeln die drei um die Wette wer zuerst einen Fahrer organisiert und etwa zwanzig Minuten später fahre ich tatsächlich in Richtung Unterkunft. Die Zeit, die uns selbst immer so kostbar erscheint dass man sie lieber für sich selbst nutzen möchte anstatt für andere. Genau die nimmt man sich hier um einander zu helfen. Die Menschen hier mögen von China eine Minderheit sein. Wenn sie nicht sogar in der ganzen Welt in der Minderheit sind.
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