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  • Dag 67

    Eine Nacht in der Pilgerherberge

    20 juni 2022, Tyskland ⋅ ⛅ 18 °C

    Das erste Mal wurde ich gegen 4:00 geweckt. Ein Radfahrer erschreckte sich ordentlich vor mir, als ich ihn verschlafen mit den Worten: Guten Morgen, nicht erschrecken, begrüßte. Er wollte sich den Sonnenaufgang ansehen. Da er mich aber noch schlafen lassen wollte zog er weiter. Das ganze passierte noch zweimal bis ich gegen 7:30 dann tatsächlich mal aufstand. Okay, vielleicht war es auch schon 8:00. Ich merkte immer noch wie sehr mir die letzten Tage in den Knochen steckten.

    Diese Gedanken begleiteten mich den ganzen Vormittag über. Und so wurden mir ein paar Dinge klar. Ich war die letzten Tage immer wieder ganz schön die Strecke entlang gehetzt. Ich verfiel immer mal wieder in meinem Wettkampfmodus (schnelles Tempo, keine Pausen), wie ihn vom Megamarsch her kenne. Auch versuchte ich immer wieder die 30 km Marke zu knacken. So habe ich ein bisschen verpasst den Weg und das Wandern zu genießen. Und die Belastung die ich so meinem Körper ausgesetzt habe, hat mich bereits ein bisschen gezeichnet. Seit ein paar Tagen habe ich ordentlich Schmerzen in der Hüfte, die aber so langsam wieder am abklingen sind.

    Und so entschloss ich mich, mein Wandern zu verändern. Ich muss gar nicht so schnell sein. Ich muss auch nicht 35 km am Tag schaffen. Ich muss gar nichts (übrigens ein klasse Lied von die Sterne: du musst gar nix. Das kann einen schonmal die Augen öffnen). Hike your own hike ist bei mir in der letzten Zeit irgendwie ein bisschen in Vergessenheit geraten. Ich werde schon irgendwann am Haldenwanger Eck ankommen. Und wenn ich mich durch hüfthohen Schnee kämpfen muss, dann werde ich auch das schaffen!

    Sehr viel entspannter folgte ich dem Sigwardsweg durch die Wälder zur nächsten Pilgerstätte, zumindest für Geolog:innen: dem Dinopark. An diesen Ort habe ich noch herrliche Kindheitserinnerungen. 2001 waren wir wohl hier, schrieb mir mein Vater. Aber auch als Studi kam ich am Park nicht vorbei, so lassen sich hier doch die besterhaltenen Fußspuren von Dinosauriern in ganz Deutschland finden. Ein toller Platz.

    Entlang der Tiergartenbachs wanderte, ah nein, pilgerte ich dann in Richtung Loccum. Ich wusch gerade meine Socken im Bach, da wurde ich noch von einem Herren angesprochen, der ganz eindeutig Lust hatte ein paar Monologe mit schnellem Themwechsel zu halten. Irgendwann zog ich dann einfach wieder demonstrativ meinen Rucksack an und konnte ihn so überzeugen mich weiterziehen zu lassen. In Loccum besuchte ich das schöne Kloster und ergatterte dabei gleich meinen ersten eigenen Pilgerpass. Ein toller Ort.

    Nach einem kleinen Resupply ging es dann für mich weiter nach Heimsen wo ich die nächste Kirche besuchte. Eine wirklich alte Kirche mit einer wunderbaren Stimmung. Gerade als ich eintrat begannen die Glocken zu schlagen. Wow! Ich mein okay, es war gerade 17:00 als ich eintrat, aber das wusste ich da nicht. In Heimsen traf ich dann auf eine alte Bekannte: die Weser. Schon als Kind schwamm ich in ihr und letztes Jahr habe ich sie zusammen mit meinen besten Freunden mit dem Fahrrad erkundet. Eine wirklich schöne Begegnung.

    Mein Tagesziel erreichte ich etwa eine Stunde später in Schlüsselburg. Hier hatte ich mich in der Pilgerherberge einquartiert. Auch meine erste. Und was soll ich sagen, ich bin begeistert. Schöne Zimmer, eine vollausgestattete Küche, eine warme Dusche, ein Fernseher, W-Lan, Kaffee, Tee und das alles für 20€. Unschlagbar! Ich hatte die Herberge auch komplett für mich allein. Zum einen ganz cool, weil ich nochmal gut abschalten konnte, zum anderen Schade, weil ich gehofft hatte auf andere Pilger:innen zu treffen. Bestimmt beim nächsten Mal. Denn wenn ich mal die Wahl haben sollte 15€ für einen Campingplatz zu zahlen oder 20€ für eine Pilgerherberge, dann wird es auf jeden Fall die Pilgerherberge!
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