• Gutes Wetter und tschüss!

    18 luglio, Germania ⋅ ⛅ 18 °C

    Auch die zweite Nacht auf dem CP war ziemlich okay (wenn auch mit komischen Träumen bei zu viel REM-Schlaf) und obwohl ich mir felsenfest vorgenommen habe, eher mit dem Abbau zu beginnen, endete es wieder mit einem (sinnlosen) Spurt zur Bahn - mit fettem Rucksack deutlich unangenehmer. 🙃 Die nicht vorhandene Pünktlichkeit der Bahn kostete mich meinen Anschluss in Lam (wäre eine h weniger Fahrt gewesen), aber mittlerweile kenne ich ja die korrekte Seite in Arrach, weshalb ich über Arnsbruck und Bodenmais zurück zum Arbersee fuhr. Eine nette Sightseeing-Tour, schließlich muss man sein Deutschland-Ticket ja voll ausreizen. Mit etwas Glück alle Anschlüsse erwischt - gerade der in Arnsbruck hatte außen nix dranstehen, aber der Busfahrer konnte weiterhelfen.

    Nach über zwei Stunden Gegurke durfte ich endlich wandern - aber meine gestern Abend gebuchte Zielbude wollte, dass ich spätestens 18 Uhr antanze. Challenge accepted. Erst rollte ich runter zur Seebachschleife (ein sehr schöner Ortsname), ehe ich auf schönen Wegen am Großen Regen entlang lief. Erst schmale, dann breite. Sach ma, wie viele Regens gibt es hier denn eigentlich? Da können alle Naabs, Elstern und Nistern dieser Welt nicht mithalten. 😅 Auf der ersten Pause kurz vor Bayerisch Eisenstein erzählte mir mein Handy, dass ein österreichischer Hobby-Haider und Rechtsextremsportler vom Himmel gefallen ist. Dazu fielen mir in chronologischer Abfolge gleich vier Songs des Tages ein, aber das wäre ja ähnlich pietätslos wie seine politischen Ansichten.

    Bayerisch Eisenstein hat einen tollen Park, wo ich mit einem Passanten mal über meine Tagesetappe und die Tour an sich redete. Hinter der Eisenbahnstrecke ging es auf netten schattigen Wegen schon mal relativ sanft bergauf, aber zum schön abseits gelegenen Schwellhäusl darf wieder 150 hm absteigen. Meine Landschaft des Tages war der anschließende, gut besuchte Schwellsteig an einem kleinen Kanal entlang, einem Überbleibsel aus Zeiten der Holztrift. Fand ich mega! Auch weil das Wetter heute endlich zu was zu gebrauchen war. Mein Körper honorierte das mit Schweißausbrüchen schon bei den kleinsten Steigungen. Es behaupten so viele Leute, dass sie schnell schwitzen, aber mit mir konnte noch nie jemand mithalten. 🤣

    Für die Umgehung des Zwieseler Waldhauses war ich sehr dankbar, dann begann langsam, aber sicher das Höhenmeter-Geballer durch den Urwald. Ich ging das Ganze zu zügig an und musste oftmals stehenbleiben, damit der Puls nicht in den Cardiobereich oder noch höher abdriftet. Dankbar war ich für die Hütte auf 1.000 m Höhe, dort beobachtete ich E-Biker, rastete und vernichtete Waffeln und Gummibärchen. So viel wollte ich gar nicht essen, es gibt ja bald Abendbrot. Bald war ich auf dem Ruckowitzschachten und hatte sogar sowas wie Aussicht. Ein Schachten ist übrigens eine meist in der Vergangenheit genutzte, hochgelegene und vom Menschen geschaffene Weidefläche - gibt es in der Form eigentlich nur im Bayerischen Wald. Finde ich ganz gut, dass sie als historische Kulturlandschaft erhalten bleiben. Bald musste ich nur noch rechts abbiegen, dann war ich zehn min später am Großen Falkenstein. Das war schon gegen 17 Uhr nach 22 km.

    Wie cool, diese Aussicht bis zum markanten Arber. Das genoss ich erstmal zehn Minuten, ehe ich in meine Bude im Schutzhaus eincheckte. Leider traf ich keine gleichgesinnte Goldsteig-Wanderer, sondern ausschließlich Biker und Tagestouristen sowie eine achtköpfige Großfamilie mit vier extrem nervigen Kerlen (allesamt Blondinen), die nicht nur durch die Gänge rannten, sondern auch wild gegen fremde Türen hämmerten. Auch für jemanden im ersten Lehrjahr schlimm zu beobachten, wie die Eltern die Erziehung ihrer Kinder de facto aufgegeben haben. Ich war nur kurz davor, denen mal ne Standpauke zu halten. Jedenfalls gab's zum Abendessen nach wohltuender Dusche in Wechselklamotten für mich zwei Schnitzel mit gut gewürztem Kartoffelsalat und 'nem guten Bier. Ich genoss die schöne Aussicht durchs große Panoramafenster, beobachtete andere Leute und schrieb abends im Bett Footprint. Für meine allererste Hüttenübernachtung gleich mal 'nen Volltreffer gelandet. Ohne potentielle Begleitung auf dem Goldsteig fasste ich den Entschluss, morgen nicht die 40 km zum Lusen zu ballern (denn das Schutzhaus am Rachel ist dicht) oder "aus Versehen" die Strecke zu unterschätzen und mich irgendwo hinknallen, sondern einen Freestyle nach Passau hinzulegen und die Übernachtung als würdigen Abschied vom Goldi zu sehen. Mein Motto ist ja "Schaun mer mal" und nicht "Goldsteig-Thruhike". Ich hab geschaut, abgewogen und mich entschieden.

    Der Song des Tages ist angesichts meiner langen Schlafphase ein Lied von R.E.M. Nämlich "Stand", das man mit am besten aufs Wandern beziehen kann.
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