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  • Day 30

    Elefanten

    November 30, 2023 in India ⋅ ⛅ 29 °C

    Am ersten Abend der Rundtour erreiche ich ein Camp unangemeldet und erschöpft in der Dunkelheit. Gerade will ich den Reißverschluss zum Zelt öffnen, da spüre ich dicke Spinnweben. Ich schalte meine Stirnlampe an und bin Auge in Auge mit einer handgroßen Spinne. Tschauuuuu!!
    Ich gönne mir ein privates Zimmer! Am Morgen führt mich der Campeigentümer stolz über die angrenzende Farm: Hohe, dichte Palmen und Muskatnuss, ordentlich in Reihe gepflanzt. Pfeffer, der sich an den Stämmen hinauf rankt, die Körner hängen wie Weintrauben herab. Dazwischen vereinzelte Bananenpflanzen, die ihre riesen Blätter aufspannen. Jeder Strahl Sonnenschein wird von einer Nutzpflanze aufgefangen. Es ist fast Erntezeit, er beschreibt mir, wie die Arbeiter ungesichert die dünnen Stämme in 7 m Höhe hinaufklettern, um die Früchte zu ernten.
    Ein Affe springt, von uns aufgeschreckt, in der Baumkrone von Ast zu Ast. Es regnet Früchte und Blätter herab, der Schwanz baumelt 2 m lang... Was für ein riesen Viech! An der Oberleitung hat sich bei der nächtlichen Jagd eine Fledermaus verheddert. Es hat die Größe einer Katze und liegt mausetot und komisch ästhetisch auf der Stromleitung. alles Tiere und Pflanzen hier sind XXL! Das verändert meine menschliche Proportion in der Umwelt, im Wald fühle ich mich wie eine kleine Maus. Die Position in der Nahrungskette scheint sich zu verschieben, ich bin mir meiner Verwundbarkeit und Unwissenheit über das Umfeld sehr bewusst.

    Ich komme nach stundenlanger Fahrt im Elephant sanctuary an und bin Mal wieder der einzige Westler. Ich falle auf! Nach den Elefanten bin ich die interessanteste Attraktion. ich merke, dass über mich gesprochen wird, es werden heimliche und offensichtliche Fotos von mir geschossen. Über Mundpropaganda wird die Kunde über meine Anwesenheit von Besucher zu Besucher getragen, ich höre immer wieder "Germany" und "architect", wenn sich heimlich ausgetauscht wird.
    Ich nehme an der angebotenen Aktivitäten teil aber werde nicht warm mit meinem Status... Alle reden über mich, keiner mit mir.

    Ich bin sehr skeptisch über die Haltung der Elefanten im Camp.. Es sind dicke Eisenketten um ihre Füße gewickelt, die Trainer sitzen ihnen im Nacken und tragen lange Stöcke mit denen sie ihre Anweisungen bestärken. Die Besucher machen glücklich Fotos und verfüttern Bananen. Ich traue mich schüchtern an einen der Dickhäuter heran und streichel seine dicke Stirn. Er legt seinen Rüssel auf meinem Kopf und trötet ausgelassen. Eine Besucherin fasst sich ein Herz und spricht mich an. Sie erklärt mir, dass die Elefanten alle aus misslichen Situationen gerettet wurden. Einige wurden als Waisen im Dschungel gefunden nachdem Wilderer sich die Stoßzähne der Eltern geholt haben, andere wurden wegen ihres Alters von kommerziellen Camps ausgesetzt. Der Elefant mit dem ich gerade gekuschelt habe, hat vergangenes Jahr 2 Menschen getötet und 5 schwer verletzt, erzählt sie mir. Durch die Arbeit mit dem Trainer, ist er mittlerweile wieder gesellschaftstauglich. Puh. Gut dass sie mir das erst nach dem Kuscheln gesagt hat!
    Im Anschluss geht's zum See und die Elefanten legen sich am seichten Ufer ab. Die Trainer klettern auf die Tiere und bürsten sie stundenlang. Der Gesichtsausdruck spricht für sich: die Augen fallen zu, die Unterlippe hängt träge herab, ab und an ein wohliges Brummen. Meine moralischen Gewissensbisse flauen ab, wenn ich die Elefanten so glücklich sehe. Ich beginne auch das Reiten von Pferden zu hinterfragen und forsche aktiv nach meiner Haltung zum Thema Tierausbeutung.

    🥇 Elefanten gestreichelt
    🎵 Jaya Ganesh - Girish
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