• Der schwarze Tag

    16. August 2018 in Ecuador ⋅ 🌧 19 °C

    Die Erfahrung des Bungeesprung von Conny geschildert:
    Wochen lang bibberte ich diesem Tag entgegen und versuchte Jan von dem Vorhaben abzubringen. Früher hatte ich etwas, dass ich selber als leichte Höhenangst diagnostizieren würde. Diverse Samstage, die ich seit meiner Kindheit auf wackeligen Gerüsten auf Baustellen verbrachte, heilten diese weitestgehend. Der gesunde Menschenverstand wehrte sich allerdings energisch gegen die Vorstellung, sich an einem daumendicken Seil von einer 100 Meter hohen Brücke zu stürzen. Ich lebte zufrieden ohne Hirnaneurysma und wollte es eigentlich auch dabei belassen. Jan war nicht zur Vernunft zu bringen und da er sich mit mir den Wahlhaien - welche nebenbei bemerkt keine reelle Gefahr darstellen - gestellt hatte, schlich ich an besagtem Tage mit unguter Vorahnung und einem mulmigen Gefühl auf die Brücke des Grauens, die tatsächlich 100 Meter hoch war. Zu allem Überfluss fanden die (Un-)Verantwortlichen des Bungees sich witzig und machten Späße über angebliche Unfälle. Ich fand das nicht witzig und erklärte ihnen, dass falls noch ein Witz falle, ich nicht fallen/springen würde. Die Aussicht auf 20$ überwog dem Drang, mich weiter zu verarschen. Jan ließ sich den Gurt um schnallen, stieg auf die Metallplatte und sprang nach kurzer Bedenkzeit. Ich wollte ihn eigtl Filmen, auf dem Video ist allerdings nur zu sehen, wie er abspringt. Anschließend sieht man nur noch den Brückenboden und hört mich "fuck, ach Du Scheiße" fluchen. Nach dem er voller Begeisterung wieder oben ankam, war ich an der Reihe. Was ich empfand, als mir der Gurt umgelegt wurde, glich den Symptomen eines Herzinfarktes. Trotzdem stieg ich auf die Metallplatte und fing nur nicht an zu heulen, da neben mir eine süße Latina stand und mich ermutigte. Der Guide fragte mich, ob ich die Anweisung bei Jan mitbekommen hätte. Ich hatte jedes Wort verstanden, verneinte jedoch, um etwas Zeit zu gewinnen und ließ mir nochmal erklären, dass ich weit springen und laut schreien solle. Die Latina bestätige, dass ich laut schreien solle. Ich erklärte den zwei ***, dass schreien den Druck im Kopf erhöhe und somit auch die Gefahr für ein Hirnaneurysma. Der Guide sagte irgendetwas, was ich ausblendete und forderte mich auf, weiter vor zu laufen. So schob ich abwechselnd den linken und rechten Fuß Zentimeter für Zentimeter nach vorne. Der Guide meinte, ich solle noch weiter, ich schrie zurück, dass ich schon ganz vorne sei und schlurfte weiter. Er fragte mich, ob alles okay sei und ich antwortete mit versagender Stimme, das gar nichts in Ordnung sei und er mich schucken müsse. Hier auf einmal haben sie Regeln. Touris mit einem Klettergurt von einer Brücke springen zu lassen ist okay, aber einen kleinen Schubs geben, wollen sie einem nicht. Die Latina rief "JUMP, JUMP, JUMP" und ich unterdrückte den Impuls, ihr ins Gesicht zu treten. Meine Beine schlotterten und die Knie drohten nachzugeben und ich erkannte, dass es kein Entkommen gab. Somit befahl ich meinen Beinen, sich anzuwickeln und anschließend auszustrecken. Sie gehorchten und ich kippte vornüber. Von Springen kann hier leider nicht die Rede sein. Der Boden rauschte auf mich zu und das war zu viel Intensität. Das Gehirn zog den Stecker und ich "erwachte" wieder im Gurt, wie ich unter der Brücke hin und her schaukelte. Die Blutbahn von Adrenalin überschwemmt. Erleichterung. High Gefühl. Mir leider nicht besser möglich, in Worte zu fassen. Auf dem Video sieht man übrigens, dass ich tatsächlich kurz bewusstlos war, als mich das Seil auffing.

    Conny
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