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  • Day 2

    Cascina Pioltino, Zibido San Giacomo

    June 28, 2015 in Italy ⋅ 26 °C

    Von Schweizer Zöllnern und italienischen Festen

    Strecke : Sasbachwalden -Milano/Zibido
    Fahrtkosten: Schwerlastagabe Schweiz 32,50€, Autobahngebühr 7,60€
    Stellplatz Azienda Agricola Cascina Pioltino –Adresse: Cascina Pioltino, Zibido San Giacomo MI, Italien Koordinaten 45°20’56” 9°06’35”
    Stellplatzpreis : 10 € komplett
    Ankunft 16.00 Uhr
    Wetter: sonnig 30 °

    Tipp: Formular für Schwerlastabgabe bereits zu Hause downloaden und ausfüllen

    Tagebuch:
    Wir sind früh erwacht und beschränken uns auf ein Reisefrühstück, das da heißt: einen Kaffee vor demMobil. Die Fahrt bis Basel ist relativ unspektakulär. Es herrscht wenig Verkehr am Sonntagmorgen und wir erreichen schnell die Schweizer Grenze. Beim Zoll muss die Schwerlastabgabe für Wohnmobile über 3,5 t gemacht werden. Michael hat bereits zu Hause das betreffende Formular ausgedruckt und ausgefüllt und schickt natürlich mich damit ins Zollgebäude. Hatte er nicht vorher etwas von unfreundlichen, Schweizer Zöllnern erzählt? Der Zöllner nimmt das bereits ausgefüllte Formular wohlwollend zur Kenntnis und macht mich sogar darauf aufmerksam, dass, wenn ich die fälligen 32,50€ mit dem 100€ Schein bezahle, den ich gezückt in der Hand halte, ich Schweizer Franken als Wechselgeld zurück bekommen würde, was sicherlich nicht in meinem Interesse sei. Da stimme ich dem guten Mann voll und ganz zu.
    Ich hatte für einen Moment ganz vergessen, dass die Schweiz weder in der Eurozone ist, noch das Schengener Abkommen unterzeichnet hat. Ja, die Schweizer. Die kochen gern ihr eigenes Süppchen, ganz nach der Devise: “Viele Köche verderben den Brei.”
    Aber zurück zum Zoll. Der Zöllner und ich einigen uns auf Kartenzahlung per Kreditkarte. Ich warne ihn schon mal vor, dass ich dabei nur mit meiner Unterschrift dienen kann, da ich zu Nummern eine etwas gestörte Beziehung habe. Die wollen so ganz und gar nicht in meinem Kopf bleiben. Täusche ich mich oder ist bei meiner Bemerkung eine ganz leichte Aufwärtsbewegung des Mundes zu erkennen, als der Zöllner mir einen Beleg zur Unterschrift vorlegt?
    Die erste Hürde des Tages ist somit geschafft. Stolz präsentierten wir beim Passieren der Grenze der dortigen Zollbeamtin unser Formular und können nun gefahrenlos unsere Fahrt durch die Schweiz beginnen.
    Die Fahrt durch die Schweiz ist abwechslungsreich und bietet dem Betrachter, (in diesem Fall ausschließlich mir) viele Eindrücke wie z.B. den Vierwaldstättersee, um den sich die Autobahn in einer großen Schleife herumwindet.
    Leider verhindern Sichtschutzzäune die schönsten Blicke nach unten. Wahrscheinlich, damit die Fahrer nicht (hin)abgelenkt werden. Und was ist mit den Beifahrern? An die denkt wohl keiner?
    Viele kleine und mittlere Tunnel vermitteln schon einmal einen Vorgeschmack auf den langen Gotthard Tunnel, in den wir wenig später ohne Stau und lange Wartezeiten einfahren können. 15 Kilometer können unendlich lang sein, wenn man sie durch einen Tunnel fährt. Irgendwann bemerken wir die Kilometerangaben an der Tunnelwand und eröffnen den “Tunnel Countdown”, bis wir endlich wieder das Tageslicht erblicken. Obwohl wir uns noch in der Schweiz befinden, ist die Landschaft hinter dem Tunnel mehr italienischer Natur und die Autobahnführung beginnt interessant, abenteuerlich, auf alle Fälle aber abwechslungsreicher zu werden.
    Irgendwann sind wir dann wirklich in Italien und steuern auf einen Stellplatz hinter Como zu, den sich Michael ausgeguckt hat. Ich finde, dass, wenn wir schon einmal hier in der Gegend sind, wir eigentlich auch rechts abbiegen und unser Stellplatzglück am Lago Maggiore versuchen könnten. Diese Äußerung irritiert meinen fahrenden Mann und seine Planung doch sehr. Seine Frage, ob wir den jetzt an den Lago Maggiore fahren sollten, verneine ich lieber schnell. Ich sehe uns schon 50-70 km vom Kurs abgekommen, auf der engen Landstraße mit den noch engeren Tunneln, um den See fahren und verzweifelt nach einen Platz für die Nacht suchen. Nein, diese Verantwortung kann und will ich lieber nicht übernehmen, sonst hängt der Wohnmobilfrieden schon gleich am zweiten Tag schief.
    Hängt er aber dann wenig später doch, denn den von Michael ausgesuchten Platz in Sennaro gibt es in dieser Form nicht mehr. Der Ersatzplatz gleicht einer Müllhalde vor einer Industrieruine. Hier wollen wir beide nicht übernachten. Aber es soll ja noch einen zweiten Platz in der Stadt geben. Auf der Suche nach ihm verheddern wir uns im Einbahnstraßennetz, dessen letzter Ausweg die grünen Autobahnschilder in Richtung Milano sind. Nur haben wir inzwischen und vor lauter Stellplatzsuche weder die kleine, noch die große Else
    ( Eingeweihte wissen, es handelt sich dabei nicht um Michaels Ersatzfrauen, sondern um unsere Navis) wieder auf korrekten Kurs gebracht. So dass wir Navilos nach kurzer Zeit in einem Kreuz vor eine alles entscheidende Richtungsfrage gestellt werden. Ich habe nicht einmal 60 Sekunden Zeit, wie jeder Kandidat sie in einer Quizsendung zum Überlegen hat, um Antwort zu geben, sondern die ist sofort fällig. Weiß ich wohin die Navis mit uns fahren wollen? Ich weiß nur, dass wir ans Meer wollen und das Genua genau dort liegt. Gesagt! Gefahren. Leider falsch. Diese Strecke sollten wir laut einschlägigen Informationen möglichst umgehen. Nun ist es zu spät und wir haben noch immer keinen Platz für die Nacht. Stellplätze sind zwischen Como und Milano eher weniger zu finden. Und wir im Speziellen wissen spontan auch keinen. Also ist der nächste Rastplatz, der unsere. Unsere diversen Informationsquellen werden etwas angenervt nach einem Übernachtungsplatz durchforstet. Die Wahl fällt auf eine Hazienda Agrotouristico, also auf einen Bauernhof in St. Giacomo bei Milano. Der kleine Ort, den wir wenig später durchfahren wirkt nett und aufgeräumt, im Gegensatz zu der 3-4 km außerhalb des Ortes liegenden Hazienda, die auf den ersten Eindruck etwas verwahrlost wirkt.
    Als wir auf den voller PKWs stehenden Parkplatz des Guts fahren, wirken wir mit unserem Wohnmobil, wie gestrandete Außerirdische. In der Gaststätte der Hazienda, zu der auch der Parkplatz gehört, findet eine größere Familienfeier statt und man gibt sich an diesem heißen Tag ausgesprochen elegant. Die Männer, in ihren schwarzen Hosen und langärmeligen weißen Hemden wirken, trotz der Tagestemperatur von über 30 Grad, wie frisch geduscht. Im Gegensatz zu uns, die diese dringend nötig hätten. Wir stehen etwas ratlos inmitten der kreuz und quer parkenden PKWs und werden von den Feiernden auf der Terrasse eingehend begutachtet. Michael überlegt schon, wie, um alles in der Welt, er in diesem Gewühl von Autos denn bitte wenden soll, als ein kleiner dicker, verschwitzter Italiener winkend angelaufen kommt. Mit einem Schwall für uns unverständlicher Worte, aber umso aufschlussreicheren Gesten teilt er uns mit, dass der Stellplatz, den wir suchen ca 20 m weiter rechts hinter dem nächsten Gebäude zu finden ist.
    Wir können es kaum glauben, aber da ist wirklich ein Stellplatz. Sogar ein Wohnmobil steht darauf, wenn auch unbewohnt, wie wir später feststellen. Es gibt Wasser, Strom und sogar einen Entsorgungsschacht. Das Unkraut, das dort aus dem Gitter heraus wächst, sagt uns, dass dieser Platz schon etwas länger nicht benutzt wurde.
    Der im Gebüsch verborgene Wasserschlauch sorgt spontan für eine Ganzkörpererfrischung. Und wir stehen, das ist das wichtigste und wenig später sitzen wir sogar, nämlich auf unseren Gartenstühlen vor dem Wohnmobil in der Sonne.
    Während wir so auf unseren Liegestühlen relaxen, kommt kurze Zeit später das Familien-Empfangskomitee, bestehend aus dem Chef, jenem kleinen schwitzenden Italiener, seiner Frau, der Tochter und dem Englisch sprechenden Schwiegersohn, der alles dolmetschen muss. Sie hätten gern für alles 10 Euro, die wir Ihnen gleich aushändigen. „Ob wir duschen möchten oder Strom benötigen?“ „Danke der Nachfrage“, geben wir zu verstehen, denn wir haben uns schon bedient. „Ob wir denn am Abend zum Essen kommen möchten?“
    Dieses Angebot nehmen wir dankend an, denn keiner von uns hat große Lust mehr zu kochen, dafür haben wir aber umso mehr Hunger.

    Und so finden wir uns zwei Stunden später inmitten der Gesellschaft wieder, die uns feiernder Weise bereits begutachtet hat, an einem für uns separat eingedeckten Tisch und bekommen zu essen, was alle bekommen: Melone mit verschiedenen Wurst und Schinkensorten, Käse aus der Region, Hackbällchen in würziger Tomatensoße, Risotto und Pasta. Ein Gericht nach dem nächsten wird uns von dem bereits erwähnten Schwiegersohn aufgetragen, der nicht nur stolz auf die Vielfalt der Speisen ist, die er uns anbieten kann, sondern auch darauf, seine Englischkenntnisse einmal anwenden zu können. Irgendwann sind wir satt. Nichts geht mehr. Basta- Finito! Für alles, inklusive des wirklichen leckeren Weins und der übrigen Getränke bezahlen wir später als wir gehen 27 Euro.
    Ein Erlebnis, unerwarteter Art, das wir vor dem Womo noch ausklingen lassen, nicht wissend, dass wir nun unsererseits ein Festmahl für die ortsansässigen, hungrigen Moskitos darstellen.
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