Satélite
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  • Dia 88

    Jetzt erst recht und volle Pulle

    27 de janeiro, Índia ⋅ ☀️ 29 °C

    Ich sitze am Flughafen in Goa und mein Gehirn hyperventiliert. "Umdrehen. Verstecken." fordert es. Ich hatte erst ein Mal im Leben eine Panikattacke, in diesem Moment bin ich ganz nah dran an der zweiten. Ein Tornado aus Angst, Panik und Trauer zerreißt jeden klaren Gedanken. Scheiß Unfalltrauma!
    Ein gedanklicher Rettungsring erreicht mich in Form eines Sprichworts: "Don't try to calm the storm. Calm yourself. The storm will pass"
    ...Ach stimmt, ich bin ja für diese Situation vorbereitet. Also Augen und Ohren zu und ab in die Meditation. Als ich kurz darauf ins Flugzeug steige, bin ich ruhig wie ein Bergsee. Radikale Akzeptanz hat sich breit gemacht. Jetzt bin ich bereit.

    Der Flug nach Mumbai verläuft reibungslos.
    Ab geht's in die Metropole! Gleich der erste Tuktukfahrer scammed mich, aber ich lasse ihn nach kurzer Diskussion damit durchkommen. Meinen Frieden für 20 Cent aufs Spiel setzen, ist es mir nicht wert. Ich muss mit meiner Energie haushalten, nicht jeder Kampf ist es wert ausgefochten zu werden. Gute Lektion. Am Bahnhof fährt der Zug ein und die Szene ist wie im Film: Menschen hängen aus der offenen Tür und springen noch während der Fahrt auf und ab. Mittendrin in Slumdog Millionär! Ich quetsche mich ins Abteil und stehe die nächste halbe Stunde als eine von hunderten Sardinen im ruckeligen Zug. Aufregend irgendwie. Ich steuere ein Hostel an. Das Viertel wirkt bedrohlich, das Gebäude steht fast komplett leer und macht einen zwielichtigen Eindruck. Ich werde abgewiesen und bin froh drüber. Auch das nächste Hostel, in einem besseren Viertel, hat keinen Platz für mich. Der Host ist ein guter Kerl und organisiert mir ein Plätzchen in einer anderen Unterkunft, die sich allerdings als billige, unattraktive Absteige entpuppt. Durchatmen, Meditieren. "Was soll's, ist nur eine Nacht" sag ich mir. Am Abend bahne ich mir einen Weg zum Restaurant um die Ecke. Der Fußmarsch fordert mich heraus: Scheinwerfer blenden, lautes Hupen und Rufen von allen Seiten, Menschen drängeln und rempeln gehetzt, Verkäufer und Tuktukfahrer belästigen mich, ich weiche Müllbergen, Straßenhunden und Fäkalien auf der Straße aus. Alle Sinne werden gleichzeitig überfordert, Chaos pur!
    Aber ich bin ganz ruhig, sauge das alles noch Mal in mich auf und lasse mich darin treiben. Ich wunder mich über meine Abgebrühtheit... Wer hätte es gedacht!
    Ich gönne mir eine letzte Dosa Masala. Das werde ich vermissen. Mein liebstes, indisches Gericht.

    Am nächsten Tag erkunde ich die Stadt zu Fuß. Beeindruckende gothische Bauwerke, eine Hinterlassenschaft der Engländer, erwarten mich. Ich besuche das Café "Leopold" das im Buch Shantaram eine Rolle spielt. Wie cool, die Schauplätze der Fantasie zu besuchen. Bis hier hin, alles wunderbar! Doch meine SIM-Karte verweigert unerwartet den Dienst und ich bin aufgeschmissen. Wie navigieren ich mich eigenständig durch Mumbai, die Stadt mit der höchsten Einwohnerzahl und Dichte in Indien!? Kein WLAN weit und breit, nur die offline-Karte steht mir zur Verfügung.

    Challenge excepted!
    Es ist Nationalfeiertag und Männergruppen ziehen grölend durch die Straßen. Ständig will man mich Scammen, es wird wieder viel Gestarrt. Der Süden Mumbai's ist unerwartet grün und hat viel interessante Architektur zu bieten. Aber der Kontrast zwischen Arm und Reich ist scharf. Unglaublich, dass diese Welten so dicht beieinander existieren!!
    20 km lege ich quer durch die Stadt fußläufig zurück und finde meinen Weg sogar mit dem Zug zurück zum Hostel.
    Mein letzter Tag in Indien war wirklich noch Mal "volle Pulle"!

    🥇 Stadttour ohne Internet
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