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  • Day 130

    Welcome to New York 🗽

    October 10, 2023 in the United States ⋅ ☁️ 18 °C

    Nun ist es endlich soweit. Als Nächstes steht auf unserer Reise die Stadt auf dem Plan, die niemals schläft. Die Stadt, die man in so vielen Filmen schon gesehen hat und die wohl berühmteste Stadt der Welt: New York City. Für mich ist es das erste Mal in New York. Rico war zwar schon zweimal hier, doch ist seine Vorfreude auf New York dadurch vielleicht sogar noch größer. Der Abschied von unserem Zeltplatz auf Rhode Island fällt uns nicht sonderlich schwer. Wir packen wie so oft unsere Sachen zusammen und machen uns auf den Weg in Richtung New York. Laut dem Navi soll die Fahrt drei Stunden dauern. Wir sind aufgeregt. In New York haben wir ein kleines und bezahlbares Apartment in Gramercy Park, mitten in Manhatten gefunden. Unsere Vorfreude wird dabei etwas überschattet von den Bewertungen, die kürzlich zu dieser Unterkunft abgegeben wurde : es soll wohl Kakerlaken geben und teilweise wurde auch die Bettwäsche nicht gewechselt. Wir versuchen uns davon jedoch nicht schon jetzt verunsichern zu lassen und wollen uns ein eigenes Bild von der Unterkunft machen. Letztendlich wollen wir dort ja eh nur schlafen und ein Bett gibt es ja immerhin.
    Dass wir die Dusche und die Toilette mit fünf anderen Einheiten teilen müssen, ist für uns ja nach vier Monaten Zeltplatz auch nichts Neues mehr. Um uns richtig in New York Stimmung zu versetzen hören wir typische New York Songs („Empire State of mind“ - Alicia Keys; „New York, New York“ - Frank Sinatra; „Welcome to New York“ - Taylor Swift und „Ich war noch niemals in New York“ - Udo Jürgens). Die Fahrt kommt uns ewig vor. Etwa 100 km vor der Stadtgrenze New Yorks wird der Verkehr immer dichter und zunehmend stockender. Unsere anfängliche Freude, dass wir an einem Montag in New York anreisen und deshalb nicht viel Verkehr zu erwarten haben, wird schnell von der Realität eingeholt: dieses Wochenende wird in Amerika der Columbus Day gefeiert und die Amerikaner haben diesen Montag frei. So haben natürlich viele die Möglichkeit genutzt über das lange Wochenende wegzufahren und wollen alle heute zurück nach New York, wie auch wir. Die letzten 40 Minuten fahren wir im stop and go und so wird die vorgestellte, romantische Einreise nach New York zu einem stressigen Verkehrschaos. Und trotzdem: als sich die Skyline Manhattans am Horizont vor uns auftut, wird die Vorfreude wieder größer. Wir fahren nach Manhattan rein, vorbei am Empire State Building und durchqueren den Tunnel unter dem Hauptquartier der Vereinten Nationen. Zum Schluss fahren wir sogar noch über die Brooklyn Bridge, denn wir wollen unser Auto in einer der Nebenstraßen Brooklyn abstellen, hier kann man sieben Tage kostenlos parken. Doch auch da waren wir wohl etwas naiv, denn natürlich sind wir nicht die einzigen, die kostenlos in Brooklyn parken wollen. Wir reihen uns ein in eine Autokolonne von Parkplatzsuchenden und es dauert letztendlich über eine Stunde, bis wir eine Parklücke gefunden haben, die erstens groß genug für unser Auto ist und zweitens nicht direkt vor einem Hydranten steht. Zwar ragt unsere Nase etwas nah an den Hydranten ran, wir finden aber, dass noch ausreichend Platz gegeben ist und sind inzwischen so verzweifelt, dass wir diesen Parkplatz nehmen. Aus den zunächst angesetzten drei Stunden Fahrt wurden so insgesamt über fünf Stunden. In unserer Blauäugigkeit haben wir auch schon Tickets für das Empire State Building für unseren Anreisetag gebucht. Jetzt ist es 16:00 Uhr. Wir müssen spätestens 16:40 Uhr am Empire State Building sein. Angespannt von der Parkplatzsuche, keulen wir nun also zur nächsten U-Bahn-Station, fahren auf direktem Weg zu unserer Unterkunft, schmeißen dort nur schnell unsere Sachen in die Ecke (auf den ersten Blick können wir keine Kakerlaken sehen und auch die Bettwäsche ist frisch) und pesen dann zum Empire State Building, wo wir um Punkt 16:40 Uhr ankommen. Geschafft! Für die ausführliche Ausstellung rund um den Bau und die Bedeutsamkeit des Empire State Building vor den Fahrstühlen haben wir derzeit keinen Kopf und marschieren deshalb direkt zu den Fahrstühlen, die uns in den 86. Stock zu der Aussichtsplattform bringen. Dort oben angekommen können wir dann zum ersten Mal wirklich durchatmen und realisieren: wir sind in New York! Von hier oben hat man wirklich einen tollen Blick. Wir sehen das World Trade Center, das Chrysler Building, den Hudson River, das Hauptquartier der Vereinten Nationen, den Central Park und die vielen vielen Wolkenkratzer. Klar, kennt man New York schon irgendwie aus Filmen und Serien, aber nun selber hier oben zu stehen ist nochmal etwas anderes. Die urbane Geräuschkulisse ist durchsetzt von Autohupen und Polizeisirenen und das Licht der bereits tief stehenden Nachmittagssonne wird von den vielen Glasfassaden der Wolkenkratzer so reflektiert, dass die ganze Stadt einen goldenen Anstrich erhält. Wenn Prag nicht schon den Titel, der „goldenen Stadt“ tragen würde, New York wäre ein guter Anwärter. Hier oben verbringen wir einige Zeit, doch nach der aufregenden Anreise, knurren inzwischen unsere Mägen. Wir stürzen uns in den Großstadtdschungel der Midtown und wollen unseren ersten Abend in New York schön essen gehen. Doch das ist auch aufgrund des Feiertages gar nicht so leicht: hier zu teuer, da zu voll, da nicht gemütlich genug. In gleiche Maße wie unser Hunger steigt, sinkt auch die Laune. Doch letztendlich werden wir bei einem gemütlichen Italiener in Chelsea fündig und lassen uns dort Pizza, Pasta, Bier und Wein schmecken. Zufrieden und gesättigt spazieren wir anschließend noch zum Time Square, wo die bunten Reklametafeln und unzähligen Lichter den Nachthimmel erleuchten. Müde und erschöpft von dem aufregenden Tag fahren wir dann zurück zu unserer Unterkunft und schlafen schnell ein.

    Am nächsten Morgen (keine Kakerlake in Sicht) wollen wir den Central Park mit Fahrrädern erkunden. Der Central Park zählt zu den größten Parkanlagen der Welt und erstreckt sich von der 59th Street bis zur 110th Street. Auf Leihrädern durchqueren wir den ganzen Vormittag den kommen vorbei an dem Central Park Zoo, dem Bootshaus, dem Belvedere Castle und dem Jaqueline Kennedy Reservoir. Neben dem Bootshaus gibt es auch ein kleines Café, in welchem wir uns Bagels und frischgepressten Orangensaft (für 5 $ Dollar und das in Manhattan!) schmecken lassen. Gegen Mittag verlassen wir den Central Park und radeln durch die Upper West Side zum Hudson River. Von dort führt ein Radweg einmal ganz um Manhattan, den wollen wir abradeln. Das Ganze ist jedoch weniger romantisch, als wir es uns vorgestellt haben. Zum einen habe ich die Größe Manhattans völlig unterschätzt (den ganzen Radweg abzufahren, würde einen ganzen Tag in Anspruch nehmen), zum anderen führt der Radweg ununterbrochen an dem viel befahrenen Highway 9A entlang und ist somit gar nicht mal so idyllisch wie gedacht. Dennoch kommen wir an einigen Sehenswürdigkeiten vorbei: der Highline (einer ehemaligen Hochbahntrasse, die zu einer Parkanlage umgewandelt wurde), dem One World Trade Center mit dem Ground Zero, dem Wall Street District mit den vielen Wolkenkratzern und dem Battery Park, von welchem man einen tollen Blick auf die Freiheitsstatue hat. Wir kommen bis zur Lower Eastside in (dem weniger wohlhabenden Stadtbezirk in Süd Ost Manhattan). Dann kann ich nicht mehr und möchte die Räder zurückgeben. Das ist jedoch gar nicht so leicht. Denn auch hier muss man sich die Größe Manhattans vor Augen führen: unser Radverleiher liegt an der Ecke der 56st Street und Seventh Avenue. Aktuell befinden wir uns jedoch südlich von der 1st Street und östlich von der First Avenue. Wir Müssen also über 56 Straßen nach Norden und über sieben Avenue (mit mehreren Nischenstraßen) nach Westen. Da unsere Unterkunft in der 16th Street quasi auf dem Weg liegt, machen wir dort eine kurze Pause, um uns zu stärken. Danach beginnt die wohl stressigste Fahrradfahrt meines Lebens. Wir stürzen uns in den Großstadtdschungel und fahren die siebte Avenue über 50 Straßen runter Richtung Central Park. Rico hat den Spaß seines Lebens und schlängelt sich durch den Verkehr wie eine Gazelle, ich hingegen stehe kurz vor einem Nervenzusammenbruch und schließe innerlich mit meinem Leben ab. Radfahrer haben in New York gefühlt keine Rechte. Taxis parken wie selbstverständlich auf dem Radweg und Autos biegen ab, ohne einen Schulterblick zu machen. Wenn man nicht höllisch aufpasst, ist man schneller Matsch, als man Manhattan sagen kann. Wie durch ein Wunder kommen wir jedoch unversehrt (ich dafür aber mit mindestens einem grauen Haar mehr) bei dem Fahrradhändler an. Vorhin haben wir uns noch gewundert, warum wir nur eine Karte für den Central Park bekommen haben, jetzt wissen wir es. New York ist eben keine Fahrradstadt. Statt mit den Rädern fahren wir nun also mit der U-Bahn nach Brooklyn, immerhin: unser Auto ist noch da. Brooklyn gefällt uns jetzt, wo wir es wirklich wahrnehmen können, sofort sehr gut. Die Häuser sind hier nur noch maximal dreistöckig und mehrheitlich in dem charmanten Backsteinrot gehalten, dass man von Brooklyn erwarten würde. Die Straßen sind kleiner, unaufgeregter und insgesamt herrscht hier eine gemütliche Stimmung. So schlendern wir den späten Nachmittag durch Brooklyn und kommen auf dem Weg zur Brooklyn Bridge auch durch das Nobelviertel Brooklyn Heights. Hier wohnt die wohlhabende Bevölkerung New Yorks. Zwar haben die Stadtvillen auch hier den Brooklyncharme, der uns so gefällt, doch sind die Anwesen größer und stilvoller. Hier haben wir Lust, etwas trinken zu gehen und finden in einer eleganten Bar eine Auswahl an Bier und Cocktails, die uns beiden zusagt (wer nimmt wohl was?). Als wir weiter zur Brooklyn Bridge spazieren, ist es bereits dunkel und so bietet sich uns auf der Brücke ein Anblick für die Götter. In der Stadt, die niemals schläft leuchten die Wolkenkratzer nachts um die Wette. Mittendrin wird das Empire State Building bunt angestrahlt und in der Ferne auf dem Wasser können wir grünleuchtend die Freiheitsstatue ausmachen. Wir genießen den Blick auf Manhattan, machen ein paar Fotos und beschließen so unseren ersten vollen Tag in New York.

    Für Mittwoch haben wir Karten für den Bronx Zoo gebucht. Immer montags um 17:00 Uhr wird auf der offiziellen Internetseite des Zoos eine limitierte Anzahl von Freikarten für den darauf folgenden Mittwoch veröffentlicht. Wir haben in der Schlange zum Empire State Building zwei solcher Karten ergattert und nutzen den Tag heute um einen der größten Zoos der Vereinigten Staaten zu besichtigen. Wie der Name schon sagt, befindet sich der Bronx Zoo in der Bronx, dem nördlichsten Viertel New Yorks. Die Bronx ist ein multikultureller Stadtteil, in dem sich durch die afro- und puertoamerikanische Bevölkerung in den späten 1960ern die Ursprünge des Hip-Hop und des Breakdance entwickelt haben. Von dem Stadtteil selbst bekommen wir leider nur wenig mit, dafür verbringen wir aber einen schönen Tag in dem Zoo. Hier können wir auf einer Monorail durch einige große Freiluftgehege fahren, durchlaufen einen Glastunnel, der mitten in ein Gorillagehege führt und können sogar einen Schneeleoparden sehen. Zurück in Manhattan laufen wir am Nachmittag mit einem Frozen Joghurt durch die Upper Westside, einem der glamouröse und wohlhabendsten Viertel Manhattans und bleiben wie angewurzelt vor einer Aufstelltafel eines Restaurants stehen. „Wine Down Wednesday. 5 $ Glass of Wine. 20 $ Bottles of Wine“ können wir darauf lesen. Unsere ursprünglichen Pläne, heute Abend zu einer Comedy Show zu gehen, werfen wir schnell über Bord und verbringen den Abend bei zwei Flaschen Wein, damit die Leute und das Treiben in der Upper West Side zu beobachten.

    Am Donnerstagvormittag haben wir nichts geplant und können so unsere Nachbarschaft und die Viertel rund um den Washington Square in Ruhe erkunden. Hier liegt das Greenwich Village und das West Village. Dieser Teil Manhattans ist deutlich unaufgeregter als der Rest. Hier gibt es exklusive Boutiquen, Zeitschriftengeschäfte, gemütliche Cafés und Restaurants. Wir kommen vorbei an Taylor Swifts ehemaligen Townhouse, entspannen in einem kleinen Park und unterhalten uns bei einem Cappuccino in einem netten Café mit einer Wienerin die als Journalistin in New York arbeitet. Zum Mittagessen haben wir eine Reservierung in einem der exklusivsten Restaurants New Yorks: Carbone. Bei Carbone geht essen, wer Rang und Namen hat. Abends sind die Tische nur für die exklusivsten Gäste vorbehalten, doch zum Mittagessen können auch Sterbliche einen Tisch bekommen, wenn sie 30 Tage im Voraus um Punkt 10:00 Uhr auf der Website sind und es in wenigen Sekunden schaffen rechtzeitig eine Uhrzeit auszuwählen. So haben auch wir vor 30 Tagen im Arcadia Nationalpark einem Tisch für heute um 13:45 Uhr ergattert. Die Atmosphäre bei Carbone finden wir direkt befremdlich. Zwar sind alle sehr freundlich und auch der Kellner schenkt uns sein schönstes Lächeln mit gebleachten Zähnen. Doch liegt eine gewisse Anspannung in der Luft, so dass wir uns einfach fehl am Platz fühlen. Wir werden zu unserem Platz geführt, bekommen riesige Speisekarten in die Hand, die jedoch nur fünf Gerichte aufweisen und googeln, nach dem wir unsere Bestellungen aufgegeben haben, die Preise für das Besteck mit dem eingedeckt wurde (1000 $ für ein 28er Set). Trotzdem wollen wir uns die berühmten Spicy Wodka Rigatoni für die Carbone so bekannt ist nicht entgehen lassen und auch der Gruß aus der Küche (warmer Mozzarella mit leckerer Tapenade und gutem Brot) schmeckt wirklich hervorragend. Nach dem Essen haben wir um 15:30 Uhr eine Führung im Hauptquartier der Vereinten Nationen gebucht. Etwas abgesetzt, kommen wir um 15:30 Uhr im Besucherzentrum der Vereinten Nationen an und werden dort von einer völlig überspannten Wienerin (viele Wiener in New York) in Empfang genommen. Die arme Frau berichtet uns von ihrem anstrengenden Tag, dass sie heute noch keine Pause hatte und sie so ebend eine spanische Führung gemacht habe, die ihr scheinbar den Rest gegeben hat. Mit der Zeit entspannen sie sich jedoch und die Führung ist der Hammer! Wir erfahren viel über die Geschichte und Aufgabe der Vereinten Nationen (Ursprünglich stand mal die Idee im Raum, dass die Vereinten Nationen ihr Hauptquartier auf einem großen Schiff haben könnten, das ununterbrochen um die Welt segelt), besichtigen den Sicherheitsrat und dürfen sogar kurz einer Sitzung des Wirtschafts- und Sozialrats beiwohnen. Das absolute Highlight ist aber die Besichtigung der Generalversammlung der Vereinten Nationen. Hier kommt die Welt zusammen, um gemeinsam über globalpolitische Angelegenheiten zu diskutieren, über allem thront auf einer goldenen Scheibe das Emblem der Vereinten Nationen: eine Weltkarte von oben, die statt einem bestimmten Land den Nordpol in der Mitte zeigt und alle Länder gleichberechtigt drum herum. Wir werden richtige Fans der Vereinten Nationen, denn diese Organisation ist das Zeugnis reiner Menschlichkeit, hier wird versucht gemeinsam diplomatische Lösungen zu finden und die Humanität an erste Stelle zu stellen. Ich könnte mir gut vorstellen, eines Tages für die Vereinten Nationen zu arbeiten…
    Beseelt von der tollen Führung laufen wir zur Seilbahn, die nach Roosevelt Island fährt. Da diese jedoch aufgrund der Unterbrechung der U-Bahn Linie völlig überfüllt ist, verzichten wir auf die Fahrt und beschließen heute Abend in einen Jazzclub zu gehen. Wir reservieren einen Tisch im Djangos. Das Djangos liegt im Keller des Roxy Hotels und ist ein exklusiver Jazzclub. Dort angekommen melden wir uns bei dem Tresen am Eingang an und werden kurze Zeit später zu unserem Platz geführt. Die Stimmung ist aufgelockert, die Getränke sind teuer, im Hintergrund dudelt entspannte Jazzmusik. Nachdem wir unsere Bestellung aufgegeben haben, tritt auch schon die erste Band auf die Bühne: ein drei-Mann-Orchester, bestehend aus einem Pianisten, einem Kontrabassisten und einem Schlagzeuger. So eine virtuose Spielweise haben wir noch nicht erlebt. Die Musik ist total mitreißend und mein Gehirn wird fühlbar stimuliert. Nach anderthalb Stunden reinen audioaktiven Genusses gibt es eine kurze Pause und die zweite Band betritt die Bühne. Zu den vorherigen Instrumenten wird diese Band noch durch einen E-Gitarristen ergänzt und spielt ganz im Gegensatz zu der vorherigen keinen ruhigen Jazz, sondern eher improvisierten, experimentellen Jazz, der aber eine solchen Genialität in sich trägt, dass wir in euphorische Ekstase versetzt werden. Die vier Männer beherrschen ihre Instrumente so meisterlich, und spielen mit einer solchen Hingabe, dass mir fast die Tränen kommen. Wir sind komplett verzaubert und werden für die anderthalb Stunden auf eine musikalische Reise durch Manhattan mitgenommen. Das haben wir nicht erwartet. Es ist ein teurer, aber unbeschreiblich schöner Abend, den wir so schnell nicht vergessen werden.

    Am Freitag holen wir uns morgens Bagels, die wir auf einem Platz mitten im Trubel frühstücken und spazieren, dann weiter zum Central Park, um uns bei dem
    Bootshaus ein Ruderboot auszuleihen. Während die Blätter von den Bäumen herbstlich eingefärbt auf der Wasseroberfläche landen und sich Schildkröten am Ufer in der Sonne aufwärmen, gleiten wir im Schatten der Wolkenkratzer fernab des Trubels über den schönen See. Romantischer geht es kaum. Anschließend spazieren wir durch die Upper West Side In Richtung High Lane und saugen bei einem herbstlichen Getränk vor einem Café sitzend den Puls Manhattans auf. Der Spaziergang über die High Lane ist hingegen weniger romantisch als erhofft, natürlich sind wir an einem sonnigen und warmen Freitagnachmittag im Oktober nicht die einzigen, die 10 m über dem Boden den Highland Park entlang spazieren und so der Hektik von Central Manhattan entkommen wollen. Wie an einer Perlenkette schieben sich die Menschenmassen in zwei Richtungen, die knapp 3 Kilometer lange ehemalige Hochbahntrasse entlang. So richtig genießen können wir das auch nicht, weil wir noch vor Sonnenuntergang mit der Fähre nach Staten Island übersetzen wollen. Da wir uns in dem Café etwas zu viel Zeit gelassen haben, geht die Sonne bereit in einer halben Stunde unter und wir müssen uns etwas beeilen. Die Staten Island Ferry ist eine kostenlose Fähre, die an der Freiheitsstatue entlang fährt und so den Touristen, die nicht viel Geld für eine geführte Tour bezahlen wollen (wie auch wir) die Möglichkeit Möglichkeit gibt, die Freiheitsstatue aus der Nähe zu sehen. Doch auch hier sind wir natürlich nicht die einzigen, vor dem Fährterminal hat sich bereits eine große Menschentraube gebildet, die hektisch und drängeln auf die Fähre eilt. Leider kann man auch nicht an Deck, sondern muss sich um eines der kleinen Fenster versammeln. So haben wir uns das nicht vorgestellt, aber immerhin hat man einen schönen Blick auf Manhattan. Und auf der Rückfahrt finden wir sogar ein leeres Fenster und können so die Freiheitsstatue in der Dunkelheit angestrahlt bewundern. Anschließend spazieren wir noch durch das Nachtleben des Greenwich Village und beschließen mit einem Aperol Spritz den Tag.

    Am Samstag ist das Wetter leider schlecht. Es regnet wie aus Eimern. Wir beschließen, uns nochmals Bagels zu holen, diese dann in der Grand Central Station zu essen und dabei das Treiben zu beobachten. Den Plan haben wir jedoch nicht gut durchdacht: zum Einen haben wir diese Distanzen im Manhattan mal wieder unterschätzt und marschieren geschlagene 3 km von dem Bagel Geschäft durch den strömenden Regen zur Grand Central Station, zum Anderen gibt es in der Grand Central Station nicht eine Bank oder Sitzgelegenheit, so dass wir die Bagels ehrenlos in einer Ecke auf dem Boden kauernd essen müssen. Die durchgehenden Ansagen, die darum bitten, nicht auf den Treppen oder auf dem Boden zu sitzen, ignorieren wir dabei gekonnt, denn wir haben einfach nur Hunger. Danach fahren wir wieder nach Hause um uns einen Plan zu machen. Wir beschließen in ein nettes Café, um die Ecke zu gehen und dort etwas Orga Kram zu erledigen. Danach fahren wir weiter zu New Yorks größten Kaufhaus: Macy‘s. Über neun Etagen wird hier alles angeboten, was das Käuferherz begehrt. Auch wir kommen nicht umhin: Eigentlich wollten wir gar nichts kaufen, doch der Sale, der alle Wintermantel um 50 % reduziert, überzeugt uns, und wir verlassen das Kaufhaus mit zwei neuen Wintermäntel und einem Koffer. Zwischendurch war unser Kaufrausch getrübt von hektischer Suche unserer Jacken bzw. Taschen, die wir in unserer Aufregung zweimal verloren haben.

    An unserem letzten Abend in New York wollen wir ausgehen. Im Greenwich Village hat Rico die Bar „Marie‘s Crisis“ entdeckt, eine kleine Pianobar mit freiem Eintritt, günstigen Getränken und einem Pianisten, der durchweg Musical Songs spielt. Das ist genau das Richtige für uns. Zunächst etwas abgeschreckt von der langen Schlange, lernen wir aber nette Leute in der Schlange kennen und haben einen feucht-fröhlichen Abend bei Maries Crisis. Es herrscht eine Bombenstimmung. Es wird lauthals mitgesungen. Alle haben eine gute Zeit.

    Etwas angekatert erwachen wir an unserem letzten Morgen. Rico holt das Auto aus Brooklyn, während ich unsere Sachen zusammen packe. Schlechte Nachrichten: wir haben einen Strafzettel bekommen, weil wir leider doch zu nah an dem Hydranten geparkt haben. Egal. 115 $ können wir verkraften, hätten wir Manhatten geparkt hätte einen Tag 115 $ Parkgebühren gekostet, wir parken nun das Auto vor unserer Unterkunft und fahren noch ein letztes Mal zum Central Park, machen ein letzten Herbstspaziergang und verabschieden uns dann von New York.

    New York ist so eine tolle, faszinierende, wilde und pulsierende Stadt. Wir hatten eine tolle Woche zwar mit einigen Tiefschläge, aber deutlich mehr positiven Erlebnissen. Wir freuen uns so sehr, dass wir im am Ende unserer Reise noch ein paar Tage hier verbringen dürfen und wissen jetzt schon, was wir noch vorhaben in New York City. Wir steigen ins Auto, hören „Leaving New York“ von R.E.M. und verlassen den Big Apple in Richtung Philadelphia. (J)
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