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  • Day 43

    Merkwürdige Mormonen

    April 26, 2022 in the United States ⋅ ⛅ 19 °C

    Wir hatten ja schon auf der Fahrt ins Monument Valley das Staatsgebiet von Arizona verlassen und befanden uns in Utah. Da dieser Park sich allerdings auch auf dem Gelände der Navajo befand, nahmen wir die Besonderheiten vielleicht nicht sofort wahr. Zumindest fielen uns manche Restriktionen erst mit unserer Ankunft in Moab auf *.

    Bekanntlich ist Utah der Heimatstaat der Mormonen, die allerdings heute auch nicht mehr Mormonen sondern gerne „Kirche Jesu Christi - Heilige der letzten Tage“ genannt werden möchte. Egal. Da wir mit Ausnahme des kurzen Besuchs der Kirche in der Old Mission in Santa Barbera am Palmsonntag auf dieser Reise keine religiösen Ziele jedweder Art hatten, gab es zumindest keine auffälligen Begegnungen mit dieser Religionsgemeinschaft. Ausser auf einer Bierdose, da die lokale Wasatch-Brauerei sich hier keine spöttischen Anspielungen auf die zumindest in Teilen erlaubte Vielehe anspielt: Polygamy Porter….take some Home to the Wives…;-)

    Insofern alles im grünen Bereich, wobei. Das eigentliche Problem tat sich auf, wollte man in den Genuss des Bieres oder auch anderer Formen von Alkohol gelangen. Denn die deutlich strengeren Auflagen was den Verkauf von Alkohol anbetraf, hatten dann doch Einfluss auf unsere abendlichen Gewohnheiten.

    So gibt es Alkohol nur in staatlich betriebenen Verkaufsstellen, die dann in Moab - Gott bewahre den Sünder vor abendlichen Exzessen- auch schon pünktlich um 18 Uhr schlossen. Am ersten Abend in Moab standen wir so gegen sieben Uhr und nach einem vergeblichen Besuch im lokalen Supermarkt ** dann auch just vor verschlossener Tür und mussten unverrichteter Dinge beziehungsweise mit einem Bier im Bauch ins Hotel zurückfahren.

    Das sollte uns am nächsten Tag nicht passieren, also pünktlich um 17:40 mit dem Gefühl sich bei der Drogenberatung die wöchentliche Ration Methadon abzuholen auf den Parkplatz der Staatstränke und das Angebot begutachtet. Wider erwarten und gänzlich gegen die ja offensichtlich beabsichtigte Restriktion des Alkoholkonsums gab es eine nicht zu verachtende Auswahl an allen denkbaren Getränken und Spirituosen und selbst die Preise unterschieden sich nicht wesentlich von einem Supermarkt in anderen Bundesstaaten (inklusive Sonderangeboten). Dass ich mich würde ausweisen müssen hatte mir schon beim Betreten des Ladens gedämmert und ich war noch willens und bereit dies als Kompliment ob meines jugendlich frischen Auftretens zu werten (obwohl ich mich andererseits seit Antritt der Reise nicht mehr rasiert hatte und auch auf meinen inzwischen grau-schwarz kräuselnden Talibanmob nicht weniger stolz war).

    Also an der Kasse nonchalant meinen Personalausweis vorgelegt, noch den lustigen Spruch „I just turned legal“ auf den Lippen. Bis mir der freundliche, nein sehr sehr netter Ladenbetreiber mitteilen musste, dass er meine ID leider nicht akzeptieren könne, da er ein mit den Einreisebestimmungen konformes Dokument benötige. Pass!? Wirklich? Liegt der nicht im Hotelzimmer und wie lange ist die Fahrt dorthin….. das wird nie was mit meinem Wein heute Abend!!! Zum Glück hatte Miss I alle unsere Unterlagen doch dabei und im Auto liegen. Während sie also losstaubte, unterhielt ich mich mit Tim, dem Geschäftsführer. Wir einigten uns bald darauf, dass Utah ein Staat mit netten Menschen aber sehr sehr strengen Gesetzen sei. Eines hatte ich noch im Hinterkopf, aber er erläuterte es: So ist in Utah das Jagen von Walen verboten, wobei dies seinen Ursprung aus einer Zeit hat, als das Staatsgebiet noch bis an die Küste reichte. Macht dann vielleicht noch Sinn, aber dass ich meinen Reisepass vorzeigen muss…. Am Ende war dann aber alles gut und in glückliche Vorausschau auf einen Feierabendwein fuhren wir in unser Hotel zurück.

    Dennoch hat mich das Thema auch die folgenden Tage noch beschäftigt. Auffällig ist zum Beispiel, dass auch in Restaurants streng darauf hingewiesen wird, dass sie nicht zum Ausschank von Hochprozentigem befugt seien und man Alkohol lediglich in Verbindung mit einem Essen bestellen dürfe.

    Am Bryce Canyon hatte ich, inzwischen um diese Erfahrung reicher und mit Reisepass und allem Pipapo ausgestattet an der nächsten staatlichen Ausschankstelle (die in diesem Fall zumindest mal in unserem Hotel angesiedelt und bis 21 Uhr geöffnet war) eine sehr nette Begegnung mit einem angefressenen Engländer und einer doch schon angetrunkenen Irin. Beide kauften vor mir ein. Der Engländer hatte zuvor im Restaurant eine Flasche Rotwein bestellt, musste aber nach dem Abschluss des Essens feststellen, dass er die Reste in der Flasche (Anfänger! Engländer?????) auf keinen Fall mitnehmen dürfe. Da er mit mehreren Leuten unterwegs und seine Stimmung entsprechend war, nehme ich an ein weiteres Verweilen in dem Restaurant war keine Option, jedenfalls versuchte er nun an dem Shop eine weitere Flasche Rotwein zu erstehen, Scheiterte aber zumindest im ersten Anlauf an dem ID Problem…… Die Irin hatte sich dagegen offensichtlich entschieden bei Tisch keine Reste übrig zu lassen und amüsierte sich königlich während ihr Mann zwei weitere Flaschen für den Abend kaufte. Kein Kommentar in Richtung Brexit ;-)

    Der Fairness halber sei übrigens richtig gestellt, dass die Einschränkungen sich offensichtlich nur auf Wein und stärkere Getränke beziehen, zumindest wurden im regulären Hotelshop auch Biere verkauft. Unter anderem das oben bereits erwähnte Polygamy Porter, welches ich allerdings nur für Dokumentationszwecke kaufte…. Nehmt also das, ihr ollen Kölsch-Spötter, zumindest in Utah seit ihr auch als Pils oder Alt-Trinker näher am Wasser als am Alkohol gebaut!



    * was sich nicht auf die eine Stunde Zeitverschiebung zwischen Arizona und Utah bezieht, da Utah eine Daylight Saving Time hat. Übrigens ein Umstand, der uns in Europa auch bevorstehen dürfte, wenn sich die Staatengemeinschaft nicht endlich mal darauf einigt, wie sie die Entscheidung der Abkehr von Sommer- und Winterzeit umzusetzen gedenkt. Aber das ist dann auch ein ganz anderes Thema….

    ** nur um das klarzustellen, natürlich haben wir auch in dem regulären Supermarkt nicht alkoholische Dinge unter anderem auch mehrere Gallonen Wasser eingekauft!!
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