USA & Kanada Roadtrip

June - November 2023
  • Johannes Berg
  • Enrico Hauser
Von Alaska nach Florida: Einmal quer durch Nordamerika in 6 Monaten. Read more
  • Johannes Berg
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Backpacking, Camper, Camping, Couple, Hiking, Nature, Sightseeing, Wilderness
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  • 2.000 km: Von Oregon nach Kalifornien

    July 26, 2023 in the United States ⋅ 🌙 23 °C

    Für unsere Reise bis nach San Diego planen wir 1,5 Wochen ein.

    Wir machen uns von Portland auf in Richtung Küste. Den ersten Stopp wollen wir am Carter Lake einlegen. Je näher wir dem Pazifik kommen, desto wolkiger wird es. Ein Waldbrand? Tatsächlich handelt es sich um Nebelschwaden, die vom Pazifik aufs Festland ziehen. Ein bisschen unheimlich, aber auch wahnsinnig faszinierend. Dass solche Nebelschwaden John Carpenter auch zu der Geschichte in „The Fog“ inspiriert haben, leuchtet uns hier ein.
    Wir fahren also durch die Nebelbänke bis zu unserem Zeltplatz. Als wir dort ankommen, ist es schon stockfinster (so dunkel, dass wir sogar die Abzweigung zu unserem Zeltplatz übersehen) und zunächst auch etwas unbehaglich. Aber zum Glück haben wir unsere neue Lichterkette gekauft, die bewirkt hier Wunder!

    An dem kleinen Campground lassen wir zwei Tage die Seele baumeln, liegen am See, tanken Sonne und trinken im Örtchen Kaffee. Abends zieht auch hier Nebel auf, aber tagsüber kommt doch immer die Sonne raus.

    Am Samstag fahren wir dann weiter zum Crater Lake Nationalpark. Auf der Fahrt sind wir fasziniert von der Schönheit Oregons. Wir fahren durch grüne Wälder mit roten Steinfelsen und kleine Bäche schlängeln sich durch die Täler. Der Crater Lake ist der tiefste See Nordamerikas (>600 Meter). Hier stand vor 8.000 Jahren mal ein Berg, der durch eine große Eruption weggesprengt wurde und den riesigen Krater hinterlassen hat. Über die Jahre hat sich dieser Krater mit Schmelz- und Regenwasser gefüllt und es erstanden der Crater Lake. Hier kommen wir an einem netten Zeltplatz unter. Inzwischen können wir aber insgesamt feststellen: die staatlichen Zeltplätze in Kanada haben uns deutlich besser gefallen. In den USA sind die Zeltplätze zwar auch landschaftlich schön aber die sanitären Anlagen sind schon ziemlich in die Jahre gekommen. Alles ein bisschen gammelig und in Slaughterhouse-Atmo. Aber immerhin: es gibt hier Duschen!

    Am Abend besuchen wir einen Vortrag über den Sternenhimmel beim Crater Lake mit anschließender geführter Sternenwanderung. Leider muss die Wanderung ausfallen: es ist zu wolkig. Der Vortrag selbst ist auch eher mittelmäßig, das ist wohl insgesamt alles eine Kinderveranstaltung (um 22 Uhr…).

    Am nächsten Tag bewandern wir den Crater Lake. Vormittags kraxeln wir 300 Meter hoch zum Garfield Peak und genießen einen tollen Blick über den See und das umliegende Tal. Die steile Wanderung ist wirklich anstrengend, da wir bereits auf 2.161 Höhenmeter starten. Anschließend fahren wir etwas um den See herum und belohnen uns mit einer Wanderung runter zu einer Badestelle. Der Weg hoch ist jedoch der anstrengende Part und als wir oben am Startpunkt ankommen, ist die ganze Abkühlung schon wieder verfolgen. Den restlichen Tag verbringen wir mit unserer Lektüre in der Hängematte.

    Am Montag tanken wir am Campground noch einmal zu richtig guten Konditionen voll und machen uns dann auf in Richtung Kalifornien. Wir wollen den malerischen Highway One hinunterfahren, der sich entlang der Pazifikküste über ganz Kalifornien erstreckt. Auf dem Weg kommen wir wieder an riesigen Mammutbäumen vorbei, die ganz leger den Highway säumen.

    Der legendäre Highway One ist wirklich schön, der Highway schlängelt entlang der Berge der California Coast Ranges und immer mit Blick auf den Pazifik. Hier kriegt man wirklich das Gefühl in Kalifornien zu sein! durch die die Nacht verbringen wir auf einem Zeltplatz direkt am Strand. Jetzt knurren uns die Mägen und wir wollen hier an der Küste mal frischen Fisch essen. Bei Google wird ein Restaurant ganz in der Nähe in Fort Bragg empfohlen. Also dahin, aber erstmal müssen wir noch tanken, denn der Highway One ist ganz schön hügelig und unser großes Auto braucht viel Sprit um die Höhenmeter zu schaffen. Wir halten an einer Tankstelle. Ich (Johannes) steige aus, öffne die Tankklappe, will den Tankdeckel aufschrauben und … greife ins Leere? „Ehm… Rico, hast du den Tankdeckel wieder raufgeschraubt, als wir beim Crater Lake getankt haben?“
    - „Mist, den habe ich wohl auf der Zapfsäule liegen lassen…“

    Natoll. Der Tankdeckel ist weg. Ist deshalb der Tank so schnell leer gewesen? Nervös fragen wir in der Tankstelle, ob dort womöglich ein Tankdeckel übrig ist, den jemand anderes dort vergessen hat. Leider nein, aber es gibt wohl in Fort Bragg einen Händler, der Tankdeckel verkaufen könnte. Mit inzwischen dicken Löchern im Bauch geht es also zu dem Autoteilehändler und tatsächlich: Glück im Unglück, für unseren Chevrolet Express 2012 hat er genau den passenden Deckel. Mit einem Auto von einer deutschen Marke wäre es bei weitem nicht so leicht gewesen, einen passenden Deckel zu finden, denn Amerika macht gerne alles ein bisschen anders als Europa und der Rest der Welt, so auch bei Normungen.

    Für $13.99 können wir einen neuen Tankdeckel aufschrauben und kommen also mit einem Schrecken davon.

    Jetzt endlich: Essen. Das Restaurant das wir rausgesucht haben, ist wirklich schwer zu finden. Laut Google wohl mitten in einer Trailerparksiedelung (?). Etwas unbehaglich, aber wir versuchen es trotzdem zu finden und tatsächlich: ein unscheinbarer Wellblechverschlag weist sich als das Restaurant aus, nachdem wir suchen. Und hier soll es so gut sein? Wir gehen hinein und sind völlig von den Socken. Ein luftiger Raum mit einer bestimmt 10 Meter hohen Decke, über drei Ebenen tut sich vor uns auf. Ein riesiges Panoramafenster ermöglicht den Blick auf den Pazifik und ein Livemusiker sorgt für ein stimmungsvolles Ambiente. Krass, dass sich hier so ein Paradies auftut. So lässt sich der Abend gut beschließen.

    Wir fahren am nächsten Morgen weiter entlang der Pazifikküste. Am vorigen Tag haben wir ganz viele Camper gesehen, die ihr Nachtlager einfach an den vielen Aussichts- und Parkmöglichkeiten aufgeschlagen haben. Das wollen wir heute auch machen. Unser Ziel für den Tag liegt zwischen Half Moon Bay und Santa Cruz, südlich von San Francisco. Wir überlegen kurz. „Könnte das bedeuten, das wir über die Golden Gate Bridge fahren?“ Und tatsächlich: das Überfahren der Golden Gate Bridge ist Teil der Strecke. Man muss zwar eine Maut von $ 9 zahlen, das ist es uns aber allemal wert. Als wir auf die Brücke auffahren schieben sich große Nebelschwaden von dem Pazifik zum Festland. Es ist wirklich magisch, man sieht nicht links und nicht rechts und auch kaum 20 Meter weit. Auf einmal tut sich einer der großen Brückenpfeiler vor uns auf. Die Brücke ist deutlich größer als gedacht. Wir fahren weiter und weiter, bis sich der zweite Pfeiler auftut und wir schließlich auf der anderen Seite angelangt sind. Das war wirklich richtig toll und wir sind beide noch ganz euphorisch. Die Euphorie ist auf der anderen Seite aber schnell verflogen: Wir stehen mitten in der Rush Hour. Wir müssen unseren Weg durch den Rand von San Francisco machen und dahin wollen auch tausende andere Fahrzeuge. Stau auf einer siebenspurigen Autobahn. In dem doch sehr besorgniserregend aussehenden Auto - die Stoßstange macht’s nicht mehr lange - zwei Spuren neben uns raucht ein gruselig aussehender Mann am Steuer (!) eine Bong. Naja, lieber schnell weiter!

    In dem kleinen Örtchen Half Moon Bay machen wir einen Stop beim Mexikaner zum Abendessen. Kalifornien ist voller mexikanischer Restaurants und wir lieben es! Dann geht es weiter. Es dämmert langsam und wir halten entlang des Highway One Ausschau nach guten Stellplätzen für unseren Van. Aber… es gibt keine. Wir sind ganz alleine auf dem Highway und die ganzen romantischen Campergrüppchen vom Vorabend haben es nicht bis hierher geschafft. Hmm, da es aber bereits dunkel wird und wir auch müde sind, suchen wir also bei iOverlander (einer App, auf welcher gute Übernachtungsstellplätze für Camper angezeigt werden) nach einem entsprechenden Platz. Wir entscheiden uns für einen Pullout etwas abseits der Straße. Dort angekommen, bekomme ich (Johannes) jedoch ein schlechtes Bauchgefühl. Irgendwie fühlt es sich komisch an, hier zu übernachten. Nach etwas Recherche finden wir heraus, warum wir hier so alleine sind: Vor einigen Wochen ist hier scheinbar jemand mit einem Messer auf verschiedene Camper losgegangen und seitdem kann die Polizei die Sicherheit der Wildcamper nicht mehr garantieren. Deshalb ist es jetzt verboten am Straßenrand das Nachtlager aufzuschlagen und jeder der das tut und dabei erwischt wird, muss Strafe zahlen. Da sieht man mal wieder: das Bauchgefühl sollte man nicht unterschätzen. Wir fahren also weiter, jedoch ziemlich planlos wohin, denn Zeltplätze gibts in der Gegend so gut wie keine und Geld für ein Hotel oder Motel (ab 300 $ / Nacht) haben wir nicht.

    Nach einer halben Stunde Fahrt haben wir aber Glück: dort ist ein Campground ausgeschildert. Er ist Teil eines ziemlich luxuriösen Resorts und für 52 $ können wir dort unser Zelt aufstellen. Da es jedoch schon spät ist und wir müde sind, schlafen wir doch heimlich in unserem Auto. Das kriegt auch niemand mit. Der Zeltplatz selbst ist toll, es gibt ganz großzügige Duschen und Waschräume, einen großen Kamin und sogar eine Sauna. Die können wir jetzt gut gebrauchen! Die Sauna ist auch tatsächlich noch in Betrieb und wir freuen uns total auf ein heißes Dampfbad. Fünf Minuten später setzen wir uns zu fünf anderen Personen in eine sehr kleine Sauna, die ungefähr 28° C hat. Uns ist schon fast kalt. Es stellt sich heraus, das die Tür die ganze Zeit nur angelehnt war und deshalb müssen wir erstmal warten, bis die Saune sich aufheizt. Während dieser Zeit lernen wir aber sehr wertvolle Informationen. Wir erfahren nämlich, dass wir hier auf einem KOA Campground sind. „KOA“ steht dabei für „[K]ampgrounds of Amerika“. Das ist ein Anbieter, der Zeltplätze in ganz Amerika zur Verfügung stellt und - anders als die staatlichen Zeltplätze - immer einen gewissen Standart bietet: Immer Duschen, Waschmaschinen, saubere Waschräume und meistens sogar einen Pool oder eine Sauna. Als Mitglied kann man sogar 10 % pro Nacht sparen.

    Am nächsten Morgen werden wir sofort Mitglied bei KOA und buchen auch direkt einen entsprechenden Zeltplatz, diesmal bei
    Santa Margarita, einem kleinen Ort mitten in Kalifornien. Kurz bevor wir an unserem Zeltplatz ankommen, tut sich abseits der Autobahn ein riesiger Rummel auf. „Midcalifornia Fair“ steht in großen Buchstaben auf den Bannern. Wir machen große Augen! Vielleicht können wir da ja heute Abend hingehen, die Fair ist laut dem Navi immerhin nur 30 Minuten von unserem Campground entfernt. Gesagt getan: Nachdem wir auf unserem Zeltplatz eingescheckt, Wäsche gewaschen und ein bisschen am Pool (😎) gelegen haben, machen wir uns auf den Weg zur Midcalifornia Fair. Das scheint hier ein riesen Ding zu sein. Jede zweite Werbung im Radio macht Anspielungen auf die Fair (“Going to the fair? Get Icecream at ours before you go!”) und laut Flyer soll heute sogar Pitbull auftreten. Dafür braucht man zwar extra Tickets, aber beeindruckt sind wir trotzdem von dem ganzen Aufriss.

    Bei der Fair angekommen, geht erstmal die große Parkplatzsuche los, denn obwohl Amerika so ein autobestimmtes Land ist, für diesen Jahrmarkt gibt es bei weitem nicht genügend Parkplätze. Wir parken also ca. 2 Kilometer entfernt und müssen 20 Minuten zum Eingang laufen. Egal, das ist es uns wert! Der Rummel selbst ist ein riesiger Spielplatz. Zich Fressbuden, Fahrgeschäfte und Schießbuden blitzen und blinken in allen Farben des Regenbogens, überall trällert lustige Musik und tausende Menschen wuseln über das riesige Gelände. Wir wollen uns natürlich auch was gönnen. Rico holt sich einen 40 cm langen Corndog und ich mir einen HotDog „Chicago Style“.

    Es gibt Limonade in allen Geschmacksrichtungen die man sich vorstellen kann (und noch mehr: was bitte ist „Purple Flavor?“), Maiskolben am Spieß in Käseflips paniert und kandierte Äpfel mit den verschiedensten Toppings. Der Rummel besteht zum großen Teil aus Attraktionen die sich um sämtliche Achsen drehen, das kann ich nicht mitfahren ohne dass mir schlecht wird, wir entscheiden uns aber für Wilde Maus, ein Kettenkarussell in 20 Metern Höhe und Wildwasserbahn. Dass wir uns die bis zum Schluss aufgehoben haben, war eine sehr weise Entscheidung: wir sind pitschnass! Insgesamt war es ein sehr lustiger Abend, aber der Rummel war alles in allem doch sehr ähnlich zu dem, was wir in Deutschland bei den Volksfesten auch haben.

    Der nächste Streckenabschnitt führt und von Santa Margarita zu unserem nächsten KOA Campground in Palm Springs. Palm Springs liegt ganz in der Nähe des Joshua Tree Nationalparks, den wir uns auf dem Weg nach San Diego anschauen wollen. Auf der Fahrt nach Palm Springs stoppen wir in Montecito, der Nachbarschaft, in welcher auch Katy Perry und Orlando Bloom heimisch sind. Hier ist es wirklich paradiesisch. Gepflegte Grünstreifen und Bürgersteige, nicht viel Verkehr, die Vögel zwitschern und in der Luft liegt der Duft der umliegenden Hibiskusbüsche. Eine wahre Ruheoase. Kein Wunder, dass die Reichen und Schönen sich hier niederlassen. Weiter geht es, nun sollein wir durch Los Angeles fahren. Los Angeles selbst ist ja nicht nur die eigentliche Stadt L.A., sondern auch der Verwaltungsbezirk „Los Angeles County“, welchem neben der Stadt Los Angeles unter anderem auch die Städte Beverly Hills, Calabassas, Malibu, Santa Monica, Hollywood und Passadena angehören, die wir zumindest vorher alle als Stadtteile von Los Angeles eingeordnet haben. Da es sich dabei jedoch um eigene Städte handelt, kann man sich vorstellen, wie riesig Los Angeles ist. Über siebenspurige Interstates fahren wir stundenlang durch Los Angeles und geraten - natürlich, wie soll es anders sein - in die Rushhour. Insgesamt brauchen wir durch Los Angeles auf der Stadtautobahn fünf Stunden. Die Fahrt ist so anstrengend, dass wir zwischendurch sogar einen Fahrerwechsel machen müssen. In Amerika darf man ja auch von rechts überholen, was es nicht einfacher macht, den Überblick über den Verkehr zu behalten. Für heute Abend haben wir Tickets für das Reboot das Disney Klassikers „The Haunted Mansion“ in Palm Springs für 20:45 Uhr reserviert. „Schaffen wir locker“! Letztendlich kommen wir völlig geschafft um 20:43 Uhr auf dem Kinoparkplatz an und laufen erstmal gegen eine Wand. 43° Celsius. Uff, schnell ins Kino. Hier haben wir besondere „D-Box“ Plätze gebucht, die sich während des Films mitbewegen sollen. Das funktioniert mehr schlecht als recht und nach dem Film ist uns ein bisschen flau im Magen.

    Jetzt ist es 23 Uhr und es sind noch 38° C. Kälter wird es heute nicht. Die Nacht wird entsprechend. Mit kaum mehr als 3 Stunden Schlaf und vielen Stunden rumwältzen und schwitzen in den Knochen, fahren wir am nächsten Morgen weiter. Jetzt aber erstmal durch den Joshua Tree Nationalpark, bevor es endlich auf die letzten Meilen nach San Diego geht.

    Der Joshua Tree Nationalpark ist der einzige Ort der Welt, wo der Joshua-Tree wächst. Der Joshua Tree gehört zu der Familie der Jucka-Palme und sieht aus wie ein riesiger stacheliger Baum von einem anderen Planeten. Die ganze Landschaft hier ist lebensfeindlich und faszinierend zugleich. Der Gedanke, dass wir vor knapp zwei Monaten in Alaska gestartet sind und nun schon in der Wüste stehen, ist wirklich Wahnsinn! Wir sind überwältigt, von der Landschaft hier, die schon wieder so anders ist, als alles was wir bisher gesehen haben. Wir durchfahren den Park zwar nur und machen hier keine Wanderungen (viel zu heiß!!), aber die Straße durchquert den Joshua Tree Park komplett, sodass wir einen sehr guten Eindruck kriegen. Riesige Steinhügel tauchen links und rechts der Straße auf und sehen so aus, als hätte ein großer Mensch sie zu einem Haufen zusammengerauft. Eidechsen, Klapperschlangen und giftige Skorpione sind hier ansässig, aber außer einer Eidechse sehen (und hören) wir zum Glück nichts davon. Die kommen auch erst nachts raus, wenn es nicht mehr so heiß ist. Wir sind wirklich hin und weg von der Landschaft und schon viel weniger müde. Dennoch ist die Fahrt nach San Diego sehr anstrengend, denn es geht wieder über siebenspurige Autobahnen.

    Nach einer Mittagspause bei In-N-Out Burgers (der besten Burgerkette der Welt, die es leider nur in Kalifornien gibt) kommen wir - nach 2.000 Kilometern Autofahrt von Portland - dann endlich in San Diego an und freuen uns auf ein paar Strandtage an denen wir endlich mal nichts machen wollen! (J)
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  • San Diego: Punkrock unter Palmen 🤘🏼🌴

    July 31, 2023 in the United States ⋅ ☁️ 23 °C

    Südkalifornien, kurz vor der mexikanischen Grenze: San Diego.

    Die Empfehlung kam von Leuten sowohl aus Anchorage als auch aus Portland. Die Stadt soll einen besonderen Vibe haben und die Strände am Pazifik sollen zum Baden einladen. Genau das was wir suchen.

    Gegen Nachmittag kommen wir in Ocean Beach an. Ocean Beach ist ein Stadtteil San Diegos der direkt an der Küste liegt. Die Häuser sind flach, höchsten zwei Geschosse. Die Sonne scheint. Die Leute schlendern durch die Straßen…in Badehosen und Bikinis. In Badehosen und Bikinis! Schlendernd! Darauf haben wir uns schon so lange gefreut. Hier sind wir genau richtig! Wir checken im Hostel SameSun ein. Ein ehemaliges kleines Strandhotel von 1900, das heutzutage ein Anlaufpunkt für Hippies, Surfer und Weltenbummler ist. Die Fassade ist farbenfroh bemalt mit Blumen, Regenbögen und Fischen und auf dem Dach steht ein riesiges Peace-Zeichen. Wir sind im Hippi-Paradies angekommen.

    Jetzt aber erstmal die Badehose an und ab an den Strand, die letzten zwei Sonnenstunden genießen. Fünf Minuten und wir sind da. Auf der Promenade bieten Händler allerlei handgefertigte Waren an, einer dreht sich einen Joint, im Wasser 40 Surfer die sich an den 1,5m hohen Wellen versuchen. Eine Gruppe stößt euphorisch mit Drinks - ganz klassisch in roten Plastikbechern - an, andere liegen platt da und sind schon derart braun dass man meinen könnte sie machen seit 3 Monaten nichts anderes. Wir lieben es. Von den Wellen lassen wir uns immer wieder an Land spülen. Wir machen wilde Hebefiguren oder tauchen unter den brechenden Wassermassen durch. Der Ekel vor dem Seegras und den meterlangen Algen kommt nur bei besonders prächtigen Exemplaren kurz durch, „es sind ja auch wirklich einfach nur Pflanzen“, sagen wir uns.

    Nach dem Abendbrot wollen wir auf der Hostelterrasse mit Blick auf die kleine Straße den Abend ruhig ausklingen lassen, doch es kommt anders. Tara aus den Staaten, Sam aus Neuseeland und Daniel aus Deutschland verwickeln uns in ein Gespräch, der Supermarkt auf der anderen Straßenseite versorgt uns mit IPA und Weißwein aus der Dose. Es wird ein feuchtfröhlicher Abend mit tollen Gesprächen und wundervollen Menschen. Wenn das der Vibe San Diego‘s ist, dann kanns gern so weitergehen.

    Samstag ist Strandtag. Nach dem Frühstück gehts mit Daniel und Tara nach La Jolla (spanisch ausgesprochen als La Choja), ein Stadtteil San Diegos, etwa 30min entfernt von Ocean Beach. Buchten mit weiße Sandstränden prägen diesen Bezirk. Auf den Felsen der Steilküste sitzen Seelöwen und Robben und über die Badenden fliegen die Pelikane. Wir breiten unsere Handtücher aus und stürzen uns erstmal in den Ozean. Es ist wieder seegrasig, aber das sind wir ja schon gewöhnt. Danach gibts ein paar Sandwiches, die wir vorher im Supermarkt gekauft haben, wir quatschen, lachen, schießen Fotos und haben eine gute Zeit.

    Zu 18 Uhr ist ein Skate-Contest in Ocean Beach angekündigt, keine 3 Minuten vom Hostel entfernt. Also Strandsachen zusammenpacken, ab zum Van und zurück in unseren Kiez. Wir zwei ziehen uns noch schnell ne riesige Käsepizza am Strand rein (diesmal landet nichts von der Pizza auf irgendwelchen T-Shirts!), die anderen Beiden gehen direkt zum Event. Das Skate Event ist auf der Rückseite eines Skate Shops. In Amerika liegen die Rückseiten von Gebäuden häufig in engen, schmucklosen Gassen, in denen unter anderem auch die Mülltonnen stehen oder die Mitarbeiter zum rauchen die Laderampe nutzen. Man kennt diese Gassen auch aus Filmen: Hier enden Verfolgungsjagden entweder indem der Verfolgte über eine Seitentür verschwindet um sich in Sicherheit zu bringt oder der Verfolgte steht plötzlich vor einem Zaun, der ihm den Weg versperrt, weshalb er dann vom Verfolger gemeuchelt wird. In so einer Seitenstraße ist also besagter Contest. Und der ist in vollem Gange. Rocker, Punker, Hippies und Skater zwischen 5 und 70 Jahren, bestimmt 100 Leute. Die Skater nehmen ordentlich Anlauf, fahren über einen Kicker, springen über einen Zaun und grinden schließlich über die Kante eines Müllcontainers. Die biertrinkende Menge quittiert die Tricks entweder mit Applaus oder auch mit einem mitfühlenden „ouuuhh“. Gleichzeitig spielt eine Band. Psychodelic Rock. Geht schön sphärisch nach vorn. Das Bier ist auf Spendenbasis, die Burger sind ‚for free‘ (haben wir zu spät mitbekommen, wir hatten ja nun schon ne Pizza). Nach Sonnenuntergang ist der Contest zu Ende, aber die Livemusik geht weiter. Diesmal eine Punkband. Die Menge tobt. Es wird gepogt. Wir holen uns im Supermarkt noch mehr Bier. Es fetzt einfach. Mit einem betrunkenen Amerikaner reden wir über „Schnurrbärte“, er will alles über Bärte wissen und wie sie im Deutschen genannt werden. Der ganze Abend fühlt sich an als wären wir in Kreuzberg, nur unter Palmen. Selig und beschwipst schlendern wir irgendwann richtig Hostel und fallen ins Bett. „California dreaming“, heute Abend haben wir es gefühlt.

    Am nächsten Morgen sitzen wir auf der Hostelterrasse und telefonieren erstmal ausgiebig bei etlichen Kaffee’s nach Deutschland. Dann drehen wir eine Runde durch Ocean Beach auf der Suche nach der ein oder anderen coolen Klamotte, letztlich ohne Erfolg. Aber allein durch die Straßen San Diegos zu schlendern fühlt sich gut an. Reggae hier, Rockmucke da. In der Bar trinken sie schon Bier und spielen Billard, im Café wird ein Fair Trade Cappuccino mit Hafermilch bestellt. Man fährt Longboard, Rollschuh oder Fahrrad, Hauptsache lässig. Alles sehr vertraut. Hier ist es auf eine angenehme Art amerikanisch ohne zu amerikanisch zu sein.

    Genug gelaufen. Ab zum Strand, diesmal mit Boogi Boards (kleine Surfboards) vom Hostel. Wir haben richtig Spaß. Auch das Seegras ändert daran nichts (hats ja noch nie). Danach in der Sonne brutzeln bei einem Kreuzworträtsel bzw. wahlweise einem kleinen Schläfchen. Dann kommt von Daniel ein Anruf: ob wir ein Thermometer haben, er hat nen Sonnenstich. Haben wir. Ist im Van. Der steht in der Nachbarschaft, drei Blöcke vom Hostel entfernt, da ist das Parken kostenlos. Wir gehen also zum Auto. „Das hat doch ne Beule!”. Und Kratzer. Je näher wir kommen desto deutlicher werden die Spuren hinten links am Heck. Das gibts doch nicht: Uns hat ein anderes Auto gestreift. Es ist ein Lackschaden, nicht gravierend aber doch wertmindernd. Und eine Autoversicherung haben wir ja, und die ist nicht gerade billig. Also rufen wir das SDPD (San Diego Police Department) an um den Schaden anzuzeigen. 50 Minuten Warteschleifen in der Non-Emergency Hotline. Und immer wieder die gleichen Bandansagen. Gehirnwäsche. Dann endlich die Erlösung: eine Mitarbeiterin nimmt ab. Wir schildern den Sachverhalt. Sie verweist uns auf ein Onlineformular, das sollen wir ausfüllen und dann wird es von einem Beamten bearbeitet und gilt dann als Schadensnachweis für die Versicherung. 30 Sekunden hat das insgesamt gedauert. Wow. Heute machen wir nichts mehr, morgen ist ein neuer Tag.

    In unserem 8ter Gemeinschaftssaal steht die Luft. Locker 28 Grad. Alles klebt. Zusätzlich wird geschnarcht, was das Zeug hält. Johannes hat fast kein Auge zugemacht. Wir sprechen mit Eric von der Rezeption und schildern ihm die Situation. Mit Eric haben wir in den letzten Tagen immer wieder mal geschnackt. Er ist entspannt. Ohne zu zögern bietet er uns ein anderes 8ter Zimmer an, dass - so versichert er uns - deutlich besser klimatisiert ist und gleichzeitig die kommenden Tage nicht voll ausgebucht ist. Wir ziehen sofort um. Danke Eric!

    Beim Frühstück kümmern wir uns um den Schaden beim Auto. Der Polizeibericht ist schnell ausgefüllt, der Anruf bei der Versicherung ist hingegen etwas ernüchternd, da ein Schaden durch Fahrerflucht nicht versichert ist. Bedeutet, wir müssen selber für den Schaden aufkommen. Wir sind sauer! Das ist einfach nicht gerecht, wir haben ja nichts falsch gemacht oder den Schaden aktiv verursacht. Jetzt wollen wir es aber auch genau wissen und fahren zum Nächsten Body Shop (diese Werkstätten sind auf Karosseriearbeiten spezialisiert) um den Schaden schätzen zu lassen. Nach einer kurzen Inspektion und ein paar erklärenden Worten sagt der Mechaniker: “Well, you should plan with around 3000 Dollar”. Das Launelevel sackt nochmals ab. Wir entscheiden die Entscheidung erstmal zu vertagen. Später kommen wir zu dem Entschluss die Ausbesserungsarbeiten - wenn überhaupt - am Ende unserer Reise durchführen zu lassen. Letztlich ist unser Van noch immer in erstklassigem Zustand im Vergleich zur Mehrzahl der Rostlauben, die hier sonst durch die Straßen cruisen.

    Nach einer kurzen Kochsession mit Daniel in der Hostelküche überwinden wir das Mittagstief direkt, schwingen uns zu viert in die Karre von Tara und fahren in den Nachbarbezirk Pacific Beach, denn da gibts einen kleinen Freizeitpark mit einer Hand voll Fahrgeschäften..allesamt etwas in die Jahre gekommen. Es klappert und quietscht, die Leute schreien. Ob vor Freude oder aus purer Angst bleibt unklar. Wir sind wegen der Achterbahn hier. Die ist komplett aus Holz gebaut und den Blick über den Pazifik und San Diego wollen wir uns nicht entgehen lassen. Acht Dollar pro Person kostet der Spaß. Machen wir also. Beim Anstehen beobachten wir die Leute die aus der Achterbahn aussteigen. Irgendwie traumatisiert. Aber trotzdem nicht unglücklich. Also los. Den Sicherheitsbügel schön eng anpressen und dann gehts schon klackernd nach oben. Neben dem Klackern noch das Ächzen der alten Holzbalken. Wir sitzen ganz hinten, “da ist man am schnellsten”. Der Zug passiert mit dem ersten Wagon den oberen Kipppunkt. Die ersten Schreie sind zu vernehmen. Wir genießen die Aussicht. Wirklich ein nettes Städtchen. Der Zug nimmt fahrt auf, es geht bergab. Alle schreien. Wie am Spieß. Der erste Dipp, die Wirbelsäule wird schmerzhaft zusammen gestaucht. In der Linkskurve, die sich eher wie eine Linksecke anfühlt, wird der Kopf nach links geschleudert. Dann bergauf, ein kurzer Moment der Schwerelosigkeit, gefolgt vom nächsten Dipp. Diesmal fühlt es sich nach Hirnblutung an. In mittelschwerer Benommenheit bringen wir die nächsten Kurven und Dipps hinter uns und steigen schließlich aus. Traumatisiert. Aber nicht unglücklich.

    Zurück in Ocean Beach gehen wir vier noch zu einer Jazz Jam Session zwei Blocks weiter. Die Bar ist schräg. Verrückte Möbel - ein Stilmix aus verschiedenen Epochen - surreale Kunst und Installationen und eine interessante Mischung aus Menschen lassen uns die Aufregungen des Tages vergessen.

    Dienstag. Wir wollen Jetski fahren. Die Karten haben wir schon die Tage vorher rabattiert gekauft. Bevor es richtig los geht bringen wir das Auto zum Ölwechsel und fahren dann direkt von der Werkstatt mit Tara und Daniel zum Hafen. Nach kurzer Instruktion dürfen wir auf unsere Jetskis, immer pärchenweise (heißt nicht das Tara und Daniel ein Pärchen sind, die beiden haben sich im Hostel kennengelernt). Ich (Rico) sitze auf dem Fahrersitz, Johannes dahinter. Im Hafenbereich sind die Jetskis automatisch gedrosselt auf 5mph, ab der grünen Boje wird die Drosselung aufgehoben, sagt uns der Instruktor. Wir also los im Schneckentemp, ist vielleicht auch gar nicht schlecht um erstmal ein Gefühl zu entwickeln. Tara und Daniel überholen uns. Im Affenzahn. Komisch. Wir schleichen weiter. Da hinten ist ja schon die Boje. Sie kommt näher. Wir passieren sie. Nicht passiert. “Gibst du auch richtig Gas?”, “Ja, ist voll auf Anschlag”, “Geh mal in den neutralen Gang und dann wieder zurück in den Vorwärtsgang”, “Warte…klappt nicht. Wir fahren weiter nur 5 Meilen die Stunde”, “Maaaan ej, sollen wir mal Plätze tauschen?”, “Neeein maaan, ich krieg das schon hin”..es wird hitzig, wir keifen uns noch kurz an aber dann auf einmal schießt das Gefährt los. Endlich. Aber es ist nicht einfach auf dem unruhigen Wasser. Nach 10 Minuten tauschen wir in ruhigerem Fahrwasser die Plätze. Jetzt ist Johannes am Steuer und es läuft. Mit bis zu 40 mph (das sind um die 70 km/h!!) preschen wir übers Wasser, vorbei an den Wolkenkratzern Downtowns, an Flugzeugträgern der US Navi, einem alten Piratenschiff und edlen Villen. Es fetzt. Im Fahrwasser anderer Schiffe haben wir kurze Flugphasen, beim Landen kreischen wir vor Freude. Also Jetskis gehen schon richtig ab, vergleichbar mit ner Achterbahnfahrt, die allerdings 90 Minuten geht. Auf dem Rückweg auf Höhe der grünen Boje werden wir wieder gedrosselt. Wäre ja nicht weiter schlimm gewesen, wenn die anderen Beiden nicht schon wieder mit 50 Sachen an uns vorbei geschäppert wären. Johlend und voller Freude. Fies, aber so können wir noch ein bisschen runterkommen nach der aufregenden Fahrt. Auf den Rückweg schmeißt Tara uns dann bei der Werkstatt raus wo unser Auto bereit steht für die Abholung. Easy cruisen wir mit dem frisch geölten Van zurück nach Ocean Beach.

    Den Nachmittag verbringen wir am Strand und reiten noch einmal die Wellen mit den Boards. Die Wellen sind ordentlich groß und wir perfektionieren unsere Surfkünste. Das macht nochmal richtig Spaß. Und das Seegras gehört mittlerweile irgendwie dazu. Wir wollen es schon fast nicht mehr missen, dieses glitschige meterlange Grünzeug. Es wird das letzte Mal sein, dass wir auf unserer Reise in den Pazifik gesprungen sind.

    Am Mittwoch packen wir nach dem Frühstück das Auto, verabschieden uns von Tara (Daniel ist schon am Vorabend abgehauen) und verlassen schweren Herzens San Diego. Bis zum nächsten Mal!

    Aber jetzt geht es erstmal nach San Francisco…
    (R)
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  • San Francisco: Hippies und Elite-Uni ☮️

    August 4, 2023 in the United States ⋅ ☀️ 17 °C

    Am Mittwoch fahren wir nach dem Frühstück aus San Diego los Richtung San Francisco. Die Fahrt zurück nimmt zwei Tage in Anspruch. Den ersten Tag wollen wir acht Stunden bis hoch zum Pinnacles Nationalpark fahren, weil wir dort einen günstigen Zeltplatz gefunden haben. Von dem Pinnacles Nationalpark sind es dann nur noch knapp zwei Stunden Fahrt bis San Francisco, bzw. Palo Alto, der Stadt in welcher wir unsere Freundin Marie besuchen wollen.

    Am ersten Tag nehmen wir also den Großteil der Strecke mit und fahren unter anderem auch durch Los Angeles, diesmal aber die Stadt. Das wollten wir uns nun doch nicht nehmen lassen, hier wenigstens auch einmal durchzufahren und den Duft Hollywoods zu schnuppern. Uns hat L.A. aber nicht wirklich von den Socken gehauen. Es war schon sehr cool, den Sunset-Boulevard hinunter zu fahren, wo links und rechts der berühmte „Walk Of Fame“ mit den vielen im Boden eingelassenen Sternen die Straße säumt. Auch Beverly Hills ist mit seinen ganzen Villen und prächtigen Anwesen schön anzusehen und das berühmte Hollywood Schild thront erwartungsgemäß majestätisch über dem ganzen Spektakel. Alles in allem war L.A. jedoch vergleichsweise unspektakulär und vor allem die großen und berühmten Straßen und Orte, wie etwa das Dolby Theatre in welchem die Oscar-Verleihung stattfindet, sehen im Fernsehen doch viel größer aus, als sie tatsächlich sind.

    Von Los Angeles fahren wir dann durch trostlose und ganz unglamoröse Einöde bis zum Pinnacles Nationalpark. Auch dieser ist nicht spektakulär, aber der Zeltplatz ist schön und hat sogar Duschen!

    Am nächsten Morgen lassen wir es entspannt angehen. Um 14 Uhr fahren wir dann bei Marie vor. Marie wohnt zusammen mit vier Mitbewohner:innen in einem wirklich schönen Einfamilienhaus im Midcentury-Baustil. Total lichtdurchflutet und geräumig, wir fühlen uns direkt sehr wohl. Hier im Palo Alto und grundsätzlich im ganzen Großraum San Franciscos wird in der Regel nicht höher als 1-2 Stockwerke gebaut. Das trägt auch zum allgemeinen Wohlbefinden bei. Marie arbeitet gerade am Institut für Wirtschaftliche Forschung der Stanford University und muss daher an diesem Donnerstag noch arbeiten. Rico und ich laden also unsere Sachen ab und machen einen Spaziergang durch das schöne Palo Alto. Hier ist die Welt noch in Ordnung. Grüne, vielleicht etwas spießige Vortortidylle lässt uns zur Ruhe kommen. Hier ist es überhaupt nicht aufgeregt. Wir holen uns einen Kaffee und schlendern durch den nahegelegenen Park. Dort legen wir uns auf die Wiese und dösen ein bisschen vor uns hin. Auf dem Rückweg gehen wir bei Bargain Outlet ein paar Sachen einkaufen und können unseren Augen kaum glauben, wie günstig die Lebensmittel hier sind!! Fast so günstig wie in Deutschland und um einiges günstiger als in den übrigen Geschäften! Das ist ein wahrer Glücksgriff, hier werden wir künftig immer einkaufen gehen, vorausgesetzt es gibt noch mehr Geschäfte dieser Kette in den Vereinigten Staaten.

    Nachdem wir unseren Einkauf bei Marie verstaut haben, fahren wir zu dritt in das „Stadtzentrum“ Palo Altos. Palo Alto gehört zu den teuersten Wohnregionen in den gesamten USA und das spürt man auch. Alles ist sauber, ordentlich und sicher. Von der Obdachlosigkeit die in so vielen anderen Städten ein großes Problem darstellt, bekommt man hier nichts mit. Dass die Menschen hier nicht nachvollziehen können, warum die soziale Spaltung in der amerikanischen Bevölkerung immer mehr zunimmt, leuchtet uns hier ein. Es gibt hier ja schlicht keine Probleme. Zumindest als weiße:r Amerikaner:in.

    Für einen Donnerstagabend ist es in Palo Alto ziemlich voll und bei dem Pizzarestaurant das wir ursprünglich ins Auge gefasst haben, kriegen wir leider keinen Tisch. Also gehen wir auf Maries Empfehlung zu einem anderen Restaurant, doch auch hier haben wir Pech: alles voll, wir können uns aber auf eine Liste schreiben lassen, in 30-45 Minuten wäre der nächste Tisch frei. Hungrig hinterlegen wir also unsere Namen mit einer Telefonnummer und überbrücken die Wartezeit mit einem Spaziergang durch die schönen Einkaufsstraßen Palo Altos. Nach der angesagten Zeit werden wir wieder bei dem Restaurant vorsprechig, es dauert aber noch zehn Minuten. Gut, also nochmal warten. Als wir nach zehn Minuten dann immernoch keine Nachricht bekommen haben, gehen wir nochmal zurück um nachzufragen. „Oh, ihr seid ja gar nicht aufgetaucht, also haben wir euren Tisch vergeben.“ Der Hunger ist inzwischen so groß, dass uns fast die Tränen in die Augen schießen. Nachdem wir erklärt haben, dass wir keine SMS bekommen und ja die ganze Zeit vor der Tür rumgelungert haben, hat man Mitleid mit uns. Der nächste freie Tisch wird also unserer und wir können endlich essen. Es gibt Cajun Pommes, Mac&Cheese und Jalapeño-Maisbrot mit Akazienhonig. Alles in allem hat sich das warten gelohnt! Schlafen dürfen wir die drei Nächte bei Marie im Zimmer. Sie schläft in der Zeit bei ihrer Freundin Sophia, die aber in einem anderen Haus wohnt. Somit sind Rico und ich mit den übrigen vier Mitbewohner:innen allein in dem Haus. Drei von ihnen lernen wir auch kennen, sehr nette Gesellen, aber eben Zweck-WG-Vibes.

    Am nächsten Morgen machen Rico und ich uns nach dem Frühstück auf nach San Francisco (Marie muss arbeiten). Aus Palo Alto fährt ein Zug nach San Francisco. Eine Fahrt: 8$. Cool, denken wir uns, denn von Marie haben wir am Abend vorher erfahren, dass in San Francisco die meisten Autos in den gesamten USA geknackt und gestohlen werden. Da wir darauf nach der Fahrerflucht jetzt nicht unbedingt auch noch Lust haben, wollen wir also entspannt mit dem Zug fahren. Die nächste Station ist leider 30 Minuten zu Fuß entfernt, es hilft ja nichts, also los! Wir laufen und laufen, die Sonne knallt erbarmungslos auf uns runter, zum Glück haben wir uns warm angezogen - in San Francisco ist es schließlich immer deutlich kühler als in den Außenbezirken. Laut Navi kommen wir immer später am Bahnhof an, bis sich die finale Ankunftszeit schließlich mit der planmäßigen Abfahrtszeit des Zugs deckt. Die letzten Meter rennen wir also und kommen recht verschwitzt am Gleis an: der Zug hat 20 Minuten Verspätung. Na klar. Nach 20 Minuten steigen wir dann endlich in den immerhin klimatisierten Zug. Nun dauert es eine knappe Stunde bis wir in San Francisco sind. Für San Francisco haben wir uns einen Sightseeing-Bus gebucht. Das ist immer gut, um einen raschen Überblick und ein Gefühl für eine Stadt zu bekommen. Vom Hauptbahnhof in San Francisco sind es ja auch nur …. 30 Minuten zu Fuß… also wieder los. Letztendlich hat es insgesamt also 2,5 Stunden von Tür zu (Bus-)Tür gedauert aber jetzt sind wir endlich in Downtown San Francisco! An der Station für den Sightseeing-Bus warten wir kaum 10 Minuten, schon können wir einsteigen und bekommen während der Fahrt viele spannende Infos über die Stadt. In dem Stadtteil Hight-Ashbury steigen wir aus: hier wird der Hippie-Lifestyle für den San Francisco so bekannt ist, noch authentisch gelebt. Die Häuser sind bunt, die Menschen sind bunt und an jeder Ecke wird Musik gemacht. Die Läden bieten schrille Psychodelia oder Vintage-Mode an und auch die Musik spielt eine große Rolle: es gibt viele kleinere und größere Record-Stores und sogar das ehemalige Haus von Jimi Hendrix befindet sich in der Straße. Wir bummeln durch die Gegend und ich (Johannes) kaufe mir in einem Vintage-Geschäft eine cool geschnittene Bomberjacke, Rico wird hingegen bei Amoeba-Music (einem riesigen Musikgeschäft) fündig. Insgesamt vier CDs wurden hier erstanden, „ich bin aber nur bis „E“ gekommen!“.

    Nach langer Zeit des Bunmelns stellen wir uns wieder an die Haltestelle für den Sightseeing Bus, aber… es kommt keiner. Nach einer halben Stunde warten stehen neben uns inzwischen mindesten 30 weitere Personen an der Haltestelle und warten auf den Bus. Wir haben aber Glück, der Bus hält genau vor uns, sodass wir als erste einsteigen können und nach zwei Stationen auch oben nebeneinander sitzend die weitere Fahrt genießen können. Wir fahren noch einmal über die Golden Gate Bridge (das kennen wir ja schon) und durch das schöne San Francisco mit all seinen Highlights. Nur die berühmte geschwungene Lombard-Street verpassen wir leider, weil diese zu steil und eng für den großen Bus ist. In Downtown wollen wir uns bei „Tony‘s“ eine Pizza zum Abendbrot abholen, weil hier (laut Frank Rosin) wohl die beste Pizza der Welt serviert werden soll. Dort angekommen ist unser Hunger aber zu groß um uns an der lange Schlange anzustellen, wir finden in Little Italy das wunderschöne Restaurant „The Stinking Rose“ und bekommen hier eine vorzügliche Calzone und hervorragende Gnocchi serviert. Gestärkt und zufrieden geht es für uns nun zurück zum Bahnhof. Wir beschließen, den Bus zu nehmen. Da wir hier noch nicht mit dem Bus gefahren sind, fragen wir drei Mitarbeiter des Restaurants, wo man Bustickets kaufen könne. „Just don’t pay. That‘s what I always do. Nobody is checking for tickets anyways. Take the risk guys!” wird uns mit hämischem Lächeln in italienischem Akzent geantwortet. Naja, da wir uns ohnehin ein bisschen sputen müssen, um unsere Bahn zurück nach Palo Alto zu erwischen, steigen wir in den nächsten Bus ein, ohne Ticket. Tatsächlich werden wir nicht kontrolliert, das war jetzt aber auch wirklich nur eine Notlösung! Wir kaufen sonst immer Fahrkarten. So auch für den Zug nach Palo Alto. Mit den Fahrkarten setzen wir uns rechtzeitig fünf Minuten vor Abfahrt in den Zug. Es vergehen fünf Minuten, zehn Minuten, zwanzig Minuten. Nichts passiert. Dann eine Ansage des Zugführers: Die Abfahrt verzögert sich um unbestimmte Zeit, scheinbar steht ein anderer Zug mitten auf den Gleisen und versperrt die Durchfahrt. Wir können also nichts anders machen als: Warten. Mal wieder. Inzwischen sind wir ja geübt darin. Der Zug sollte um 19:10 Uhr abfahren. Inzwischen ist es 20:30 Uhr und wir stehen immer noch im Bahnhof. Unser temporäres Nummernschild haben wir inzwischen in zwei geteilt und spielen auf der Rückseite Stadt-Land-Gewässer (wer kennt überhaupt so viele Flüsse?). Dann hören wir wieder die Stimme des Zugführers, diesmal ganz euphorisch: „Folks, I have amazing news for you! There is a bus waiting in front of the station that will bring you to the next train station. From there you can take the train to your regular destination”. Aha, naja also die Einrichtung eines SEV bei Störungen im Betriebsablauf sind wir in Deutschland ja eher als Mindeststandard gewöhnt und nicht als eine Leistung die eine solche Euphorie hervorrufen würde. Wir laufen also nach vorne zum Bahnsteig mit hunderten anderen Passagieren. Aber da steht kein Bus. Auf den müssen wir (natürlich) noch zwanzig Minuten warten. Und als wir dann endlich an der nächsten Station ankommen - inzwischen ist es 21:30 Uhr - steht dort auch kein Zug der uns mitnehmen könnte. Auf der anderen Seite steht zwar ein Zug der eigentlich Richtung San Francisco fahren sollte, aber auch nicht weiter kommt. Auf Rückfrage erfahren wir, dass hier niemand vom Personal weiss, was jetzt passieren soll. Also wieder warten. Schließlich einigt man sich darauf, dass der Zug vom gegenüber liegenden Gleis uns mit zurück in die für uns richtige Richtung nimmt. Dafür gibt es aber keinen normalen Übergang von einem Gleis zum anderen, nein, wir müssen wieder in den Bus einsteigen und geschlagene 10 Minuten um den Pudding fahren, um ans andere Gleis zu gelangen. Da soll mir nochmal jemand sagen, Deutschland sei unorganisiert. Am anderen Gleis angekommen steigen aus dem Bus aus, der aber natürlich nicht alle Passagiere auf einmal mit rüber bekommen hat und in den Zug ein. Und obwohl nicht alle Passagiere mitgekommen sind fährt der Zug direkt los. Während noch etwa die Hälfte der Passagiere am anderen Gleis stehen. Zum Glück haben wir es in die erste Fahrt geschafft, sonst müssten wir da noch länger warten.

    Schließlich kommen wir um 22:30 Uhr in Palo Alto an. Marie holt uns ab vom Bahnhof und der erhoffte gemeinsame Abend fällt dann leider nur sehr kurz aus, da wir alle erschöpft ins Bett fallen.

    Dafür verbringen wir den nächsten Tag komplett zusammen. Am Vormittag holen wir uns einen sehr lecker belegten Bagel und erkunden das Gelände der Stanford-University. Ein wirklich schöner Campus. Sehr grün, viele Brunnen und wenig Verkehr. Das man hier zwischen der Vorlesungen gut abschalten kann, merken wir sofort. Auch die Architektur ist interessant. Mediterraner Klassizismus, in Sandsteinfarben gehaltene glatte Fassaden und rote Dächer.

    Nachdem wir in dem Stanford-University-Shop gestöbert haben (hier gibt es sogar eine eigene Kollaboration mit Nike) und Marie uns ihr Büro gezeigt hat, geht es weiter nach San Francisco. Diesmal klappt die Anreise reibungslos, da wir mit einem Uber fahren, das nur marginal teurer ist als drei Zugtickets.

    Marie zeigt uns heute ihren liebsten Teil San Franciscos: das Mission-District. Der Stadtteil ist vergleichbar mit Berlin-Neukölln. Hier gibts es viele Künstler:innen, die entweder auf der Straße ihre musischen Fähigkeiten zur Schau stellen oder in den verschiedenen kleinen Geschäften ihr Handwerk anbieten. Wir holen uns Bubble-Tea und laufen durch eine schöne mit Graffitis besprühte Gasse, wo verschiedene politische Statements künstlerisch in Szene gesetzt werden. Im Sonnenschein lassen wir uns einfach treiben, halten hier und da mal an, bummeln und holen uns leckeres Gebäck. In einem Bronze-Geschäft wird Marie von einer von der Decke fallenden Biene gestochen. Hier passiert nichts so, wie man es erwartet. San Francisco ist wirklich eine sehr coole Stadt, voller Leben. Auch hier ist jedoch die soziale Spaltung Amerikas nicht von der Hand zu weisen, insbesondere die Schere zwischen arm und reich. Viele Obdachlose und gescheiterte Personen sind Teil des Straßenbildes. Es ist nicht gefährlich, aber dennoch ist die Armut auch hier deutlich erkennbar. San Francisco ist seit dem Technik-Boom und der Ansiedlung der großen Firmen wie Apple und Facebook extrem gentrifiziert. So mussten die Menschen, die hier schon ihr ganzes Leben wohnen ihre Wohnungen verlassen, weil diese inzwischen nicht mehr bezahlbar sind.

    Den Nachmittag verbringen wir in einem großen und schönen Park und treffen hier auch noch Freunde von Marie, mit denen wir ein paar Runden UNO spielen. Danach gehen wir (wieder zu dritt) auf Maries Empfehlung zu einem Chinesen und essen dort wirklich hervorragendes chinesisches Essen. Gesättigt machen wir anschließend auf meinen Wunsch hin einen kleinen Spaziergang zu einem Donut Geschäft, für einen Nachtisch. Letztendlich dehnt sich dieser Spaziergang zu einer kleinen Wanderung aus, da das erste Geschäft keine Donuts mehr vorrätig hat, weshalb wir noch ein paar Kilometer die steilen Hänge von San Francisco bergan zu einem anderen Geschäft laufen müssen. Die Stimmung kippt beinahe und Teile unserer Reisegruppe sind kurz davor die ganze Aktion abzubrechen, dann gibt es aber doch wirklich leckere und bezahlbare Donuts. Von hier gehts es für uns dann wieder zurück nach Palo Alto.

    Nach einem ausgiebigen Frühstück verabschieden wir uns am nächsten Morgen von Marie und machen uns auf den Weg zu dem berühmten Yosemite Nationalpark, wo wir endlich wieder wandern wollen…
    (J)
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  • Der Yosemite: Wasserfälle & Felsgiganten

    August 7, 2023 in the United States ⋅ ☀️ 24 °C

    Beschwingt von der urbanen Vielfalt San Franciscos zieht es uns nun in einen der berühmtesten und meistbesuchten Nationalparks der USA: Den Yosemite National Park. Der Park liegt etwa vier Autostunden östlich von San Francisco. Ursprünglich hatten wir nicht geplant den Park zu besuchen, aber von unterschiedlicher Seite wurde uns nahegelegt, es besser doch zu tun. Dann wollen wir jetzt aber auch das volle Programm: Wandern mit Zelt auf dem Rücken, übernachten, und wieder zurück! Der Plan steht. Mit der Orga haben wir schon zwei Wochen zuvor angefangen, denn ganz in überregulierter US-Manier ist hier einiges zu beachten und vor allem zu beantragen. Unser Anreisetag ist Sonntag. Hier müssen wir bis 18 Uhr am Zeltplatz Camp 4 (rischtje Berliner sollten hier kurz aufmerken) einchecken, den man hoffentlich vorher reserviert hat. Haben wir. Für Montag ist dann die Wanderung über den sogenannten Mist Trail zum Little Yosemite Valley geplant. Das Zelten ist im Little Yosemite Valley nur in einem sehr rudimentär ausgestatteten Campground (kein fließend Wasser, Plumpsklos) erlaubt, für den man ein sogenanntes Wilderness Permit (Genehmigung) benötigt. Dieses ist sieben Tage vor der geplanten Übernachtung über die Website ab morgens um 07:00 Uhr zu beantragen, es gilt das Prinzip ‚first come, first serve‘ (nach fünf Minuten sind die 30 Permits pro Tag vergeben). Mit dem Permit allein ist es allerdings noch nicht getan, dazu später mehr. Fest steht: wir haben das Permit bekommen.

    Am Sonntag passieren wir um kurz vor 18 Uhr das Eingangstor zum Yosemite Nationalpark und sind sofort aus dem Häuschen. So eine traumhafte Landschaft haben wir noch nicht gesehen: Das Yosemite Valley (in welchem sich der Großteil der Trubels abspielt, hier sind auch alle Shops, Hotels und Restaurants zu finden) liegt inmitten von sich abwechselnden immergrünen Wäldern und weitläufigen Wiesen umringt von gigantischen Felsklippen, die wie abgeschnitten hunderte Meter über uns aufragen. Über allem thront majestätisch der Half Dome mit seiner namensgebenden und charakteristischen Form (für die Besteigung des Half Domes hätte ein weiteres Permit beantragt werden müssen, das haben wir uns gespart). Hier und da können wir einen Wasserfall erspähen, der über die Klippen tief in das Tal hinabrauscht. Der Besuch hat sich jetzt schon gelohnt finden wir, umso mehr Lust haben wir auf die eigentliche Wanderung und die kommenden Tage. Etwas abgehetzt kommen wir gerade noch rechtzeitig am Camp 4 an, einchecken läuft problemlos, wir sind ja pünktlich. Das Auto muss - entgegen unseren Erfahrungen der letzten Monate - auf dem Parkplatz stehen bleiben; übernachten darf man wirklich nur im Zelt. Naja, so haben wir direkt die Möglichkeit schon mal unser Equipment für die zweitägige Wanderung zusammen zu stellen und auszuprobieren. Hungrig stellen wir unsere Ausrüstung auf dem Parkplatz zusammen, gehen verschiedene Wetterszenarien durch und wägen ab, was wir für die geplante Wanderung unbedingt benötigen und was vielleicht eher unnötig ist (nach Ricos Auffassung unnötig sind z.B. zwei Unterhosen, nach Johannes Einschätzung ist eine Schlafmaske hingegen unverzichtbar). Die Ausrüstung (Zelt, Schlafsäcke, Isomatten, Kocher,…), Klamotten und die Verpflegung inkl. Wasserflaschen verteilen wir gerecht auf beide Rucksäcke, dann tragen wir alles vom Parkplatz zum Campground - so ca. 250m - packen so gut wie alles wieder aus und bauen unser Nachtlager auf. „Starke Aktion“, wir nicken uns abgekämpft aber bewusst abgeklärt zu. Zum Abendbrot gibt es Risotto. Als die Sonne hinter den 1000m steil aufragenden, blanken Felswänden verschwindet wird es im Tal fast schon schlagartig dunkel. Dem Rhythmus der Natur folgend krauchen wir ins Zelt und betrachten noch den Sternenhimmel ehe wir in Vorfreude auf die anstehende Wanderung einschlafen.

    Montag Morgen, 06:00 Uhr. Der Wecker klingelt. Die Nacht war angenehm kühl, wir sind ausgeruht und voller Tatendrang. Duschen, Frühstücken, Zelt abbauen Isomatten und Schlafsäcke zusammenrollen, Rucksäcke packen und alles sicher verschnüren: jeder Handgriff sitzt. Bevor es richtig losgeht müssen wir noch schnell noch zum Wilderness Center unser Permit für das Little Yosemite Valley abholen. Das ist ca. 500 m vom Campground entfernt, „ist also quasi um die Ecke“, denken wir. aber das Parkmanagement hat sich ein ausgeklügeltes Einbahnstraßensystem für diesen Teil des Parks überlegt, um den Besuchernassen Herr zu werden. Daher werden aus den eigentlichen 500m für uns 10km. Die Landschaft ist schön, die Straße schlängelt sich entlang eines Flusses durch saftig grüne Wiesen und üppige Baumbestände. So lassen sich die 20 Minuten Umweg gut aushalten. Angekommen in der Nähe des Wilderness Centers ein Parkplatz. Die letzten 300m bewältigen wir zu Fuß. „Schon wieder ne starke Aktion“, stellen wir leicht gequält fest. Punkt 08:00 Uhr öffnet das Center - eine kleine urige Blockhütte etwas abseits vom großen Souvenirshop und der Großraumcafeteria-. Eine Rancherin erkundigt sich nach unserer geplanten Wanderung, unserer Ausrüstung und gibt uns ein paar Ratschläge wie wir uns in der Natur zu verhalten haben. Dann händigt sie uns das schriftliche Permit aus. Damit ist es offiziell: wir dürfen im Yosemite National Park wandern und übernachten! Nichts wie los!

    Mit dem Van gehts wieder auf die Einbahnstraße, wieder etwa 10km durch die saftigen Wiesen und wieder entlang des Flüsschens..man kennts. Dann nach einer Abzweigung erreichen wir schon bald den Beginn des Wanderwegs. Die Parkplatzsuche ist schon das erste Abenteuer. Hier dürfen nur Tagestouristen parken, dort nur Gäste der Lodge. Auf den Hinweis eines Mitarbeiters hin, fahren wir eine kleine Schotterstraße entlang zu einem versteckten Parkplatz. Diesen würden wohl die meisten nicht kennen, weshalb wir dort Glück haben könnten. Tatsächlich finden wir auch einen Parkplatz, aber wenn das hier schon der Geheimtipp ist, können wir uns die Menschenmassen vorstellen, die hier wandern gehen werden. Wir parken den Van, schnappen uns unsere Rücksäcke und laufen los, mittlerweile ist es halb zehn, die Sonne wandert kontinuierlich Richtung Zenit. Neben uns und der Sonne wandern auch - wie erwartet - massenhaft andere Abenteuerlustige in die selbe Richtung. Das der Yosemite kein Geheimtip ist, war uns ja klar, daher bleiben wir gelassen.

    Schnell wird der Weg steiler. Der Untergrund ist asphaltiert. In der Sonne liegt zusammen gerollt eine Schlange und bewegt sich kein Stück. Als Teil der großen Masse machen wir Höhenmeter um Höhenmeter immer weiter hinauf auf die schroffen Felsgiganten. Dann die erste Brücke. Sie geht über den Merced River, der sich hier tosend seinen Weg ins Tal bahnt. Für die meisten der Moment für ausgiebige Fotosessions, wir wissen, dass noch einiges vor uns liegt und ziehen weiter. Hier ist unser eigentlicher Wanderweg, der Mist Trail wegen Wartungsarbeiten gesperrt. Wir müssen den deutlich längeren und beschwerlicheren, aber vermutlich nicht weniger atemberaubenden „John Muir Trail“ bis zur nächsten Gabelung laufen. Ein Umweg von etwa sieben Kilometern. So werden aus den ursprünglich angesetzten acht Kilometern Wanderung letztendlich 15 Kilometer. Der Weg ist nun nicht mehr asphaltiert sondern steinig. Der Wald ist dicht. Den wärmenden Einfluss der Sonne kann man trotzdem nicht leugnen. Es sind weniger Menschen auf diesem Streckenabschnitt unterwegs - wahrscheinlich sind die ersten schon bei der Brücke umgekehrt -. In zahllosen Serpentinen geht es aufwärts. Wir überholen immer wieder kleinere Wandergruppen. Zwischen den Bäumen ist immer wieder mal das Tal mit seinen massiven, glatt geschliffenen Felswänden aus Granit zu sehen. Wir sind auf etwa 1350 m Höhe, die Luft wird dünner, der Wald lichtet sich und gibt uns zunehmend der Sonne preis. Die erste Pause am Wegesrand. Wasser trinken, Müsliriegel essen und vor allem die Rucksäcke mal kurz ablegen. Jetzt sind wir die Überholten.

    Gestärkt geht es weiter. Serpentine um Serpentine. Der Weg ist von losem Geröll gesäumt, wir laufen mit Bedacht, um Verletzungen möglichst zu vermeiden. Wir hören es Rauschen. Vor uns tut sich ein riesiger Wasserfall auf: Die Vernal Falls. Sie stürzen 97m in die Tiefe. Von Euphorie gepackt meistern wir den Anstieg und finden uns dann auf 1500m an der Fallkante. Bevor das Wasser hinabstürzt sammelt es sich in einen glasklaren Gebirgssee. Satt grüne Bäume säumen das Ufer und freche Eichhörnchen rennen aufgeweckt hin und her. Es ist malerisch. Auf einem großen Stein im Schatten machen wir Mittagspause und füllen unsere Wasservorräte mit Hilfe unseres Wasserfilters wieder auf (beste Investition ever: Mineralwasser in seiner reinsten Form!).

    Die Pause war notwendig, aber wir sind noch lange nicht am Ziel. Also gehts weiter. Nun haben wir den Weg (von hier an wieder der Mist-Trail) nahezu für uns allein. Viele Passagen des Weges sind nun noch schmaler und noch steiler. Eine Dreiergruppe kommt uns entgegen, “in about 1.5 hours in your direction we saw a bear”, warnen sie uns und stapfen beschwingt weiter talwärts. Wir sind kurz etwas in unserem Enthusiasmus ausgebremst, sagen uns dann aber dass schon nichts passieren wird, da Schwarzbären in der Regel keinerlei Interesse an Menschen haben und lieber rechtzeitig das Weite suchen. Kontinuierlich geht es bergauf. Unsere Rucksäcke sind schwer. Sie ziehen an uns als wollten sie zurück ins Tal. Wir wollen aber ins Little Yosemite Valley, und das ist nun mal weiter oben. Nach einer Weile stehen wir vor einem wahren Giganten: die Nevada Falls rauschen aus 181 Metern Höhe vor uns in den Merced River. Wir stehen in der Gischt, die wie schwere Wolken im Tal hängt. Es ist angenehm kühl und die Pflanzen und Moose sind hier besonders sattgrün. Kurz halten wir inne, der Blick geht nach oben zur Fallkante. Da wollen wir hin. Dort oben irgendwo muss sich die Hochebene aufspannen auf der wir heute Abend unser Zelt aufschlagen wollen. 181 Höhenmeter. Der Weg besteht fast nur noch aus Steinquadern die zu schmalen Treppen angeordnet sind. Geländer gibt es keine. Die Höhe und der Blick zurück sind schwindelerregend. Die Sonne scheint erbarmungslos. Bei Gegenverkehr weicht man sich gegenseitig aus ohne aus dem Gleichgewicht zu kommen. Es ist wirklich grenzwertig aufregend und vor allem anstrengend. Mehrfach suchen wir kurze Abkühlung im Schatten eines spärlich gewachsenen Baums. Angekommen auf 1800 Metern sind wir ziemlich fertig. Aber wieder erstreckt sich vor der Fallkante ein kristallklarer Gebirgssee, der seicht vor sich hinplätschert bevor er sich in den Wasserfall verwandelt. Wir erfrischen uns, filtern Wasser und liegen an der Böschung. Einige sonnenhungrige scheinen hier schon den ganzen Tag Sonne zu tanken. Von hier oben können wir einen Großteil des Yosemite National Parks überblicken. An mehreren Stellen stürzen sich Wasserfälle über die Gebirgshänge ins Tal. Wir sind überwältigt und vergessen für einen Moment unsere Erschöpfung. Es gibt wieder Müsliriegel und ein paar gesalzene Nüsse bevor wir die letzte Etappe zum Zeltplatz antreten.

    Die Oberschenkel und Waden brennen als wir uns in Bewegung setzen. Vielleicht war das doch alles ne Nummer zu groß für uns. Zum Glück liegt das Little Yosemite Valley auf etwa 1900 Metern Höhe und der Weg dorthin ist deutlich weniger steil. Die seicht ansteigenden letzten 100 Höhenmeter meistern wir - etwas klapprig - und kommen dann endlich im Campground an. Der bietet, wie schon erwähnt, nur Mindeststandard aber wir sind nach 5,5 Stunden, über 700 Höhenmetern und 20.000 Schritten einfach nur froh endlich die Rucksäcke abwerfen zu können.

    Nach kurzer Verschnaufpause und einem weitere Müsliriegel entdecken wir dann nicht weit entfernt vom Zeltplatz - vielleicht 5 Minuten zu Fuß - unser persönliches Paradies! Der Merced River schlängelt sich hier verhältnismäßig unaufgeregt durch den Wald und an seinem Ufer erstreckt sich ein kleiner Sandstrand. Wir können unser Glück kaum fassen, schwingen uns in die Badehosen, schnappen unsere Handtücher und machen es uns am Ufer gemütlich. Im klaren Gebirgswasser kühlen wir unsere strapazierten Körper ab. Die Kulisse ist einmalig schön. Wir genießen die nächsten 2 Stunden in vollen Zügen, wir fühlen uns geehrt Teil dieser nahezu unberührten Natur sein zu dürfen. Es ist schon fast etwas luxuriös.

    Nach dem Abendessen (Nudeln) verkriechen wir uns pünktlich mit einsetzen der Dämmerung in unser Zelt und gucken noch einen Film - Disneys Aladin - den wir uns in weiser Voraussicht vorher runtergeladen haben. Morgen steht der Abstieg an. Erschöpft aber zufrieden schlafen wir schließlich ein.

    Zum Frühstück gibts für jeden zwei kleine Packungen Porridge, die wir im Hostel in San Diego mitgingen ließen. War lecker. Zelt zusammenbauen, Rucksäcke packen und los. 08:30 Uhr beginnen wir den Abstieg. Der Abstieg zurück ins Tal dauert etwa 2.5 Stunden. Heute machen uns weniger die pralle Sonne und das Gepäck zu schaffen als vielmehr die geschundenen Füße. Über Nacht haben sich einige unvorteilhafte Blasen gebildet. Aber hilft ja nix. Wir lassen uns nichts anmerken und laufen betont beschwingt an den uns entgegenkommenden Wanderern vorbei. Beim Abstieg sind wir immer wieder erstaunt über uns selber dass wir am Vortag das alles hier bergauf gelaufen sind. Als wir am Van ankommen machen wir drei Kreuze. Zufrieden schmeißen wir unser Equipment ins Auto und atmen erstmal tief durch.

    Wir sind uns beide einig dass diese Wanderung die schönste aber auch abenteuerlichste und anstrengendste war, die wir jemals gemacht haben. Der Yosemite National Park ist zu Recht einer der meistbesuchten Parks Amerikas, wir werden die Schönheit dieser Landschaft wohl niemals vergessen.

    Jetzt fahren wir noch ein paar Stündchen gen Osten, denn morgen wartet schon Katy Perry in Las Vegas auf uns! (R)
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  • Katy Perry & Vulkanausbruch in Las Vegas

    August 11, 2023 in the United States ⋅ ☀️ 37 °C

    Las Vegas: Die Stadt die niemals schläft… Wir haben zwei Nächte in Las Vegas gebucht.

    Die Fahrt hierher nimmt zwei Tage in Anspruch. Zunächst dauert es einige Zeit bis wir überhaupt aus dem Yosemite Nationalpark raus sind. Der Park ist nämlich viel größer als man vermutet, der gesamte Tourismus spielt sich nur auf einem Bruchteil der Parkfläche ab.

    Einen Übernachtungsstopp legen wir in Kern River auf einem Zeltplatz ein. Kurz bevor wir unser Etappenziel erreichen, sieht Rico eine Vogelspinne über die Straße laufen. Super. Die gibt es hier also auch. Die trockene Landschaft hat mich (Johannes) schon so etwas vermuten lassen, aber da es sogar eine aktuelle Sichtung gibt, muss Rico mich auf jeden Gang zu den Waschräumen begleiten. Im Dunkeln kann schließlich überall eine riesige Spinne lauern.

    Die Nacht wird entsprechend angespannt und sehr warm ist es auch. Am nächsten Morgen machen wir uns dann aber endlich auf den Weg nach Las Vegas.

    Wir fahren über Stunden durch die menschenleere und ausgetrocknete Mojave Wüste, bis sich wie aus dem nichts hinter einem Berg die Skyline von Las Vegas offenbart.

    Klar kennen wir Las Vegas schon aus Filmen wie Oceans Eleven oder Hangover, aber dort sah die Stadt immer recht klein aus. Ganz im Gegensatz zu Los Angeles sind wir hier in Las Vegas sprachlos, wie groß diese Stadt ist! Hier leben immerhin auch 600.000 Menschen.

    Wir kommen aufgeregt und voller Vorfreude in unserem Hotel an: dem Conrad. Das Conrad gehört neben dem „Crockford‘s“ und dem „Hilton“ zu den drei Hotels, welche zusammen das „Resorts World Las Vegas“ bilden, ein riesiger Hotelkomplex mit drei in den Himmel ragenden Türmen (für jedes Hotel einen).
    Vom Parkhaus aus muss man zunächst mit dem Fahrstuhl runter ins Erdgeschoss fahren. Hier kommen wir dann direkt an dem großen Katy Perry Shop vorbei direkt gegenüber von dem Resorts World Theatre, in welchem heute Abend das langersehnte Katy Perry Konzert stattfinden wird. Nachdem wir uns einen ersten Überblick über das Angebot im Shop gemacht haben, gehen wir weiter zur Lobby. Dafür muss man aber erstmal durch das riesige Casino. Nur das Casino zu durchlaufen dauert ca. 10 Minuten. Die Zeit müssen wir also nachher noch einplanen wenn wir auf dem Weg zum Konzert sind.

    Wir checken ein und bekommen ein Zimmer im 36. Stock, das ist ungefähr auf halber Höhe, insgesamt gibt es hier 68 Stockwerke. Auf unserem Hotelzimmer angekommen lassen wir uns erstmal in das riesige Bett fallen und genießen die Aussicht über den „Strip“. Der „Strip“ ist die Straße in Las Vegas, in welcher der gesamte Trubel stattfindet. Ein Hotelkomplex reiht sich an den nächsten, wobei jedes Hotel sein ganz eigenes Motto hat (und dieses auch mehr als gewissenhaft umsetzt, aber dazu später mehr).

    Unser Hotelzimmer ist überraschen großzügig (Großzügigkeit sind wir in den Staaten bisher ja nicht eher nicht gewohnt) und wir können uns entspannt fertig machen, denn in zwei Stunden beginnt schon der Einlass für das Konzert. Ich bin ganz aufgeregt, Rico macht vorsichtshalber einen Mittagsschlaf. Schnell also duschen, Hemd und Hose bügeln und dann geht es auch schon wieder runter und Richtung Resorts World Theatre. An den Getränkeständen gibt es verschiedene Drinks im Katy Perry Stil. Wir holen uns unter anderem einen „Strawperry“, das ist ein Erdbeer-Margarita, der es in sich hat. Katy meint es gut mit uns.

    Dann nehmen wir unsere Plätze ein. Die sind wirklich top, wir sitzen im ersten Rang, erste Reihe Mitte. Perfekte Sicht also und trotzdem super nah dran. Links neben uns sitzt ein Schweizer, der geschäftlich hier ist und nichts besseres mit seiner Zeit anzufangen wusste, rechts neben uns eine deutsche Familie: „Den ein oder anderen Song hat man schon mal gehört“.

    Mit etwa einer halben Stunden Verspätung geht es dann endlich (!!) los. Die Show, die Katy Perry hier auf die Beine gestellt hat, trägt den Titel „Play“ und läuft seit Dezember 2021. Es handelt davon, dass Katy Perry eine Puppe verkörpert, die unbedingt ein Kind glücklich machen will. Schließlich wird sie von dem Jungen „Henry“ gekauft. Dieser behandelt sie jedoch ganz schlecht und schmeißt sie schließlich in die Toilette. Aus dem Badezimmerfenster fällt die Puppe dann in den Garten, wo sie einen Fliegenpilz isst und davon Halluzinationen bekommt. Völlig verdreckt findet Henry die Puppe wieder und wirft sie in den Müll. Dort wird sie jedoch von dem kleinen Mädchen Daisy gefunden, die sie aus der Mülltonne rettet, sie wieder herrichtet und mit ihr spielt. In der Spielzeugkiste freundet sich Katy die Puppe dann mit den anderen Spielsachen an und lebt hier ein glückliches Leben. Happy End also. Die gesamte Story wird begleitet von den berühmtesten Katy Perry Songs, währenddessen präsentiert sich Katy in mindestens zehn verschiedenen Outfits und auch das Bühnenbild wechselt ständig: zunächst tanzt Katy auf einem überdimensionalen Bett und schaukelt auf einem riesigen Schaukelpferd, dann spricht sie mit einer gigantischen Toilette, wirbelt zwischen Quietscheenten umher, oder tanzt in einem Kleid aus Bierdosen. Es fährt eine riesige Schnecke über die Bühne und die Tänzer präsentierten ihre besten Moves in Fliegenpilzkostümen mit Ballonhosen. Die gesamte Show ist ein einziges Spektakel, ein Highlight toppt das nächste. Wir können gar nicht still sitzen und auch wenn wir von den Leuten zwei Reihen hinter uns zunächst noch ermahnt werden, wir sollen uns doch bitte hinsetzen und nicht tanzen (bei einem Katy Perry Konzert???), steht nach drei Songs das ganze Theater und singt und tanzt zu den Songs, die alle gut kennen.

    Insgesamt bleibt Katy Perry mit ihrer Show nicht hinter unseren Erwartungen zurück. Es ist ja inzwischen mein viertes Katy Perry Konzert und reiht sich mühelos in das ein, was ich von Katy gewohnt bin: egal ob man ein Fan ist oder nicht, man bekommt einfach eine tolle Show geboten und kann nur Spaß haben. Das finden auch unsere Sitznachbarn. Wir haben hier einen Heidenspaß.

    Nach dem Konzert wollen wir noch einmal den Las Vegas Boulevard mit dem „Strip“ runter laufen. Nachts ist Las Vegas ja am aufregendsten. Es ist inzwischen 22 Uhr und immer noch wahnsinnig schwül und heiß. Wir laufen mit vielen anderen Menschen den Strip hinunter und sind geplättet von der Größe der Gebäude, die wie eigene Städte auf uns wirken. Laufen ist dabei wohl etwas übertrieben. Von der langen Wanderung im Yosemite sind inzwischen unsere Füße voller offener Blasen, sodass wir uns eher humpelnd fortbewegen. Auf der Straße sind Tänzerinnen mit Peitschen unterwegs, die nicht viel mehr als Nippelpads, Unterwäsche und Engelsflügeln tragen (einen Peitschenschlag bekomme auch ich ab). Wir wagen uns noch in ein Hotel: das Venezia. Das Hotel ist komplett im Venedig-Stil gehalten. Zunächst durchlaufen wir die gigantische Shopping-Mall (jedes Hotel hat seine eigene), bis wir schließlich (unter strahlend blauem Himmel?) entlang der Rialto-Brücke und den klassischen alten italienischen Häuserfassaden durch Venedig laufen. Es weht ein angenehm frischer Wind, überall sind Touristen und in den Gondeln werden Pärchen von Gondolieres singend durch die Kanäle Venedigs gefahren. In den coolen Restaurants und Cafés werden italienische Spezialitäten serviert. Wir gucken auf die Uhr. Halb eins in der Nacht. Wir fühlen uns völlig gerädert. Unsere Körper sind müde aber unser Geist ist hellwach. Wir fühlen uns als hätten wir JetLag, denn eigentlich ist es ja taghell hier bei angenehmen 23° C, aber gleichzeitig draußen mitten in der Nacht, bei über 30° C. Das ist alles schon sehr abgefahren. Wir wollen jetzt aber ins Bett, denn morgen haben wir den ganzen Tag um die Stadt zu erkunden und wollen den Tag auch nutzen. Den Ausgang aus diesen Parallelwelten zu finden ist oft gar nicht so leicht. Man muss hier lange Gänge (bzw Gassen, wir sind ja in Venedig) entlang, ohne Fenster oder Ausgang und hoffen, dass irgendwo ein Schild kommt, das Auskunft über die Richtung bis zum nächsten Ausgang gibt. Man kann sich hier wirklich verlaufen und mich beschleicht hier auch ein leicht-klaustrophobisches Gefühl, aber schließlich finden wir den Ausgang und auch wieder den Weg zurück zum Hotel. Wir erfrischen uns noch kurz in unserer begehbaren Regenwalddusche (hier ist Platz für eine Familie) und lassen noch einmal den Blick über den Strip schweifen. Las Vegas ist schon sehr krass. Wir haben bisher nur eine Parallelwelt von den unzähligen anderen kennengelernt. Neben dem Venezia gibt es schließlich auch noch das New York New York (mit Empire State Building und Freiheitsstatue), das Paris (mit Eiffelturm und riesigen Türmen die wie die alten Häuser in Paris aussehen, nur mit 70 Stockwerken), das Cesar‘s Palace (ein altrömischer Tempel, ebenfalls auf 70 Stockwerken), das Zirkus Zirkus (ein einziges Zirkuszelt), das Bellagio (mit der berühmten Fontaine), das Mirage (mit spuckendem Vulkan) oder das Flamingo (mit entsprechenden Zoo). Und das ist nur eine Handvoll der Hotels. Das man hier das Zeitgefühl und die Orientierung komplett verlieren kann, haben wir schon in Venedig gespürt. Naja, morgen steht viel auf dem Programm, wir wechseln unser Hotel nach Downtown (dem alten Teil Las Vegas), haben für das Abendessen einen Tisch bei „The Buffett“ im „Wynn” (wie spricht man das aus?) gebucht und wollen abends noch weitere Parallelwelten erkunden. Also brauchen wir dafür eine gute Mütze Schlaf und lassen uns erschöpft (und von den Eindrücken auch schon etwas übersättigt) ins Bett fallen.

    Am nächsten Morgen machen wir uns Frühstück in unserem Hotelzimmer und genießen es noch ein wenig, in dem riesigen Himmelbett zu liegen. Wir checken aus, werden noch schnell Resort-Mitglieder (kostenloses Parken) und fahren dann Richtung DownTown in unser neues Hotel. Dieses ist vom Standard nicht so luxuriös, wie das Conrad, dafür aber auch deutlich günstiger. Neben den Hotelpreisen muss man hier in Las Vegas nämlich überall noch sogenannte Resort-Gebühren bezahlen, die gerne mal höher sind als der Preis für das Zimmer selbst. Wie schon gesagt, sind wir jetzt in Downtown untergebracht, das ist der ältere Teil Las Vegas‘. Auch hier reiht sich ein Hotel mit Casino an das nächste aber die Gebäude sind nicht ganz so hoch.

    Nachdem wir unser Zimmer bezogen haben spazieren wir durch DownTown. Berühmt ist hier insbesondere die Fremont Street mit der „Fremont Street Experience“, eine lange Einkaufspassagen voller (wie soll es anders sein) Casinos. Die Straße wird dabei von einer 450 Meter langen LED-Anzeigetafel, die sich wie ein Tonnendach über die Straße erstreckt überdacht. Hier befinden sich einige der bekanntesten Casinos der Stadt, wie das Golden Gate Hotel & Casino oder das Golden Nugget. In das Golden Nugget wagen wir uns dann auch rein. Wir haben uns darauf geeinigt, dass jeder 20 $ Spielgeld verzocken darf. Die ersten 20 $ stecken wir in einen einarmigen Banditen und machen sogar 10 $ Gewinn. Die lassen wir uns direkt auszahlen und spielen damit weiter, wir haben Blut geleckt. Nach ca. 30 Sekunden sind diese 10 $ verzockt. Naja, denken wir uns. Immerhin ist der Einsatz noch da. Nebenan sehen wir, wie eine Frau an einem Automaten, welcher nur Ziffern anzeigt, die dann 1:1 als Gewinn übersetzt werden auf einen Schlag über 500 $ Gewinn macht. Das wollen wir auch. „Da muss man aber auch erstmal was reinstecken, damit man auch wirklich was gewinnen kann“. 10 $ kostet es einmal mit drei Rollen zu drehen, damit hat man die höchsten Gewinnchancen. So schnell haben wir noch nie 50 $ verloren und auch unsere Prinzipien von jeder 20 $ haben wir ziemlich schnell aufgegeben. Das ist der Bann von Las Vegas. Wir suchen einen Geldautomaten, darauf wollen wir es schließlich nicht beruhen lassen. Aber bei Abhebegebühren von 10 $ wachen wir wieder auf aus dem Rausch. 10 $ nur fürs Geldabheben, von Geld das man sowieso verspielt, sehen wir dann auch nicht ein. Naja, dann gucken wir uns das ganze eben nur an, ohne selber mitzuspielen. In Las Vegas werden übrigens alle Casinos begleitet von Zigarrengeruch. Rauchen ist hier nämlich noch erlaubt und an jeden Automaten und Spieltisch stehen Aschenbecher. Die Getränke sind umsonst, solange man genug Geld in die Automaten gibt. Das Casino im „Golden Nugget“ ist riesig. Am hinteren Ende führt ein Gang nach draußen in den Poolbereich. Auch hier: Spieltische. In Bikinis und Bandehosen sitzen die Menschen an den Blackjack-Tischen und verspielen Tausende von Dollars. Der Pool selbst grenzt direkt an ein Aquarium, das voller Haie ist. Und zwar nicht nur kleine Riffhaie, hier schwimmen auch richtige Bullen- und Tigerhaie umher. Das Aquarium wird von einer gläserne Wasserrutsche durchtunnelt, die im Pool endet. „Das wäre ja was für Max!“

    Nachdem wir den Tag in Downtown Las Vegas verbracht haben, machen wir uns am Nachmittag wieder auf den Weg in Richtung „Strip“. Für 17 Uhr haben wir einen Tisch bei „The Buffett“ im Hotel “Wynn” reserviert. The Buffet ist eines der vielen berühmten All-You-Can-Eat Restaurants in Las Vegas. Jedes Restaurant hat dabei sein eigenes Motto. Das Motto bei The Buffett ist: Seafood Galore. 80 $ pro Person. Genau unser Ding. Wir fahren mit dem “Deuce-Bus” (dem einzigen ÖPNV Bus in Las Vegas) geschlagene 45 Minuten für 8 Kilometer Strecke bis zum Wynn Hotel. Das Büffet ist riesig. Es gibt alles was das Herz begehrt (die Auswahl ist bei weitem nicht auf Seafood beschränkt). Neben Kaviar, Königskrabben, Hummer, Algensalaten, Muscheln, Garnelen, Lachsfilets und Sushi gibt es Pizza, Salate, Suppen, Seranoschinken, Chorrizo, Käse, Tacos, Rippchen, Paella, Mac & Cheese, Roastbeef, Dumplings, Dim Sum, New York Steak, gedünstetes Gemüse, Obst, Eintöpfe, Kartoffeln in allen denkbaren Zubereitungsarten, scharf angebratenes Thunfischfilet, Karamellisierte Zwiebeln, Brokkoliauflauf und noch so vieles mehr (zum Teil sogar Lebensmittel, die wir noch gar nichts kennen). Wir überlegen uns eine gute Taktik, damit wir möglichst viel probieren können, ohne schnell satt zu sein: Keine Kohlenhydrate. Wir schaffen beide vier Gänge zum Buffett.
    Dann geht es weiter zum Dessert. Bzw. der Dessertbar, denn auch hier gibt es natürlich mehr als wir jemals hätten probieren können: Kuchen, Törtchen, Cupcakes, Crêpes, Eiscreme, Petit Four, Waffeln, Crème Brûlée, Tiramisu, Macarons, Früchte, Marshmallows im Schokoladenmantel und noch so viel mehr was das süße Herz begehrt.

    Nach etwa zwei Stunden sind wir pappsatt und sehr glücklich. Das war wohl das beste Abendessen, das wir in den USA bisher hatten. Jetzt geht es weiter auf dem Strip, gestern hatten wir ja nur einen Vorgeschmack von dem, was Las Vegas zu bieten hat. Es ist dunkel, die beste Zeit also sich in das Nachtleben von Las Vegas zu stürzen, bzw. zu humpeln, unsere Füße = immer noch sehr lädiert. Wir kommen vorbei am Flamingo Hotel. Ein riesiger (das Wort kann im Geiste jetzt vor jedes der kommenden Hotels gesetzt werden) Hotelkomplex mit Casino. Hinten hat das Hotel eine große Parkanlage mit einem Fluss voller Koi-Karpfen und Flamingos. Wir ziehen weiter über den Strip. Wir kommen am „Mirage“ vorbei. Vor dem Hotel ist ein großer See angelegt im Urwald-Stil und in der Mitte steht in riesiger Vulkan. Der bricht wohl in 10 Minuten aus, das wollen wir nicht verpassen. Neben uns hat sich auch schon eine Traube an Menschen versammelt, dem das Spektakel beiwohnen wollen. Dann hören wir rhythmisches Getrommel. Das Licht geht aus. Es geht los. Der Vulkan stößt plötzlich eine riesige Fontaine orange-leuchtenden Magmas aus. Zumindest sieht das täuschend echt wie Magma aus. Dann noch eine. Links und rechts schießen heiße Flammen in die Luft, man kann die Hitze spüren. Dazu musikalische Untermalung, es ist wirklich sehr atmosphärisch, eine tolle Inszenierung. Nach zehn Minuten ist Schluss. Das Publikum applaudiert. Wir ziehen weiter. Das nächste Hotel: Caesars Palace. Rein da! Innen fühlen wir uns, wie in einem römischen Tempel. Gigantische Göttinenstatuen (bestimmt 20 Meter hoch) stützen die Decke, eine Wendelrolltreppe fährt umringt von von den Statuen nach oben. Wir kommen vorbei an Neptune‘s Pool und der Fontaine der Götter. Wasserfälle, Springbrunnen, Mamor(-Optik, in echt ist alles aus Kunststoff). Das Motto ist voll erfüllt. Und das alles inmitten von Gucci, Chanel und Prada. Natürlich gibt es hier auch eine Miniaturversion des Colloseums. Hier hat Adele gerade (wie Katy Perry im Resorts World) ihre Show. Ein Ticket: ab 500 $ (+ Tax versteht sich). Im Ceasars Palace verlaufen wir uns fast. Keine Ahnung wo wir sind oder wie es zum nächsten Ausgang geht. Aber schließlich finden wir ihn doch. Weiter in das vermutlich berühmteste Hotel Las Vegas: das Bellagio. Was wartet hier auf uns? Na klar: ein riesiger botanischer Garten (indoor). Mit aus Pflanzen geformten Händen und Wasserfällen. Wir merken so langsam, dass wir das alles gar nicht mehr aufnehmen können. Wir entscheiden uns noch die berühmten Wasserfontainen vor dem Hotel anzuschauen (die uns natürlich völlig von den Socken haut, teilweise wird das Wasser 30 Meter hoch in die Luft geschossen) und machen uns dann auf den Heimweg. Die Füße tun uns weh, wir sind geschafft von der Hitze und den vielen Eindrücken und nach San Diego, San Francisco, Yosemite und jetzt Las Vegas in so kurzer Zeit beschließen wir, die kommenden zwei Wochen mal ein bisschen abzuschalten und nach Colorado zu fahren. Dort haben wir einen schönen Campground für eine Woche gebucht, das ist genau das was wir jetzt brauchen.

    Also fahren wir mit dem Deuce Bus diesmal noch länger (Las Vegas lebt in der Nacht erst richtig auf) zurück nach Downtown und fallen müde in unsere Betten.

    Am nächsten Morgen gönnen wir uns noch ein Frühstücksbüffet im Resorts World, kaufen noch schnell ein Andenken im Katy Perry Shop und machen uns dann für die Weiterreise bereit. Ach Halt! Wir waren ja gar nicht bei dem berühmten „Welcome to Fabulous Las Vegas“ Schild! Ein Foto als Andenken müssen wir da eigentlich noch machen. Zum Glück gibt es einen Parkplatz direkt davor. Aber natürlich haben neben uns noch etwa 100 andere Menschen die gleiche Idee. Doch es geht überraschend zivilisiert von statten. Alle stellen sich brav an und warten bis sie an der Reihe sind. Nach etwa 20 Minuten sind wir auch dran und können unser Foto sogar von einem ehemaligen Fotografen schießen lassen, der hier umsonst ein tolles Foto für die Touristen schießt. Auch unser Foto ist echt cool geworden und damit beschließen wir Las Vegas. Es waren zwei total aufregende aber auch auslaugende Tage. Wer auch mal nach Las Vegas will: unbedingt mehr Zeit einplanen als wir, ein Hotel pro Tag zu besichtigen reicht dicke und es gibt so viel zu entdecken!

    Vielleicht kommen wir auch nochmal zurück in diese absolut schrille Parallelwelt mitten in der Wüste. Aber für jetzt heißt es: Goodbye Las Vegas and Hello Colorado! (J)
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  • Wir lieben Colorado! 🤠

    August 18, 2023 in the United States ⋅ ☀️ 28 °C

    Die Erlebnisse und Eindrücke der letzten Wochen waren überwältigend. San Francisco, Yosemite N.P. und Las Vegas, ziemlich eng getacktet. Wir sind uns beide einig, dass wir mal einen Gang runter schalten, mal für ein paar Tage nichts erleben und dafür das bereits Erlebte sacken lassen. Quasi Urlaub vom Urlaub.

    Auf gehts nach Flagstaff in Arizona. Die 400 Kilometer lange Etappe führt uns zunächst - wen wunderts - durch die Wüste Nevadas. Die karge, eher flache Landschaft wird schon bald von den Black Mountains abgelöst. Der Highway schlängelt sich durch diese meist unbewachsenen und ziemlich unwirklichen Berge. Hinter diesen liegt eine riesige Hochebene (das so genannte Colorado Plateau, das sich über mehrere Bundesstaaten erstreckt), die etwa die Größe Deutschlands hat und im Durchschnitt 1500m über dem Meeresspiegel liegt. Wir kommen spät an, kochen noch schnell was und beklagen beide leichten Schwindel und Kopfschmerzen. Nach einem kurzen Blick auf den Höhenmesser ist uns klar woher die Symptome kommen: Der Campground liegt auf 2100 Metern Höhe. Das verrückte an dieser Höhe ist, dass es der Vegetation nicht anzusehen ist: Dichte Waldgebiete lösen sich mit weiten bewachsenen savannenähnlichen Freiflächen ab, die Bäume und Sträucher sind üppig gewachsen und sehen ziemlich gesund aus, so wie man es von tieferen Lagen erwarten würde.

    Am Samstag geht es weiter zu unserem eigentlichen Ziel: Durango in Colorado. Unser Weg führt uns durch den Grand Canyon Nationalpark. Zweimal steigen wir aus und schauen in die wirklich unfassbar tiefe und breite Schlucht. Irgendwo da unten schlängelt sich seit Jahrtausenden der Colorado River und schneidet sich stetig tiefer in den Untergrund. Es ist ein beeindruckender Anblick. Es ist aber auch heiß und trocken und unsere Füße sind immer noch nicht wieder hergestellt, daher soll das unsere Grand Canyon Experience bleiben und wir fahren weiter.

    Nord Arizona an der Grenze zu Utha: Es wird wüstiger mit zunehmend spärlich wachsender Vegetation. Seitenwind drück gegen den Van. Mit Gegenlenken bleiben wir auf Kurs. Aus den Seitenwinden wird dann langsam aber sicher ein Sandsturm. Die Sicht wird schlechter. Dass wir in der Wüste mal mitten in einen Sandsturm geraten, damit haben wir nicht gerechnet. Fenster zu, Klimaanlage aus, wir bleiben locker, vermutlich ist es kein Sturm der höchsten Kategorie, eine aufregende Erfahrung ist es aber alle Mal. Die Lage beruhigt sich. Kurz zumindest. Am Horizont ziehen dunkle Wolken auf. Blitze erhellen immer wieder die schwarze Wolkenfront. Wir fahren voll auf das Unwetter zu. Umkehren ist keine Option „und im Auto sind wir ja schließlich sicher“. Wohl ist uns bei dem Gedanken trotzdem nicht, aber wir ziehen es durch. Unter der tief-schwarzen Wolkendecke wird es schlagartig dunkel. Und dann trommeln dicke Tropfen auf den Van. Es schüttet wie aus Kübeln. Am Straßenrand sammeln sich die Wassermassen. Blitze zucken im Sekundentakt über den Himmel, einige schlagen im Boden ein. „Da rechts bildet sich doch ein Trichter! Ist das ein Tornado?“. Es ist beängstigend, neben uns - vielleicht 3 Kilometer entfernt - strudeln sich die schwarzen Wolken hinunter zum Boden, sie erreichen ihn aber nicht. Könnte ein Tornado in seiner Entstehungsphase sein. Wollen wir jetzt aber auch nicht im Detail drüber nachdenken und bahnen uns zielstrebig weiter unseren Weg durch den Starkregen. Nach etwa 20 Minuten sehen wir Licht am Horizont, der Regen lässt nach, der Himmel reißt auf und schließlich lassen wir das Wüstengewitter hinter uns. Unversehrt überstanden. Erleichtert cruisen wir weiter, fahren noch für etwa eine Stunde durch den sandwüstigen Norden New Mexicos und erreichen dann im Dunkeln Süd-Colorado. Bei Durango liegt der „Oasis Campground“, der für die nächsten 7 Tage unser Zuhause sein wird. Viel sehen wir davon heute nicht mehr, es ist spät, wir sind müde und morgen ist ein neuer Tag.

    Die nächsten sieben Tage (von Sonntag bis Sonntag) lassen sich zunächst einmal wie folgt zusammenfassen: Nach dem Ausschlafen lecker frühstücken - meist Bagel, Toast oder Cornflakes - mit endless refill-Coffee für 1,50 $ pro Tag abzuholen an der Rezeption (hiervon habe ich, Rico, mehrmals täglich Gebrauch gemacht und dabei immer sehr nett mit den Angestellten geplauscht), danach für mehrere Stunden an den Pool den wir fast immer für uns alleine haben, dann wird der Pool täglich am frühen Nachmittag wegen eines Gewitters am Horizont geschlossen (eher untypisch für Colorado Mitte August), so dass wir die Nachmittage mit Einkaufen, einem Friseurbesuch, einem Kinoabend (Meg II, für 5 $ pro Person, ein wahres Fest dieses Hai-Trash Gemetzel), oder auch mit lesen und daddeln auf dem iPad verbringen. Durango Downtown hat den typischen Wild-West Cowboy Charme, der uns so gut gefällt, dass Johannes sich direkt einen Pullover als Andenken kauft. Es sind planmäßig ruhige und unaufgeregte Tage.

    Der Freitag wird unser Highlight. Schon seit Wochen ist geplant mit der Schmalspur Dampfeisenbahn „Durango-Silverton Train“ zu fahren. Die Tickets sind gekauft, es ist sonnig, der Wecker klingelt früh. Pünktlich 08:00 Uhr fährt die schwarze Eisenbahn mit ihren gelben und rostroten Wagons vom Lokdepot Durango Downtown ab. Es riecht nach Schmierfetten und Kohle, in der Luft liegt dichter Dampf. Das Personal ist stilecht „oldschool“ uniformiert und alle tragen klassischer Weise Schnurrbärte (zumindest die männlichen Schaffner). Für die 45 Meilen lange Strecke werden wir 3,5 Stunden brauchen. Die Gleise von 1882 schlängeln sich entlang des Anima Rivers immer tiefer in die Rocky Mountains hinein. Es geht auf dem Hinweg stetig bergauf, mal fahren wir direkt unten am Fluss entlang, mal sind wir 100 Meter über dem Fluss und schlängeln uns ganz eng am Felsen entlang, es geht über baufällig anmutende Brücken durch eine malerische Landschaft. Es ist die ultimative Colorado-Wild-West-Goldgräber-Experience. An Bord sind Cherry und Elle, die von den Fahrgästen professionelle Fotos machen. Wir kommen mit den beiden ins Gespräch und als sie fertig sind mit den Fotos, setzen sie sich für den Rest der Fahrt zu uns. Es macht total Spaß mehr über die beiden zu erfahren und die Zeit vergeht wie im Flug. Zwischendurch sprechen wir auch noch mit Bryce, einem der bärtigen Schaffner, und lernen wie man Schaffner auf einem historischen Zug in den USA wird.

    In Silverton haben wir 2 Stunden Zeit um das alte Städtchen zu erkunden. Seit 1860 wird hier Gold und Silber abgebaut, die Stadt ist für 6 Monate im Jahr von der Außenwelt schneebedingt abgeschnitten. Silverton erinnert uns an Dawson City in Kanada: die Straßen sind aus Schotter, die alten Häuser dürften alle über 120 Jahre alt sein, überall steht mehr oder weniger rostiges Gerät für den Tagebau herum, es gibt mehrere kleine Läden die allerlei Krempel für Touris und Einheimische anbieten und einige Restaurants und Saloons. Nach einem kleinen Rundgang landen wir im Lacey Rose. Im Eingangsbereich sitzt eine Frau in edlem Zwirn mit Hut an einem Klavier und bespielt den Gastraum. Wir fühlen uns direkt wie zwei Cowboys die nach getaner Arbeit erstmal eine üppige Stärkung brauchen..in Form von Mac and Cheese und einem Sandwich mit Kartoffelchips als Beilage. Es war köstlich. Gestärkt geht es zurück zum Zug. Die Rückfahrt wird wieder genauso schön wie die Hinfahrt. Wenn wir nicht aus dem Fenster gucken, quatschen wir wieder mit Cherry und Elle, die uns völlig unverhofft das Foto vom Hinweg schenken, weil sie uns und unsere Story so toll finden. Mit Bryce, dem Schaffner sprechen wir auch noch einmal und er erklärt uns unter anderem dass eine Dampfeisenbahn regelmäßig mit Wasser betankt werden muss. Und dann stehen wir draußen zwischen zwei Wagons und sind live dabei, wie der Zug mit frischen Wasser betankt wird das, zwischengespeichert in einem großen Stahltank, direkt aus dem Fluss kommt. Wir sind begeistert von der ausgeklügelten Technik. Wieder zurück in Durango gibt es noch ein Gruppenfoto mit Cherry, Elle und Bryce bevor wir dann völlig beseelt wieder zum Campground fahren.

    Am Samstag, dem Abend vor unserer Abreise aus Durango werden wir noch von Nancy und Jim eingeladen. Die Beiden arbeiten und leben (in ihrem RV) auf dem Campground und in den letzten Tagen sind wir immer wieder nett ins Gespräch gekommen. Besonders cool war die ‚RV-room-tour‘: das sind wahre Schlösser auf Rädern, es mangelt einem an nichts in so einem amerikanischen Camper (es gibt sogar eine Kücheninsel!). Wir sind beeindruckt. Nancy is ursprünglich Niederländerin aber schon als junge Frau in die Staaten ausgewandert, Jim ist Amerikaner durch und durch hat aber auch mal ein paar Jahre in Deutschland für die US-Regierung gearbeitet. Ein feucht fröhlicher Abend. Nur beim Thema Corona gingen die Meinungen etwas auseinander, daher haben wir hier recht schnell eine andere Richtung eingeschlagen.

    Morgen geht es weiter nach Zentral-Colorado. Bis jetzt gefällt es uns hier total gut. Wir lieben Colorado! (R)
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  • Wildwasser im Wildwest - Colorado Vol. 2

    August 23, 2023 in the United States ⋅ ☁️ 25 °C

    Von Durango geht es weiter Richtung Norden. Die nächsten Tage verbringen wir in Carbondale, Zentral Colorado.

    Wir fahren durch hohe Bergpässe und tiefe Täler, vorbei an Silverton (hier sind wir vor ein paar Tagen ja schon mit der Dampflock hergefahren) und immer weiter nach Norden. Links und rechts von uns überblicken die Rocky Mountains die Canyons. Colorado ist genau wie man sich das vorstellt: Rote Sandberge und saftig grüne Büsche. Vor uns taucht das schöne Städtchen Ouray auf. Mitten im Nirgendwo haben sich hier inzwischen knapp 900 Menschen angesiedelt. Überraschen urban. Wir sind sofort verliebt. Ein Saloon reiht sich an den nächsten, das Rathaus ist im typischen Wildwest-Stil gehalten. Auch hier fühlen wir uns wieder wie in einer Filmkulisse, aber die Stadt ist echt. „Hier machen wir Mittagspause!“ Es gibt leckere Burger (na klar) bei „Maggie‘s„ (einem überraschen punkigen Laden). Wir sitzen auf der Veranda, verspeisen unsere Burger und saugen das Wild-West-Feeling der Stadt ein. Gestärkt mit Burger und Cowboy-Atmosphäre fahren wir weiter bis nach Carbondale. Die Strecke schlängelt sich weiter durch die Rocky Mountains bis wir schließlich auf 1.900 Metern unseren Zeltplatz erreichen. Der Stellplatz diesmal liegt direkt am Crytsal River. Unsere Nachbarn (eine vierköpfige Familie aus der Nähe von Seattle) sind sehr nett und nach viel hin und her hängt auch (besser schlecht als recht) unsere Lichterkette.

    Den nächsten Tag verbringen wir mit Telefonaten in die Heimat und machen uns gegen Mittag auf den Weg nach Aspen.
    Die Landschaft rund um Carbondale gefällt uns auch sehr gut. Wir sind einfach Colorado-Fans! Weite Felder, Pferdekoppeln, Viehzucht. Eine Ranch reiht sich an die nächste. Richtig so wie man sich das vorstellt: Rote Holzverschläge mit weißen Rahmen. Rechts und links ragen die Rocky Mountains in die Höhe.

    Aspen ist eine der berühmtesten Ski-Resorts der Vereinigten Staaten. Hier kommen die Stars und Sternchen Hollywoods her um sich im Winter die steilen Hänge runterzustürzen oder in einem der vielen Luxushotels zu entspannen. Im Sommer ist in Aspen Nebensaison. Preislich ist hier hingegen das ganze Jahr Hauptsaison. Zum Mittag gönnen wir uns zwei mittelmäßige Salate im „Spring-Café“: 50 $. Naja, Aspen halt. Wir schlendern durch die Straßen, ähnlich wie in Capri oder Montecito fühlen wir uns etwas fehl am Platz. Zwei reiche Pärchen (jünger als wir) laufen an uns vorbei, gekleidet in Weiß- und Beigetönen, goldener Schmuck und teuere Uhren an den Handgelenken, Markenhandtaschen. Gucci reiht sich an Prada und Chanel. Das ist einfach nicht unsere Welt. Sehen und gesehen werden ist das Motto. Wir finden einen Stand, an dem leckerer Frozen Yoghurt verkauft wird. Im Restaurant nebenan lassen die Gäste gerade eine halbe Flasche Champagner stehen und schlendern beschwipst weiter über die Einkaufsstraße. Wir holen uns im Supermarkt noch etwas Gemüse fürs Abendessen und verabschieden uns dann wieder von Aspen. Die Schweiz und Österreich sind viel schöner finden wir.

    Unsere Nachbarn haben uns für nach dem Abendessen zu einem Gläschen Wein vor ihrem Wohnmobil eingeladen. Es wird ein feucht-fröhlicher und wirklich netter Abend. Amy und Andrew (beide so Anfang 50) und ihr Sohn Conner (15) aus Washington State erzählen uns viel aus ihrem Leben und wie sie die Welt als Amerikaner kennen gelernt haben. Wir können über alles reden (sogar über Politik) und lernen viel über die amerikanische Sicht- und Denkweise. Letztendlich wurden es deutlich mehr als ein Gläschen Wein und um 01:00 Uhr verabschieden wir uns mit leichter Schlagseite von unseren Nachbarn, die am nächsten Morgen um 09:00 Uhr eine sechsstündige Raftingtour gebucht haben. Die armen.

    Auch wir gehen am nächsten Tag raften, aber zum Glück erst um 13:00 Uhr und nur für zwei Stunden. Pünktlich kommen wir bei Whitewater Rafting an. Nach kurzer Instruktion und Einteilung in Gruppen sitzen wir schon im Schulbus und fahren entlang des Colorado-River flussaufwärts zum Ausgangspunkt unserer Tour. Wir haben die besonders aufregende Adventure-Tour gebucht, die nur die heftigstes Stromschnellen mitnimmt. Und das gleich zweimal: nach dem ersten Durchgang wartet unten der Schulbus auf uns und bringt uns wieder zurück zum Startpunkt. Es macht wirklich sehr viel Spaß. Für Rico und mich ist es das erste Mal Rafting, dennoch legen wir ganz unerschrocken mit unserer Gruppe los und nach wenigen Metern schießen wir schon über die erste Klippe und tauchen tief in den Fluss ein. Wasser schießt uns ins Gesicht, alles ist klitschnass. Natürlich haben wir als einzige einen Beutel mit Wasser und unseren Handys dabei. Auch das klitschnass. Zum Glück haben wir die Handys jedoch vorher in weiser Voraussicht in einer wasserdichte Hülle verstaut, sonst wären die wohl jetzt auch hinüber.

    Nach der ersten Stromschnelle (liebevoll „The Baptist“ = Der Täufer genannt), peitschen wir über „Pin-Ball“ (wir werden wie im gleichnamigen Arcade-Spiel hin und her geschleudert) und „Men-Eater“ (der Name ist Programm) immer schneller den Colorado-River hinab. Unsere Guide gibt uns dabei entsprechende Kommandos, wie wir zu paddeln haben, damit wir möglichst doll nass werden. „All Forward - All Backward - All Stop - All Forward“ und so weiter. Dann ist die erste Runde schon vorbei. Runde zwei wird noch heftiger. Wir rotieren im Boot einmal durch, diesmal sind Rico und ich in der zweiten Reihe. Da alle nun wissen, worauf sie sich einlassen wird deutlich aggressiver gepaddelt und wir haben noch längere Flugphasen und tauchen noch tiefer ins Wasser ein. Völlig durchnässt und durchgefroren, aber sehr happy sitzen wir schließlich wieder im Schulbus und fahren zurück. Abends haben wir Lust ins Kino zu gehen. Diesmal gibt es Barbie. Der Film gefällt uns so lala, aber es gibt Pizza im Kino 😎. Ein sehr aufregender und cooler Tag in Colorado. Einen Tag haben wir noch in Carbondale, den chillen wir aber nur. Wir planen die nächsten Wochen ein bisschen, buchen schon mal eine Unterkunft in Florida und spielen im Gemeinschaftsraum ein Brettspiel. Ganz entspannt. (J)
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  • Colorado die Dritte: Hoch zu Ross

    August 25, 2023 in the United States ⋅ 🌧 17 °C

    Auch den Osten Colorados wollen wir erkunden. Am Mittwoch fahren wir von Carbondale bis kurz vor Denver. Für die Nacht kommen wir auf einem Zeltplatz im Golden Gate Canyon State Park unter. Uns knurren die Mägen, irgendwo müssen wir noch was zum Abend essen. Nach Denver ist es noch über eine Stunde, zudem ist die Straße wegen eines Erdrutsches vorübergehend gesperrt. Wir sind in den Bergen mitten im Nirgenwo, aber hier gibt es zwei kleine Städte: Central City (ha-ha) und Black Hawk. Hier wollen wir uns was zum Essen suchen. Die Städte sind wahnsinnig unheimlich. Völlig verlassen, auch ein bisschen in die Jahre gekommen und überall sind Kasinos (warum stehen hier Kasinos???). Naja, wir schlendern durch die Straßen und finden immerhin ein paar nette Geschäfte in denen man stöbern kann, auch ein mehrstöckiges Antiquariat mit vielen alten Schätzen.

    Zum Abendessen finden wir schließlich ein Café, wo wir jeder ein Sandwich essen, dann fahren wir weiter zu unserem Zeltplatz. Hier gibt es leider keine Duschen, aber dafür zahlen wir auch nicht viel. Den ganzen Abend schüttet es wie aus Kübeln, also ist draußen sitzen auch nicht wirklich drin. Wir bleiben im Auto und vertreiben uns die Zeit mit Daddeln und Musik hören. Am
    nächsten Morgen ist unser Ziel Windsor. Das ist eine kleine Stadt in Nordost-Colorado, in der Carly mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern wohnt. Carly habe ich (Johannes) 2017 auf Fidschi kennen gelernt, als ich dort mein Freiwilligen-Programm absolviert habe. Nach so langer Zeit hat es sich jetzt angeboten, dass wir sie besuchen und sie freut sich total. Auf dem Weg dorthin halten wir aber zunächst in Boulder, einem schönen kleinen Städtchen in der Nähe von Denver. Die Häuser sind hier im Backsteinstil gehalten und der ganze Ort erinnert uns sehr an eine norddeutsche Kleinstadt. Ein bisschen Heimatgefühl (und Heimweh) mitten in Colorado. Schön. Das Frühstück ist auch sehr lecker. In einem modernen Diner gibt es Omelett und Skillet (in einer Pfanne serviert). Lecker. Draußen regnet es noch immer unaufhörlich. Eigentlich hatten wir für heute noch einen Ausritt auf Pferden am Fuße der Rocky Mountains reserviert, aber auf der Website wird bereits darauf hingewiesen, dass die Ausflüge bei schlechtem Wetter abgesagt werden können und es dann eine volle Rückerstattung gibt. Naja, wann sollte es wegen Schlechtwetter abgesagt werden, wenn nicht heute? Also lassen wir uns schön Zeit, telefonieren mit Tara aus San Diego und planen das Thanksgiving bei ihrer Familie. Eine Dreiviertelstunde vor unserem eigentlich Termin auf der Ranch wollen wir es dann doch einmal bestätigt haben, dass der Ausritt heute nicht stattfinden kann und rufen bei dem Reiterhof an. Die Dame am anderen Ende ist etwas verwundert über unsere Auffassung, bei dem strömenden Regen könne man nicht reiten gehen. „The weather is just good enough. Oh and also you have to to be 15 minutes early for check-in otherwise there will be a penalty”. Na gut. Nach Loveland (wo der Reiterhof liegt) sind es 45 Minuten, die viertel Stunde vorher können wir uns also abschminken und ob wir es überhaupt pünktlich schaffen steht auch in den Sternen. Wir zahlen also überstürzt und keine zwei Minuten später peitschen wir völlig gestresst durch den prasselnden Regen über den Highway. Sieben Minuten vor dem angesetzten Termin fahren wir dann bei dem Reiterhof vor. Letztendlich klappt dann aber alles reibungslos und es gibt keine Penalty (das wäre ja noch schöner).

    Wir kriegen lange Regenmäntel von dem Reiterhof gestellt, wobei ich einen gelben Frisennerz (hier mitten in zentral USA ?) trage und Rico einen Wildledermantel bekommt, der den Regen eher aufsaugt als abweist. Dann lernen wir unsere Gruppe kennen. Die ist recht klein, neben der Reitlehrerin reitet noch ein berenteter Amerikaner aus der Gegend mit. Dann werden uns unsere Pferde vorgestellt. Wir sind beide ganz schön nervös. Rico der noch nie auf einem Pferd gesessen hat, bringt seine Nervosität auch zum Ausdruck, sodass er den schon etwas älteren und somit auch deutlich gemütlicheren „Stardust“ zugewiesen bekommt. Stardust ist schon seit 15 Jahren im Dienst ist und daher an blutigen Anfängern gewöhnt. Ich darf auf „Cash“ sitzen, der ebenfalls sehr lieb ist. Dann geht es los. Wir reiten runter von der Ranch zu dem kleinen Bach, der sich durch das wilde Colorado schlängelt. Ein kleiner Trampelpfad ist unser Kurs. Hoch zu Ross Bahnen wir uns unseren Weg durch das natürlich gewundene Tal am Fuße der Rocky Mountains. Das ein oder andere mal müssen wir uns ducken, um nicht von einem Ast erwischt zu werden. Es geht hinauf und hinab, über Stock und Stein. Mal reiten wir durch dichte Wälder, dann wieder über weite, gelbe Weizenfelder. Die tiefhängenden Wolken geben immer mal wieder den Blick auf die schroffen Rocky Mountains preis. Dabei fügt sich der Regen und die graue Wolkendecke eigentlich sehr schön in die Gesamt-Atmosphäre und vermittelt uns eine melancholische Romantik. Es ist eine wirklich tolle Erfahrung. Wir fühlen uns wie Cowboys auf dem Rücken unserer treuen Weggefährten. Die zwei Stunden vergeben wie im Flug und den Regen merken wir gar nicht mehr. Zwar kommen wir am Ende durchgefrorene und pitschnass wieder am Reiterstall an , aber mindestens genauso happy. Zum Glück ist der Ausritt nicht ausgefallen!

    Nachdem wir uns bei unserer Reitlehrerin und den Pferden bedankt und verabschiedete haben, fahren wir noch schnell an einen Liquor-Store. Dort besorgen wir für Carly und ihren Mann deutsches Bier (Spaten) und Weißwein aus der Rheinregion. Dann fahren wir in Windsor vor. Wir begrüßen und umarmen uns, so schön, dass man sich nach sechs Jahren hier mitten in Colorado wieder treffen kann. Carly und ihre Familie wohnen in einem typisch amerikanischen Haus, in einer typischen amerikanischen Vorstadtsiedelung. Alle Häuser sehen irgendwie gleich aus und die Gärten sind gepflegt. Dabei bestehen die Gärten meistens nur aus einem Baum und gemähtem Rasen. Keine Zäune, keine Beete, keine Blumen. Ein bisschen wie bei der Truman-Show. So leben wollen würden wir nicht, aber für eine Nacht ist das mal ganz interessant. Nachdem wir geduscht, unsere nach Reiterstall riechenden Klamotten in die Waschmaschine geschmissen und unser Gastgeschenk überreicht haben, verbringen wir den Nachmittag mit quatschen und spielen mit den Kindern. Adrienne (6) und ihr kleiner Bruder Benjamin (3) sind ganz aufgeweckte, fröhliche und süße Kinder. Adrienne zeigt uns ihre liebsten Spielsachen (oder den Frosch, wenn sie einem im Garten gefangen hat) und Benjamin ist ganz stolz als er seine Hand vor den Luftbefeuchter hält und die dann ganz nass wird. Nachdem die Kinder ins Bett gebracht sind, sitzen wir den restlichen Abend in dem etwas spärlich und nur halb-gemütlichen Wohnzimmer und quatschten über alles mögliche. Sehr spannende Gespräche und sowieso finden wir es ein cooles Privileg hier wirklich mal bei einer durch und durch amerikanischen Familie für einen Tag Teil des Familienlebens zu sein.

    Am nächsten Morgen hüpfen wir nach dem Frühstück noch kurz mit Adrienne und Benjamin auf dem Trampolin im Garten und verabschieden uns dann. Als Abschiedsgeschenk überreicht uns Adrienne noch ein Bild dass sie für uns gemalt hat, dann geht es weiter für uns. Es ist nun nach zwei Wochen Zeit, uns von Colorado zu verabschieden. Hier hat es uns wirklich gut gefallen und wir werden die Zeit in sehr guter Erinnerung behalten. Aber es bleibt ja kaum Zeit traurig zu sein, denn jetzt geht es schon weiter Richtung Nebraska! Übermorgen steht schließlich das lang ersehnte „The Black Keys“ Konzert an…
    (J)
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  • 750km durch Nebraska zu den Black Keys

    August 27, 2023 in the United States ⋅ 🌙 23 °C

    Vom Norden Colorados fahren wir nun gen Osten. Unser Ziel ist das 750km entfernte Lincoln, die Hauptstadt Nebraskas. Am Sonntag spielen die Black Keys. Nebraska gehört zu den so genannten Flyover States: Hier fliegt man für gewöhnlich nur drüber um von der einen zu anderen Küste zu kommen. Aber wir fahren selbstverständlich, wir sind ja schließlich auf nem Roadtrip. Viel passiert dann auch wirklich nicht auf der Fahrt: Noch in Colorado geht es los, dass links und rechts des Highways Farm an Farm grenzt. Rinderfarm, Schweinezucht, Maisfeld, Weizen, Gemüse, Weideflächen. Dazu immer ein mehr oder weniger runtergekommenes Gehöft samt Silo und ein paar Landmaschinen davor. Kaum überfahren wir die Grenze nach Nebraska verschwinden die Gehöfte, nun gibt es nur noch unendlich weite Felder. Der Highway geht fast schon gnadenlos geradeaus über leicht gewelltes Land. Auflockernd wirken die zarten, im Ansatz angedeuteten Kurven. Alle 25 Kilometer durchfahren wir eine kleine Siedlung, viele von ihnen bestehen aus nicht mehr als einer Tankstelle, einem Bretterverschlag der als Kirche dient und zehn Häusern. Es gibt fast keinen Verkehr. Wir hören die ganze Zeit Musik oder Hörspiele. So spulen wir die Kilometer Stunde um Stunde runter und empfinden die Tour durchs flache Land als willkommene Abwechslung zu den Bergen der letzten Wochen. Abends kommen wir auf unserem heutigen Campground an, der ganz stilecht mitten im einem Maisfeld gelegen ist. Man könnte sagen “in the middle of Nowhere”. Bei lautem Grillengezirpe und Mac‘n Cheese lassen wir den Abends ausklinken.

    Am nächsten Morgen - es ist Sonntag - geht es weiter: Noch 1,5 Stunden bis Lincoln, das heißt weitere 1,5 Stunden Farmen und Felder. Schon von weitem ist Lincolns alles überragendes, dystopisch anmutendes ‚Nebraska State Capitol’ mit seiner goldenen Kuppel zu sehen. Von der Stadt selbst sehen wir nicht viel, sie ist aber auch nicht wirklich bekannt für ihre architektonische Schönheit und ihren Charme. Unser Campground - Ausgangspunkt für das Black Keys Konzert heute Abend - liegt direkt an einem Autobahnkreuz. Der unablässig rauschende Verkehr wird glücklicherweise durch den brachialen Sound der Düsenjets der angrenzenden Flugshow überdeckt. Uns bringt zum Glück nichts aus der Ruhe. Wir springen in den Pool und spielen dann eine gediegene Runde Schach vor der Rezeption (diese klassischen Schachspiele im Freibad, wo das Spielfeld auf den Boden gemalt ist und man die großen, schweren Figuren nur durch beherztes Zupacken setzen kann). Beim Abendbrot gibts für mich (Rico) das erste Bier, Johannes bleibt trocken weil er der Fahrer ist.

    Das Konzert findet im Pinewood Bowl Theater statt. Die gemütliche Bühne mitten im Wald fasst etwa 5500 Besucher. Auf dem Parkplatz - einem Feld vor der Location - herrscht ausgelassene Stimmung: in den Kofferräumen sitzen Leute und zischen ein Bier, lässige Dudes tragen noch lässigere Sonnenbrillen, man sieht lange Bärte und Jeansjacken mit Aufnähern. Entspannte Leute in entspannter Atmosphäre.

    Am Einlass prüft der Security Johannes Bauchtasche. “It is too big”, er faltet ein Blatt Papier ziemlich genau auf die Größe der Bauchtasche, “that’s the maximum allowed size”, raunt er uns an. Finden wir komplett albern, und versuchen es daher an einem anderen Eingang nochmal. Hier mit Erfolg, denn ohne mit der Wimper zu zucken werden wir durchgewunken. Geht doch!

    Drinnen herrscht schon reges Treiben. Wie erwartet ist das Pinewood Bowl Theater komplett bestuhlt. Kaltes Dosenbier gibts für schlappe 10 Dollar. Also noch kurz Bier shoppen - hilft ja nix - und dann gehen wir zu unseren Plätzen. Alle um uns herum sitzen brav auf ihren Klappstühlen. Eine Truppe Mitt-50iger Frauen hinter uns quatscht uns an und will sicherstellen dass wir beim Konzert ordentlich abgehen werden. “For sure!”, versichern wir ihnen. Die Vorband beginnt zu spielen, die Leute stehen nach Aufforderung der Sängerin auf und wippen leicht zum krachigen Sound der Frauencombo. Das zweite Bier (für Rico) gibts während wir eine Runde drehen. An den Dixies steht eine lange Schlange wartender, auch am Merchandising ist einiges los. Als es langsam dunkel wird, kommen die Keys auf die Bühne und eröffnen mit “I got mine” das Konzert. Die Menge steht vom ersten Riff an, im Hintergrund läuft eine farbenprächtige Visualisierung, der Sound ist durchdringend. Es folgen Songs wie “Ever lasting Night“, „Next girl“ oder „She’s long gone“. Es sind die typischen Black Keys Songs in ihrem unverwechselbaren Stil. Man kennt sie alle, jeder Song groovt und hat diesen gewissen Blues. Song 17 und 18 sind die Zugabe: “Little black submarines”, gespielt von Dan Auerbach auf der Konzertgitarre - jeder der den Song kennt weiß wie der im letzten Drittel eskaliert - und natürlich “Lonely boy”. Und doch fehlt da was. Irgendwas stimmt hier nicht: Zum einen sind da die Klappstühle. Wenn du die ganze Zeit so einen in den Kniekehlen hast und dadurch zusätzlich auch noch einen Meter Abstand zu den Leuten hinter dir und vor dir, dann kommt einfach keine wahnsinns Stimmung auf. Man ist gehemmt. Und dann verlassen ab der zweiten Konzerthälfte kontinuierlich Besucher das Konzert, vermutlich aus Angst vor dem Verkehrschaos nach dem Konzert, inklusive der Frauentruppe hinter uns, die sich zuvor noch nach unserer Partywilligkeit erkundigt hat. Außerdem fiel die Interaktion der Band mit dem Publikum äußerst dürftig aus: Bis auf ein “Hi, we’re the Black Keys” kam da nicht viel. Keine Songansagen, keine Anekdoten, irgendwie ernüchternd.

    Nach dem Konzert ging es zurück zu unserem Campground am Autobahnkreuz, das erwartete Verkehrschaos hielt sich komplett in Grenzen. Es war cool die Black Keys endlich mal live gesehen zu haben (nachdem ich - Rico - sie das erste Mal 2011 intensiv in Lübeck beim Rennrad fahren gehört habe). In Europa fetzen Rockkonzerte einfach mehr, da wird Livemusik vom Veranstalter und vom Publikum anders gelebt, da haben die Bands mehr Bock, so ist zumindest unser Eindruck. Wir hatten trotzdem einen geilen Abend und können Nebraska zufrieden am nächsten Tag verlassen. Den ursprünglichen Plan, durch weitere Flyover States wie Kansas oder Missouri zu fahren, verwerfen wir kurzer Hand und beschließen, lieber einen Abstecher in den Norden zu machen. Nach Chicago - The Windy City - die Stadt am Lake Michigan! (R)
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  • Chicago: PIZZZAA 🍕🤤

    August 29, 2023 in the United States ⋅ ⛅ 27 °C

    Von Lincoln, Nebraska geht es im Sauseschritt weiter nach Chicago. Ganz spontan haben wir uns entschieden, die Stadt am Lake Michigan (dem zweitgrößten See der Welt) noch für zwei Nächte mitzunehmen.

    Die Fahrt dauert circa 8,5 Stunden, doch als sich vor uns die Skyline der „Windy City“ im goldenen Licht der untergehenden Sonne auftut, ist alle Anstrengung der langen Autofahrt verflogen. Wir fahren direkt durch Downtown bis zu unserem Hostel, das in Lincoln Park liegt. Links von uns die gigantischen Wolkenkratzer, rechts von uns der Lake Michigan, der wie ein Meer auf uns wirkt. Das nächste Ufer können wir natürlich nicht sehen, der See ist immerhin größer als die Schweiz. Auf der Promenade teilen sich Spaziergänger:innen, Jogger:innen und Fahrräder den breiten Weg, auf dem Wasser lässt die wohlhabende Klientel den Tag auf ihren Yachten ausklingen und am Strand werden noch die letzten Sonnenstrahlen aufgesaugt. Chicago ist sehr lebendig. An unserem Hostel angekommen (wir finden direkt einen Parkplatz), checken wir in unser Doppelzimmer ein, das nur unbedeutend teurer als ein Mehrbettzimmer war, machen uns kurz frisch und stürzen uns dann in das Nachtleben. Lincoln Park, das Viertel in welchem wir untergebracht sind, liegt etwas außerhalb. Im Vorhinein wurden wir viel vorgewarnt vor Chicago: hier soll es die höchste Kriminalitätsrate der Vereinigten Staaten geben und entsprechend gefährlich sein. Davon kriegen wir jedoch gar nichts mit. Im Gegenteil: wir wohnen in einer ruhigen, aber ganz beschaulichen Nachbarschaft, eine Stadtvilla reiht sich an die nächste, die Vorgärten sind gepflegt und die Straßen sauber. Anders als etwa in Portland laufen hier auch keine unheimlichen Personen rum, sondern es wird tatsächlich viel Fahrrad gefahren. Chicago gibt uns quasi all das, was uns von Portland versprochen wurde.

    Wir sind aber natürlich nicht los gegangen, um durch die beschauliche Nachbarschaft zu laufen, wir sind vor allem aus einem Grund nach Chicago gekommen: Deep Dish Pizza! Wir spazieren also zu einem der vielen Restaurants, die das berühmte Chicago-Original servieren. Kaum vier Blocks von unserem Hostel entfernt liegt schon eine belebte Hauptstraße voller Cafés, Bars, Restaurants und Spätis. Wir fühlen uns hier so wohl und sicher wie bisher noch in keiner amerikanischen Stadt. Insgesamt verspüren wir zu Chicago eine starke Verbundenheit, weil wir hier eben sehr an Berlin erinnert werden. Der Puls der beiden Städte ist sehr vergleichbar, fast schon synchron.

    An dem Restaurant angekommen, sehen wir schon im Kühlschrank die tiefgefrohrenen Deep-Dish Pizzen, die man sich für zuhause mitnehmen kann. Die sind jedoch keinesfalls so flach, wie die Tiefkühlpizzen, die wir aus Deutschland kennen. Die hiesigen werden in Aluauflaufformen gelagert. Finden wir schon ziemlich vielversprechend.

    Wir geben unsere Bestellung auf und belesen uns während der Wartezeit (30-40 Minuten) zu Chicago. Tatsächlich wurde hier der erste Wolkenkratzer der Welt gebaut, weil Chicago während dem Bau der … Eisenbahn zu einem der wichtigsten Verkehrsknotenpunkte in ganz Amerika wurde und die Grundstückspreise von 1860 bis 1870 von x pro Quadratmeter auf über x angestiegen sind.

    Wir haben heute jeder eine „Single“ Pizza bestellt, die auch wirklich nicht größer als eine Untertasse ist. Der Begriff Pizza passt eigentlich auch gar nicht. Wir sind hier viel mehr an einen kleinen Kuchen erinnert, so dick ist der Teig und die Füllung. Ein Bissen genügt und wir sind im Deep-Dish-Himmel. Die Tomatensoße ist wahnsinnig fruchtig, der Teig fluffig und der Käse zieht lange Fäden. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie satt und gleichzeitig glücklich so eine kleine Deep-Dish Pizza machen kann. Das war schon ein guter Start, morgen wollen wir aber gleich nochmal Deep-Dish Pizza essen. Für heute sind wir aber geschafft, wir spazieren noch durch die Straßen, holen uns ein kleines Eis zum Nachtisch und fallen dann schon bald müde und geschafft von der langen Autofahrt in unser Bett.

    Am nächsten Morgen greifen wir natürlich zunächst das kostenlose Frühstück im Hostel ab, das jedoch nichts besonderes ist. Dann geht es los Richtung Chicago Downtonwn. Der Stadtkern Chicagos liegt inmitten von „The Circle“. Ähnlich wie in Berlin (natürlich) gibt es auch in Chicago eine Art Ringbahn; bzw. überirdische U-Bahn, die hier aus verschiedenen Richtungen von den Randbezirken bis an den Rand von Downtown fährt, diese einmal umkreist und dann wieder zurück zum Ausgangspunkt steuert. Wir also rein. Die U-Bahn ruckelt schön rustikal, aber wie in Berlin fahren auch in Chicago alle Gesellschaftsschichten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, sodass man auch wirklich die Szenerie genießen kann und nicht ständig nur auf die Wertsachen achten muss (wir waren natürlich trotzdem umsichtig und aufmerksam, Mama).

    Da die U-Bahn überirdisch fährt (kennen wir ja zum Teil auch aus Berlin), haben wir auch ganz schön was zu staunen während der Fahrt. Die Bahn schlängelt sich durch die Häuserschluchten und über den Chicago-River. Es macht wirklich Spaß hier mit der U-Bahn zu fahren. Und da ein Tagesticket nur 5 $ kostet, macht es uns natürlich noch viel mehr Spaß! Unser erstes Ziel heute ist die berühmte Chicago-Bean. Die silberne Bohne, die im Millennium-Park steht, ist eigentlich nicht viel mehr als eine große verspiegelte Bohne, aber irgendwie ist Chicago dafür bekannt und dann muss man die natürlich auch einmal gesehen haben. Wir steigen also an der entsprechenden Station aus und laufen Richtung Millennium-Park. Dort angekommen müssen wir leider feststellen; dass die Bohne derzeit von hohen Bauzäunen eingefasst ist, da der Bodenbelag erneuert werden muss. Mist. Wir versuchen wenigstens durch die Gitter oder mit akrobatischen Hebefiguren ein gutes Foto zu ergattern, aber nichts zu machen. Wir geben auf. So wichtig ist uns die Bohne auch eigentlich gar nicht. Dafür beschließen wir, ein wenig durch den Millennium-Park und dann an der Waterfront entlang zu spazieren. Mitten im Millennium-Park entdecken wir eine große Outdoorbühne mit leicht abfallenden Sitzreihen und einer weiten Liegewiese an der Spitze. Hier finden bestimmt tolle Konzerte statt. Eine Eventtafel am Eingang verrät uns, dass aktuell ein von der Stadt Chicago organisiertes Filmfestival stattfindet. Fast jeden Abend werden hier große Filme gezeigt, ganz unamerikanisch kostenfrei und mit Selbstverpflegung. Heute Abend läuft „Everything, Everywhere, All at Once“, der dieses Jahr bei der Oscar-Verleihung sieben Awards abgeräumt hat. Na, wann hat man schon nochmal die Chance ein Openair-Kino in Chicago mit der tollen Skyline im Hintergrund zu erleben (und das auch noch umsonst)? Kurzerhand werfen wir also unseren eigentlichen Plan heute Abend nochmal Deep-Dish Pizza zu essen über den Haufen. Die holen wir uns dafür zum Mittag, aber erstmal wollen wir noch ein bisschen die Seaside und den Riverwalk entlang spazieren. Wir entdecken einen riesigen Spielplatz (wirklich riesig) mit mehreren thematischen Spielflächen: einer mehrstöckigen Kletterburg mit großer Hängebrücke, einem Rutschenturm, mehreren kleinen Schiff- und Korbschaukeln, alles auf Tartanboden. Dazu gibt es bei jedem Bereich eine Altersempfehlung und es gibt sogar einen Sicherheitsdienst, der darauf achtetet, dass der Park sauber bleibt. Und das ist er auch: nicht ein bisschen Müll können wir weit und breit sehen und auch kein Graffiti. Chicago hat es wirklich drauf, eine Stadt für Menschen zu sein. Alles ist gepflegt und aufgeräumt und es gibt viele reine Fußgängerzonen, in welche keine Autos fahren. Das finden wir toll.

    Wir laufen entlang des Lake Michigan und biegen dann nach links auf den Riverwalk ein, der entlang des Chicago River wieder ins Stadtzentrum führt. Da sich der Himmel zuzieht und wir gerade bei Lou Malnati‘s (einem der berühmtesten Deep-Dish Pizzarestaurant in Chicago) vorbeilaufen, beschließen wir hier unsere Mittags-Deep-Dish Pizza zu essen. Unsere Mägen knurren bereits, das Frühstück im Hostel war ja nicht sonderlich nahrhaft. Wir werden zu unserem Tisch geführt und geben unsere Bestellung auf: heute teilen wir uns eine große Deep-Dish-Pizza mit extra Zwiebeln und sind nicht enttäuscht. Der Kellner bringt die Pizza auf einem großen Tablett und serviert uns je ein Stück mit einem Tortenheber. Lecker. Diese Pizza ist ihr Geld wirklich wert und wir genießen jeden Bissen. Die Deep-Dish Pizza ist das Paradebeispiel für amerikanische Fusionkitchen und wir lassen sie uns richtig gut schmecken.

    Gestärkt geht es nun in den richtigen Großstadtdschungel die Michigan Avenue hinunter. Der Ku’damm von Chicago. Modegeschäfte und Luxusboutiquen reihen sich aneinander, uns verschlägt es in ein Süßigkeitengeschäft, in welchem es Gummibärchen in Hochglanzoptik gibt. Wir schlendern weiter durch die Stadt und saugen das pulsierende Treiben von Chicago auf. Dann decken wir uns mit Snacks und Drinks für das Kinoevent ein und machen uns langsam auf den Weg nach Lincoln Park. Wir sind früh dran und können dadurch gute Plätze ergattern. Einige der Besucher:innen reisen mit dem Fahrrad an. Uns wird ein Flyer über die anstehende Theatersaison in die Hand gedrückt: von klassischen Stücken, über Musicals bis zu Jazz-Konzerten ist alles dabei und wir sind ganz begeistert, wieviel Kultur Chicago hat (insbesondere für eine amerikanische Stadt). Auf der großen Leinwand wird Werbung gemacht für die öffentlichen Tanzstunden, das Jazzfestival, die verschiedenen Bauernmärkte der Stadt und die wöchentlichen Yogastunden im Park. Alles kostenlos. Chicago hat es uns echt angetan.

    Nach einer kurzen Begrüßung und Vorstellung des Films, lassen wir uns entführen in eine Science-Fiction-Fantasy-Welt voller alternativer Realitäten. Der Film ist sehr spannend. Dabei geht die Sonne hinter der Skyline Chicagos unter, was für ein Flaschenmoment!!

    Zweieinhalb Stunden später stehen wir mit Hunderten anderen am U-Bahn Gleis. Die Bahn ist proppenvoll, wir lieben es! Müde sind wir aber noch lange nicht und vor allem muss ich (Johannes) ja noch ein typischen Chicago Hot-Dog probieren (noch so ein kulinarisches Highlight Chicagos). In unserem Viertel Lincoln-Park gibt es auch einen Laden, der noch offen hat. Hin da! Wir fühlen uns inzwischen so wohl in Chicago, dass wir uns um die angebliche Gefährlichkeit gar keine Sorgen mehr machen. Wie man sich in Berlin abends eben noch einen Döner holt, gibt es hier noch einen Chicago-Hot-Dog. Der wird mit einer halben sauren Gurke, Sauerkraut und Käse serviert. Soooo lecker!! Danach geht es für uns noch in einer der vielen Bars. Wir haben eines ins Auge gefasst, in welcher es heute zwei Bier zum Preis von einem gibt. Das ist ein perfekter Abschluss für unsere Chicago-Zeit. Zu sehr versacken dürfen wir jedoch nicht, denn morgen steht wieder eine lange Fahrt nach Nashville, Tennessee, der Hauptstadt des Whiskey und der Country-Musik an. Dafür wollen wir natürlich fit sein, also bleibt es bei einem Bier (wir sind ja vernünftig) und dann schlendern wir zurück zu unserem Hostel.

    Dann ist unsere Zeit in Chicago auch schon vorbei. Am nächsten Morgen packen wir unsere Sachen, greifen noch schnell das kostenlose Frühstück ab und machen uns dann mit einem wehmütigen Gefühl auf in Richtung Nashville. Als wir wieder die Straße am Lake Michigan hinunter fahren (diesmal mit der Skyline der Downton zu unserer rechten) und dabei „Chicago“ von Clueso hören, muss ich sogar eine Träne verdrücken. So Long Chicago! Danke, für diese tolle Zeit und dass du so anders bist, als ich erwartet hatte. Eines Tages kommen wir wieder. (J)
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