Abfahrt

Ankommen, Strand, Meer, Seele baumeln lassen, Surfen, Orga und Comedown von der berauschenden Zeit mit unserer kolumbianischen Reisegruppe. Außerdem das Wiedersehen/Kennenlernen mit Sarah, einer Schulfreundin von Phil, welche in unserem Hostel als Volontärin arbeitet, wunderbar zu unserem Trio passt und mit der wir die kommenden Tage gemeinsam erleben werden.Baca lagi
PengembaraHallo ihr Drei! Ach sieht das herrlich aus😍 …mal so gar nicht nach weißen Weihnachten. Aber vielleicht gibt es ja wie durch ein Wunder auch bei euch weiße Weihnachten ;) liebe Grüße aus dem kalten Freiburg
Zwei entspannte Nächte im gemütlichen Hostel am Strand mussten reichen, dann war es wieder Zeit für das nächste Abenteuer. Der Plan: eine 2-Tages Wanderung durch den Nationalpark Tayrona, inklusive Übernachtung in einer Hängematte am Strand. Der Parque Tayrona ist nach dem hier früher beheimateten indigenen Stamm der Tayrona benannt. Aus der Siedlungszeit der Tayrona sind aber lediglich einige archäologische Reste, wie Steinfundamente, erhalten. Heute liegen in dieser Region die Territorien der indigenen Stämme der Arhuaco, Kankuamo, Kogui und Wiwas. Für viele der Indigenen handelt es sich um heiliges Land und sie sehen ihren Auftrag darin, das Land ihrer Vorfahren zu schützen, zu pflegen und zu bewahren. Aufgrund von Massentourismus und besiedelnden Bauern kommt es hier immer wieder zu Konflikten.
Mit Sarah im Schlepptau machten wir uns also früh morgens (7:30 Uhr aufstehen🥲) auf den Weg. Nach einem holprigen, nervenkitzelnden Ritt per Moto-Taxi durch den ersten Teil des Parks gelangten wir zu einem indigenen Dorf, welches dem Kogui-Stamm gehört. Von einer stammesangehörigen Person, welche für ihr junges Alter eine beeindruckende und sich sofort übertragende Ruhe ausstrahlte, ließen wir uns durch das kleine Dorf, welches ca. 20 Familien beherbergt, führen und lernten allerlei Spannendes über die Traditionen, Strukturen und Lebensweise der Kogui. Die zwischenmenschlichen Interaktionen, die Regeln, die Naturverbundenheit und die Ansichten auf das Leben waren dabei für uns mal faszinierend, mal befremdlich, mal berührend, mal unvorstellbar, aber in jedem Fall sehr bereichernd.
Beschenkt mit einem Schutz-Armband, dankbar und nachdenklich sowie gestärkt durch eine Handvoll Coca-Blätter begonnen wir dann die eigentlich Wanderung durch die tiefen Wälder des Parque Tayrona …
JanBaca lagi
Es ging also weiter zu Fuß durch den karibischen Dschungel. Nachdem wir uns am Vorabend mithilfe von ChatGPT auf einen allfälligen Puma-Angriff vorbereitet hatten (Tipp 1: Ruhe bewahren), fühlten wir uns quasi unbesiegbar. Begleitet wurden wir dabei von bunten Schmetterlingen, dem Rauschen des Waldes, vielfältigem Vogelgezwitscher und dem konstanten Geschrei der weit entfernten Brüllaffen. Letztere bekamen wir nach einiger Zeit tatsächlich zu Gesicht. Hoch oben in den Baumwipfeln kletterten die putzigen, orange-braunen Tiere herum und sahen plötzlich gar nicht mehr so furchteinflößend aus wie es das lautstarke Gebrüll hätte vermuten lassen.
Angetrieben durch das ferne Meeresrauschen wurden wir nach circa 3 Stunden Wanderung durch das dichte Grün mit der Ankunft an einem einsamen, paradiesisch weissen Strand belohnt: die Playa Brava. Bald erspähten wir auch unsere Übernachtungsgelegenheit: Dicht beieinander befestigte Hängematten (mit Moskitonetz, also quasi Luxus pur), nicht mehr als 50 Meter vom Meer entfernt. Zum Gelände gehörte außerdem eine kleine Rezeption, ein Klohäuschen und eine Küche, aus der feinster Reggaeton kombiniert mit dem lautstarken Gelächter und Geplapper des Küchenpersonals erklang. Sofort freundeten wir uns mit den herzlichen Küchentänzer:innen an und tauschten vielsagende Blicke, breites Grinsen und ein paar Fetzen Straßenspanisch durch das Küchenfenster aus. Leider verebbte die ausgelassene Stimmung jäh, als um 19 Uhr das wlan für eine Stunde eingeschaltet wurde und sich alle Anwesenden prompt ihren Bildschirmen widmen mussten. Elon Musks Starlink-Internet macht nunmal auch vor dem Paradies nicht halt, wenn auch nur für 1-2 Stunden pro Tag.
Mit zwei anderen Reisenden, die es ebenfalls an die Playa Brava verschlagen hatte, ließen wir den Abend am Strand mit Gesprächen und ein paar schüchtern vorgetragenen Weihnachtsliedern ausklingen.
Der nächste Tag begann nach einer für manche mehr, für mache weniger erholsamen Hängematten-Nacht zu früher Stunde, schließlich hatten wir einen langen Weg vor uns. Gestärkt durch das übliche kolumbianische Frühstück (ich kann mich nicht mehr genau erinnern, vermutlich hatte es etwas mit Reis und Platano zu tun) kämpften wir uns den ersten schweißtreibenden Anstieg hinauf und erreichten mittlerweile klatschnass den nächsten Strand, die Playa Nudista. Für alle des Spanischen nicht mächtigen: Playa Nudista heißt Nacktstrand und das ließen wir uns natürlich nicht zwei mal sagen, also Klamotten aus und ab ins erfrischende Nass.
Weiter ging es überwiegend flach und durch kleinere Waldabschnitte am Strand entlang. Auf dem Pfad kam es zu einem überraschenden, beherzten Wiedersehen zwischen Sarah und einer argentinischen Reisebekanntschaft von ihr, außerdem begleitete uns Cosma, welche wir am Vorabend am Hängematten-Strand kennengelernt hatten, ein Stück des Weges.
Zur weiteren Bereicherung der Erfahrung naschten wir (Conny und Jan) vor dem Mittagessen noch von einer Tüte heimischer Trockenfrüchte besonderer Art, welche wir in Minca aufgelesen hatten. Im Rückblick fällt diese Entscheidung unter die Kategorie „weniger goldene Momente“, da mich die Wirkung zunächst einmal auf den Hosenboden katapultierte und ein Fortsetzen der Tour verunmöglichte. Mit vereinten Kräften, unter gutem Zureden meiner Weggefährten sowie mit einer angemessenen Dosis Oreo-Kekse und einem Schluck Wasser schafften wir es dann doch bis zum Restaurant, welches bereits zum touristischeren Teil des Parks gehörte. Da der Weg weiterhin lang war und die Zeit knapp, wurde hier eine Turbo-Mahlzeit eingefahren und die Zelte wurden mit noch leicht wackligen Beinen sofort wieder abgebrochen. Im Laufe des Weiteren Fussmarschs entwickelte sich der vorübergehende Horrortrip dann aber doch noch zu einer bunten Fantasiereise und wir stapften frohen Mutes barfuß durch Feenwälder und Strände mit riesigen versteinerten Tieren.
Mit immer mehr zunehmenden Touris (sowohl in Anzahl als auch in Statur) strömten wir Richtung Ausgang, ließen uns die letzten Meter per Bus kutschieren und kamen erschöpft aber zufrieden (nicht zuletzt über die zurückgewonnene Nüchternheit) in unserem Beach Hostel in Mendihuaca an. Nach einem letzten Abendessen bei Aurora, einer Kellnerin, in die wir uns allesamt aufgrund ihrer authentischen, sassy Attitüde schockverliebt hatten, fielen wir contentisimos ins Bett.
JanBaca lagi
Die Backpacks gesattelt und bei leichtem Nieselregen machten sich die drei Musketiere in Cali zuerst einmal auf die Suche nach einem Blumenladen, da unsere Gastgeberin (Mercedes) am Ankunftstag 65 Jahre alt wurde! Die Suche nach dem Blumenstrauß gestaltete sich allerdings schwieriger als anfangs gedacht. Beim Fragen auf der Straße erhielten wir immer wieder unterschiedliche Informationen und liefen so die eine oder andere recht steile Straße rauf und kurz danach wieder herunter. Am Ende fanden wir dann einen Blumenladen mit einer älteren señora, die uns einen schönen Blumenstrauß zusammenstellte. Bewaffnet mit diesem und einigen Süßigkeiten und Tassen aus Santa Marta schlugen wir bei Mercedes und ihrem Mann Ramiro zuhause auf. Wir wurden mit einer Menge Essen und herzlichen Umarmungen empfangen.
Nach dem Abendessen entschieden wir uns noch loszuziehen, schließlich war es ein Samstag Abend in der Stadt des Salsa!
Wir waren direkt angetan von der Lebensfreude und Salsa Begeisterung der Caleños (so werden die Bewohner*innen von Cali genannt). Nach 3-4 cervecitas war dann Conny als erster fällig und wurde von einer älteren señora über das Parkett geführt. Kurz danach war auch Phil auf der Tanzfläche fällig, während Jan von den Musikern die Rasseln in die Hand gedrückt bekam und im Salsa Rhythmus shakerte. Im Club danach blieb natürlich auch kein Auge trocken und wir lernten eine Gruppe chicas aus Cali kennen. Es wurde lautstark zu Liedern von Bad bunny und Karol G gesungen. Beim Hüftschwung wurde auch alles gegeben, was in den 3 süddeutschen Hüften zu holen war. Phils Stimme war in den folgenden Tagen nurnoch ein Schatten ihrer selbst..
Am nächsten Tag besuchten wir eine free walking Tour und lernten eine Menge über die Geschichte der Stadt des Salsa und ihre teilweise tragische Vergangenheit (bei der Explosion einiger LKWs mit Sprengstoff 1956 starb ca. 1% der gesamten Bevölkerung in einem Atemzug). Spontan ergab sich dabei sogar ein kleines Kaffee Tasting, bei dem wir lernten, dass Kaffee z.B. auch nach Wassermelone schmecken kann, wenn der Kaffee neben der entsprechenden Pflanze wächst. Zudem lernten wir bei der Tour auch Calis Leitsatz kennen: Cali es Cali, lo demás es loma (Cali ist Cali, der Rest sind Berge).
Nach der Tour begleitete uns noch einer der guides (Manuel) für eine Zeit, wodurch wir unter anderem in den Genuss eines köstlichen cholao (siehe Foto) kamen.
Am Abend begab sich Conny auf ein Date mit einer der neu gewonnen Bekanntschaften (Laura) während Jan und Phil der Empfehlung eines Clubs nachgingen, um den lokalen perreo der Stadt Cali nochmal zu erleben. Alle drei Musketiere erlebten einen zauberhaften Abend. Jan und Phil sahen dabei Dancemoves (bspw. den einbeinigen Schwinger) die ihr Leben nachhaltig (positiv) veränderten. Conny kam erst am nächsten Morgen grinsend zurück zu uns an den Frühstückstisch.
Am Montag entschieden wir uns tagsüber noch einige Souvenirs zu kaufen, wobei das Highlight defintiv die Linterna darstellte. Dort werden alle Poster noch händisch mit alten Druckmaschinen hergestellt, weshalb jedes Bild ein Unikat darstellt (die zu Beschenkenden zuhause dürfen sich schon freuen). Abends gingen wir noch mit Mercedes und ihrer erweiterten Familie essen, wobei wir alle zum Essen einluden, um uns nochmals für die Gastfreundschaft der Familie bedankten.
Am nächsten Tag ging es dann früh morgens los nach Nuquí.Baca lagi
Mit Blick aus dem Taxifenster hängen wir unseren Gedanken und an Cali verlorenen Herzen nach. Was für eine Stadt. Hoffentlich werden wir irgendwann wiederkommen. Trotz Zwischenstopp bei einer Werkstatt, wo der Reifen des Taxis geflickt werden musste, sind wir gut in der Zeit und essen am Flughafen zur Abwechslung mal eine Gemüsebowl. Der Körper weis vor lauter unerwarteter Vitamine und Ballaststoffe gar nicht, wie ihm geschieht und ist hellauf entzückt.
Ein kurzes Aufatmen, denn die nächsten Tage werden wieder von frittiertem Fisch und Kochbananen geprägt sein, runtergespült mit viel Saft. Aber das weiß der Körper zu dem Zeitpunkt noch nicht und erfreut sich an der Mahlzeit. Am Gate werden wir von einer sehr netten Mitarbeiterin begrüsst, welche unsere Namen auf der Passagierinnenliste (der Einfachheit halber wird folgend das generische Feminin verwendet) von Hand abstreicht. Es sind insgesamt 19 und dementsprechend sieht das Flugzeug aus. Nach keiner Stunde Flug über den Dschungel landen wir schon in Nuquí. Es ist vormittags, jeder hat ein Bier in der Hand und die Stimmung ist ausgelassen. Wir werden freudig begrüsst und schliessen die ersten Freundschaften, trotz der Irritation darüber, dass wir jeder an einem Saft nippen und damit eine wirkliche Kuriosität in den kleinen Ort darzustellen scheinen. Wir fühlen uns als drei Milchbrötchen zwischen den Afro-Kolumbianerinnen wie in einem anderen Land (also nochmal einem anderen als das Kolumbien, das wir bisher kennengelernt hatten). Rein ins Holzboot und mit atemberaubender Geschwindigkeit geht es die Küste entlang bis nach Termales, wo wir am Strand von dem ca. fünfjährigen Ique an die Hand genommen und zu unserer Unterkunft geführt werden. Empfangen werden wir von zwei Boxentürmen, die in monströser Lautstärke die davor sitzenden und Rum trinkenden Familienmitglieder beschallen. Die folgenden Tage verbringen wir gemeinsam mit Luisa, einer Psychologiestudentin, mit der wir uns auf Anhieb super verstehen. Das Dorfleben entschleunigt. Wir sitzen in warmen Quellen, die dem Ort seinen Namen gegeben haben, wandern durch den Dschungel zu einem mystischen Wasserfall und wagen uns mit dem Surfboard in die gewaltigen Wellen (zumindest der Verfasser des Eintrages, die Eltern und beste Freundinnen der anderen dürfen beruhigt sein). Außerdem versuchen wir mit den Bewohnerinnen des Dorfes in Kontakt zu kommen, was sich allerdings irgendwie schwierig gestaltet. Zunehmend beschleicht uns ein seltsames Gefühl, wenn vor wummernden Boxen sitzend und zu jeder Tageszeit Rum trinkend verhalten zurückgegrüßt wird. Es wird wenig getanzt, für Gespräche ist die Musik bei weitem zu laut. So sitzt man im Kreis, schaut niedergeschlagen in die Gegend, trinkt Rum und hört wegen der Musik seine eigenen Gedanken und Gefühle nicht mehr. Ob darin die Funktion liegt? Jedenfalls schwebt ein Schatten über dem Dorf, den man auch in den Augen der Gastgeberin sieht. Freundlich aber trüb. Dies gilt auch für die anderen Frauen aus dem Haus und den Vater oder Onkel, der auch mal morgens um 08:00 mit einem Rumglas in der Hand wie ein gebrochener Mann an uns vorbeischleicht und den restlichen Tag vor dem Haus sitzt.
Für uns befremdlich ist auch der Umgang mit dem kleinen Ique, dem bei vermeintlichem Fehlverhalten oft mit dem „Pedro Moreno“ gedroht wird: eine kleine Peitsche, die laut der Großmutter sinngemäß die Funktion hat, das Böse herauszuholen, so dass nur das Gute bleibt („Pedro Moreno: Quita lo malo y pone lo bueno”). Einmal erleben wir auch, wie Ique die Härte von Pedro Moreno zu spüren bekommt und sein lautes Weinen hinterlässt uns mit einem schmerzhaften Gefühl in der Magengegend.
Nach all dem Arbeitsstress und individuellen Lebensherausforderungen, im Innen- und Außenleben, sowie vieler ereignisreicher Tage auf der bisherigen Reise durchleben auch wir in diesem dies fördernden Umfeld eine Regression. Verbindende Gespräche und Viche (der lokale Schnaps) helfen der Regression in ihrer Konstruktivität und die eine oder andere Emotion findet ihren Zugang. Am letzten Tag machen wir einen Ausflug nach Coquí und sind von dem derartig anderen Vibe, nur einige Bootfahrminuten von Termales entfernt, beeindruckt. Freudig werden wir von Maria de Los Angeles auf der Straße begrüßt, die uns mit einem Eimer mit frischen Tunfischen in der Hand und einem Lächeln auf den Lippen fragt, ob sie uns einen Kaffee anbieten und helfen kann. Daraufhin werden wir von ihr lecker bekocht (mein kulinarisches Highlight der bisherigen Reise), von ihrer Schwester mit einem medizinischen Kräuterbad übergossen und von dem Nachbar mit einem Kanu durch die Mangrovenwälder gefahren. Beim Spaziergang durchs Dorf saugen wir die Lebensfreude und Offenheit der Menschen, so wie den dazu eingeladenen Viche in uns auf und haben sehr schöne Begegnungen. Auf unsere Frage, wie die unterschiedliche Stimmung in den Dörfern zustande komme und ob in Termales etwas passiert sei, bekommen wir nur eine kryptische Zustimmung und Handgesten des Mundverschließens. Auch unsere Gastgeberin erzählt uns nur, dass es eine Überschwemmung gab, der die Kirche und ein Haus, jedoch keine Menschen zum Opfer gefallen sind, so wie zwei davon unabhängige Todesfälle im Dorf. Das Geheimnis wird ein Rätsel bleiben und die Fantasie ist rege, trotzdem fühlen wir mehr Verständnis für die Situation und reisen unter gegenseitiger Zuneigungsbekundungen mit der Familie und einem Gefühl der Zuneigung zu Termales ab.
ConnyBaca lagi