Lechweg Etappen 4-2

Auch wenn die Beine sich bemerkbar machen, weil sie vom Willen geschliffen werden. Vom Willen, sich fit zu machen für die anstehenden Anstrengungen der nächsten Tage. Der Lech wird uns einiges abverlangen. Die zu erwartende Kälte und Nässe. Ein Weg, der auch so ein paar Höhenmeter mit sich bringt.
Auch wenn es im umliegenden Land viele schöne Strecken und vor allem Rundwege gibt, haben wir uns heute für etwas Nostalgie entschieden und sind zu einer alten Wirkungsstätte von Teilen unseres Kollektives gewandert.
Das AJZ (steht für Alternatives JugendZentrum) Bunte Platte war ein erster Anlaufpunkt in Leipzig-Grünau, in dem sich klar antifaschistische Strukturen etablieren konnten und aus einem solchen Selbstverständnis heraus ein Bruchversuch in der klar rechten Hegemonie dieses Stadtteils unternommen wurde. Leipzig-Grünau, im Westen dieser sächsischen Großstadt, welcher durch seine vielen Plattenbauten geprägt ist. Eine schwindende Bewohner*innenanzahl mit hohem Durchschnittsalter und wenig Perspektive für die verbliebene Jugend. Schon Ende der 90er Jahre gab es eine aktive antifaschistische Jugend mit dem Wunsch, eine eigene Herberge zu beziehen. Einen Ort, an dem Neonazis und rechtsoffene Menschen keinen Zutritt haben. Dieses Ziel blieb ihnen leider verwehrt. Aber die nächste Generation hatte deutlich mehr Glück, auch wenn das jetzt deutlich zu kurz gegriffen ist.
Doch so konnte vor über 15 Jahren das AJZ Bunte Platte am Kulkwitzer See geöffnet werden. In einem wöchentlich stattfindenden Plenum wurden Entscheidungen getroffen, sich neue Ziele gesteckt und auch die ein oder andere politische Debatte geführt. Angriffe von Neonazis und Menschen aus dem rechten Hooliganmilieu der Stadt und Umland waren - wie sollte es anders sein - Gang und Gebe, wenn auch nicht zwingend an der Tagesordnung.
Zionistische Tendenzen bis hin zur Planung einer eigenständigen, israelsolidarischen Gruppe zeichneten sich früh ab und waren eine zeitlang auch Kontext im AJZ.
Nach einer Kündigung des bestehenden Nutzungsvertrages mit der Stadt und langen politischen Kämpfen erfolgreichen Umzug in ein neues Gebäude - weg vom See aber noch immer in Grünau - ist das ehemalige AJZ dem Verfall völlig zum Opfer gefallen. Es fand sich keine neue Nutzung für den Komplex und nun scheint sich die Natur in Form der Flora dieses Gebiet zurückzuholen. Alles ist völlig zugewachsen. Aber das ein oder andere Graffiti lässt sich noch immer erkennen. So zum Beispiel der Davidstern über dem Eingang des Gebäudes.
Es war eine fantastische Reise zurück. So viele Erinnerungen wurden nach oben gespült und hier könnten weitere 1000 Schriftzeichen und noch mehr verwendet werden, um die vielen Geschichten von früher zu erzählen. Aber das ginge hier und jetzt zu weit. Vielleicht einmal an anderer Stelle...Okumaya devam et