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  • Day 5

    Ein Tag am Steller See

    July 22, 2022 in Germany ⋅ ☁️ 19 °C

    Heute Nacht spüre ich plötzlich etwas ungewohnt Warmes in meinem Arm, das sich krakenhaft ausbreitet, bis es das ganze Bett einnimmt. Clara ist auf der Suche nach einer Kuscheleinheit in unser Bett gekommen und schläft selig dreiviertel des Bettes beanspruchend weiter. Michael wird das alles zueng und er quetscht sich in Claras Koje. Von dort höre ich ihn ächzen und leise fluchen, weil er wohl mit Claras Schlafsack und dem Lenkrad , das etwas hineinragt, nicht klar kommt. Bevor er auch noch an die Warnblickanlage kommt oder noch besser, mitten in der Nacht aus Versehen die Hupe auslöst, bringe ich Clara zurück in ihr Reich und Michael kann sich wieder in seinem Bett ausstrecken.

    Es ist früher Morgen und der Berufsverkehr, der hinter dem Campingplatz vorbeifährt, ist ganz schön zu hören. Zu allem Überfluss haben sich auch noch ein paar Krähen auf dem Womo Dach niedergelassen und trippeln aufgeregt hin und her. Das hört sich gewaltig an. Es dauert recht lange bis ich wieder einschlafen kann und dann schlafen wir alle bis fast zehn.
    Das ist auch nicht so tragisch, denn das Wetter schwächelt weiter. Beim Frühstück draußen ist es ganz schön kühl und ans Baden denkt keiner, als mögliche Aktivität an diesem Vormittag.

    Ich schlage eine Pflanzen- Expedition um den See vor. Bei einem ausgiebigen Spaziergang wird so ziemlich alles was am See wächst fotografiert und mit Google Lens bestimmt. Da kann sogar ich noch etwas lernen.
    Das versprochene Eis am Ende der Tour muss leider ausfallen. Der Kiosk hat noch nicht geöffnet.

    Nach dem Kaffeetrinken möchte Clara weiter Ohrringe modellieren. Mir steht der Sinn nach einer ausgiebigen Walking Tour und Michael ist einem kleinen Schäfchen nicht abgeneigt.
    Auf der Walking Tour hoffe ich einen Lebensmittelladen zu finden, denn es fehlt mir ein Glas Gurken für den Nudelsalat am Abend.
    So laufe ich die knapp 1 1/2 km bis Groß Mackenstedt. Durch diesen kleinen Ort zieht sich die Delmenhorst Straße und auf ihr ist gerade Rushhour. Ein Auto nach dem nächsten. Was für ein Lärm. Groß Mackenstedt hat zwar eine Tankstelle, einen Bäcker und sogar einen Imbiss, aber einen Supermarkt oder Lebensmittelladen kann ich nicht entdecken. Dafür aber zwei Frauen, die mir mit dem Rad und vollgepackten Einkaufstüten entgegen kommen. Die frage ich doch mal. Die Erste kann mich nicht verstehen. "Sie ist Ukrainerin" , erklärt mir die Zweite, die wie sich später herausstellt aus Serbien kommt und ganz gut Deutsch spricht. Nein, einen Supermarkt gibt es hier nicht. Der nächste ist gut 5 km entfernt. Was ich denn da kaufen wolle, werde ich gefragt. "Ein Glas Gurken für meinen Nudelsalat" , erkläre ich. "Das habe ich noch" , sagt die Frau aus Serbien. " Ich wohne gleich hier vorne. Wenn es ihnen nichts ausmacht, dass schon eine Gurke heraus ist, können Sie es gern haben" . Ich bin sprachlos von so viel Freundlichkeit und nicke zustimmend. Die beiden erklären mir unterwegs, dass sie gerade bei der "Tafel" einkaufen waren. Die Tafel ist 12 km entfernt und auf dem Weg zurück ist das Auto der Serbin liegen geblieben und ihre Bekannte aus der Ukraine hat sie mit dem Fahrrad abgeholt. Beim Haus der Beiden werde ich herein gebeten und bekomme das Glas Gurken geschenkt. Nein, Geld will sie auf keinen Fall dafür haben. Es ist ihr ein Bedürfnis auch einmal zu helfen und was Gutes zu tun, erklärt sie mir. Ich bedanke mich ganz herzlich und auf meinem Rückweg durch die Felder beschäftigt mich diese Begegnung in einer Zeit, in der oft jeder nur noch an sich denkt, noch lange. Schön, so viel Entgegenkommen und Freundlichkeit erleben zu dürfen.
    Zurück auf dem Campingplatz ist gerade der "Bär" los. Wohnmobile und Gespanne stauen sich an der Anmeldung. Ach ja, es ist ja Freitag, Wochenende. Viele Niederländer sind darunter, aber auch Skandinavien ist gut vertreten. Es füllt sich um uns herum zusehends.
    Leider wird es auch gegen Abend nichts mit Baden und leider, leider hat Clara bisher noch keine Freundin gefunden. So grillen wir gemeinsam und schauen den Neuankömmlinge zu. Morgen wird es wieder spannend, denn morgen zieht Claras Mama für eine Nacht in das Fass nebenan, bevor beide am Sonntag zurück nach Hamburg fahren.
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