Satellite
Show on map
  • Day 14

    Pontecesures (-Herbón) - Teo (ca. 12 km)

    September 19, 2022 in Spain ⋅ ☀️ 30 °C

    - Every tear means healing! -

    Heute lerne ich Evelyn, 68 Jahre, pensionierte Lehrerin für Mathe und Physik, kennen. Während ich auf einem wunderschönen Rastplatz Pause machte, meine Tränen liefen, obwohl ich das eigentlich gar nicht wollte, hielt sie mir die Hälfte ihrer Birne, die ihres Apfels und eine Mandarine vor die Nase. Im ersten Moment war es mir richtig unangenehm - ausgerechnet in diesem Moment und irgendwie doch auch genau im Richtigen (insgeheim dachte ich noch daran, wie gut es tun würde, gerade jetzt nicht alleine zu sein). Ich weine, weil der Weg bald zu Ende ist, aus Stolz auf das, was ich bereits geschafft habe, wegen Gedanken die mir durch den Kopf gehen - eigentlich total dämlich oder doch nicht? Während Evelyn irgendwann weiter geht, bleibe ich noch etwas sitzen, ich habe schließlich mehr als genug Zeit, da kamen Kerstin und Joachim vorbei. Auch sie erwischten mich in einem Moment, mit glasigen Augen. Wir sprechen darüber, dass unser Weg morgen vorerst endet und auch Kerstin erzählte, dass ihr der Tag sehr schwer fällt und sie auch immer wieder den Tränen nahe ist. Einige Male war ich auf dem gesamten Weg kurz davor zu weinen und ich habe mir gewünscht einmal richtig weinen zu können. Jetzt bin ich froh darüber, die Tränen einfach laufen lassen zu können. Sie fühlen sich plötzlich sehr heilsam an.

    Lektion 13: Jede einzelne Träne hat eine heilende Wirkung, also lass sie zu! In den richtigen Momenten stellt Gott dir die Menschen zur Seite, die du wirklich benötigst!

    - You are not alone! -

    Zur Route:
    Pontecesures (-Herbón) - Padrón - Teo (Rúa de Francos)

    Mit nur 15 km Wegstrecke startete mein Tag entspannt um kurz vor 8 Uhr. Alles war super, bis mir mal wieder bewusst wurde, dass ich morgen in Santiago ankomme, einige die ich kenne spätestens heute dort sind und heute deutlich bemerkbar wird, wie plötzlich sehr viele Menschen nach Santiago rennen. Ganze Busse voller Menschen stiegen direkt vor mir aus, unterhielten sich die ganze Zeit lautstark und nervten mich einfach nur. Meine Stimmung war getrübt, den ganz genauen Grund kann ich gerade gar nicht benennen. Auch der Gedanke, dass ich in drei Tagen nochmal loslaufen und 90 km laufen werde, machte den Moment nicht besser. Auf meinem Weg hatte ich heute nochmal ganz viele Menschen in meinen Gedanken dabei, Menschen, die gerade nicht in der Lage wären, diesen Weg zu gehen, Menschen die ich vermisse, Menschen, von denen ich weiß, dass sie an mich denken während ich gerade unterwegs bin, Menschen, die sich nicht zutrauen, solange unterwegs zu sein, obwohl ich mir sicher bin, dass sie es schaffen könnten, wenn sie es möchten. Da ich nicht so früh an meiner Unterkunft ankommen wollte, frühstückte ich in einem Café, treffe dort einen Portugiesen nach ein paar Tagen wieder, gehe weiter und mache auf einem wunderschönen Rastplatz noch einmal einen Stopp. Dort lernte ich Evelyn kennen, die sich irgendwann weiter auf den Weg macht. Wir trafen uns dann in unserer Herberge wieder, aßen dort gemeinsam mit einem Amerikaner zu Abend und ich trank meinen ersten Sangría in Spanien. Mittags traf ich auch noch Kerstin und Joachim auf dem selben wunderschönen Rastplatz. Die beiden lernte ich vor ein paar Tagen kennen, die zwei sind richtig liebenswert. Nach dem wir ein bisschen zusammen saßen machten wir uns auf, um die zwei letzten Kilometer unserer Etappe für heute zu gehen. In meiner Unterkunft traf mich erst mal der Schlag, für eine Übernachtung zahlte ich statt der angekündigten 13€, 17€ - da habe ich selbst in Santiago eine günstigere Unterkunft gefunden (zur Info: In der Regel zahlt man für eine Übernachtung in der Regel zwischen 8€ und 12€). Naja, es gibt keine Ausweichmöglichkeit, also bleibt mir nichts anderes übrig, als hier zu bleiben. Ich bekomme den Tipp noch einmal ein Stück des Weges zurück zu gehen, um mir ein schönes Waldstück anzusehen - das tue ich und es ein weiterer unbeschreiblich schöner Platz mit Sitzgelegenheit, einem wunderschönen Bach und einer süßen kleinen Brücke. Mein Weg an sich führte zu Beginn an unschönen Straßen entlang, recht schnell wurden daraus schöne Ortschaften die ich durchquerte, umgeben von Weinreben und Feld, immer mit Aussicht auf einen wunderschönen Wald.
    Read more