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  • Day 60

    Geburtstagsbergwanderung

    January 28, 2017 in Argentina ⋅ ☀️ 18 °C

    Heute ist Davides Geburtstag. Wie gesagt geht's früh raus und wir werden von einem Freund der beiden mit dem Auto abgeholt. Nach einem kleinen Frühstück und einer Tasse Kaffee sitzen wir im Auto Richtung Einstieg zum Bergmarsch. Die Sonne geht auf und die Berggipfel sind in einen strahlenden Goldmantel gehüllt. Je öfter man dieses Phänomen sieht desto eindrucksvoller ist es. Mit der Sonne im Nacken fahren wir also quer ins Land und kommen bereits an das erste Hindernis, noch vor dem eigentlichen Wanderweg. Wir sind zu schwer und kommen auf der staubigen Strasse nicht bergauf. Wir müssen umsteigen und setzen uns auf die Ladefläche eines Pickups von Freunden. Es ist zwar kalt, aber die Sonne entschädigt umgehend für die rumpeligen Strapazen.

    Wir parken schließlich an einem Weidezaun. Von hier aus soll der Trail starten und wir irren wie eine Herde Schafe durchs Gestrüpp, klettern über Zäune und waten durch sumpfartiges Land. Die Jungs sind sich über den Weg etwas uneinig und es ist sehr schwierig einen Anfang zu finden. Irgendwann kommen wir auf einen Cowtrail. Dies ist ein Trampelpfad, der durch Kuhherden angelegt wurde. Wir folgen diesem eine Weile und sind voller Hoffnung, nun einen richtigen Weg gefunden zu haben, da es bereits ein paar Markierungen an den Büschen gibt. Der Cowtrail führt durchaus auch durch sehr unwegsames Gelände. Als Kuh sind die Wege vielleicht sehr einfach begehbar. Als Zweibeiner, mit aufrechten Gang muss man hier oft in gebückter Haltung durch die Büsche krauchen.

    Besonders fallen uns hier die speziellen bambusähnliche Gewächse ins Auge. Sie wachsen hier wie Unkraut und sind oftmals schon abgestorben Verlieren deswegen aber keineswegs an Stabilität. Sie spießen einem teilweise wie Speere in die Rippen, oder schnipsen unkontrolliert durch die Gegend.

    Wie wir erfahren, sind dies besondere Pflanzen, die hier alle 60-70 Jahre blühen und dann sterben. Das muss ein riesiges Erlebnis sein, da man es wie gesagt nicht so oft erlebt und genau dann in dieser Zeit blüht der komplette Park.

    Bis hierhin ist auch irgendwie noch alles ein Abenteuer. Wir kommen auf eine Lichtung und gönnen uns eine kleine wohlverdiente Pause. Der Ausblick ist bereits jetzt schon genial und motiviert auch zum weiteren Anstieg.

    Wir laufen also weiter und landen schon bald in einem dicht bewachsenen Wald, in den auch anfangs noch ein Weg markiert ist. Nach ein paar Kilometern aber, ist kein Weg mehr zu sehen und wir stolpern quer über Büsche und Brocken. Die Richtung stimmt wohl, aber von Weg ist weit und breit nix mehr zu sehen. Die Motivation schwindet bei uns Schritt für Schritt, da wir uns beim Querfeldeintrampeln auch nicht wirklich wohl fühlen. In den Naturparks wird peinlichst darauf hingewiesen, dass man sich auf den Wegen bewegen soll, um die anhaltende Zerstörung der Wälder durch Trampelpfade aufzuhalten, nun machen wir hier aber nix anderes. Da wir bereits so weit in den Wald vorgedrungen sind, gibt es aber auch kein Zurück mehr. Also heisst es weiter vorwärts und hoffen dass wir bald ankommen und einen Weg finden werden.

    Die Büsche sind mit Dornen und kleinen pieksigen Samen gespickt. Für Fabi mit kurzen Hosen fühlt es sich an, wie ein Massaker. Immer wieder streifen die Zweige die Unterschenkel und hinterlassen rote Schrammen. Schon bald kommen wir nun doch auf einen Hügel heraus und stellen fest, dass der eigentliche Gipfel, immernoch in unerreichbarer Entfernung liegt. Für heute wird es auf jeden Fall nichts mehr, noch bis dort hoch zu gelangen. Davide und die anderen Jungs wollen ihr ehrgeiziges Ziel aber nicht ganz so einfach aufgeben und laufen noch ein Stück weiter. Da die Gruppe zusammen bleiben soll, rückt der Rest der Truppe hinterher. Es geht nix mehr voran. Ein Blick auf die Uhr sagt, dass wir auf keinen Fall noch weiter gehen können. Die Motivation ist insgesamt nicht mehr so deutlich spürbar und der Hunger lässt die Mägen knurren.

    Zeit zum Brunch. Wir sind erstaunt, was die Jungs und Mädels alles hier hoch geschleppt haben. Sie breiten eine Picknickdecke aus. Darauf werden belegte Brötchen, Salate, Süsses und Trockenfrüchte platziert und alles geteilt. Wir finden diese Tradition wirklich besonders und nehmen uns vor, diese kleinen Erlebnisse auch mit nach Hause zu bringen. Es ist so viel schöner, wenn man eine grosse Auswahl hat und von allem probieren kann.
    Wir haben glücklicherweise auch noch ein paar Pizzabrote, Kekse und Turron, was wir zum Buffet dazusteuern können. Hier wird nun auch noch einmal auf Davide angestoßen und wir lassen die Blicke in die unendlichen Weiten Patagoniens schweifen. Nach dem Essen gönnen wir uns alle noch eine kurze Siesta und ruhen noch ein bisschen vor dem Abstieg. Es ist so heiß in der Sonne dass man es kaum aushält.

    Runter geht's dann ähnlich chaotisch. Querfeldein über Stock uns Stein. Kein Vergnügen und auch nicht immer wirklich Abenteuer. Nach einiger Zeit gelangen wir an eine Traktorstraße, an der wir auch einen markierten Weg finden. Hier läuft es sich endlich einmal einfach und wir kommen auch ziemlich gut voran. Da wir nun so weit weg von den Autos sind, liegt aber auch noch ein gewaltiges Stück Weg vor uns. Die Jungs entscheiden noch einmal Luftlinie zu laufen, was sich noch als Fehler herausstellt. Wir bekunden unsere Meinung, dass wir lieber die Strasse weiter laufen wollen, was die bereits im Wald verschollenen Jungs nicht mehr mitbekommen. Also geht's wieder durch kratzige Büsche und Sträucher. Die Stimmung ist so ziemlich am Boden und den Sinn kann man leider auch nicht mehr erkennen. Auf Grund der vorangeschrittenen Tageszeit sollten wir schauen, dass wir nun langsam zurück nach Aldea Escolar kommen, damit wir nicht im Dunkeln immernoch durch den Wald irren.
    Die Abkürzung war ein weiterer Irrtum und wir laufen zurück zur Strasse. Die meisten sind froh, dass wir nun endlich einfach einen normalen Weg laufen, auch wenn er deutlich länger ist. Das Ziel ist jetzt einfach nur noch anzukommen.

    Der Weg bietet uns auch noch einmal eine herrliche Sicht in den Nationalpark. Da wir jetzt nicht mehr auf Büsche und herumschnipsende Äste achten müssen, haben wir jetzt auch wieder etwas mehr ein Auge für die Umgebung.

    Nach 12-13h Fußmarsch und 33km, was übrigens genau dem Alter des Geburtstagskindes entspricht, sind wir nun endlich am Ziel angekommen. Die abschüssige Strasse, die einfach kein Ende nehmen wollte hat unsere letzten Energiereserven aufgebraucht und wir sind völlig erschöpft. Noch kurz vor dem Parkausgang, haben wir ein Gürteltier entdeckt, was sich sofort ins Laub eingeigelt hat, als wir es entdeckt haben. Das war das erste Mal, dass wir ein Gürteltier gesehen haben. Allein dafür hat sich die ganze Mühe und Anstrengung heute gelohnt.
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