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  • Day 24

    You Son of a…..Lawyer

    April 7, 2022 in the United States ⋅ ☀️ 9 °C

    Vermutlich ist die Bezeichnung als „Sohn eines Anwalts“ für so manchen Zeitgenossen schlimmer als die gemeinhin üblichere Version des „Son of a bitch“. Wobei ich das als Organ der Rechtspflege selbstverständlich diametral anders sehe. Aber lassen wir meine persönlichen Befindlichkeiten hintenangestellt und wenden wir uns den harten Fakten zu: wie ist es denn, als Sohn eines Rechtsanwalts oder nennen wir es ruhig beim Namen erster Fackelträger zur Gründung einer ruhmesvollen Dynastie (kein Druck, FF, kein Druck ;-) groß zu werden.
    Nun, hier schon standesrechtlich notwendig die erste Einschränkung, denn natürlich kann ich dies nicht aus der Perspektive des Hoffnungsträgers berichten sondern hier lediglich meine Eindrücke wiedergeben. Dies aber nach bestem Wissen und Gewissen und so wahr mir ….. bla bla bla.

    Man sieht schon, der arme FF wächst wohl mit einem Vater auf, der gemeinhin mehr Spass am Schwafeln und Phrasieren hat und dabei auch das eine oder andere Mal die Toleranzschraube überdreht. Es sei mir nachgesehen und wenn es zu meiner Entschuldigung reicht der Hinweis, dass dies nicht qua Ausbildung kommt sondern auch durch die (niemals im Übermaß) erfolgte Lektüre von Benjamin von Stuckrad-Barre induziert sein dürfte. Und da war er schon wieder…..

    Vielleicht ist es auch der Vaterstolz, doch auffällig erscheint mir, wie sich ein Sechsjähriger dem - mangels Alternative - Vorbild Vater anschließt und die ein oder andere Verhandlungstaktik adaptiert:

    - Hinhalte-Taktik oder Einlullen wirkt
    So ist er bereits in diesem zarten Alter ein Meister des detailreichen Ausschmückens. Keine Geschichte wird auf den Punkt gebracht, es gibt immer noch ein „….und dann bzw. er schafft es einen Satz wie ein Kaugummi hinzuziehen, so ihm ohne Zweifel die Formulierung langer (und ich meine langer) Paragraphen mit Vorliebe im Steuerrecht auch im Mannesalter keine Probleme bereiten dürfte

    - Schweigen ist Gold
    Eine weitere Taktik ist natürlich das Schweigen, klar, wer nichts sagt, sagt auch nichts Falsches oder Belastendes. Aber in echter Meisterschaft ausgeübt und in Kombination mit einem emotionslosen Gesichtsausdruck oder dem absoluten Fokus auf die Spielsache gerade vor einem liegt, kann man im Zweifel schon abstreiten überhaupt zu etwas befragt worden zu sein, bzw. Man habe es halt einfach nicht gehört. Selektive Wahrnehmung war nie wertvoller als nach der siebten Aufforderung das Candy Crush Spiel nun doch wirklich zur Seite zu legen.

    - Do ut Des
    Wir wollten es auch nicht glauben, aber unser Sohn ist ein Genie. Schön mit 6 Jahren, nein eigentlich schon früher hat er sein Latinum quasi in der Tasche. Wenigstens hat er sich juristischen Sinnspruch Do Ut Des, gibst Du mir, dann gebe ich Dir, vollständig verinnerlicht. So wird per se jede Aufforderung welche für ihn potentiell mit Ungemach verbunden ist sofort mit einer Gegenforderung verbunden. Na gut, ich putze mir die Zähne, aber dann darf ich noch eine Geschichte hören…..

    - Gerichtsstandshopping
    Eigentlich vom Gesetzgeber so nicht vorgesehen, gibt es doch für bestimmte Rechtsstreitigkeiten, sinnbildlich für das Presserecht, die Möglichkeit für den Kläger beziehungsweise den Antragsteller die Möglichkeit durch geschickte Auswahl des Ortes des Gerichts vielleicht auf einen Richter zu stossen, der in der Vergangenheit bereits in ähnlich gelagerten Fällen eine genehmere Rechtsposition vertreten hat. Klingt kompliziert, hindert FF aber nicht sich je nach Fragestellung eher an Miss I oder an mich zu wenden, durchaus abwägend, wo seine Chancen höher stehen dürften. Nicht zu verwechseln ist diese Taktik mit: wenn es da nicht geklappt hat, klage ich halt woanders nochmal. Ja auch das wurde versucht, aber bisher sind Miss I und ich meist konsistent in unseren Verboten gewesen. Und so kaltschnäuzig auf die Frage „was hat Mama denn dazu gesagt“ zu lügen, ist FF bisher noch nicht. Aber das kommt vermutlich noch deutlich vor dem ersten Staatsexamen.

    - Stufenklage
    Um das Prozessrisiko einzuschränken ist es in manchen Fällen empfohlen zunächst mal die Grundsatzfrage zu klären indem man einen kleineren Teilbetrag einfordert (da sich die Prozesskosten nach dem Streitwert richten). Gewinnt man, kann man mit diesem ersten Urteil in der Tasche leichter den vollumfänglichen Klageantrag verfolgen. Für FF heisst dies, dass er sich an viele Dinge erstmal anrobbt oder seine Forderungen erst in der Folge offen ausspielt. So ist es auffällig, dass nach den erfolgreich ausverkaufenden 10 Minuten Computerspielzeit gerne noch Wert auf eine weitere Viertelstunde Videozeit gepocht wird. Schließlich sei beides in keinster Form miteinander vergleichbar und damit auch parallel zueinander zu genehmigen.

    - Offene Forderung
    Ähnlich gelagert und spitzfindig (allerdings für den zukünftigen Anwalt nur bedingt empfehlenswert, da ins solcher Form vormulierte Klageanträge voraussichtlich mangels Bestimmtheit scheitern werden) ist die offene Forderung. Der Fuchs hat nämlich schnell gemerkt, dass auf die Frage: kann ich Popkorn haben?“ schnell mal ein klares und endgültiges „Nein“ folgt.Daher hat er zeitweilig seine Fragetaktik umgestellt und uns lediglich Optionen angeboten. Also „kann ich Popkorn oder Zuckerwatte haben“. Die Hemmschwelle dieses Angebot gänzlich abzulehnen bereitet zumindest bei der erstmaligen Konfrontation fast körperliche Schmerzen, weil man sich vor dem geistigen Auge vorwirft dem Kind nichts aber auch gar nichts zu gönnen. Ging dann aber auch vorbei…;-)

    - It`s Drama, Baby
    Wenn dann alles gescheitert ist, bleibt nur noch die letzte Eskalationsstufe: komplette Übertreibung und Drama. Ungelogen fielen auf der Fahrt bisher schon Sätze wie „wenn ich die Spielzeugpistole nicht bekomme, dann sterbe ich“ und „ ich habe so einen Hunger *, und ihr gebt mir nichts. Ich verhungere gleich!“

    Diese lange Rede soll bitte nicht als Lamentieren verstanden werden, auch wenn es zugegeben manchmal etwas anstrengend ist, so erfüllt es mich doch mit Stolz., wie FF lernt seine Forderungen zu verteidigen und strukturiert vorzubringen. Auch dass ein Bitte und Lächeln gemeinhin weiterhilft als ein Boss-Baby dass im Kommandoton „ich will….“ schreit, ist inzwischen angekommen und wird sogar hin und wiedera.

    * hier die Anmerkung, dass es um Eis ging!!
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