• Le Treport

    20 Juli 2017, Perancis ⋅ 🌧 20 °C

    Es hat sich ganz schön abgekühlt. Aber 22 Grad sind mir lieber als 33 Grad. Heute soll es weitergehen. Zwei Tage auf einem Platz reichen. Nach drei Tagen ist es wie mit Besuch oder Fisch: Es fängt an zu stinken. Beim Platz dadurch, dass doch die eine oder andere Störung im Gesamtbild entdeckt wird, die von der Ankunfts-Euphorie überdeckt wurde. Dieser Platz auf dem Camping Rio ist wunderschön und gepflegt. Aber diese Pflege muss ja auch irgendwann geschehen. So ist ständig irgendwo eine motorbetriebene Heckenschere, ein Rasenmäher oder ein Rasentrimmer zu hören. Ich meine, es hat ja schon was, wenn man von einer Radtour kommt und der eigene Platz ist wie geleckt: frisch gemäht und getrimmt. Nur hört die Arbeit ja nicht nach unserem Platz auf und so haben wir auch noch das Vergnügen der Geräuschkulisse vom „Schick machen“ der Nachbarplätze. Aber einmal ist alle Arbeit getan und es kehrt wieder Ruhe ein. Aber nicht sehr lange. Hatte ich nicht vorher irgendwo geschrieben, dass man von hieraus alle Küstenorte mit der Bahn besuchen kann? Toll! Und der Bahnhof ist gar nicht weit entfernt. Das beschert uns das stündliche Rauschen eines durchfahrenden Zuges und vier Mal am Tag, das Heulen? Pfeifen? Hupen? der Lokomotive der Schmalspurbahn. Das allerdings ist schon wieder was Besonderes, weil nostalgisch. Wie dem auch sei, heute geht es weiter. Wobei das Wort weiter, es etwas falsch ausdrückt. Weit ist es nicht bis Le Tréport. Le Tréport ist keine 40 km entfernt. Also müssen wir uns nicht beeilen, und früh aufstehen müssen wir schon gar nicht, wenn wir zur strategisch günstigen Mittagszeit auf dem Stellplatz oben auf den Klippen sein wollen. Michael, vorsichtig wie immer, hat sich vorsichtshalber noch zwei Alternativmöglichkeiten herausgesucht. Es fängt an zu regnen, als wir den Camping Rio verlassen, und unterwegs schüttet es wie aus Kübeln. Ein vorbeifahrender LKW schleudert einen Kieselstein hoch, der nun wieder unsere Frontscheibe trifft. Ein Knall, und ich bin es, die als Erste die Ursache feststellt. Ein kleines Loch mit feinem Spinnenmuster, etwa 10 cm vom Rand auf der Beifahrerseite, prangt auf der Windschutzscheibe. Na Klasse. Der Tag fängt ja gut an. Was machen wir jetzt? „Erst einmal gar nichts!“, meint Michael. „Es regnet zu doll, und später kleben wir ein Pflaster drauf. Und dann muss man sehen, ob es zu reparieren ist oder ob wir eine neue Scheibe brauchen.“ Meint er das jetzt im Ernst, dass mit dem Pflaster? Ob das Loch darunter heilt und zuwächst? „Zumindest sorgt es dafür, dass sich die kleinen Risse nicht weiter ausbreiten und kein Schmutz ins Glas hineinkommt", bekomme ich zur Antwort. Bei strömendem Regen und Sturmböen erreichen wir Le Tréport. Die beiden Stellplätze oben auf den Klippen sind noch ziemlich leer. Wir bekommen einen schönen Platz, von dem wir sogar etwas von der gegenüberliegenden Steilküste sehen könnten, wenn da gerade keine Wolken wären. Es stürmt und regnet und wir sind erst einmal zur Untätigkeit verdammt. Eine Viertelstunde später lässt der Regen es zu, dass wir uns gemeinsam mit einer Familie mit den Tücken des Ticketautomaten auseinandersetzen. Er will einfach kein Ticket ausspucken, wenn er mit Kreditkarten gefüttert wird. Michael zeigt Herz und gibt ihm Münzen und schon erfüllt er unserem Wunsch nach einer Daseinsberechtigung. Wie immer, wenn wir irgendwo neu ankommen, muss ich sofort die Gegend inspizieren. Nur wenige Meter vom Stellplatz entfernt befindet sich nicht nur eine Aussichtsplattform mit einem irrsinnigen Blick hinunter auf den Ort, den Hafen und das Meer, sondern wie genial, auch eine kostenlose Seilbahn hinunter in die Stadt. Regen hin oder her, da muss ich jetzt hinunterfahren. Gegen den Wind kämpfend, stampfe ich zum Mobil zurück, um Michael zum Mitkommen zu motivieren. Das gelingt mir sogar, und regen- und winddicht verpackt folgt jetzt Aussichtsplattform, die Zweite – dieses Mal in Begleitung. Bevor es mit der vollautomatischen Seilbahn nach unten geht, führt der erste Teil der Fahrt leider durch den Berg. Aber auf dem Rest gibt es noch mal eine tolle Sicht. Wir laufen zunächst zum Strand, der aber ganz ausgestorben scheint. Die kleinen weißen Häuschen sind alle geschlossen. Das Wetter ist schlecht, obwohl es inzwischen nicht mehr regnet. Vom Strand aus laufen wir die Strandpromenade hinauf in Richtung Hafen. Es ist Ebbe und da, wo normalerweise Wasser ist, sind nur Schlamm, Steine und Algen zu sehen. Darauf liegen die kleinen und größeren Boote und warten darauf, dass es wieder aufwärts geht. An der Promenade reiht sich ein kleines Lokal an das andere. Alle haben nahezu die gleiche Speisekarte: Menü mit Muscheln in jeglicher Form, Austern, Schalentiere und was das Meer sonst noch so zu bieten hat. Auch was die Preise angeht, ist man sich ziemlich einig. Großen Hunger haben wir trotz der Mittagszeit nicht, aber der kommt bekanntlich beim Essen. Und bevor uns das Essen wieder durch die Lappen geht, steuern wir auf die nächsten freien Plätze einer Brasserie zu, denn auch hier sind die Lokale voll zur Mittagszeit. Wir bestellen uns ein Muschelmenü. Michael bekommt noch eine Vorspeise. Die Aufschnittplatte hätte eigentlich schon als Mittagsimbiss gereicht. Aber es folgen noch Muscheln, Frites und als Dessert Pommes de Tart. Das ganze Menü hat alles in allem fast 2 Stunden gedauert. Sie genießen das Essen, die Franzosen. Michael möchte jetzt am liebsten hoch zum Dom und ein Verdauungsschläfchen halten. Ich liebe Sightseeing und ein wenig Bewegung. Wir trennen uns an der Seilbahn und ich laufe durch den Hafen und am Strand weiter bis Menton. Auf dem Rückweg schaue ich mir noch die Kirche Eglise de St. … an und lasse mich durch das Gewirr der kleinen Straßen der Altstadt treiben, durchstöbere die kleinen Läden und trinke einen Espresso. Am späten Nachmittag fahre ich mit der Seilbahn zurück zum Dom und versuche, einen windgeschützten Platz zu finden, um Sonne und Aussicht noch ein wenig zu genießen. Beide Stellplätze sind inzwischen voll und immer wieder kreisen Wohnmobile suchend umher. So viele Wohnmobile wie hier unterwegs sind, das ist Wahnsinn. Aber die Region hat sich darauf eingestellt. Überall gibt es Stellplätze und kleine und große Campingplätze. Bausünden wie in Spanien und Italien mit den Hotelhochhäusern findet man hier nicht.Baca selengkapnya